Online
143

Aug. 2009


Werte Leserinnen und Leser,

ich bin versucht zu sagen: Die Sommerpause ist vorbei ... Ich muss zugeben, dass ich in der jüngeren Vergangenheit zeitweise andere Prioritäten als die Arbeit am FANZINE-KURIER 143 hatte. Was wieder einmal zu dem unschönen Effekt führte, dass einige Nachfolgeausgaben der hier besprochenen Publikationen bereits erschienen sind. Aber nun hat der  FK 143 das Licht des Fandoms erblickt und für die nächste Ausgabe kann ich bereits Besprechungen über EXODUS 25, SOL 54, STAMMTISCH-BOTE 18, FANTASTIC EPISODES 1 und 2, WHISPERING TIMES 21 und zu FUTURE MAGIC 64 ankündigen.
Viele Grüße
Armin Möhle



SOL 54
SCIENCE FICTION OKULAR 263, 264
MANISCHE WIEGENLIEDER
PHANTASTISCH! 34
RETTUNGSKREUZER IKARUS 38: URLAUB AUF SHAHAZAN
FUTURE MAGIC 63
XUN 21
EARTH ROCKS 9
PALADIN 167: REISEBERICHTE 2, GOLEM 88




SOL 54

68 Seiten DIN A 4, Mittelheftung, ISSN 1439-2453.
Auflage: 1.400 Exemplare, 4er-Abonnement 24,00 EUR.
Kontakt: PERRY RHODAN FANZENTRALE e. V., Postfach 2352, 76413 Rastatt.
Bankverbindung: Sparkasse Uelzen Lüchow-Dannenberg (BLZ 25850110), Konto 46042420.
Internet: www.prfz.de.

