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155
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Werte
Leserinnen und Leser,
dieser
FANZINE-KURIER enthält die Besprechungen, die in den FANDOM
OBSERVER-Ausgaben 288 bis 294 erschienen sind. In den FO-Ausgaben des
vergangenen Jahres habe ich insgesamt 26 Rezensionen zu Fanzines und
Magazinen veröffentlicht, deutlich mehr als in dem letzten
Jahr
der eigenständigen Existenz des FANZINE-KURIER (15
Besprechungen
in 2012).
Für
den FK 156 sind die Rezensionen aus den FO-Ausgaben 295 bis 300
vorgesehen.
Nach
der Einstellung des FANDOM OBSERVER mit der Nr. 300 wird der
FANZINE-KURIER als eigenständige Rubrik in den ANDROMEDA
NACHRICHTEN des SFCD erscheinen.
Viele
Grüße
Armin
Möhle
PHANTASTISCH!
49
68
Seiten DIN A 4, Mittelheftung, ISSN 1616-8437.
Auflage:
1.500 Exemplare, 5,30 EUR, 4er-Abonnement 21,20 EUR.
Kontakt:
Atlantis Verlag Guido Latz, Bergstraße 34, 52222 Stollberg.
Internet:
www.phantastisch.net,
www.atlantis-verlag.de.
DER
HOBBIT ist in den bundesdeutschen Kinos zwar bereits gelaufen (bzw.
der erste Teil, naja …), PHANTASTISCH! 49 bietet dennoch
zwei
Artikel zu diesem Thema an. Als Nachzügler …?! Aber
nicht
zu der Verfilmung. „Auf den Hobbit gekommen“ von
Christian Endres berichtet nicht nur der Autor darüber, wie es
zu seinem ersten Kontakt mit DER (KLEINE) HOBBIT als Buch kam,
sondern von dem der Autoren Markus Heitz, Bernd Frenz und Jonas Wolf
sowie der Zeichner David Wenzel und David Petersen. Sie wissen die
Faszination, die vor allem der erste Lektüre des HOBBITS auf
sie
ausübte, zu vermitteln.
Über
„Wo die wilden Hobbits wohnen“ berichtet Tony
DiTerlizzi.
Äh, nein, natürlich nicht. Sondern über den
Zeichner
Maurice Sendak, der Titelbilder und Innenillustrationen für
Kinder- und Jugendbücher schuf. Und der Ende der sechziger
Jahre
des vergangenen Jahrhunderts beinahe eine Neuausgabe des HOBBITS
illustriert hätte. Ein Missverständnis zwischen
Tolkien und
Sendak sowie seine Erkrankung verhinderten dies. Eine interessante
Randnotiz in der Publikationsgeschichte der verschiedenen Romane und
Kurzgeschichten, die Tolkien in seiner Mittelerde ansiedelte.
Der
interessante Artikel in dieser PHANTASTISCH!-Ausgabe ist zweifellos
„Kassiber – Verbotenes Schreiben“ von
Achim
Schnurrer. Er berichtet darüber, unter welchen
Umständen
Autoren, die meist aus politischen Gründen inhaftiert waren,
ihre schriftstellerische Arbeit im Gefängnis fortsetzten. Dass
es sich dabei nicht um Autoren der Phantastik (im weitesten Sinn)
handelt, mindert die Relevanz des Artikels selbstverständlich
nicht. In seiner Serie „Klassiker der phantastischen
Literatur“
stellt Achim Schnurrer mit Sergey Prokofjev (1891 – 1953)
einen
Autor vor, der zwar auch politisch verfolgt (in der UdSSR), aber
offenbar nicht inhaftiert wurde und dessen phantastische
Erzählungen
wohl nur einen geringen Teil seiner kreativen Aktivitäten
darstellten; vor allem arbeitete Prokofjev nämlich als
Komponist.
Einen
modernen Klassiker der Science Fiction-Literatur bringt Hermann
Ibendorf in das Gedächtnis der Leser zurück:
„‚Wer
Visionen hat, sollte zum Arzt gehen ...‛ – … und
andere politisch unkorrekte Ansichten“. Er stellt die
inhaltlich bahnbrechenden DANGEROUS VISIONS-Anthologien des
US-amerikanischen Autors und Herausgebers Harlan Ellison vor. Zwei
davon sind als Originalausgaben erschienen, die dritte, die
umfangreichste, erwartet noch ihre Veröffentlichung. Die erste
DANGEROUS VISIONS-Anthologie erschien 1970 zweigeteilt und
gekürzt
bei Heyne, von der zweiten sind nur einzelne Kurzgeschichte auf
deutsch veröffentlicht worden. Ein Trauerspiel, wenn man
bedenkt, welche literarischen Schätze sich in den DANGEROUS
VISIONS-Anthologien verbergen müssen!
In
einem größerem Ausmaß als üblich
sind Beiträge
über Comics in PHANTASTISCH! 49 vertreten. Sonja
Stöhr
stellt in „Es war einmal in New York“ umfangreich
die
Serie FABLES vor, und Christian Endres nimmt „Abschied von
einer Comic-Legende“, nämlich von dem im vergangenen
Jahr
verstorbenen Zeichner Joe Kubert.
Die
Auswahl der Interviewpartner in der vorliegende Ausgabe ist sehr
vielfältig. Neben dem bereits etablierten und und inhaltlich
breit gefächerten Autor Bernd Perplies, der Fantasy-, Post
doomsday- und PERRY RHODAN-Romane verfasst hat, wird auch mit den
Brüdern Tem und Stephan Orgel gesprochen, die mit ORKS VS.
ZWERGE (Heyne, 2012) gerade ihr erstes Werk vorgelegt haben. Mit
Carsten Polzin wird der Herausgeber der Fantasy-Reihe des Piper
Verlages interviewt und mit Andrea Sorrentino ein Comiczeichner,
letzterer kürzer als bei den anderen
Gesprächspartnern. Und
wieder ist festzustellen, dass es sich bei den Interviews keineswegs
um ein stereotypisches Frage- und Antwortspiel handelt, sondern dass
die Interviewer die Arbeiten und Aktivitäten ihrer
Gesprächspartner kennen und individuell darauf eingehen.
Die
einzige Kurzgeschichte in PHANTASTISCH! 49 stammt von Armin
Rößler.
Auf einem Planeten haben sich Menschen eingerichtet, ohne die
Möglichkeit, mit ihrer Heimat Kontakt aufzunehmen und in sie
zurückzukehren. Der jugendliche Protagonist macht sich mit
seinem einheimischen Pendant auf dem Weg, um
„Feuergeister“
zu suchen – und findet ein Raumschiff, das ein
funktionsfähiges
Funkgerät enthält! Das ist simpel gestrickt; es wird
nicht
klar, ob das entdeckte Raumschiff eines der Menschen ist und ob es
der Protagonist oder zumindest seine Eltern bedienen können
(naja, oder zumindest nur das Funkgerät …).
Auch
die Nr. 49 ist eine solide, lesenswerte Ausgabe des
PHANTASTISCH!-Magazins, nach der große Jubiläums
unmittelbar bevorsteht und, wie sollte es anders sein, Erwartungen
weckt.
Armin
Möhle, Wallenhorst
PERRY
RHODAN: MEISTER DER INSEL – GELEITZUG NACH ANDROMEDA
144
Seiten DIN A 5, Seitenbindung.
Auflage:
25 Exemplare (4. Auflage), 6,50 EUR plus Versandkosten.
Kontakt:
TERRANISCHER CLUB EDEN, Kurt Kobler, Feuerwerker Str. 44, 46238
Bottrop, E-Mail: kontakt@terranischer-club-eden.com.
Internet:
www.terranischer-club-eden.com.
Viele
PERRY RHODAN-Leser, insbesondere die älteren, sind der
Überzeugung dass der Zyklus DIE MEISTER DER INSEL (Band 200
bis
299) der Beste war, an den allenfalls noch M87 (Band 300 bis 399)
heranreicht, der aber nie übertroffen wurde.
Selbst
wenn die Lektüre schon eine Weile zurückliegt,
erinnert man
sich noch sehr gut und gern an die faszinierenden Welten, die die
damaligen Autoren (u. a. K. H. Scheer, Clark Darlton, William Voltz)
schufen, an die interessanten Völker und die schillernden
Charaktere.
Wäre
dieser Zyklus zwei, drei oder vier Jahrzehnte später
geschrieben
worden, hätte man ihn gewiss unterteilt und mindestens doppelt
so viele Bände herausgeholt. Ob das gut gewesen wäre,
darf
man bezweifeln, denn auch der Schreibstil der Heftromane der 1960er
Jahre gehört zu den MdI dazu. Die Helden sind noch kernige
Raumfahrer, es wird geballert und das Universum gerettet, wobei the
sense of wonder ständig spürbar ist, anders
als in
späteren, routiniert herunter geschriebenen, unnötig
ausgewalzten Bänden und Zyklen, die einem neuen
Heldenverständnis geschuldet waren/sind.
Natürlich
sind viele Themen innerhalb des MdI-Zyklus‘ der
vordergründigen
Spannung und dem Tempo zum Opfer gefallen und wurden, weil
nebensächlich, nicht berücksichtigt. Damals
hinterfragte
der Leser auch nicht jedes Heft bis ins letzte Detail, sondern genoss
einfach das aufregende Abenteuer. Lückenfüller bzw.
in sich
abgeschlossene Einzel- und Doppelhefte gab es natürlich so
manche, in denen man die Punkte hätte einbinden
können, die
man aus heutiger Sicht vermisst.
Ein
kleines Manko, das man nun zum Anlass nimmt, Fan-Romane zu schreiben,
die diese offenen Fragen beantworten sollen. Dabei halten sich die
Autoren streng an die Vorgaben des PERRY RHODAN-Universums, benutzen
bekannte Charaktere und fügen eigene Figuren hinzu.
GELEITZUG
NACH ANDROMEDA von Norbert Mertens (nach einer Idee von Kurt Kobler)
befasst sich mit der Frage, auf welche Weise die terranischen
Schiffe, die in der Nachbargalaxie gegen die MdI und deren
Hilfsvölker kämpfen, Nachschub erhalten:
Oberst
Anson Tesker, der aufgrund einer Verletzung, die er sich im Einsatz
zuzog und die nie richtig heilte, aus dem aktiven Dienst ausschied,
erscheint es wie ein Geschenk des Himmels, als man ihm das Kommando
über die SKARG anbietet, einen arkonidischen Robotraumer, der
für den Flug mit dem Versorgungskonvoi umgebaut wurde.
Mit
an Bord geht der arkonidische Ingenieur Andor da Calbur, der sogleich
vom Gehirn des Schiffes als „Erhabener“
identifiziert und
somit in der Befehlskette Tesker vor die Nase gesetzt wird. Das
sollen jedoch nicht die einzigen Probleme bleiben. Erst nimmt die
SKARG die Überlebenden eines feindlichen akonischen Schiffes
an
Bord, die um Hilfe baten, dann gerät sie in die Gewalt der
Tefroder, einem Hilfsvolk der MdI.
Von
diesen erfahren sie, dass ein Transmitter in der Nähe des
Sol-Systems installiert werden soll, über den eine tefrodische
Flotte die Zentralwelt der ahnungslosen Terraner angreifen will
…
Norbert
Mertens konzentriert sich auf die erste Etappe des GELEITZUGS NACH
ANDROMEDA, die gleich zu Beginn mit Komplikationen aufwartet
–
und ab da wird alles nur noch schlimmer. Schließlich sind die
Crewmen der SKARK die Einzigen, die von den Invasionsplänen
der
Tefroder wissen und sie vielleicht vereiteln können.
Parallel
zur spannenden Handlung, teils in Rückblenden, baut der Autor
seine kleine Schar an Charakteren detailliert und individuell auf. In
einigen Nebenfiguren erkennt man unschwer Autoren, die die PERRY
RHODAN-Serie prägten, und Personen aus dem Umfeld von Norbert
Mertens.
Weniger
gelungen ist ihm die Quotenfrau Kharoly von Sefkol. Offenbar
versuchte er, mit ihr auf humorige Weise ein bisschen Romantik in die
Handlung zu tragen, was jedoch gründlich misslungen ist. Zum
einen möchte man bezweifeln, dass es an Bord eines Schiffes
keinerlei weibliche Besatzungsmitglieder gibt, die anstelle eines
Kadetten auf eine Gefangene aufpassen (und sich nicht von ihr um den
Finger wickeln lassen würden). Zum anderen benimmt sich die
Akonin nicht wie eine erwachsene Frau, sondern ausgesprochen albern.
Allerdings hatten und haben auch die meisten anderen PERRY
RHODAN-Autoren Schwierigkeiten, überzeugende Protagonistinnen
zu
schaffen. Das ist aber auch schon das Einzige, was negativ
auffällt.
Norbert
Mertens schreibt kurzweilig und schafft es, das PERRY
RHODAN-Universum, wie man es kennt, in Szene zu setzen und ihm ein
weiteres, glaubwürdiges Kapitel hinzuzufügen.
Abgerundet
wird der Band durch ein Glossar nebst Abbildungen,
Autoren-Porträts
und Illustrationen in schwarz-weiß. Letztere stammen von
Raimund Peter, der auch das farbige, zum Thema passende Titelbild
lieferte.
Die
Gestaltung des Bandes gefällt: Paperback mit umlaufenden
Hochglanzcover, einem den Romanheften nachempfundenes Layout, bei dem
auch nicht die Einleitung und das Kästchen, das die
Hauptfiguren
vorstellt, vergessen wurden. Das Papier ist von guter
Qualität,
der Druck sauber, das Lektorat vorbildlich.
Für
ein Fan-Projekt ist GELEITZUG NACH ANDROMEDA ein wirklich
beachtenswerter Roman, bei dem alles stimmt – und der
zweifellos mit den Werken der professionellen PERRY RHODAN-Autoren
mithalten kann.
Irene
Salzmann, Kranzberg
PHANTASTISCH!
50
88
Seiten DIN A 4, Mittelheftung, ISSN 1616-8437.
Auflage:
1.500 Exemplare, 5,30 EUR, 4er-Abonnement 21,20 EUR.
Kontakt:
Atlantis Verlag Guido Latz, Bergstraße 34, 52222 Stollberg.
Internet: www.phantastisch.net,
www.atlantis-verlag.de.
Zwölf
Jahre ist es her. Von einigen Nullnummern als Beilage in der SOL, dem
Mitgliedermagazin der PERRY RHODAN FANZENTRALE abgesehen, erschien
2001 die erste Ausgabe von PHANTASTISCH! – „Neues
aus
anderen Welten.“ Jetzt feiert das Heft ein beeindruckendes
Jubiläums. Es ist beileibe keine
Selbstverständlichkeit,
dass deutsche SF-Magazine so lange bestehen.
50
Ausgaben! Eine beeindruckende Strecke! Die Jubiläumsausgabe
beglückt uns mit einem erheblich größeren
Umfang –
ohne dies allerdings wie jüngst bei der
PR-Jubiläumsausgabe,
auch auf den Preis aufzuschlagen – und einem umlaufenden
Titelbild von Thomas Thiemeyer. Was sollte der verwöhnte
Konsument auch weniger erwarten?
Nun,
große, international bekannte Namen gehören
sicherlich
auch dazu. Wobei auch hier – bei der dauernden
Qualität
der Interviewten – kaum noch eine Steigerung möglich
erscheint. Immerhin Charles Stross gehört momentan zu den ganz
Großen der Science Fiction. Einer der wenigen, die dieses
Genre noch am Leben halten. Und in dem Gespräch, das Arno
Behrend mit ihm führte, geht es dann auch gleich ans
Eingemachte. In einer langen Sequenz definiert Stross mal eben
schnell den Weg zur künstlichen Intelligenz nicht ohne ihn
anschließend kritisch zu hinterfragen, „weil
wir uns von einer funktionierenden Definition von Intelligenz
entfernen“
und vergessen:
„wir sind
Säugetiere“ und
damit letztlich nichts anderes als eine „Organisation
großer Haufen eukaryotischer Zellen.“
Solche Interviews machen Spaß, weil sie wissenschaftliche
Erkenntnisse oder besser Fragestellungen mit einer fiktionalen
Umsetzung verbinden.
Aber
Charles Stross ist nicht der einzige große Name, der dieser
Ausgabe ihren Jubiläumsstatus versüßt.
Für die
Entwicklung und Akzeptanz der SF in Deutschland hat wohl kaum einer
mehr getan als Wolfgang Jeschke. Mit dem mittlerweile
Sechsundsiebzigjährigen führte Florian Breitsameter
ein
Gespräch über das neue Buch Jeschkes und die Rolle
der
Religionen für die Menschheit. Jeschke gibt sich manchmal
etwas
wortkarg und harsch. Ebenfalls Pionierarbeit für die deutsche
Phantastik leistete Rainer Erler. Mit der Serie DAS BLAUE PALAIS und
vielen weiteren Filmen schrieb er TV-Geschichte. Mit ihm
führte
Olaf Brill ein überlanges Interview, das aber durch den Blick
hinter die Entstehungsgeschichte der Filme und eine
ausführliche
Filmographie einen hohen Informationswert hat.
Der
Letzte im Reigen der Interviewten ist der fleißige
US-amerikanische Schreiber Mike Resnick, der auf dem WorldCon 2012
nicht an den Fragen von Christian Endres vorbeikam.Er
äußert
sich vor
allem über die
Änderung im Buchmarkt und steuert fast ein Fazit bei:
„Solange sich Männer und Frauen fragen, wie das
Morgen
wohl sein mag, gibt es einen Bedarf an Science Fiction.“ Genau:
solange!
Aber
mit den Interviews hören die großen Namen noch nicht
auf.
Joe R. Lansdale macht sich in einem Essay Gedanken darüber,
welche Einfluss Edgar Allen Poe bis heute vor allem auf die finstere
Seite der Literatur hat. Der Beitrag hat starke autobiografische
Züge
und vermittelt den Eindruck, der Autor Lansdale stehe mehr im Fokus
als Poe.
Christian
Hoffmann setzt mit „Auf in die Leyermark“ die Serie
von
Betrachtungen phantastischer Literatur mit regionalen bzw.
landschaftlichen Bezügen fort. Diesmal ist es Bayern bzw. die
Leyermark. Ein ausführlicher, aufwändig
recherchierter
Beitrag, der Lust macht mal wieder das eine oder andere genannten
Buch aus dem Regal zu nehmen.
Es
bleibt kaum Platz, um alle Beiträge zu nennen. Das besondere
Highlight dieser Ausgabe ist für mich die Zusammenstellung
utopisch-phantastischer Buchcover. Unter dem Titel „Lockende
Zukunft“ startet Horst Illmer einen Streifzug durch die
Buchgestaltung vom 19. Jahrhundert bis in die Jetztzeit –
natürlich mehr als reichlich illustriert mit entsprechenden
farbigen Coverabbildungen. Man kann in den malerisch
expressionistischen, surrealen, funktionalistischen bis ins unfassbar
naive changierende Bilder schwelgen und sich verlieren.
Und
Spaß machen auch viele der unzähligen im Heft
verteilten
Rezensionen. Vor allem wenn man solche
Sätze vorgesetzt bekommt, wie in einer Buchvorstellung von
Christian Endres: „Ein packender
Unisex-Werwolf-Roman
für den Thriller-Mainstream, ob man nun eher phantastisch
geeicht ist und auf Urban und Dark-Fantasy steht oder
nicht...“
schreibt er
über die neue
Werwolf-Trilogie von Jason Starr.
2025
wird es soweit sein. Dann wird die hunderste Ausgabe von
PHANTASTISCH! 50 auf dem Rezensententisch liegen – in welcher
Form auch immer. Das wünsche ich den Herausgeber –
aber
ganz besonders auch uns, den Lesern und Nutznießern eines
wunderbaren und einzigartigen SF-Magazins.
Holger
Marks, Marburg
CTHULHU
LIBRIA 56
81
Seiten, PDF, Download: www.cthulhu.de/artikel/cthulhu-libria-nr-56/.
Kontakt:
Eric
Hantsch, Bischofswerdaer Straße 273, 01844 Neustadt i. Sa.,
E-Mail: Erichantsch@yahoo.de.
Internet: www.cthulhu-libria.blogspot.de/.
Der
herausragende Beitrag in dieser Ausgabe ist der Artikel
„Eis-Propheten – Wurde die Titanic-Kastastrophe
vorausgesagt?“ von Dr. Ralf Bülow. Diese Frage ist
selbstverständlich nur rhetorischer Natur; dem Autor gelingt
ein
reizvoller Einblick in ein unbekanntes Kapitel der
Literaturgeschichte, nämlich in zwei Erzählungen und
einen
Roman aus dem 19. Jahrhundert, die Schiffskatastrophen schildern, die
diverse Parallelen zum Untergang der TITANIC aufweisen (der
besprochene Roman, ATLANTIS, stammt übrigens von Gerhart
Hauptmann). Natürlich waren hier keine Propheten am Werk,
sondern von verwandten Plots ausgehend gelangten die Autoren zu
Handlungsverläufen, die sich gegenseitig ähneln
– und
dem Untergang der TITANIC.
CTHULHU
LIBRIA 56 ist gut bestückt mit Rezensionen, der Intention als
„Magazin für Lovecraft'sche Phantastik und
Literatur“
entsprechend von Horror-Romanen aus Kleinverlagen, die Motive des
Cthulhu-Mythos aufgreifen oder auch nicht, die wie gewohnt
ausführlich und mehr oder minder kritisch sind. Axel Weiss
beispielsweise bespricht die Anthologie DARK CRIME (Romantruhe),
allerdings nur die Einzelgeschichten, lässt aber ein
Gesamtfazit
vermissen. Naja … Immerhin finden sich nicht nur lobende
Besprechungen, sondern auch der eine oder der andere Verriss.
Auch
ein gewisser Teil der neuen CL-Ausgabe wird von den sogenannten
„Novitätenbericht des Monats“ eingenommen
(etwa ein
Dutzend Seiten), der Vorstellung von einschlägigen
Neuerscheinungen, die überwiegend auf Verlagstexten beruhen.