Die SOL 54 ist die letzte Nummer vor PERRY RHODAN-Band 2500. Sicherlich auf den ersten Blick nicht entscheidend, aber wenn Klaus N. Frick von einer „Teamtagung mit Schwerpunkt“ berichtet, erhofft sich der PR-Leser, dass auf die Worte Taten folgen. Die Messlatte ist sicherlich hoch angelegt. Klaus N. Frick versprüht – wie es sich für einen Verlagsangestellten gehört – Optimismus. In seiner Kolumne „Der Redakteur erinnert sich“ berichtet er von der ersten Kooperation mit dem Weltbild Verlag. Der THOREGON-Zyklus ist in Buchform veröffentlicht worden. Es ist erstaunlich, wie stark es Michael Thiessen gelungen ist, die Heftromane zusammenzufassen, um vier Hardcover zu füllen.  
Klaus Bollhöfener erinnert in seinem Vorwort an den kürzlich verstorbenen Risszeichner der ersten Stunde Rudolf Zengerle. Hoffentlich folgt in einer der nächsten SOL-Ausgaben ein ausführliches Porträt. Rüdiger Schäfer spricht in seinen Worten des Vorstandes vom berüchtigten „Old Man“-Treffen. Das Problem an Rüdiger Schäfers Worten zum Geleit ist die enge Affinität nach Rastatt, die eine kritische Distanz nicht unbedingt zulässt. Dagegen bläst den Autoren und den Expokraten inklusive des Chefredakteurs in der Kolumne des galaktischen Beobachters Rainer Stache der Wind kräftig ins Gesicht. Da werden nicht nur stilistische Mängel kritisiert, sondern vor allem auch die „Zufälligkeiten“ des laufenden Zyklusses inklusive der immer unglaubwürdiger werdenden Missionen der Terraner angesprochen.
Coverabbildung SOL 53Drei Interviews dominieren die neue SOL. Björn Berenz spricht mit Rainer Castor, ohne das aus dem Gespräch wirklich neue oder gar interessante Informationen entnommen werden können. Ein wenig hilflos fragt Björn Berenz bekannte Themen wie den Arbeitstag eines Autoren oder gibt es irgendwann einen neuen serienunabhängigen Roman ab. Rainer Castor erwähnt mehrmals, wie sehr er in das Rhodanuniversum eingespannt ist, ohne dass der Leser sich aufgrund der hier vorliegenden Angaben ein umfassendes Bild machen kann. Die PERRY RHODAN-Kommentare alleine können einen Schriftsteller sicherlich nicht alleine ausfüllen und PR-Romane schreibt Rainer Castor sehr selten. Alle kritischen Punkte werden umschifft und am Ende ist der Leser genauso schlau wie vorher.
Deutlich besser macht es Werner Höbart, der sowohl Swen Papenbrock zu seiner Arbeit an einem neuen Gucky-Comic für Splitter als auch Dirk Schulz zu den PR-Comics im gleichen Verlag interviewt. Werner Höbart hat sich intensiv auf die Gespräche vorbereitet und fragt zu erst den entsprechenden Hintergrund ab, begleitet dann die beiden Grafiker während der Entwurf- und ersten Schaffensfrage und hinterfragt auch ihre Antworten. Der Leser erhält einen guten Überblick über die Projekte. Außerdem sind beide Beiträge sehr ansprechend illustriert worden.
Drei Artikel setzen sich mit der PERRY RHODAN ACTION-Serie auseinander. Der mit großem Abstand schwächste Kommentar kommt aus der Feder Matthias Hinz'. Unter dem Titel „Die leidige Sache mit Loki“ kritisiert der Autor Christian Montillon, weil er für den zweiten Zwölfteiler mit Lok-Aurazin den schwach charakterisierten Antagonisten aus dem ersten Zyklus „wiederbelebt“ hat. Am Ende seines Artikels kommt Matthias Hinz zu einem euphorischen Fazit – bis auf den Antagonisten – , ohne wie er selbst zugibt, die letzten drei Hefte vor der Fertigstellung seiner Kritik gelesen zu haben. Mit dieser Aussage und den fehlenden Begründungen, warum der zweite Minizyklus so viel besser als ist, entwertet Matthias Hinz seine Arbeit.
Jochen Adam geht in „Mein Leben seit Perry“ auf die Veränderungen insbesondere in seiner Freizeitgestaltung ein, seitdem er dank der PERRY RHODAN ACTION-Hefte in den Kosmos eingestiegen ist. Jochen Adam schreibt inzwischen auch eine RRHODAN-Kolumne für das Online- Magazin ZAUBERSPIEGEL. Manche der hier beschriebenen Erfahrungen werden viele Leser bestätigen können. Mit 23 Jahren ist Jochen Adam sicherlich ein Späteinsteiger bei PERRY RHODAN. Dass er als Student erst durch die Kolumnen ein Schreiben auf Deadline gelernt hat, bestürzt eher als das es amüsiert. Weiterhin ist es erstaunlich, wie teilweise naiv Jochen Adam durch das Leben gegangen sein muss, wenn ihm eine Reihe wie PR erst zeigt, dass das Feld für Unterhaltungsmedien nicht nur für „realitätsferne Tagträumer“ geschaffen worden ist. Das Fazit ist erschütternd, aber zumindest ehrlich. Hermann Ritter jr. berichtet in dem „Versuch eines Werkstattberichts“ von der Arbeit an seinem ersten PERRY RHODAN ACTION-Roman. Der kurzweilig zu lesende Artikel ist unterhaltsam, gibt einen soliden Einblick in die Arbeitsweise eines semiprofessionellen Autoren zwischen Beruf, Privatleben und Hobby.
Robert Hector schreibt über das Psionische Netz. Er beendet seinen Artikel mit einer Frage. Robert Hectors Artikel kann der Leser eher ambivalent gegenüberstehen. Entweder sieht er sie als Zusammenfassung von aus der Serie bekannten Fakten oder als zaghafter Versuch, die nicht selten nur angedeuteten Ideen der Serie auf einem vorsichtigen Niveau zu extrapolieren.
Zu den am besten unterhaltenden Beiträgen gehört sicherlich Marco Schloeskes Bericht über den STARDUST-Bastelbogen, welcher den derzeit laufenden Heften der ersten Auflage beiliegt. Reich bebildert beschreibt der Autor unterhaltsam die Herausforderung an sich und die Schwierigkeiten, auf welche er gestaltungs- sowie bautechnisch gestoßen ist. Sachlich fundiert, solide, aber nicht anbiedernd geschrieben. Vor allem auch für Außenstehende gut verständlich spricht Marco Schloeske die sehr unterschiedlichen und spezifischen Probleme an, eine selbst dreidimensionale Planzeichnung schließlich insbesondere in ein Pappmodell umzuwandeln.
Ein weiterer Höhepunkt der Ausgabe ist Günter Puschmanns hervorragend illustrierter Bericht vom Redesign einer Legende. Er berichtet von seinen Arbeiten an seinen Zeichnungen des legendären Raumschiffs BASIS. Kurzweilig zu lesen, unterhaltsam und informativ mit – wie schon angesprochen – umfangreichem Bildmaterial. In seinem PR-Blog „Reset?“ korrigiert der Autor einige Ideengebäude aus seinem vorangegangenen Blog.
Björn Berenz zeigt in „Von der Skizze zum Titelbild“ trotz eines reichhaltig vorhandenen Bildmaterials, wie es nicht gemacht werden sollte. Alfred Kelsner gewährt nur dank Björn Berenz Einblicke in sein Schaffen. Warum einen talentierten und erfahrenen Zeichner wie Alfred Kelsner nicht selbst berichten lasse? Genau wie schon beim Rainer Castor-Interview bietet der Artikel Altbekanntes, nicht einmal originell oder gar unterhaltsam aufbereitet. Frank Gerigk dagegen spekuliert über neue Kampfschiffe, die sich in der Entwicklung befinden. Seinen Artikel hat er in Form einer Reportage über einen Misstrauensantrag gegen Reginald Bull verfasst, da dieser die militärischen Sorgfaltspflichten der LGT wegen unterlassener Nachrüstungsanstrengungen der Flotte verletzt haben könnte. Der Misstrauensantrag scheitert und als guter Reporter „geht“ Frank Gerigk ins Eingemachte und spekuliert mittels eines Datenblattes und Rißzeichnungen über die neuen Raumschiffe. Der Artikel liest sich sehr flüssig, die Spekulation ist interessant unterlegt.
Mit „Ende eines Unsterblichen“ aus der Feder Dirk Eickenhorsts findet sich nur eine Geschichte in dieser SOL. Die Story  beginnt mit einem in einer unbekannten Umgebung erwachenden Perry Rhodan, der sich schnell mit einem wütenden Icho Tolot konfrontiert sieht. In die Pointe hat Dirk Eickenhorst einen Hinweis auf die kleine Schwesterserie PERRY RHODAN ACTION eingebaut. Das Problem ist weniger das Ende der Geschichte, das aufgesetzt wirkt, sondern die Tatsache, dass der Autor die handelnden Figuren niemals richtig in den Griff bekommt und der aufmerksame Leser ahnt, dass etwas mit diesem Perry Rhodan und diesem Icho Tolot nicht stimmt. Weiterhin überspannt der Autor die Glaubwürdigkeit und der Leser muss sich schnell fragen, warum Dirk Eickenhorst nicht auf ein realistischeres Szenario zurückgegriffen hat, um seine Pointe zu „verbergen“. Keine überzeugende Story.
Zusammengefasst ist das Themenspektrum der vorliegenden SOL sehr breit, die Qualität der Beiträge leider sehr unterschiedlich. Jegliche kritische Reflektion der Serienentwicklung reduziert sich auf die Kommentare des galaktischen Beobachters. Grafisch kann die Ausgabe genauso überzeugen wie layouttechnisch. Hier hat sich Günter Puschmann einiges einfallen lassen, um insbesondere die technisch orientierten Artikel gut zu illustrieren. Das Titelbild von Dominic Beyeler lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers sehr pointiert auf die SOL 54. Der Leser hat aber bei einigen Beiträgen den Eindruck, als hätte der Chefredakteur auf Füllmaterial bzw. Last Minute- Arbeiten zurückgreifen müssen. Zu den Höhepunkten gehören das „reDesign einer Legende“ und die beiden Interviews mit Dirk Schulz und Swen Papenbrock.

Thomas Harbach, Lübeck


SCIENCE FICTION OKULAR 263, 264
14, 16 Seiten DIN A 4, Seitenheftung.
Auflage: unbekannt, jeweils 1,50 EUR.
Kontakt: SCIENCE FICTION CLUB NORDRHEIN-WESTFALEN E. V., Irma Leu, Berliner Str. 206, 45144 Essen, E-Mail: Irma.Leu@freenet.de.
Internet: www.sfokular.de.