Zu
den „Novitätenbericht des Monats“
gehören auch
Leseproben aus dem einem oder dem anderen vorgestellten Buch. Diesmal
handelt es sich nicht um einzelne Romankapitel, sondern um
abgeschlossene Kurzgeschichten. „Ein klassischer
Fall“
von Jörg Kleudgen stammt aus seiner Kurzgeschichtensammlung
GEMISCHTE SCHLACHTPLATTE (Murder Press) und ist eine Kriminalstory
mit einer schwachen oder, je nach Perspektive, einer spekulativen
Pointe. „Steine“ von Stefan Melneczuk ist aus
seiner
Collection SCHATTENLAND entnommen und eine, wie ein Science
Fiction-Leser sagen würde, Post doomsday-Version. Die Art der
Katastrophe, die die Menschen zu Stein werden ließ (von dem
Protagonisten einmal abgesehen), wird nicht erklärt, was bei
einer Horror-Story natürlich nicht erforderlich ist. sondern
nur
vorgestellt. Als das erledigt ist, endet „Steine“
abrupt.
Eric
Hantsch besuchte die Leipziger Buchmesse 2013, übt Kritik an
nicht optimalen organisatorischen Abläufen (so ist es wohl ein
Kapitel für sich, auf der Buchmesse ein Buch zu kaufen
…)
berichtet von seinen Besuchen bei den Ständen diverser
Kleinverlagen und von den Lesungen ihrer Autoren.
Die
Stories „Das Schreien der Kröten“ von
Thorsten
Scheib und „Der Leser/Die Leiche im Herbststurm“
von Jörg
Kleudgen beenden CTHULHU LIBRIA 56. „Das Schreien der
Kröten“
(nun, etwas anderes, um genau zu sein …) ist verantwortlich
für die erhebliche charakterliche und körperliche
Metamorphose des Bruders des Protagonisten, die letzterer aufdeckt,
ihre Ursache zerstört und doch nicht von ihrem Einfluss
verschont bleibt. So weit, so konventionell. Jörg Kleudgen
greift in „Der Leser/Die Leiche im Herbststurm“
zwar auch
Motive aus der Horror- bzw. SF-Literatur auf, weiß sie jedoch
stimmungsvoller umzusetzen. Der Protagonist erliegt dem Reiz eines
Häuschen, in dem er unbekannte Schriften von Forschern
entdeckt,
die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen –
und
setzt die Experimente fort.
Im
Vergleich zu früheren Ausgaben (siehe meine Besprechung
über
CL 52 und 53 im FANDOM OBSERVER 286) ist der Umfang des
„Novitätenberichts des Monats“
erfreulicherweise
geschrumpft. Es sei dahin gestellt, ob das schlicht darauf beruht,
dass nur wenige neue Horror-Bücher erschienen sind, oder
Ausdruck einer Konzeptänderung ist. Dann ist CTHULHU LIBRIA
mit
dem verstärkten Abdruck von (interessanten) Artikel und
Kurzgeschichten auf dem richtigen Weg. Und wer einen Überblick
über die einschlägigen Neuerscheinungen der
Kleinverlage
gewinnen will, kommt an CL ohnehin nicht vorbei.
Armin
Möhle, Wallenhorst
INTRAVENÖS
220
40
Seiten DIN A 5, Mittelheftung.
Auflage:
85 Exemplare, Preis unbekannt (bitte erfragen).
Kontakt:
ATLAN CLUB DEUTSCHLAND, Rüdiger Schäfer, Kolberger
Str. 96,
51381 Leverkusen, E-Mail: kontakter@atlan-club-deutschland.de.
Internet: www.atlan-club-deutschland.de.
Diätempfehlungen
für Katzen, der NSA-Abhörskandal, die Vorteile des
Golfens,
die Auswirkungen plätschernden Wassers auf den Harndrang, ein
Besuch in London und (fast) zum Tee bei der Queen sowie der Flug der
ACD Force One zur Vorbereitung des (fast) größten
Ereignisses dieses Jahres. All diese Themen können doch nicht
in
ein einziges Fan-Magazin passen?
Doch
sie können! Und noch ein paar mehr.
Zumindest
wenn es sich um das interne Clubmagazin des ATALAN CLUB DEUTSCHLAND
handelt. (Dabei entsteht in meinem Hirn die Frage, ob es
demnächst
auch einen ACD-Neo geben wird, sofern der Neo-Atlan sich als
würdig
erweist. Vielleicht sollte das mal diskutiert werden.)
Der
ACD ist einer der wenigen noch verbliebenen
„Dauerläufer“
im deutschen SF-Fandom. Ein Läufer mit beachtlicher Ausdauer,
wenn auch mit Höhen und Tiefen, mit Phasen in denen die Puste
kaum noch reicht und dann wieder Perioden in denen die
Endorphin-Ausschüttung für immer neue
Höhenflüge
sorgt. Meist macht sich das ganz konkret an der Seitenzahl des INTRA
bemerkbar. Und damit liegt die zweihundertzwanzigste Ausgabe im guten
Mittelfeld der letzten Monate.
Zu
Anfang findet Ernestine Gohr ernste, aber sehr passende Worte zum
Tode von Marianne Sydow, die Anfang Juni kurz vor ihrem 69.
Geburtstag starb.
„ACD
in Bewegung“ könnte man den Schwerpunkt dieser
Ausgabe
betiteln. Klaus Dieter Ludwig schildert seinen Besuch beim
Lomnitz-Con. Ein Con „back to the roots“, wohl weil
es
recht gemütlich zugegangen ist und viel erzählt und
getrunken wurde und das Conlokal einen mehr als heimeligen Eindruck
machte. Beim Lesen des Berichts entsteht der Eindruck, Klaus Dieter
wäre mehr damit beschäftigt gewesen, die anwesenden
Kinder
zu bespaßen als dem Con-Programm zu lauschen. Aber es soll
auch
Autorenlesungen und Vorträge über Weltraumfahrt
gegeben
haben.
Ein
Mann mit vielen Baustellen ist Rüdiger Schäfer. Woher
er
dann die Zeit für einen Städtetrip nach London nimmt,
wird
allein sein Terminkalender wissen. Standesgemäß
liegt
seine Unterkunft in der Crestfield Road. Von dort
wird dann
die Hauptstadt des ehemaligen britischen Empire erkundet: Royal Opera
House, Oxford Street, Harrods und Selfridge, die Knightsbridge und
der Buckingham Palace, Westminster Cathedral, Baker Street und das
Britische Museum, kaum zu fassen, was der Mann alles in wenige Tage
Aufenthalt bewältigen kann.
Letzte
Neuigkeiten über den ACD-Weltcon 2013 – der jetzt
auch
schon Geschichte ist –, weitere Folgen aus der Reihe
„Wer
nicht fragt...“ sowie eine Reihe von Leserbriefen
komplettieren
diese Ausgabe.
Es
ist schon seltsam, wie wenig in dieser Ausgabe von Science Fiction,
Aliens oder dem namensgebenden Arkoniden die Rede ist. Es kann doch
nicht sein, dass die Geschichte des zehntausend Jahre alten Arkoniden
schon restlos erforscht ist. Und selbst wenn, dürfte es unter
den Gelehrten doch garantiert unterschiedliche Meinungen geben. Aber
vielleicht ist das auch mehr ein Zeugnis davon, dass der ACD ein Club
ist, in dem sich Gleichgesinnte gefunden haben, die mehr gemeinsam
haben als nur die sporadische Bettlektüre ...
Holger
Marks, Marburg
PHANTASTISCH!
51
72
Seiten DIN A 4, Mittelheftung, ISSN 1616-8437.
Auflage:
1.500 Exemplare, 5,30 EUR, 4er-Abonnement 21,20 EUR.
Kontakt:
Atlantis Verlag Guido Latz, Bergstraße 34, 52222 Stollberg.
Internet: www.phantastisch.net,
www.atlantis-verlag.de.
Es
gehört zur (traurigen) Pflicht einer Publikation wie
PHANTASTISCH!, auch über die Großen des Genres zu
berichten, die uns für immer verlassen haben. Allen voran
über
Jack Vance, der vor wenigen Monaten im Alter von 97 Jahren starb und
der durch seine Produktivität und seinen Ideenreichtum jedem
langjährigen Science Fiction-Leser ein Begriff sein wird, auch
wenn Vance vielleicht nicht zu seinen Lieblingsautoren zählen
mag. Der Nachruf in PHANTASTISCH! 51 wurde von Horst Illmer verfasst.
Verstorben
sind auch die „Puppen-Pioniere Ray Harryhausen und Gerry
Anderson“, über die Olaf Brill berichtet. Ray
Harryhausen
kreierte die wohl einmalige Stop-Motion-Technik, wie Filme wie KAMPF
DER TITANEN und JASON UND DIE ARGONAUTEN prägte. Gerry
Anderson
wird wegen seiner originellen Puppenserie THUNDERBIRDS unvergesslich
bleiben, weniger wegen seiner späteren unausgegorenen
(Realfilm-) Serie MONDBASIS ALPHA 1.
Das
Kommen und Gehen des Lebens zeigt sich in PHANTASTISCH! 51 aber nicht
nur (einseitig) in den Nachrufen. Viel Aufmerksamkeit erfährt
der (bislang eher unbekannte) Fantasy-Autor Steven Brust, von dessen
Serie um den Berufskiller Vlad Taltos bislang (nur) sechs
Bände
bei Klett-Cotta erschienen sind, obwohl sie mittlerweile dreizehn
Bücher umfasst und sogar auf insgesamt neunzehn ausgelegt ist,
wie der Autor in dem Interview verrät. Eine Erklärung
für
das geringe Interesse der deutschen Verlage – und der Leser?!
–
an seinen Romanen vermag er aber nicht anzubieten. In jedem Fall
stellt die Kombination aus Artikel und Interview, für die
Christian Endres verantwortlich zeichnet, eine ideale
Möglichkeit
dar, einen gar nicht mehr so „neuen“ Autor
kennenzulernen.
Das
Interview mit dem Fantasy-Autor Oliver Plaschka, geführt von
Sonja Stöhr, wird immerhin (noch) mit einer Rezension seines
neuesten Romans ergänzt. Die übrigen
Autoreninterviews, zum
einen mit der Nachwuchsautorin Andrea Bottlinger (AETERNUM, Knaur,
2013) und zum anderen mit dem arrivierten Horrorschriftsteller Edward
Lee, stehen für sich. Die Gespräche mit Oliver
Plaschka und
Andrea Bottlinger (geführt von Christian Humberg, mit dem die
Autorin bei diversen Projekten zusammen arbeitete) sind zwar
informativ, aber relativ harmlos, zumindest im Vergleich mit dem
Interview mit Edward Lee, der mitunter sehr brutale Horrorromane
schrieb, die in Deutschland nur in einem Kleinverlag (Festa)
erscheinen. Nachdem Steven Brust mit einem Berufskiller bereits ein
zwiespältige Figur kreierte, wird der von Edward Lee offenbar
übertroffen. „Ich entschuldige mich nicht
für das,
was ich mache.“ sagt er. Nun, warum sollte er sich auch
entschuldigen …?!
Nicht
in einem Interview, sondern in einem Artikel stellt Horst Illmer den
israelischen Science Fiction-Autor Lavie Tidhar vor, von dem in
Deutschland bislang zwei Romane erschienen sind, die sehr interessant
anmuten (BOOKMAN: DAS EWIGE EMPIRE 1, Piper, 2012 und OSAMA, Rogner
&
Bernhard, 2013). Der jüngste wird von Horst Illmer auch
besprochen. Ein schöner Hinweis auf einen neuen Autoren, der
sich offenbar nicht in dem thematischen Einheitsbrei des Genres
verliert!
In
PHANTASTISCH! darf natürlich nicht eine neue Folge der Serie
„Klassiker der phantastischen Literatur“ von Achim
Schnurrer fehlen. In der vorliegenden Ausgabe beschäftigt er
sich jedoch nicht mit einem Autor, sonder mit einem mehr oder minder
phantastischen Motiv: „Schlaraffenland: Die
Wegbeschreibung“.
Er arbeitet die Ausdrucksformen von der Antike über das
Mittelalter bis in die beginnende Neuzeit heraus und stellt
Bezüge
zur Gegenwart her. Der Text wird in der 52. Ausgabe von PHANTASTISCH!
fortgesetzt.
Anlässlich
des zweihundertjährigen Jubiläums der
Erstveröffentlichung
der (von ihnen gesammelten) Märchen der Brüder Grimm
lässt
Sonja Stöhr diverse Autoren, Comiczeichner, Museumsleiter u.
a.
m. zu Wort kommen – was die Märchen aus ihrer
heutigen
Einschätzung bedeuten, und welche für Kinder gar
nicht zu
empfehlen sind … Naja. Okay, wenn die Befragten auf ihre
eigenen Werke zu sprechen kommen, heben sie sich von
Allgemeinplätzen
zu den Grimmschen Märchen ab. Das Kontrastprogramm bietet
Christian Endres in „Auf der Straßen der
Toten“,
einem Artikel über die Wild-West-Horror-Romane von Joe R.
Lansdale (STRASSE DER TOTEN, Golkonda Verlag, 2013). Mit seinem
Beitrag „Der Dachs lässt schön
grüßen“,
dem Kinder- und Jugendbuchklassiker DER WIND IN DEN WEIDEN (u. a.
Knesebeck, 2012) von Kenneth Grahame, nähert er sich den
Märchen
der Brüder Grimm wieder an ...
Die
einzige Story in PHANTASTISCH! 51 ist ein Reinfall.
„Hunger“
von Jan Gardemann fängt mit einem Vater/Sohn-Konflikt an. Der
Vater entpuppt sich nach seinem Tod als Kannibale, dessen Obsession
um sich greift … D. h., die Bewohner oder des Dorfes, in dem
der Protagonist heimisch ist, essen sich gegenseitig auf. Und das
alles auf etwa eineinhalb Seiten!
Nach
der Jubiläumsausgabe macht PHANTASTISCH! mit der Nr. 51
nahtlos
weiter, was fundierte, vielfältige und interessante
Interviews,
Artikel und Rezensionen angeht. Aber etwas anderen hatten wir auch
nicht erwartet, nicht wahr?
Armin
Möhle, Wallenhorst
PHANTAST
9: HELDEN
95
Seiten, PDF, Download: fictionfantasy.de/phantast.
Kontakt:
Amrûn Verlag, Jürgen
Eglseer, Eichenweg 1a, 83278 Traunstein, E-Mail: eglseer@fictionfantasy.de.
Internet: www.fictionfantasy.de,
www.literatiopia.de.
Die
Wartezeit von mehr als einem halben Jahr ließ die Frage
aufkommen, ob der PHANTAST kommentarlos eingestellt wurde …
Auf der Homepage ist zwar ein vierteljährlicher
Erscheinungsrhythmus angegeben, doch welchen verzögernden
Einflüssen Hobbyprojekte ausgesetzt sein können,
weiß
jeder, der fannisch aktiv war und ist. Umso erfreulicher ist das
Erscheinen der neunten PHANTAST-Ausgabe, die sich dem Thema
„Helden“
widmet.
Das
kann ein weites inhaltliches Feld sein, vor allem, wenn eine
fundierte und differenzierte Definition des Begriffes fehlt oder
vorhanden ist, aber ignoriert wird – wie im PHANTAST 7 zum
Thema „Klassische Phantastik“ … So
versuchen sich
die Macher der neuen PHANTAST-Ausgabe in ihrem Leitartikel gar nicht
erst an einer Definition, sondern berichten von ihren
persönlichen
Leseerfahrungen, von Protagonisten, die sie als Helden empfunden
haben, von Figuren aus Sagen, Filmen und Computerspielen, für
die dasselbe gilt. Eine legitime Lösung des
Definitionsproblems,
das hohe inhaltliche Hürden umgeht.
Als
ein Medium, das für die Darstellung von Heldentaten
– das
Definitionsproblem einmal außer acht lassend –
prädestiniert ist, stellen sich Comics dar. Judith Gor
berichtet
über „Manga-Helden: düstere
Einzelkämpfer und
schöne Kriegerinnen“ und versäumt es nicht,
zu Beginn
ihres Beitrages klarzustellen, was sie unter
„Helden“
und, nicht zu vergessen, „Heldinnen“ in diesem
Kontext
versteht. Judith Gor geht in weiteren Artikeln auch auf
einschlägige
Anime-Filme ein: “Leluch vi Britannia – Der
charismatische Anti-Held aus Code Geass“ und „In
Okumura
– der stürmische Teufelskerl aus Blue
Exercist.“
Jürgen
Elgseer stellt „Kinderhelden in Strumpfhosen – Die
DC-Superheros im Fischer Verlag“ vor, wobei Figuren wie
Batman
und Superman jeden Definitionsversuch entbehrlich machen.
Rainer
Skrupsch und Dennis Koch führen ein Gespräch
über die
Comicfiguren „Spirou und Fantasio“, die den Helden
von
Judith Gor und Jürgen Eglseer nicht einmal ansatzweise
entsprechen. Das gilt auch für „Peyo –
Vater eines
jugendlichen Pagen, blauer Wichtel und eines kleinen verschnupften
Jungen“, der Serien wie DIE SCHLÜMPFE und BENNI
BÄRENSTARK
zeichnete und über den Markus Drevermann berichtet. Die Texte
wären in einer PHANTAST-Ausgabe zum Schwerpunkt
„Comics“
genauso gut aufgehoben gewesen – vielleicht sogar besser.
Eingestreut
sind einige Besprechungen über verschiedene SF- und
Fantasy-Romane, deren Protagonisten von den Rezensentinnen und
Rezensenten als „Helden“ (in verschiedener
Hinsicht)
bezeichnet werden, Captain Future und Mark Brandis beispielsweise.
Mit
einem klassischen Helden, dem niemand dieses Attribut streitig machen
würde, beschäftigt sich Markus Drevermann in seinem
fundierten Artikel „Siegfried – Der Held der
Sagenwelt“.
Er stellt die diversen Variationen der Siegfried-Sage und ihre
Rezeption in der Literatur, aber auch ihre politische Vereinnahmung
in gewissen Epochen dar.
Leider
nur mit drei Pseudonymen ist ein weiterer tiefschürfender
Artikel gekennzeichnet: „Moriendum esse: Vom Tod des
Protagonisten in der Fantasyliteratur“. Hier kommt zum ersten
Mal im PHANTAST 9 (und am Ende der Ausgabe …) zum Ausdruck,
dass zum klassischen Heldenverständnis der Heldentod
gehört.
Die Autoren untersuchen sehr ausführlich und detailliert die
Mechanismen, mit denen Tode von Protagonisten entwickelt und
beschrieben werden, und untersuchen ihre Funktion in der Handlung.
Nicht nur theoretisch, sondern auch anhand einer Reihe von Beispielen
(so etwa in dem DAS LIED VON FEUER UND EIS-Zyklus von George R. R.
Martin).
Mit
drei Interviews wartet PHANTAST 9 auf (damit steht der PHANTAST
erneut seinem „großen Bruder“
PHANTASTISCH! nur
wenig nach). Judith Gor zeigt auch hier großes Engagement,
sie
führte sämtliche Interviews. Sie sprach sowohl mit
Filipe
Tavares von dem Comicverlag Cross Cult, in dem es natürlich
(auch) um die Heldenbilder in den Comics geht, die er herausgibt, als
auch mit der Jugendbuchautorin Andrea Gunschera, die nicht nur
differenziert ihre Einschätzung von Jugendbuchhelden, wie sie
sie versteht, sondern auch über Heldinnen und Helden in der
Romantic Fantasy wiedergibt. Und mit mit Fantasy-Autor Oliver
Plaschka, der seine Meinung zur Entwicklung des Heldenbildes in
diesem Genre äußert.
Von
Oliver Plaschka stammt auch die Episode „Im Haus der sieben
Sünden“ aus seinem Roman DAS LICHT HINTER DEN WOLKEN
(Klett-Cotta, 2013). Der Gast eines Wirtshauses entpuppt als
Weggefährte des verschwundenen Vaters des Barmannes und wird
zu
seinem Helden. Das Romankapitel kann durchaus für sich allein
stehen.
Mit
„Soldat und Krieger“ liefert Markus Heitkamp eine
eigenwillige Version des Ersten Weltkrieges ab. Darin kämpfen
nicht nur Menschen, sondern auch Zwergen, Elfen, Goblins und andere
Fantasy-Figuren. Ein Zwerg, der durch den Entzug von Bier und Tabak
zum Verräter wurde, will sich in einem Himmelsfahrtkommando
rehabilitieren. Das ist zwar einerseits originell, verharmlost
andererseits die Schrecken des Krieges.
Die
Grafiken im PHANTAST 9 sind entweder bunte, Manga-ähnliche
Bilder (Toto, Reyhan, Marie Sann, Sheriban Ceylan und Nepi),
düstere,
detaillierte Darstellungen bedrohlicher Szenen (Benjamin von
Eckartsberg, Che Rossié und Anne-Catherine Höffer)
oder
schlichte Strichzeichnungen (Ingo Römling).
Der
PHANTAST 9 liefert sicherlich keine tiefschürfende und
umfassende Definition des Helden. Die Publikation enthält eine
Reihe von interessanten Beiträgen, die nur leicht oder auch
unverändert ihren Platz auch in nur geringfügig
anders
gewichteten (PHANTAST-) Ausgaben hätten finden
können. Sie
zeigen aber durchaus Aspekte eines nicht klassischen
Heldenverständnisses auf.
Armin
Möhle, Wallenhorst
PALADIN
178
20
Seiten DIN A 5, Mittelheftung.
Auflage:
unbekannt, Preis unbekannt (bitte erfragen).
GOLEM
98
28
Seiten DIN A 5, Mittelheftung, ISSN 1864-8134.
Auflage:
unbekannt, 2,00 EUR.
Kontakt:
SFC
THUNDERBOLT N. E. V., Theo Klein, Beckingsbusch 20b, 59368 Werne,
E-Mail: TheoKlein@web.de.
Internet: www.thunderbolt.de.
Die
98. Ausgabe des GOLEM wartet mit drei Geschichten auf:
„Das
Anden-Einhorn“ von Sabrina Zelezny kämpft im
Verborgenen gegen die
Herrschaft der spanischen Krone. Bei seiner Jagd nach diesem
Fabeltier gerät der preußische Wissenschaftler
Alexander von
Humboldt in Gewissensnöte.