Im Moment scheinen die Mitglieder des SFC NORDRHEIN-WESTFALEN auch neben ihren Treffen sehr aktiv zu sein, und präsentieren in den beiden vorliegenden Nummern eine sehr abwechslungsreiche Mischung. Neben den „üblichen Verdächtigen“ sind diesmal auch einige andere aktiv und beschäftigen sich mit allerlei Themen aus Fiktion und Realität.
In der Ausgabe 263 stellt Arno Behrend das Thema seines Vortrages beim nächsten Treffen vor und gibt schon jetzt interessante Einblicke in den „Senkrechten Start“. In der nachfolgenden Ausgabe fasst Irma Leu dann ergänzend seine Ausführungen zusammen. Iris Altmann und Irma Leu nehmen DER GOLDENE KOMPASS von Philip Pullman in Film und Buch genauer unter die Lupe, Arno Behrend erzählt seine Eindrücke vom DortCon und stellt zum Abschluss auch noch die WATCHMEN sehr kritisch vor.
Gabi Behrend übernimmt den nächsten wissenschaftlichen Vortrag und stellt das Thema „Memetik“ vor, während Irma Leu und Sandra Vockenberg noch einmal ihre Gedanken zu einem älteren Artikel über Comic-Verfilmungen äußern. Der Rest der Ausgabe wird von Meinungen und Rezensionen zu den Filmen X-MEN ORIGINS: WOLVERINE, THE GENE GENERATION, DEATH RACE, CHILDREN OF MEN und STAR TREK 11 eingenommen. Wie immer sind die Meinungen sehr persönlich, aber auch begründet und nachvollziehbar. Die Autoren stellen nicht nur einfache Bekundungen in den Raum, sondern versuchen die Schwächen und Stärken der Streifen deutlich hervor zu heben. Ähnlich sieht es auch mit den anderen Artikeln aus.
Alles in allem erhält man mit diesen Ausgaben wieder einen guten Einblick in die Aktivitäten des Clubs, der seine Stammtische nicht nur mit geselligem Beisammensein pflegt, sondern auch Abwechslung in Form von spannenden Beträgen zu unterschiedlichen Themen aus Wissenschaft und Technik bietet.

Christel Scheja, Solingen


MANISCHE WIEGENLIEDER
96 Seiten, Taschenbuch, Seitenbindung, ISBN 978-3-941286-20-7.
Auflage: unbekannt, 9,80 EUR.
Kontakt: Wilhelm Ruprecht Frieling, Huenefeldzeile 18, D-12247 Berlin, E-Mail: frieling@ aol.com.
Internet: www.ruprechtfrieling.de.

Der wirklich ansprechende Band der MANISCHEN WIEGENLIEDER liegt vor mir und nun schlage ich ihn mal auf. Ich sehe ein ordentliches Inhaltsverzeichnis und ab Seite 7 geht es los: „Im Bett/ Der Tag liegt mir zu Füßen/ ich müsst ihn nur begrüßen/ Doch ich liege im Bett/ und schreibe ein Sonett.“ So weit so gut.
Coverabbildung MANISCHE WIEGENLIEDERWilhelm Ruprecht Frieling möchte also loslegen. Gespannt bin ich auf das Manische.
Inhaltlich befassen sich die Gedichte mit Städten, wie sie auf den Autor wirken oder auch nicht. Im Heine-Singsang würdigt Wilhelm Ruprecht Frieling auf diese Weise nicht nur Berlin, sondern auch Bayreuth, Kochel, Oelde/ Westfalen und und und. Marburg kam leider nicht vor.
Verstakt und Versart sind stimmig, was will man mehr. Die beschriebenen Befindlichkeiten des Autors schwanken zwischen “diese Stadt mag ich/ diese Stadt mag ich nicht”. Leider werden eben diese Befindlichkeiten in üblichen Reimen und Worten ausgedrückt, das “Manische” fehlt ganz. Oder Wilhelm Ruprecht Frieling versteht darunter etwas anderes?
Trotzdem ist der Autor kein Gelegenheitsdichter, ich vermisse im Prinzip nur so den letzten Kick. Die benutzten Bilder sind anfänglich oft gut gewählt, kippen dann aber urplötzlich ins Beliebige, gewollt oder nicht.
Wie kann die „Sonne onanieren“ und wie schafft es Oelde, einen sogar in die Feme zu treiben?!
Das sind dann so die Pointen, mit denen ich Schwierigkeiten habe. Die Befindlichkeiten lassen sich nachvollziehen, deren Ausdruck aber oft nicht.

Silke Mottau, Marburg


PHANTASTISCH! 34
68 Seiten DIN A 4, Mittelheftung, ISSN 1616-8437.
Auflage: 1.200 Exemplare, 5,75 EUR, 4er-Abonnement 19,80 EUR.
Kontakt: Verlag Achim Havemann, Harlingen 119, 29456 Hitzacker.
Internet: www.phantastisch.net.