Mit
„Tiefraumflug T77 Galateia“ übernimmt
Alexander Bodin den
Action-Part. Das Spiel mit der virtuellen Realität in den
Köpfen
von Raumfahrern, die im künstlichen Tiefschlaf liegen,
erinnert an
die MATRIX-Filme, findet aber zu einer eigenständigen
Auflösung.
„Mein
Held und ich“ von Tanja Rast zeigt eine Schriftstellerin im
Kampf
mit ihrem Protagonisten, der sie in ihrer Stube aufsucht. Gnade
empfängt, wer Gnade gibt. Hier dominiert die humorvolle Seite.
Die
drei Geschichten sind kurzweilig, allein der mittleren hätte
man zum
besseren Verständnis gewünscht, dass sie zur
Entfaltung mehr Raum
gehabt hätte.
Aber
es gibt ja noch den PALADIN: Mit
„Vorhölle“ präsentiert Mark
Eyland dort eine echte Horror-Story, und zwar so, wie man sie sich
wünscht: Mit einem eher unterschwelligen, aber beherrschenden
Grauen, das ohne übermäßige
Gewaltdarstellungen auskommt. Dies ist
nicht nur die längste, sondern auch die packendste der vier
Geschichten. Obendrein rundet sie die Vielfalt ab. Insgesamt kann der
Mix wieder einmal nur empfohlen werden.
Clemens
Nissen s. ps., Schortens
EXODUS 30
128 Seiten
DIN A, Seitenbindung, ISSN 1860-675X.
Auflage:
unbekannt, 12,90 EUR,
2er-Abonnement 25,00 EUR.
Kontakt:
René Moreau, Schillingsstr. 259, 52355 Düren,
E-Mail: rene.moreau@
exodusmagazin.de.
Bankverbindung:
Postbank Köln (BLZ 370 100 50), Konto 285170505.
Internet: www.exodusmagazin.de.
„Eine
Maschine braucht doch eine Mechanik, oder nicht?“ fragt sich
der junge Robert in Thorsten Kuipers „Grosvenors
Räderwerk“.
Zahnräder, Pleuelstangen, stählerne Gehäuse,
Schmieröle und dreckige Mechaniker mit großen
Schraubenschlüssel vor dampfenden Motoren, die schwitzend und
fluchend ihre Arbeit verrichten. Das ist ein Bild aus der guten alten
Zeit, als fachkundige Menschen noch in der Lage waren mit ihrer
Hände
Arbeit die Maschinen und damit die Welt zu reparieren.
Diese
Zeit ist vorbei, vergangen, aber nicht vergessen. Sie lebt weiter. In
den Phantasien der Retro-SF und des Steampunks. Fast scheint es wie
ein unlösbares Paradoxon: rückwärtsgewandte
Zukunftsentwürfe, Geschichten, die eine vergangene Zukunft
beschreiben, oder eine die hätte sein können. Als
„(...)
anachronistische Collage von Ungleichzeitigem“ beschreibt
Heinz
Wipperfürth in einem kurzen erläuternden Beitrag
diesen
zwar nicht unbedingt ganz neuen, aber doch momentan sehr angesagten
Trend. Und ist die Verführung nicht groß, den
unzähligen
Möglichkeiten und Spielereien des Subgenres zu erliegen und
selbst einmal ein „Was wäre wenn?“
auszuprobieren.
Eine prall gefüllt neue Themen-Ausgabe von EXODUS
wäre
schön Beweis genug. Aber es ist ja nur ein Beispiel und ein
Trend, dem auch EXODUS folgt. Retro-SF und gar Steampunk sind so
etwas wie der Sommerhit einer Saison, die nicht nach Jahreszeiten
gezählt wird.
Ob
es allerdings immer nur nostalgische Gefühle sind, die
Sehnsüchte nach einer einfachen Welt, in der die
„Technik
noch für jeden verständlich war“, die zu
dieser Form
der „Vergangenheitsbewältigung“
führen,
kann auch bezweifelt werden. Ebenso wie nicht jeder Mensch des
vorindustriellen Zeitalters die Funktionsprinzipien einer
Dampfmaschine verstehen konnte. Dampf, diese feuchte, wabernde kaum
zu fassende Substanz soll eine schwere Lokomotive antreiben? Kann man
glauben ... Aber in einem hat Heinz Wipperfürth recht: Damit
begann es, die Entfremdung des Menschen von der Technik. Er schuf
sich eine Lebenswelt, die ihm zunehmend fremder weil
unverständlicher
wurde, der er aber gleichzeitig auf Gedeih oder Verderb ausgeliefert
war und ist.
Und
so kann Retro-SF oder Steampunk in besonders guten Momenten auch eine
Kritik an der gesellschaftlichen Entwicklung seit der industriellen
Revolution sein. So zum Beispiel in dem schon erwähnten
„Grosvenors Räderwerk“ von Thorsten
Küper. Man
kann die Geschichte als eine Parabel auf die weit verbreitete
Kinderarbeit in den Bergwerksstollen Großbritanniens zu
Beginn
der industriellen Revolution lesen. Zum Aufbau einer Rechenanlage
nutzt der skrupellose Grosvenor auf eine diabolische, nicht
näher
beschriebene Art die Energie von Kindern. Der junge Robert, ebenfalls
von diesem Schicksal bedroht, kann auf das Luftschiff von Ada
Lovelace und Isambard Kingdom Brunel fliehen.
„Name
dropping“ auch eine sehr gut funktionierende und oft genutzte
Möglichkeit, der vergangenen Zukunft nicht nur
Authentizität,
sondern eine besondere Note des Wiedererkennens und der Vertrautheit
zu geben. Thorsten Kuipers bemüht dabei nicht
willkürlich
irgendwelche historische Personen. Ada Lovelace als Tochter von Lord
Byron und Weggefährtin von Charles Babbage passt genauso in
das
Szenario wie Brunel, der Baumeister des Thames-Tunnels und Ingenieur
von Brücken und Eisenbahnen. Er stellt diese realen und in
gewissen Weise positiven Personen seinem „mad
scientist“
gegenüber. Ach ja, und Robert, die jugendliche Hauptperson ist
auch nicht irgendwer ...
Vielleicht
könnte man „name dropping“ als
vorherrschendes
Gestaltungsmerkmal der Retro-SF ansehen. Helmut Ehls, der sich als
versierter Kenner der Romane Karl Mays erweist, überlegt in
„Am
Set von ,Der Schatz im
Silberkanalʻ“,
was May geschrieben hätte, wenn er ein Jahrhundert
später
als SF-Autor seine Brötchen hätte verdienen
müssen.
Die Antwort liegt auf der Hand und schließlich wird das
schöne
Werk „Old Laserhand und die Grünhäute vom
Mars“
auch noch verfilmt, natürlich von Harald Reinl, produziert von
Reginald Windland – ein wenig künstlerische Freiheit
muss
schließlich sein. Auch wenn die Geschichte vielleicht nicht
den
historischen Tiefgang aufweist, so ist sie doch ein großer
Spaß
und persifliert recht eindrucksvoll Mays Bestreben den Ruf als
Kolportage-Autor los zu werden.
Bekannte
Namen tauchen auch in Arnold Sprees „Das
Schäuble“
auf, von denen „Turbo-Rezensent“ Illmer nur einer
von
einigen ist. Ein unschuldiges Wesen, selbst als
„Schäuble“
bezeichnet, gerät auf der Suche nach seiner Nahrung genannt
„Shund“ an die Besatzung der STAR QUEST, unter der
sich
u. a. ein K. H. Scheer, ein Kurt Brand oder ein Prof. Heinz Haber
befindet. Auch hier lebt die Geschichte von der absurden und
komischen Ausgangssituation und der gekonnten mit vielen Anspielungen
versehenen Umsetzung der Geschichte.
Einer
ganz besonderen „Person“ der Literaturgeschichte
widmet
sich Matthias Falke in seiner Geschichte mit dem langatmigen Titel
„Die spektakuläre und heldenmütige
Entführung
der originalgetreuen Lokomotive Emma.“ Die Gruppe
Jugendliche,
die das Museum am Rand der Dimensionsschranke betreten, ist nicht so
harmlos wie der erste Blick vermuten lässt. Natürlich
gelingt das Unternehmen und die Entführer fliegen mit Emma in
einen staubigen Westen. Spannend, wenn auch nicht ganz unvorhersehbar
flicht Matthias Falke persönliche Auseinandersetzung und
Abenteuer zu einer stimmigen Geschichte, deren angedeuteter
Hintergrund vermuten lässt, sie könne Teil eines
weitaus
längeren Werkes sein.
Die
Ideen und Erfindungen nehmen kein Ende in dieser EXODUS-Ausgabe. Da
ist noch die Emerald-Anlage zu nennen, die Philip Schwarz dazu
verwendet, Luftschiffe fliegen zu lassen. In Frank Neugebauers
Mischung aus viktorianischer und futuristischer Geschichte tauscht
der Schlangenkönig Kristalle gegen Milch. Kristalle, die eine
seltsame Strahlung abgeben. Und in Olaf Kemmlers „Ein Koffer
voller Gedanken“ bestimmen diese Gedanken das Schicksal
seines
Protagonisten – zum Guten und leider auch zum Bösen.
Und
Ulf Hildebrandt bemüht nicht nur Nicola Tesla, sondern auch
einen Sohn von Kapitän Nemo, der vergeblich versucht, die Welt
vor den Wesen des Äthers zu bewahren.
Die
großen alten, dunklen, diabolischen Wesen der Unterwelt
können
in einer Sammlung, die sich dem Golden Age der Phantastik der
fünfziger und sechziger Jahre verpflichtet fühlt,
natürlich
nicht fehlen. Manchmal reicht auch hier schon ein Name. Der Professor
aus Arkham, der zwei unbedarfte Studenten in seinem Observatorium
beschäftigt, hat natürlich ganz andere Absichten. Nur
diesmal stammt die Bedrohung nicht aus der Unterwelt, sondern sie
kommt von den Sternen. Steffen König gelingt mit
„Titans
Flüstern“ nicht nur eine kleine Hommage an
Lovecraft, er
verbindet auch Mystizismus mit Science Fiction und liefert damit eine
weitere Variante der Retro-SF ab.
„Saudade“
ist ein portugiesisches bzw. galizisches Wort für
„Weltschmerz“
oder „Wehmut“ und steht u. a. für ein
nostalgisches
Gefühl, einen geliebten Menschen verloren zu haben. Und genau
dieses Gefühl beschreibt die gleichnamige Geschichte von
Thomas
Franke.
Hartmut
Kasper schickt seinen ruhelosen Helden in das unheimliche Restaurant
„Der grüne Jademond“. Eine stimmungsvolle
Studie mit
leicht angehauchtem philosophischen Hintergrund.
Fehlt
noch eine Geschichte: „Die Lem-Variable“ von Martin
Beckmann. Ein gescheiterter Zeitungsreporter fährt
zurück
in seine Heimatstadt und kommt dabei einer ungeheuerlichen
Alien-Verschwörung auf der Spur.
Wie
immer entscheidet der persönliche Geschmack oder die
Präferenz
für bestimmte Szenerien, welche der Geschichte man in den
Kreis
der persönlichen Favoriten aufnimmt. Nur schlechte oder auch
nur
mittelmäßige Geschichten findet man keine. Und wenn
ein
Werk das kritische Lektorat von Heinz Wipperfürth, Hans
Jürgen
Kugler und Fabian Tomaschek überstanden hat, sind auch
sämtliche
stilistische Ungenauigkeiten ausgemerzt. Bliebe für den
verzweifelten Rezensenten vielleicht noch die Suche nach
Tippfehlern...
Der
zweite Grund, warum jede EXODUS-Ausgabe ein wahrer Genuss ist, ist
das hervorragende und klar Layout sowie die überaus
exzellenten
Grafiken und Bilder. Das Titelbild von Pierangelo Boog ist ein
virtuoser inhaltlicher Opener, der die SF der fünfziger Jahre
mit dem Golden Age der Comic-Helden zu verbinden scheint. Viele
weitere hervorragende Bilder und Grafiken, extra zur Illustration der
jeweiligen Geschichte angefertigt, durchziehen das ganze Heft. Man
kann stundenlang darin blättern ohne sich satt zu sehen.
Ein
kompletter visueller Retro-Flash erwartet den Betrachter aber in der
diesmal sehr umfangreichen Galerie. Sie ist Rudolf Sieber-Lonati
gewidmet. Der Künstler lieferte über
fünfunddreißig
Jahre lang die Titelbilder von Heftromanen unterschiedlichster Genres
und hat damit zumindest in Deutschland das Bild des Genres
maßgeblich
geprägt. Für UTOPIA-Romane und Zauberkreis-Hefte
zauberte
er Bilder, die sowohl Faszination wie auch das Grauen des Weltraums
ausdrückten und die sich um technologische Machbarkeit wenig
sorgten. Auch das ein Credo der Retro-SF: Alles ist möglich!
Oder sagen wir lieber fast alles. Denn an dieser Ausgabe von EXODUS
vorüberzugehen, ohne sich ein Exemplar zu sichern,
wäre ein
Frevel ganz besonderer Art und im Prinzip voll und ganz
unmöglich!
Holger
Marks, Marburg
THE
SEVEN CHAMBERS OF OUR EXPRESSIONS
138
Seiten DIN A 5, Paperback.
Auflage:
unbekannt, 7,95 EUR.
Kontakt:
HARY-PRODUCTION, Canadastr. 30, 66482 Zweibrücken, E-Mail: info@hary.li.
Internet: www.hary.li,
www.haryPro.de.
Eric
Cathey ist ein US-Amerikaner, der seit 1995 in einer Todeszelle in
Texas sitzt. Er wird beschuldigt, zusammen mit einer Bande eine junge
Frau ermordet zu haben. Nach eigenen Angaben hat er die Tat nicht
begangen und hofft auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens und die
Aussetzung der Todesstrafe. www.ericcathey.com ist
nur eine von mehreren
Internet-Seiten, über die er und die Menschen, die von seiner
Unschuld überzeugt sind, auf seinen Fall aufmerksam zu machen
versuchen und um Unterstützung bitten.
Astrid
Pfister, Autorin und Herausgeberin (u. a. WELT DER GESCHICHTEN), hat
gemeinsam mit Eric Cathey einen illustrierten Lyrik-Band in Englisch
verfasst, der bei HARY-PRODUCTION erschienen und auch als E-Book
erhältlich ist. Der Verkaufserlös kommt einem Fond
zugute,
durch den ein Anwalt finanziert werden soll.
Die
Lyriken sind in sieben Kapitel untergliedert. Das und auch der Titel
erinnern ein wenig an Dante Alighieris neun Höllenkreise
(sieben
Kammern) in seiner „Divina Commedia“ und spielen
darauf
an, dass jeder Insasse der Todeszelle täglich die
Höllenkreise
durchwandert, da er nicht weiß, wann ...
Die
Themen, die Eric Cathey und Astrid Pfister verarbeiten, sind
nachvollziehbar: Liebe, Enttäuschung/gebrochenes Herz,
Angst/Gefangenschaft, Verlust, Hoffnung/Glaube, politische und
soziale Missstände und Probleme. Jedes Kapitel wird von einer
Illustration und einem kurzen Vorwort eingeleitet.
Die
Autoren, insbesondere Eric Cathey, reflektieren ihr Leben, ihre
Träume und Sorgen, erlauben Einblicke in ihr Denken, stellen
dabei auch Bezüge zu ihrem Umfeld und aktuellen Geschehnissen
her. Die Gedichte lesen sich prosaisch ohne Reim, wie
Momentaufnahmen.
Sie
künden von den tiefen Gefühlen für einen
geliebten
Menschen, von der Trauer, ihn verloren zu haben, und den
Selbstvorwürfen, weil man einen Fehler begangen und den
Menschen
vertrieben hat, dem menschenunwürdigen Leben im
Gefängnis,
der Kraft, die man aus dem Glaube an Gott schöpft. Sie
appellieren aber auch an den Leser, seine Möglichkeiten als
demokratischer, politisch aktiver Mensch zu nutzen, um sich
für
eine bessere Welt einzusetzen. In Konsequenz werden auch
Missstände
angeprangert, durch die viele erst auf die schiefe Bahn geraten
–
und schlimmstenfalls dasselbe Schicksal wie Eric Cathey erleiden.
Zweifellos
ist Lyrik, dazu noch in Englisch, nicht jedermanns Fall. Lässt
man sich dennoch auf THE SEVEN CHAMBERS OF OUR EXPRESSIONS ein, sieht
man sich mit zeitgenössischen, teilweise ergreifenden und
erschütternden Texten konfrontiert, die zum Nachdenken anregen.
Durch
den Kauf des Bandes unterstützt man nicht nur Eric Cathey,
über
dem die Todesstrafe wie das Damokles-Schwert hängt, sondern
setzt auch ein Zeichen gegen diese unmenschliche, barbarische Form
der Bestrafung, die noch immer in vielen Ländern praktiziert
wird und bereits vielen Unschuldigen das Leben gekostet hat.
Irene
Salzmann, Kranzberg
XTME:PHANTASTIK
2
126
Seiten, Kindle Edition, Download: www.amazon.de, 0,99 EUR.
Kontakt:
Johannes Zum Winkel, Otto-Kraus-Str. 10, 90411 Nürnberg,
E-Mail: jzw@xtme.de.
Internet: phantastik.xtme.de.
Die
Autorin Myra
Çakan
ist die Herausgeberin des eZines oder eMagazins XTME:PHANTASTIK, das
ausschließlich im Rahmen der Kindle Edition bezogen werden
kann
und von dem nunmehr die zweite Ausgabe verfügbar ist.
XTME:PHANTASTIK veröffentlicht fast ausschließlich
Kurzgeschichten; laut Homepage abwechselnd jeweils Science Fiction
(einschließlich Steampunk) und Fantasy (Mystery inklusive).
Die
Nr. 2 ist die erste Fantasy-Ausgabe.
Uwe
Post entführt die Leser in „Orkisch für
Anfänger“
in die Scheib..., äh, nein, natürlich nicht, sondern
nach
Fernhinten im Multiversum. Ein Mystikinspektor begibt sich in
Begleitung eine Orkin auf die Suche nach den verschwundenen Elfen.
Den beiden stehen einige Begegnungen mit Magiern, Zwergen,
Räubern,
Drachen u. a. m. bevor. Wie für den Autor typisch ist auch
„Orkisch für Anfänger“ eine
humorvoll-ironische
Kurzgeschichte, die zahlreiche Sujets und Klischees der Fantasy auf
die Schippe nimmt.
Konventionellere
Fantasy stellt dagegen „Blut im Verlies“ von Kay
Noa dar.
Punica dringt in die Mittfeste ein, um ihren Onkel Tarsano zu
befreien, der wegen eines Attentats auf den Kaiser eingekerkert
wurde. In die Angelegenheit greift ein weiterer Mitspieler ein. Die
Story ist routiniert geschrieben; bei ihr könnte es sich um
eine
Episode aus einem längeren Text handeln.
Mit
einem schönen Plot wartet „Yemonyas Traum“
von Peter
Nathschläger auf. Eine alte Malerin in Havanna verkauft ein
Bild
an ein junges Touristenpärchen. Doch es ist mehr als nur ein
Gemälde – erfahrene Leser werden vermutlich ahnen,
worum
es sich außerdem handelt.
„Der
silberne Löffel – Ein fairer Handel“ von
Ann-Merit
Blum wird von dem Hehler, äh,
Antiquitätenhändler,
Millbread St. John verkauft, aber umgehend und nachdrücklich
von
dem rechtmäßigen Eigentümer
zurückgefordert, so
dass sich St. John auf dem Weg zu dem Käufer macht, um den
Löffel zurück zu holen. Der Löffel ist
selbstverständlich ein magischer Gegenstand. Nun, warum auch
nicht?! Die Story weist satirische Züge auf, wenn auch nicht
in
demselben Ausmaß wie in „Orkisch für
Anfänger“.
„Morgenflieger“
von Nika Lubitsch katapultiert die Klatschjournalistin Renate
Wertmann in das Leben nach den Tod, in ihren persönlichen
Alptraum. Die Story wirkt spröde, was die Autorin
erklärt:
Der Text beruht auf einer Übung in einer Schreibgruppe, in der
eine Sonnenaufgang ohne Adjektive beschrieben werden sollte.
Den
Autorinnen und Autoren werden nach ihren Kurzgeschichten mehrere
standardisierte Fragen gestellt, die sie mehr oder minder
ausführlich
beantworten. Hinweise auf ihre in der Kindle Edition
veröffentlichten
Romane schließen sich an, einschließlich Leseproben
in
unterschiedlichem Umfang.
Dem
Grafiker Timo Kümmel werden in dem Interview aber
überwiegend
individuelle Fragen gestellt … XTME:PHANTASTIK 2 bietet auch
vier Farbgrafiken des Zeichners, zwei ältere
unveröffentlichte
und zwei weitere, die demnächst Verwendung als Buchcover
finden
werden. Das Cover der Ausgabe stammt im übrigen von Lothar
Bauer.
Susanne
Pavlovic gibt in „Groß anfangen und dann ganz klein
durchstarten“ einen Überblick über die
literarische
Entwicklung der Zwerge, angefangen von ihrem erstmaligen Auftreten im
13. Jahrhundert bis hin zu den bekannten Tolkienschen Werken. Die
charakteristischen Eigenschaften von Zwergen arbeitet die Autorin in
dem Interview mit Lomir Feuerbeil heraus – einem Zwerg,
versteht sich.
Bernd
Wiese stellt den 1913 erschienenen Roman TOTENZAUBER: EINE LEGENDE IM
WERDEN von Fedor Ssologub vor. In der Rubrik „Aus alten
Bücherschränken“. Der Beitrag besteht vor
allem aus
einer umfangreichen Inhaltsangabe.
XTME:PHANTASTIK
2 bietet lesenswerte und gute Fantasy- und Mystery-Kurzgeschichten,
die umso besser werden, je weiter sie sich von konventionellen
Handlungsstrukturen entfernen. Die Autoren- und Zeichner-Interviews
wirken schematisch. Auch wenn der monopolartige Vertrieb von
XTME:PHANTASTIK über die Kindle Edition zwiespältig
anmutet
(auch wenn Kindle-Apps für Android-Geräte, PCs, Macs,
iPhones und iPads verfügbar sind, nicht jedoch für
andere
eBook-Reader) kann XTME:PHANTASTIK 2 – auch angesichts des
günstigen Preises – empfohlen werden.