Olaf Kemmler setzt in der neuen PHANTASTISCH!-Ausgabe seinen Artikel „Wie viel Science verträgt die Fiction?“ fort. Es ist sehr ernüchternd – und erfrischend! –, wie gründlich er die wissenschaftlich-technischen Elemente einiger klassischer SF-Romane auseinandernimmt. Olaf Kemmler weist der Wissenschaft in der SF eine völlig andere Funktion als die, als Grundlage korrekter Abläufe, Voraussagen und Vorgänge zu dienen, nämlich: „Die Wissenschaft ist nicht nur für die Geschichte wichtig, sondern wird benutzt, um den Leser glauben zu machen, das Geschilderte besäße ein gewissen Potential an Wahrscheinlichkeit und sei eben keine reine Phantasie.“
Erfreulicherweise wird „Wie viel Science verträgt die Fiction?“ in PHANTASTISCH! 34 noch nicht beendet.
PHANTASTISCH! 34 steht im Zeichen der Interviews. R. Scott Bakker (DER KRIEG DER PROPHETEN-Trilogie, Klett-Cotta und Heyne), Dmitry Glukhovsky (METRO 2033, Heyne), Keith Donohue (DAS GESTOHLENE KIND, Bertelsmann) und Daniela Knor (NACHTREITER-Trilogie, Heyne) erhalten von Carsten Kuhr und Nicole Rensmann die Gelegenheit, sich und – vor allem – ihre Werke vorzustellen, was sie durchweg zu nutzen wissen. R. Scott Bakker ist der einzige, der tiefer in seine Romane vordringt und verschiedene Aspekte kritisch reflektiert (u. a. die Bedingungen, die menschliches Verhalten beeinflussen). Es überrascht deshalb nicht, dass das Gespräch mit ihm das längste in der vorliegenden Ausgabe ist, und das zu Recht. Die Interviews spiegeln natürlich die Entwicklung in der phantastischen Literatur wieder: Die Fantasy boomt, geprägt von bekannten Themen; und auch die selten auftretenden neuen SF-Autoren sind ihren Werken bedingt innovativ.
Coverabbildung PHANTASTISCH! 34Genau wie die vorangegangene Ausgabe enthält auch PHANTASTISCH! 34 zwei Kurzgeschichten. „Kant ist Kacke“ von Regina Schleheck ist die zugespitzte Story um eine Konzernchefin, die die Welt verbessern will, sie aber wegen ihrer Arroganz vernichtet. „Das Benefizkonzert“ von Ernst-Eberhard Manski ist eine Reminiszenz an jene Epoche, in der die Pop- und Rockmusik noch nicht in demselben Maß kommerzialisiert wie heute – pardon, natürlich wie zu jenem Zeitpunkt in der Zukunft, in der der Autor die Story ansiedelte. Es ist eine stimmungsvolle Kurzgeschichte, die jedoch sehr abrupt endet.
Hermann Ibendorf-Rosenhof stellt in „Nicht bei Bloch, W/G und Illmer ...“ bio- und bibliografische Nachschlagewerke zur Science Fiction und zu anderen phantastischen Genres vor. Diese Werke erscheinen inzwischen ausschließlich in Kleinverlagen, große Publikumsverlage widmen ihnen keine Aufmerksamkeit mehr (so liegt die letzte Auflage des legendären LEXIKONS DER SCIENCE FICTION LITERATUR aus dem Heyne Verlag zwanzig Jahre zurück!). Viele dieser Arbeiten sind zudem sehr spezialisiert und (verständlicherweise) nicht in jedem Fall sehr preisgünstig.
Christian Endres widmet sich in „Moderne Mythen“ einem eher unbekannten Aspekt in dem Werk des im Februar diesen Jahres verstorbenen Autors Philip José Farmer, nämlich dem „Wolf Newton“-Konzept, in dem Farmer diverse literarische Figuren (nicht nur seine eigenen!) biografisch miteinander zu verbinden versuchte. Angesichts der Produktivität des Autors (der durch eine Handvoll herausragender Romane sicherlich einen Platz unter den Klassikern des Genres verdient hat) überrascht dieses Konzept nicht, mutet aber als reiner Selbstzweck an.
Wer hinter den Horrorfilmen der siebziger Jahres des letzten Jahrhunderts simplen Splatter vermuten, wird in „Schrecken ohne Ende“ von Max Pechmann eines Besseren belehrt. Der Autor arbeitet den gesellschaftlichen und politischen Kontext heraus, in dem die Horrorfilmen jener Epoche in diversen Staaten entstanden. Jochen Adams stellt in „Jordans Erbe“ den Fantasy-Autor Brandon Sanderson vor, und Christian Endres die Comicbände THE SURREAL ADVENTURES OF EDGAR ALLAN POO von Dwight L. MacPherson (nach Motiven und der Biografie Poes in seinen letzten Lebensjahren).
Auch in PHANTASTISCH! 34 ist das Highlight der Artikel (bzw. die Artikelserie, um korrekt zu sein) „Wie viel Science verträgt die Fiction?“ von Olaf Kemmler, gefolgt von den übrigen sekundärliterarischen Beiträgen.

Armin Möhle, Wallenhorst


RETTUNGSKREUZER IKARUS 38: URLAUB AUF SHAHAZAN
102 Seiten DIN A 5, Klebebindung, ISBN 978-3-941258-14-3.
Auflage: unbekannt, 6,90 EUR.
Kontakt: Roman-Truhe Buchversand, Röntgenstr. 79, 50169 Kerpen.
Internet: www.rettungskreuzer-ikarus.de.