Armin
Möhle, Wallenhorst
PHANTASTISCHE
KÜRZESTGESCHICHTEN 5: NANOWELTEN
80
Seiten DIN A 5, Mittelheftung.
Auflage:
300 Exemplare, 3,00 EUR.
Bezug:
Phantastische Bibliothek Wetzlar, Turmstraße 20, 35578
Wetzlar,
E-Mail: mail@phantastik.eu.
Internet: www.phantastik.eu.
Auch
wenn Retro-SF, also der rückwärtsgewandte Blick auf
Zukunftsvisionen von Vorgestern, gerade en vogue ist, gibt es noch
Herausgeber und Autoren, die halten die Fahne des Zukünftigen
und der Visionen oben.
Bestes
Beispiel ist der Band NANOWELTEN. Herausgeben von Thomas Le Blanc im
Eigenverlag der Phantastischen Bibliothek Wetzlar umfasst er 36
Geschichten von 29 Autorinnen und Autoren. Es ist bereits der
fünfte
Band der seit 2011 erschienenen Publikationsreihe mit phantastischen
Miniaturen. Keine Story ist länger als zwei Seiten, manche
kürzer, ganz selten schmuggelt sich unter dem nachsichtigen
Auge
des Herausgebers eine klein wenig längere Geschichte in das
Heft. Außerdem müssen sie sich an eine inhaltliche
Vorgabe
halten. Der erste Band dieser Reihe verlangte, dass der skurrile Satz
„Ihr Haar zersprang wie blaues Glas“ sich organisch
in
die Geschichten einfügte. Ein anderes Mal ging es darum, sich
vorzustellen, was ein „Gnurk“ ist oder sich mit der
„bösen Seite des Mondes“ zu
beschäftigen. Der
vorletzte Band stellte genreübergreifend Miniaturen aus der
Welt
Karl Mays in Zentrum und fragte, welche Geschichten May heutzutage
schreiben würde. Das erinnert an die letzte Ausgabe von
EXODUS,
in der auch eine solche Geschichte von Helmut Ehls enthalten war
–
die war aber viel zu lang!
Gibt
es im Kleinen nicht ähnliche Strukturen wie auf unserer
menschlichen Lebensebene? Das ist die Hintergrundfrage für die
Nanowelten. Und die Autorinnen und Autoren lösen die Frage auf
ganz unterschiedlicher Weise.
Da
sind einmal die Storys, die ich mit dem Überbegriff
„Teppichvölkergeschichten“ frei nach Terry
Pratchet
bezeichnen möchte. In ihnen existieren winzig kleine Lebewesen
in einem eigenen kleinen Lebensbereich, der zum Beispiel aus einer
Schneekugel bestehen kann wie bei Iris Leonhards „Das Dorf im
Schnee“ oder wie bei Alexander Reß eine Stadt unter
einer
Parkbank bevölkern. Diese mehr oder weniger eher der Fantasy
zuzurechnenden Geschichten bieten oft einen ähnlichen Verlauf
und enden meist tragisch.
Ganz
der Fantasy zuzurechnen ist dagegen zum Beispiel die
„Staubkornfee“
von Claudia Meyer, ein Kindermärchen über eine Fee
die
leider etwas zu klein geraten ist und trotzdem ihre Bestimmung
findet.
Und
dann gibt es natürlich Geschichten, die einer alten Idee eine
neue Variante abzuringen versuchen. Das gelingt zum Beispiel
Jacqueline Montemurri hervorragend mit „Im Auge des
Betrachters“. Ein Mann lässt sich darin soweit
schrumpfen
und wandelt fortan in seinem eigenen kleinen Universum. Eher
konventionell setzt Gudrun Reinboth ihre Geschichte
„Schöne
neue Heimat“ um, in der ein Raumschiff auf der Suche nach
einer
Heimatwelt ist. Natürlich ist dieses Raumschiff winzig und
sein
Schicksal schnell besiegelt.
Dann
gibt es noch die Kategorie der „Viren mit
Bewusstsein“.In
Friedhelm Schneidewinds „Rote Ritter“ sind es Viren
mit
Pseudobewusstsein, die zur Krebsbekämpfung eingesetzt werden.
Natürlich wissen diese das nicht und glauben sich in einem
heldenhaften Kampf gegen ein übles Monster. Und derselbe
liefert
mit „Mini-Demokratie“ noch eine andere Variante
dieser
Kategorie. Diesmal sind es Mini-Vampire die demokratisch entscheiden,
was sie mit dem Wirtskörper anstellen und ob er
überleben
darf. Trotz dieser originellen Idee ist die Story leider sehr
konventionell „erzählt“.
Die
erzwungene Kürze lässt nicht viel gestalterischen
Spielraum
und erzwingt oft eine simple
„Nacherzählung“ anstatt
eine erzählte Geschichte entstehen zu lassen. Aber viele
Beiträge zeigen auch, dass es anders geht. So zum Beispiel
Rainer Schorm mit „Enzymatische Solidarität oder
DNA-Blues“. In der trotz der Kürze sehr komplexen
Geschichte mögen die Enzyme keinen Hiphop, was dann schon mal
zu
Durchfall führen kann. Oftmals sind es die eher technisch
orientierten Geschichten, die mit einer überzeugenden
Geschichte
aufwarten können und die durchaus kritisch mit den
Auswirkungen
der Nanowelt umgehen. Sei es auf individueller Ebene, so bei
André
Lautenbachers „Disconight“ in der die vom Gehirn
gesteuerten Hautimplantate nicht immer den gewünschten
Flirterfolg garantieren. Ganz neue Abhörmöglichkeiten
schildert Jan Osterloh in „Schöne neue
Werbewelt“
und Jörg Weigand zeigt in „Das
Nanobot-Experiment“
eine ungewöhnliche militärische Verwendung der neuen
Technik. Eine schöne augenzwinkernde Geschichte. Und
Karl-Ulrich
Burgdorf zeigt in seiner Philip K. Dick gewidmeten Geschichte
„Im
Auge des Betrachters“ auf, wie das menschliche Gehirn mit
Nanobots eine kognitive Einheit bildet und dadurch erheblich
getäuscht werden kann. Von ihm stammt auch das einzige Werk,
das
hier nicht beurteilt werden kann. Leider fehlt mir die geeignete
Nano-App um den „Beitrag aus der Nanowelt“
geschrieben
von Minimus Zwerger jr. lesen zu können.
36
Geschichten mit 36 Ideen zeigen, wie kreativ und vielfältig
eine
Idee umgesetzt werden kann. Das Zusammenspiel von
„professionellen
Autoren“ und „Fanautoren“ gelingt
hervorragend. Die
Geschichten sind allesamt lesbar, wenn auch nicht alle von gleicher
Originalität Aber verstecken muss sich hier keine.
Einzig
einige handwerkliche Mängel wie der fehlende Seitenschnitt,
der
Eigenproduktion geschuldet, oder die recht kleine Schrift (sic!)
stören etwas. Auch wären einige wenige Informationen
zu den
Autorinnen und Autoren wünschenswert.
So,
jetzt aber Schluss. Schon über 800 Wörter! Zum
Glück
ist das Genre der „Kürzestrezensionen“
noch nicht
erfunden ...
Holger
Marks, Marburg
PARADISE
90
120
Seiten DIN A 5, Seitenbindung.
Auflage:
70 Exemplare, 5,00 EUR.
Kontakt:
TERRANISCHER CLUB EDEN, Kurt Kobler, Feuerwerker Str. 44, 46238
Bottrop, E-Mail: kontakt@terranischer-club-eden.com.
Internet: www.terranischer-club-eden.com.
Beim
Anblick des Covers kommen nostalgische Gefühle auf und
Erinnerungen werden wach an Zeiten, als noch nicht alles Hochglanz
war. Eine einfache schwarz-weiße Grafik ziert das Titelbild.
Es
zeigt einen Krieger mit Lanze vor einer Berglandschaft. Es ist ein
einfaches Bild, wahrscheinlich mit Blei oder Kohle gezeichnet. Eine
Erinnerung an die gute, alte Zeit, als Fanzines noch hektographiert
oder mit sündhaft teuren, aber schlechten Kopierern
vervielfältigt wurden.
PARADISE
ist eine der wenigen Club-Fanzines, die noch existieren. Aber es gibt
wenig Beiträge, die sich mit dem Clubleben
beschäftigen.
Antje regt an, sich über eine Facebook-Seite für den
Verein
Gedanken zu machen und „Drübarede“ macht
sich in
seiner Kolumne „Seitenstecher“ Gedanken
über die
Aufgaben eines „Verlegers“, will aber eigentlich
nur über
die Inaktivität vieler Clubmitglieder meckern. Die ganz
alltäglichen Clubprobleme also.
Wie
sich für ein Club-Fanzine gehört, bietet auch diese
Ausgabe
den bekannten Mix aus Stories, Artikel und Rezensionen. Dabei liegt
der Schwerpunkt eindeutig auf den PERRY RHODAN-Kosmos und seine
Ableger.
Den
wohl bemerkenswertesten Beitrag liefert Wolfgang Thadewald mit dem
zweiten Teil seiner „Wolkengeschichte mit
Aufheiterung“.
Der Besuch Walter Ernstings im Himmel geht weiter, er trifft auf
weitere Autorenkollegen und führt mal ernste, mal auch sehr
komische Gespräche. Viele Details werden sich nur denjenigen
erschließen, die die PR-Autoren und ihr Verhältnis
ein
wenig besser kennen. Aber die philosophischen Anspielungen gefallen
allemal.
Dagegen
fällt die Geschichte von Dennis Mathiak etwas ab.
„Abschied“
war die Siegerstory 2007 des „WILLIAM WORD AWARDS. Sie
schildert den vergeblichen Protest eines Jugendlichen beim Verlassen
eines Planeten. Obwohl sehr gefühlvoll erzählt bleibt
sie
ohne wirkliche Höhepunkte.
Da
es nun zwei RHODAN-Universen gibt, ergeben sich natürlich auch
neue Möglichkeiten des Crossover und ein kreativer Autor kann
dabei gleich neue „Realitäten“ erschaffen.
Das nutzt
der Autor, der sich unter dem Pseudonym Roi Danton versteckt, mit dem
Auftakt zu einem längerfristigen und ausführlichen
Projekt,
das er als „Graue Allianz 2.0 Neo Saga“ bezeichnet.
„Roi
Dantons Weg in Neoversum“ ist etwas langatmig
erzählt und
bricht leider ab, als es beginnt spannend zu werden. Für die
Fortführung des Projektes werden noch Mitstreiter gesucht!
Etwas
älter ist die Eröffnungsrede, die Andreas Eschbach
beim
PR-WeltCon in Mannheim hielt. Interessant wird sie im Nachhinein
durch eine nebensächliche Bemerkung zu den Expokraten der
Serie.