Mit dem achtunddreißigsten Abenteuer der Mannschaft des RETTUNGSKREUZERS IKARUS beginnt ein neuer Handlungsabschnitt. Die Outsider sind vertrieben worden. Der Prolog suggeriert, dass sich die Galaxis die Wunden leckt und es Zeit für einen Urlaub ist. Das es sich bei dem vorliegenden Abenteuer URLAUB AUF SHAHAZAN nicht um einen klassischen Lückenfüller handelt, sondern den ersten Band eines neuen Zyklus, wird spätestens beim prophetischen und dunklen Cliffhangar klar und deutlich vom Urlaubsplaneten ins All ausgestrahlt. Für Thomas Folgmann ist es nach DIE KNOTENWELT” (RI 19) und MEMENTO MORT (RI 27) der dritte RETTUNGSKREUZER IKARUS-Roman.
Der Roman beginnt mit den ausführlichen Zitaten aus einem Touristenprospekt. Das Ziel der Urlaubsbegierde ist Shahazan, eine Welt eingebettet in ein Planetensystem am Rande der bekannten Galaxis. Die einzige, wirklich passende dunkel-ironische Bemerkung. Der Leser erfährt etwas mehr über die Urlaubsqualitäten dieser Welt, auf die sich Roderick Sentenza und Sonja DiMersi mit ihrem kleinen Sohn begeben. Ihnen stehen nach den Abenteuern vier Wochen Urlaub zu. Das dieser natürlich nicht unbeschwert ist, unterstreicht schon eine schreckliche Begegnung während des Captain Dinners auf dem Hinflug. Mit breiten Strichen malt Thomas Folgmann das Klischee einer reichen amerikanischen Touristin mit einem gefügigen und stoischen Ehemann, sowie einer devoten Tochter, die mit ihrem Gatten auf Hochzeitsreise geht. Die Begegnungen mit dieser Schreckschraube und ihren schier endlosen Monologen ziehen sich wie ein roter Faden durch den Roman. Im Mittelteil des Buches quatscht sie den Arzt des Urlaubsressorts „voll“, am Ende des Buches haben Sentenza und DiMersi das unendliche Pech, dass sie sich an Bord eines der U- Boote befindet, mit denen man in das malerische Mare del Centenar abtauchen und die Unterwasserwelt begutachten kann.
Coverabbildung RETTUNGSKREUZER IKARUS 38Insbesondere an dieser Nebenfigur lassen sich gut die Stärken und Schwächen des vorliegenden Romans ablesen. Die Touristin entwickelt sich als Figur nicht weiter. Die Dialoge sind weiterhin end- und belanglos, es fehlt aber wie in den Screwball Komödien eine gewisse reinigende Katharsis. Hinzu kommt, dass es nicht nur ihre Monologe sind, die schier endlos erscheinen. Anstatt die eher phlegmatische, aber nicht uninteressante Handlung mit pointierten Dialogen aufzupeppen und das Klischee der Touristenfallen zu karikieren, fehlt manchem Gespräch/ Monolog eine realistische Grundlage. Der Leser hat das Gefühl, als drehen sich Thomas Folgmanns Figuren ganz absichtlich um ein großes Loch – den Plot des Zyklus? – in der Mitte des Buches, kommen aber nicht zum Punkt. Im letzten Drittel des vorliegenden Romans kann der Autor diese Schwäche ein wenig unter Kontrolle bringen, aber teilweise wirken die Dialoge zu gestelzt und konstruiert.
Kaum sind die beiden Mitglieder des Rettungskreuzers IKARUS auf dieser wunderschönen maritimen Touristenwelt gelandet, werden sie wie alle Neuankömmlinge untersucht und geimpft. Selbst der Arzt weiß nicht, welche Art von Virus oder Erkrankung wirklich auf dem Planeten grassiert. Anstatt diese Idee als Prämisse für einen Konflikt zwischen dem Management des Ressorts und dem verantwortungsbewussten Arzt zu machen mit Sentenza und DiMersi zwischen den beiden Extremen, nehmen die erfahrenen Raumfahrer die eher laschen und nicht überzeugenden Erläuterungen hin. Vielleicht leiden sie noch unter dem Trauma der paranoiden nervigen Touristin, anders sind ihre Handlungen nicht zu erklären.
Mit der Landung auf Shahazan beginnt Thomas Folgmann zwei weitere Handlungsebenen einzuführen. Auf der einen Ebene wird von den Erfahrungen eines neuen Arztes während seines Fluges zu dieser Welt – er füllt sich ebenfalls unwohl und leidet unter Magenkrämpfen – berichtet, auf der zweiten Handlungsebene greift Thomas Folgmann weit in die Vergangenheit zurück und führt wahrscheinlich einen wichtigen Antagonisten in die Handlung ein. Beide Ebenen leiden eher unter einer durchwachsenen und nicht wirklich überzeugenden Charakterisierung der wichtigen Figuren. Auf der einen Seite sind die Guten sympathisch, nett, aber auch langweilig, der Schurke charismatisch und ein wenig zu überdreht beschrieben. Der Handlungsfluss leidet unter diesen beiden Rückblenden. Thomas Folgmann hat natürlich mit dem Auftaktband eines neuen Zyklus die große Schwierigkeit, nicht nur den Plot in Bewegung zu setzen, sondern den Lesern gewisse notwendige Hintergrundinformationen zu vermitteln. Insbesondere im eher statischen Mittelteil kann sich der Autor nicht recht entscheiden, in welche Richtung er wirklich vorgehen möchte. Anstatt mit etwas mehr Frechheit und satirischen Anspielungen eine Parodie auf die klassischen Touristennester zu schreiben oder mittels ausführlicher und stimmiger Beschreibungen Shahazan als die Idylle zu beschreiben, welche der Prospekt ankündigt, tanzt der Autor auf beiden Hochzeiten. Obwohl sie den Plot nicht voranbringt, gehört die ausführliche Beschreibung der langen Tauchfahrt zu den besten Passagen des vorliegenden Romans.
Weiterhin bietet URLAUB AUF SHAHAZAN neben Thomas Folgmanns angenehmen, aber manchmal ein wenig zu leblos distanzierten Stil und seiner schon angesprochenen Schwäche hinsichtlich der Dialoge nur wenige wirklich neue Ideen. Der Leser muss erst einmal abwarten, wie sich die beschriebene Gefahr weiter in der Gegenwart manifestiert. Dass es sich um keine neue Bedrohung handelt, sondern um die Rückkehr von bekannten Aggressoren, die ihre Sammlung –  wahrscheinlich nicht zu junge, aber auch nicht zu alte humanoide Wesen, da diese plötzlich spurlos von Shahazan verschwinden und sogar ihre Kinder zurücklassen – begonnen haben, unterstreicht der Schlusssatz. URLAUB AUF SHAHAZAN ist rückblickend ein sehr durchschnittlicher Roman der RETTUNGSKREUZER IKARUS-Serie. Irene Salzmann sollte mit ihrem Band EHRLICHE GESCHÄFTE das Tempo deutlich anziehen, damit von Shahazan nicht nur Cocktails, endlose maritime Weiten und nervige ältliche Touristen im Gedächtnis bleiben.

Thomas Harbach, Lübeck


FUTURE MAGIC 63
70 Seiten DIN A 4, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 5,00 EUR, 4er-Abonnement 18,00 EUR.
Kontakt: SFC STARDRAGONS, Eva Kalvoda, Kundratsstr. 20/8/25, A-1100 Wien, E-Mail: kills_first@utanet.at.
Bankverbindung: PSK (BLZ 60000), Konto 77510891, IBAN AT556000000077510891, BIC OPSKATWW lautend auf Andreas Leder.
Internet: members.chello.at/sfc_stardragons.

Die Sternendrachen sind so regelmäßig Gast hier, dass es kaum noch einen Sinn macht, ihr Clubfanzine großartig vorzustellen, die Inhalte und ihre Struktur zu erklären und auf den routinierten Kreis der tatkräftigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einzugehen.
Der SFC STARDRAGONS hat seine eigene Magie. Und diese Magie ist es, die den Club lebendig und liebenswert macht. Auch wenn Außenstehende wie ich, die nur sporadisch daran teilhaben dürfen, nur einen kleinen Teil davon mitbekommen. Es reicht, um ein wenig vom Zusammenhalt und vom Engagement der Drachen zu spüren.
Coverabbidlung FUTURE MAGIC 63Diesmal beginnt die Magie mit einer weiteren Geschichte aus dem Golconda-Zyklus von Susanne Stahr. Leider ist es auch die letzte, wie im Vorwort angekündigt wird. Aber Hoffnung besteht, denn Susanne wird bestimmt nicht aufhören ihre stimmungs- und phantasievollen Geschichten zu schreiben. In „Franticellos Gelage“ muss ihr leidgeprüfter Magier Arwed wieder mal einen ungewöhnlichen Fall klären. Leute verschwinden aus Golconda, dafür herrscht Terror in den Straßen und Räuberbanden machen den Leuten das Leben schwer. Mit Hilfe seines kleinen Taschenkobolds und anderen Helfern kommt Arwed schließlich auf richtige Spur und findet nicht nur die verschwundenen Personen, sondern stellt auch Ruhe und Frieden wieder her. Es ist die einzig längere Geschichte in dieser Ausgabe. Susanne weiß wie immer durch eine sympathische Erzählweise und eine ausgeklügelte und phantasievolle Geschichte zu überzeugen. Selbst wenn man relativ bald ahnt, wie die Geschichte ausgehen wird, so ist sie doch routiniert umgesetzt und führt beharrlich zum überzeugenden Ende.
Eine kleine Geschichte von Andreas Leder, die aus meiner Sicht nicht so überzeugend war und ein Pseudorätsel von Fred Schütz um den Baron von Münchhausen vervollständigen die Prosastücke.
In dem immer breiter werdenden sekundärliterarischen Teil überzeugt vor allem der Beitrag von Markus K. Korb über Edgar Allen Poe. In „Die Ästhetik der moribunden Schönheit“ greift er einige Aspekte aus dessen Werken auf und versucht vor allem die Beweggründe für die abgründigen Geschichten zu beleuchten. Ergänzt wird der Beitrag durch Zeichnungen von Thorsten Grewe, mit Motiven aus den Werken des Altmeisters.
Kritisch und ausführlich setzt sich Hermann Urbanek mit einer der vielen dubiosen Neuerscheinungen der letzten Zeit auseinander. Moderne Drucktechniken lassen Kleinverlage ohne Zahl aus dem Boden sprießen. Die Qualität bleibt dabei oft auf der Strecke. So auch bei dem von Hermann Urbanek besprochenen Werk, das man am besten gleich in den großen Mülleimer der Vergessens verschwinden lassen sollte. Aber so deutliche Worte liest man selten.
Viele weitere kurze und sehr kurze Beiträge ergänzen das Heft. Es gibt eine Reihe von Filmbesprechungen und -ankündigungen, ein paar Blitzlichter auf technischen Themen und Nachrufe auf Philip José Farmer und Johannes Mario Simmel. Eva Kalvoda begründet, warum Katzen neun Leben brauchen und von Andreas Leder erfahren wir, dass sich Elefanten zwar nicht vor Mäusen, aber sehr wohl vor Bienen fürchten. Die Leserbriefe sind persönliche Mitteilungen von Sternendrache zu Sternendrache. Fast fragt man sich, warum sie in dieser Form öffentlich gemacht werden. Neben den Grafiken von Thorsten Grewe überzeugt das farbige Cover von Frank Miklis.
Wieder mal ein bunte Ausgabe. Nicht jeder Beitrag ist spitze, manchen merkt man an, dass sie wie die Leserbriefe mehr persönliche Mitteilungen sind als ausgeklügelte und fundiert recherchierte Artikel. Aber für ein Clubzine ist das nicht nur akzeptabel, sondern Voraussetzung für die besondere Magie dieser deutsch-österreichischen Freundschaft.

Holger Marks, Marburg


XUN 21
80 Seiten DIN A 5, Seitenbindung, ISSN 1862-7552.
Auflage: unbekannt, 3,30 EUR, 3er-Abonnement 11,50 EUR, 5er-Abonnement 18,50 EUR, 8er-Abonnement 29,00 EUR.
Kontakt: Bernd Walter, Michelsbergstr. 14, 74080 Heilbronn, E-Mail: xun@xun-online.de.
Internet: www.xun-online.de.

Das Fanzine XUN hat es im Zeitalter der elektronischen Medien, in denen sich nahezu jeder nur noch selber auf einer Homepage oder via Livejournal präsentiert, auf bereits 21 Ausgaben gebracht, ohne dass ein Club dahinter steht. Dass das ansprechend gestaltete Heft regelmäßig erscheint und vielseitige Inhalte bietet, ist dem Herausgeber Bernd Walter und seinen fleißigen Mitarbeitern zu verdanken.
XUN 21 zieht den Blick durch ein farbiges Front- und Backcover von Michael Sagenhorn auf sich, das optisch an ALIEN CONTACT erinnert, jenem hoch gelobten Edel-Zine, an das sich (nach seinem Ende als Print-Magazin im Jahr 2001 und der vier Jahre später folgenden Einstellung der Online-Ausgabe) vermutlich nur noch die älteren SF-Fans erinnern.
Diesmal sind 14 Autoren mit Kurz- und Fortsetzungsgeschichten vertreten. Treue XUN-Leser kennen die meisten Namen aus früheren Heften oder aus dem Fandom:
Der „Mittwoch“ ist für Karin Kehrers Protagonist wahrlich ein schlechter Tag. Alles geht schief, nichts passt, und seine Frau redet, nörgelt und quengelt ohne Ende. Er sorgt für Ruhe – auf vorhersehbare Weise. Es geht weniger um die Handlung an sich als um die Gefühle eines Mannes, der schließlich ausrastet, weil er mit seinem Leben unzufrieden ist und der berühmte Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt.
Coverabbildung XUN 21Christel Scheja hat mit „Das erste Grab“ eines ihrer Frühwerke beigesteuert, das vor vielen Jahren innerhalb ihrer eigenen LEGENDENSÄNGER-Edition und in dem einen oder anderen Fanzine erschienen ist und den Lesern von heute unbekannt sein dürfte. In ihrer Fantasy-Story schildert die Autorin, wie das Mädchen Daisha von einem Grabräuber unter die Fittiche genommen wird und auf ihrem ersten Beutezug ein unheimliches Erlebnis hat. Abenteuer, ein wenig Magie und menschliche Charaktere mit – vorerst – kleinen, nachvollziehbaren Konflikten werden zu einer unterhaltsamen Geschichte verknüpft.
Auch Ulrike Stegemann bedient sich in „Im Nebel verschwunden“ eines bekannten Motivs: Wer Speisen aus einer anderen Welt kostet – sei es aus dem Hades, dem Elfenland o. ä. –, ist verloren. Wird die Protagonistin der Verlockung erliegen?
„Niemals allein“ ist der Astronaut nach einem Unglück in der Weite des Alls. Plötzlich taucht seine große Liebe auf und spendet ihm Trost, während er in das Gravitationsfeld eines Planeten eintaucht. Marius Kuhles Erzählung ist eine Hommage an SOLARIS (Stanislaw Lem), DIE REIFEPRÜFUNG (mit Dustin Hoffman) und SPACE ODDITY (David Bowie).
Das sind nur einige Beispiele für den Story-Teil, der praktisch alle phantastischen Genres abdeckt, mal Besinnliches, mal Unterhaltsames offeriert. Hinzu kommen vier Rezensionen und zahlreiche Grafiken, die die Texte auflockern. Neben den Zeichnungen von Michael Sagenhorn fallen besonders die Beiträge von Manfred Lafrentz und Peter Wall positiv auf.
In der Summe erfreut XUN 21 durch viele interessante und abwechslungsreiche Stories. Die beiden Fortsetzungserzählungen sind zwar nur für jene Leser reizvoll, die fast keine Episode versäumt haben, während sich Quereinsteiger trotz der Zusammenfassung zu Beginn schwer tun, da Handlung und Charakterentwicklung zu weit vorangeschritten sind, trotzdem ist es sehr erfreulich, dass längere Werke nicht abgelehnt werden.
Vielleicht fühlt sich der eine oder andere nach der Lektüre beflügelt, nicht nur Konsument zu sein, sondern auch einen Beitrag einzureichen. XUN steht allen Autoren und Zeichnern offen – der Herausgeber bittet die ambitionierten Leser wie immer, Material einzusenden –, ebenfalls ein schöner Zug, denn auch das ist nicht gang und gäbe.
Schade, dass es nicht mehr Fanzines wie XUN gibt. Damit es noch eine Weile existiert, sollte man es durch vielseitige Beiträge und natürlich den Kauf unterstützen.