Eschbach vergleicht das Amt des Exposé-Autoren mit dem des
Papstes, weil jeder, der es einmal innehat, es in der Regel bis zum
Ende seines Lebens behält. Bis auf Uwe Anton, der als
weitblickender SF-Autor den Rücktritt Ratzingers vorwegnahm
...
Die
sekundärliterarischen Beiträge sind allesamt sehr
ausführlich und kompetent. Hans-Peter Kügler stellt
mit
URANUS eine österreichische Heftserie aus den
fünfziger
Jahren vor. Thomas Harbach befasst sich in einer ausführlichen
Rezension mit dem Band 3 der PR-CHRONIKEN von Hermann Urbanek und
spart dabei auch nicht mit Kritik.
Ebenfalls
sehr ausführlich aber nichts für Menschen, die die
Romane
noch lesen wollen, ist die Vorstellung der Bände 2 bis 4 der
Reihe ARMAGEDDON-ZONE. Joachim Kutzner wertet nicht nur, sondern
beschreibt auch den Inhalt ausführlich. Und nicht zuletzt
stellt
Nobert Mertens anlässlich der Neuausgabe im Atlantis-Verlag
die
EARL DUMAREST-Reihe von E. C. Tubb vor.
Schlicht
über meinen Horizont geht dafür der Beitrag von
Overhead,
der sich in seinem Artikel „Teilchen oder Welle“
Gedanken über die Struktur des Universums macht.
Dafür
reicht mein physikalisches Verständnis nicht. Andererseits
weiß
ich nicht, ob man Fachwissenschaftlern wirklich ernsthaft vorwerfen
kann, sie würden nicht genügend Science Fiction
lesen.
Für
Fans gepflegter Heftliteratur bietet PARADISE jede Menge Lesestoff
und Anregungen für die weitere Lektüre. Da allerdings
recht
wenig über das Clubleben verraten wird, fehlt die
persönliche
Note, die man bei anderen Club-Fanzine durchaus vorfindet.
Holger
Marks, Marburg
Es
gibt sie tatsächlich noch – die jungen wagemutigen
Fanzinemacher, die trotz Internet und E-Books den Schritt wagen, ein
Heft auf Papier anzubieten und dieses mit viel Spaß an der
Freude zu gestalten. STARBASE – „Das Fanzine
für
Trekkies“ ist ein mutiger Vertreter dieser aussterbenden Art.
Auf
zwanzig Seiten präsentiert Aaron ausschließlich
Werke aus
seiner Feder, hofft aber, dass sich dies in den kommenden Ausgaben
schnell ändern wird. Er bespricht einige alte, heute nur noch
gebraucht erhältliche Romane von Heyne, freut sich auf die
Veröffentlichung weiterer VOYAGER-Romane, präsentiert
mit
„Die Klingon-Falle“ eine spannende Geschichte um
Kirk,
Spock und McCoy, während „Worf unter
Verdacht“
bereits in der Zeit der NEXT GENERATION spielt und aus Fortsetzung
angelegt ist.
Dazu
kommen noch zwei kurze Artikel um Vulkanier, Romulaner und nicht
zuletzt die Medizin der Sternenflotte. Nur Titelbild und
Rückseite
zieren eigene Zeichnungen, im Heft selber herrschen Szenenfotos vor.
Wer
selbst in den späten 1980ern und frühen 1990ern
Fanzines
gemacht hat, wird sich in diese Zeit zurückversetzt
fühlen,
hält er das Heft in den Händen. Denn es ist sehr
einfach
gestaltet, manches wirkt wie ausgedruckt und dann auf einem Blatt
zusammengeklebt, dann wieder wechseln Schriftarten in einer
Geschichte.
Das
entspricht zwar lange nicht mehr dem, was heute bei mindestens beim
Layout eines Fanzine erwartet wird, ebenso wie die Häufung von
unnötigen Flüchtigkeitsfehlern, aber dennoch kann man
es
mit ein wenig gutem Willen akzeptieren – spricht aus jeder
Seite des Heftes doch die Leidenschaft und Liebe zu STAR TREK und der
Wunsch diese mit anderen zu teilen.
Es
bleibt zu hoffen, dass der junge Autor, Künstler und
Herausgeber
mutige Mitstreiter findet und sich nicht unterkriegen lässt.
Denn aller Anfang mag zwar schwer sein – aber daraus kann
durchaus noch etwas mehr erwachsen.
STARBASE
1 mag zwar seine Schwächen und Fehler haben, hat aber dennoch
einen gewissen Reiz, erinnert es doch gerade ältere Leser an
die
Anfänge des Fandoms und macht Hoffnung darauf, dass die
klassische Fanzinekultur nicht erlischt, so schlicht und einfach das
Heft jetzt auch noch gestaltet sein mag.
Christel
Scheja, Solingen
PHANTASTISCH!
52
72
Seiten DIN A 4, Mittelheftung, ISSN 1616-8437.
Auflage:
1.500 Exemplare, 5,30 EUR, 4er-Abonnement 21,20 EUR.
Kontakt:
Atlantis Verlag Guido Latz, Bergstraße 34, 52222 Stollberg.
Internet: www.phantastisch.net,
www.atlantis-verlag.de.
Achim
Schnurrer setzt in PHANTASTISCH! 52 seinen Artikel
„Schlaraffenland:
Die Wegbeschreibung“ fort. Diesmal beschreibt er jedoch nicht
die (weitere) historische Entwicklung dieses Motivs in der
phantastischen Literatur, sondern konzentriert sich auf das Werk des
Schuhmachers und Schriftstellers Hans Sachs (1494 -1576), der zwar in
Konflikt mit der Obrigkeit geriet, aber nicht davon abließ,
sich dem Schlaraffenland-Motiv weiterhin zu widmen – und es
auch wohl auch als Inspiration für seine Gedichte und seine
Meistersänge benutzte. Der Beitrag verweist auf weitere
Autoren,
die in derselben Epoche wie Hans Sachs lebten und schrieben,
enthält
einen theoretischen Exkurs über die Spielarten des
Schlaraffenland-Motivs und Verweise auf die Gegenwart.
Und
wird in PHANTASTISCH! 53 fortgesetzt. Puh. Und beendet. Der Autor
will wieder in die historische Darbietung seines Themas einsteigen.
Die Artikel aus der „Klassiker der phantastischen
Literatur“-Reihe sind regelmäßig
herausragend und
lesenswert, wenn sie (auch) den geschichtlichen Kontext beleuchten,
in dem sich die vorgestellten Autoren oder Motive bewegten.
Ein
(kleiner) Schwerpunkt in dieser Ausgabe liegt bei Comics –
und
bei textfreien Bildergeschichten, um genau zu sein. Christian Endres
beschreibt sein „Ertrinken in Bildern“ in einer
solchen
des US-amerikanischen Künstlers Eric Drooker. Im Mittel des
Interesses von Sonja Stöhr steht die Hörspiel- bzw.
Comicserie MALCOM MAX: „Vom Hörspielstar zum
Comichelden“.
Die Autorin stellt die Entwicklung der Serie dar, sowohl inhaltlich
als auch, was ihre Publikationsformen angeht. Interviews mit dem
Autor und dem Zeichner der (Comic-) Serie schließen sich an.
Achim Schnurrer stellt seine vielfältigen Interessen unter
Beweis, indem er „Die Wormworld Saga“ von Daniel
Lieske
vorstellt, die ihren Weg aus dem Internet in die gedruckte (Comic-)
Welt fand. Ach, und der zweiseitige Comic von Olaf Brill und Michael
Vogt darf (in diesem Zusammenhang) nicht vergessen werden.
Es
ist aber nicht zu befürchten, dass die phantastische Literatur
keine oder nur unzureichende Berücksichtigung findet ...
Natürlich nicht! Achim Schnurrer ist nicht nur in der
klassischen phantastischen Literatur und im Comic zu Hause, sondern
auch im Trash: Er stellt in „Pol Pot Polka“ den
zweiten
Band um die durchgeknallte Geheimagentin Kay Blanchard aus dem
Evolver Books Verlag vor. Sonja Stöhr geht ihrem Faible
für
einschlägige Jugendliteratur nach und empfiehlt
„Phantastisches
Lesefutter für junge Leser“ und bietet eine Reihe
von
Kauf- und Schenkanregungen für Eltern, Tanten und Onkeln,
Freunde … Einen „Werkstattbericht“ zur
E-Book-Reihe HORROR FACTORY inklusive Leseprobe liefert Christian
Endres ab.
Christian
Endres verfasste auch „Von Oz bis Nimmerland“, den
Bericht über „Die phantastischen Bilderwelten des
Robert
Ingpen“, der über 100 Kinderbücher
illustrierte
und/oder schrieb, so auch bekannte Titel wie IN 80 TAGEN UM DIE WELT,
ALICE IM WUNDERLAND, DER WIND IN WEIDEN u. a. m. Der Artikel ist
reich und schön bebildert, aber „nur“ der
zweitbeste
in der PHANTASTISCH! 53. Denn der herausragendste Beitrag ist
„Derselbe Schrecken noch einmal“ von Max Pechmann.
Der
Autor arbeitet die Unterschiede der verschiedenen Versionen von
Horrorfilmen heraus, die japanischen oder koreanischen Originale
einerseits, die US-amerikanischen Remakes andererseits. Die fehlende
Kreativität und die nicht vorhandene Risikobereitschaft in
Hollywood sind erschreckend. Nichtsdestotrotz dokumentieren sich in
den Filmversionen die Unterschiede zweier Kulturen.
Die
Story „Rote Zipfelmützen“ von Heidrun
Jänchen
kommt humorvoll-satirisch daher. Die Geschichte spielt mit Klischees
der Space Opera – und anderen.
Nein,
die Interviews in PHANTASTISCH! 53 werden selbstverständlich
nicht vergessen … Michael Marcus Thurner spricht in seinem
immerhin fünfseitigen Interview über seine
vielfältigen
und zahlreichen Projekte in der PERRY RHODAN-Serie, der Science
Fiction und in der Fantasy. Derek Landry ist der Schöpfer des
ungewöhnlichen Detektiv Skulduggery Pleasant, einem Skelett,
dessen Abenteuer auch unter Jugendlichen ihre Leser finden. Susanne
Picard ist (genau wie ihr Kollege Marcus Michael Thurner) auch mit
Veröffentlichungen in Heftromanserien, in der Science Fiction
und in der Fantasy hervorgetreten. Die Interviews zeichnen sich auch
in dieser Ausgabe dadurch aus, dass sie individuell auf den Werdegang
und die Arbeiten der Gesprächspartner eingehen. Richtig, es
wird
bald überflüssig, das zu erwähnen.
PHANTASTISCH!
52 ist eine solide Ausgabe. Das nicht jeder Beitrag den Vorlieben des
Lesers entspricht, liegt in der Vielfalt eines Magazins
begründet
– und kann in der nächsten Ausgabe schon wieder
völlig
anders sein.
Armin
Möhle, Wallenhorst
Der FANZINE-KURIER erscheint
in der EDITION WHISPERING TIMES.
Herausgabe und Redaktion:
Armin
Möhle
Eibenweg
18
49134
Wallenhorst.
E-Mail:
armoe@gmx.de.
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Holger Marks, Clemens
Nissen s. ps., Irene
Salzmann, Christel Scheja,
Für Rezensionsexemplare
sind wir stets sehr dankbar!
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