Irene Salzmann, Kranzberg


EARTH ROCKS 9
52 Seiten 19 x 25 cm, Mittelheftung, ISSN 1996-7705.
Auflage: unbekannt, 6,90 EUR.
Kontakt: EARTH ROCKS, Verein zur Förderung phantastischer Literatur in Österreich, Amselweg 2, A-4910 Ried im Innkreis.
Bankverbindung: Raiffeisen Landesbank Tirol (BLZ 36000), Konto 1620111, IBAN AT353600000001620111, BIC RZTIAT22, lautend auf Florian Stummer.
Internet: www.earth-rocks.at.

Es gehört schon ein wenig Mut oder Eigensinn dazu, ein phantastisches Magazin herauszugeben, auf dem rechts oben ein großes ER steht. Aber weder George Clooney noch andere weiß bekittelte Notfallärzte erwarten uns im Inneren. ER steht für EARTH ROVKS, und ist sowohl Titel als auch Vereinsname des Vereins zur Förderung phantastischer Literatur in Österreich. Wie der Namen entstanden ist kann man auf der Internetseite www.earths-rocks.at nachlesen. Die Geschichte bezeugt dann auch, dass es bei den Erdrockern nicht ganz so bierernst zugeht, als die Selbstbeschreibung vermuten lässt.
Der Verein will „einen Kontaktpunkt zwischen Literatur-, Geistes- und Naturwissenschaften formen.“ Im „Tractatus logicophilosophicus“ des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein finden sie das Motto ihres Vereins: „Die Grenzen unserer Sprache sind die Grenzen unserer Welt.“ Und den programmatischen Anspruch kann man der Homepage ebenfalls entnehmen: „Viele Menschen denken bei phantastischer Literatur an die Spitze des Eisbergs, an die Mainstreamthemen, die immer wieder kehrenden Motive, Klischees und Figuren flach wie Abziehbilder. Dabei bietet die Phantastik einen ganzen Kontinent an Möglichkeiten, der tief verborgen unter dem Wasser liegt und nur darauf wartet, entdeckt und aufgeschrieben zu werden. Wer behauptet, SF sei nichts weiter als Kinderkram wie Flash Gordon, Fantasy eine Anhäufung von Trollen und Schwertern und Horror viel zu stark von Stephen King beeinflusst, wollen wir zeigen, dass auch das eine Mainstreammeinung ist. Wir wollen sie begeistern, überzeugen und mitreißen. Denn das, was am Ende zählt, ist auch die gute Unterhaltung des Lesers. Wir sind das Flaggschiff der Gegenbewegung und unsere Besatzung besteht aus den Indies der Literatur.” Heißt es dort bedeutungsvoll.
Und diese Aufgabe nehmen die Macher um Florian Stummer durchaus ernst.
Coverabbildung EARTH ROCKS 9EARTH ROCKS bietet eine breite Mischung aus allen drei angesprochenen Gebieten. Dabei beginnt diese Ausgabe etwas ungewöhnlich mit einem naturwissenschaftlichen Part, der ansonsten ja gerne ganz nach hinten verschoben wird. Aber bemerkenswert ist es durchaus, wenn österreichischen Wissenschaftler zusammen mit Studierenden und Schülern einen Raumanzug für die Marsmission entwerfen.
Danach wird gleich zur Fantasy umgeschwenkt und der anerkannte Tolkien-Kenner Friedhelm Schneidewind macht sich Gedanken zum Verhältnis von Genie und Wahnsinn anhand von zwei kleineren Werken Tolkiens. Eine kompetente Bereicherung der Tolkien-Rezeption, mehr kann man dazu nicht sagen. Sehr interessant ist auch die folgende Aufstellung mit Literaturempfehlungen. Er empfiehlt Fantasy-Werke, die man lesen sollte, wenn man mythische Elemente sucht. Verwundert war ich allerdings, in der Liste auch Werke von Philip K. Dick oder den Roman WINTERPLANET von Ursula K. LeGuin zu finden.
Zu jeder Ausgabe von ER veranstaltet der Verein einen kleinen Kurzgeschichten-Wettbewerb. Die besten Geschichten finden dann ihren Weg ins Heft. Während in der nächsten Ausgabe Geschichten zum Mond – passend zum vierzigsten Jahrestag der Mondlandung – gesucht werden, gibt es diesmal drei Kurzgeschichten, die alle unter dem Motto „Home, sweet Home“ stehen. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Konrad Jakob erweitert in „Der Mietnomade“ den Begriff der „Wohnung“ um einen ungewöhnlichen, wenn auch vielleicht nicht neuen Aspekt. Hier ist es der Körper eines Menschen und gegebenenfalls anderer irdischer Wesen, der einer außerirdischen Existenz als Unterschlupf dient.
„Das Haus am See“ ist diesmal nicht von Peter Fox, sondern Vincent Voss schildert die kurze Lebensbeichte eines todkranken Mannes, der auf ganz besondere Weise sein geerbtes Anwesen nach den Kriterien des Feng Shui gestaltet.
Ungewöhnlich ist auch „Wohne Deinen Traum“ von Christian Künne. Hier entwickelt der Protagonist ein emphatisches Verhältnis zu seinem Wohninventar, das ihm bei allerlei Vorhaben behilflich ist. Natürlich endet auch diese Geschichte im Unheil. Sie hat mir von den drei themenbezogenen Geschichten aufgrund der Ironie und der skurrilen Einfälle am besten gefallen.
Eine weitere Geschichte von Bruna Phlox steht außerhalb des Wettbewerbs. „Steter Tropfen höhlt das Herz“ beschreibt die Geschichte eines Wissenschaftlers, der auf einem Planeten, der aufgrund seiner Wasservorräte ausgebeutet wird, eine Symbiose mit der einheimischen aquatischen Flora eingeht. Gefühlvoll an einer Konfliktlinie entlang geschrieben löst sich die Geschichte aus der sonst stark vorherrschenden rein prosaischen Erzählform und hinterlässt nicht nur einen hungrigen Protagonisten, sondern auch einen hungrigen Leser, der gerne mehr über das endgültige Schicksal des Mannes erfahren hätte.
Ein Highlight dieses Bandes ist sicherlich die Galerie mit Werken des Computergrafikers Alexander Preuss. Vier imposante und sehr unterschiedliche Werke füllen die Mittelseiten. Außerdem gibt es ein ausführliches Interview mit dem Künstler, der über seine Arbeit und den Markt für Computerdesigner spricht, natürlich mit starkem Bezug zur Computerspielindustrie.
Viele weitere sekundärliterarische oder auch naturwissenschaftliche Beiträge füllen den Band. Erwähnt werden sollen hier zumindest noch der fundierte, aber auch verständlich geschriebene Beitrag von Jan Große über die Entwicklung bei der Kernfusionsforschung und der Essay von Raimund Mair über das “Wohnen morgen”, der sich in das Schwerpunktthema der Stories einfügt. Raimund Meir legt seinen Fokus auf die Energieversorgung der Häuser von morgen und schildert dabei in einem ironisch-lässigen Ton möglich Entwicklungsvarianten. Für Experten bringt der Artikel ebensowenig etwas neues wie der Beitrag über Kernfusion. Für jemand, der sich aber noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt hat, kann er durchaus ein Einstieg sein, um sich ausführlich mit dem Thema zu beschäftigen.
Ein Fazit: Die selbstgestellte Aufgabe Literatur- Geistes und Naturwissenschaften zu verbinden, ist in der Weise erfüllt, als alle drei Disziplinen im Heft vertreten sind. Wirkliche Verknüpfungen finden sich allerdings selten. Das Heft bietet eine bunte Palette von Beiträgen auf hohem Niveau und kann eigentlich jedem Freund phantastischer Inhalte nur empfohlen werden. Schade ist, dass es kaum Informationen zu den Autoren gibt und auch über den herausgebenden Verein außer im fast versteckten Impressum keine Angaben zu finden sind. Hier könnte man ein wenig mehr Werbung in eigener Sache machen. Ein lohnenswerter Blick auf eine ganz andere phantastische Szene ist es aber allemal.

Holger Marks, Marburg


PALADIN 167: REISEBERICHTE 2
16 Seiten DIN A 5, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, Preis unbekannt (bitte erfragen).
GOLEM 88
28 Seiten DIN A 5, Mittelheftung, ISSN 1864-8134.
Auflage: unbekannt, 2,00 EUR.
Kontakt: FUNTASY-CLUB THUNDERBOLT N. E. V., Theo Klein, Beckingsbusch 20b, 59368 Werne, E-Mail: TheoKlein@web.de.
Internet: www.thunderbolt.de.

Die 167. Ausgabe des Fanzines des FUNTASY-CLUB THUNDERBOLT enthält einen weiteren Reisebericht von Angelika Öhrlein: „Allerheiligen auf dem Hügel Einer Heiligen oder Paris mit M.“ Die Autorin plaudert also über ihren Besuch in Paris, insbesondere über den im Louvre, inklusive Anreise, Zwischenstopps und anderer Begebenheiten. Der Bericht ist dank des persönlichen Stils der Autorin und des Detailreichtums nicht etwa langatmig, sondern unterhält gut.
Und wer sich darüber mokiert, weshalb ein solcher Beitrag im Fanzines eines SF-Clubs erscheint, dem sein gesagt: Das ist der Strukturwandel ...
Anders beim GOLEM 88. Die Ausgabe enthält wie gewohnt phantastische bzw. SF-Kurzgeschichten, und zwar durchweg globale Endzeitversionen, von einer Ausnahme abgesehen, bei der es sich um eine individuelle Variante handelt.
In „Faster, Pussy Cat! Krill ... Krill ...“ von Ralf Noetzel wandelt sich die Meeresfauna, betritt das Land und metzelt die Menschen wieder. Ist dieser Splatter tatsächlich als Kritik an der Ausbeutung und der Verschmutzung der Meere konzipiert ...?!
Stefanie Kißling lässt in „Hinter Türen“ die Menschen einfach verschwinden, lediglich ihre Protagonistin wird offenbar wegen ihres persönlichen Schicksals von diesem Phänomen verschont. Der Zusammenhang wird nicht klar. Andere Menschen dürften auch ihr Päckchen zu tragen haben. Verschwinden die ebenfalls nicht?!
„Oma geht Online“ in der Story von Stephen Ries. Die Schwiegermutter des Protagonisten erkrankt an Alzheimer. Bevor die Krankheit ihr Gedächtnis und ihre Persönlichkeit zerstört, lässt sie ihren Verstand elektronisch aufzeichnen und in einem Computer transferieren, mit dem sie zukünftig über ein Implantat in Verbindung steht. Sie findet einen Weg, ihre Erinnerungen zu manipulieren. Auch wenn diese Wendung erfahrene Leser nicht überraschen wird, ist „Oma geht online“ die erste widerspruchsfreie Story im GOLEM 88.
Frederic Brake bedient sich in „Meer der Ruhe“ eines altbackenen Themas. Ein Atomkrieg hat die Erde zerstört, und auch das Leben in der Raumstation, die unseren Planeten umkreist, neigt sich seinem Ende entgegen.
Überwiegend sind die Stories in der Ausgabe in einem knappen und prägnanten Stil verfasst. Inhaltlich schwanken sie zwischen experimentellen Ansätzen, die nicht komplett gelingen, und ausgereiften bis überholten Themen.

Armin Möhle, Wallenhorst

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Der FANZINE-KURIER erscheint in der EDITION WHISPERING TIMES.

Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle
Eibenweg 18
49134 Wallenhorst.
E-Mail: armoe@gmx.de.

Preise der Printausgabe: Einzelexemplar 0,60 EUR, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 3,00 EUR (in Briefmarken oder per Überweisung [Bankverbindung bitte erfragen]). Der FANZINE-KURIER ist außerdem im Fanzinetausch zu beziehen. Auslandspreise auf Anfrage.

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Thomas Harbach, Holger Marks, Silke Mottau, Irene Salzmann, Christel Scheja.
Auflage der Printausgabe: 30 Exemplare.

Für Rezensionsexemplare sind wir stets sehr dankbar!
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