Online
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April 2006

Werte Leserinnen und Leser,
ich kann nicht verhehlen, dass die Resonanz auf meine Bitte an die PRBCBS-Mitglieder, Abonnements des FANZINE-KURIER abzuschließen, gedämpft, aber ausreichend war. (Obwohl: Ein Bullyp schloss ein Abo über 60 Ausgaben ab. Wenn das kein Ansporn ist...!) Außerdem erfreut sich die Internetausgabe des FK großen Zuspruchs; die Zugriffszahlen lagen bislang bei jeder Ausgabe deutlich über der Auflage der Printausgabe: Für den FK 127 beispielsweise konnte ich inzwischen über 200 Zugriffe verzeichnen.
Die Rezension über das INTERN 251 hat mich zum Abdruck in dieser Ausgabe nicht rechtzeitig erreicht. Ich gehe davon aus, dass die Besprechung im FANZINE-KURIER 129 erscheinen wird, mit Rezensionen über FUTURE MAGIC 51, SCIENCE FICTION OKULAR 238 u. a. m.
Viele Grüße
Armin Möhle



LEGENDENSÄNGER-EDITION 119: LANDZAUBER
SOL 42
XEGO 5
HORROR 44: TOTENGEISTER/STAR GATE 9: DAS GEHEIMNIS DER STATUE
BLEICHGESICHT
FUTURE MAGIC 50
SCIENCE FICTION OKULAR 236, 237
XUN 11
RETTUNGSKREUZER IKARUS 25: KAISERSTURZ
PHANTASTISCH! 21
BLIND



LEGENDENSÄNGER-EDITION 119: LANDZAUBER
64 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 30 Exemplare, 3,00 EUR.
Bezug: Christel Scheja, Lenbachstr. 8, 42719 Solingen, E-Mail: kris.scheja@t-online.de.


LANDZAUBER ist der 119. Band der LEGENDENSÄNGER-EDITION. Wie die meisten Fanzines, die von Christel Scheja herausgegeben werden, wird hier den Lesern Fantasy pur geboten: Artikel, Geschichten, Illustrationen.
Der erste Beitrag stammt von der Herausgeberin selbst: „Das Tenan-Doras-Lesta“ ist eines der Projekte, mit denen sich Christel Scheja zwischen 1986 und 1994 befasste und die als Basis für Briefspiele dienten. Festgelegte Szenarien werden von den beteiligten Spielern (Autoren und Grafikern) mit eigenen Figuren bevölkert, die spannende und romantische Abenteuer erleben.
In einem abgelegenen Tal, das an Shangri-La erinnert, lebt ein keltisch/irisch-orientiertes Volk zusammen mit einigen Schutzgeistern und anderen geheimnisvollen Kreaturen abgeschieden vom Rest der Welt. Nur selten verirren sich Reisende in diese entlegene Region.
Der Vorteil eines solchen Konzepts ist, dass alles sorgfältig aufeinander abgestimmt wurde und die Stories weniger Widersprüche bei den Beschreibungen aufweisen. Als Nachteil kann man den Punkt erachten, dass der eigenen Phantasie Grenzen gesetzt sind, da auch die Art der Magie und Fabelwesen klar umrissen ist. Bei mehreren Mitspielern ist es jedoch unerlässlich, einige Regeln vorzugeben, um die Ideen in die richtigen Bahnen zu lenken und so eine komplexe Welt entstehen zu lassen.
Natürlich erwartet man nach dieser Einleitung, Stories aus dem Tenen-Doras-Lesta zu lesen, doch leider ist dies nicht der Fall. Die stattdessen offerierten Erzählungen lassen diese Enttäuschung jedoch sehr schnell dem Vergessen anheim fallen.
Andrea Tillmanns’ „Die Tage des Drachen“ erzählt von einem Paar, das eine lange Wanderung auf sich nimmt, um einen Drachen zu sehen, der sie auf die letzte Reise mitnimmt. Die Atmosphäre erinnert an einen Endzeit-SF, und die Geschehnisse können als Metapher für die Faszination der Menschheit an der tödlichen Macht des Atoms gedeutet werden.
„Die Wolfsblume“ von Nina Behrmann kann der Sage nach einen Menschen in eine reißende Bestie verwandeln. Als in einem Dorf mehrere grausame Morde passieren, gerät sogleich die Kräuterfrau in Verdacht, denn sie ist eine Außenseiterin und gezeichnet. Dass sie einen Strauß Wolfsblumen besitzt, scheint die Vermutungen des Mobs nur zu bestätigen. Während sie im Kerker auf die Hinrichtung wartet, wird ihr Erlösung angeboten. Von derselben Autorin stammen ferner „Drachennacht“, die Geschichte einer Prinzessin, die den Pakt erfüllen muss, den ihr Volk mit den Drachen schloss, und die sich schließlich in ihren geheimnisvollen Gemahl verliebt, obwohl ihre Verbindung keine Zukunft haben kann, sowie „Für ein dunkles Herz“, das ein Dämon begehrt, der der Hölle überdrüssig wurde und trotz der Liebe, die er weckt, seinem Schicksal nicht entrinnen kann. Alle drei Stories sind romantisch und tragisch zugleich, da die Beziehung zweier Personen im Mittelpunkt steht, für die es kein gemeinsames Glück gibt, weil sie verschiedenen Völkern angehören, strenge Regeln über ihre Zukunft entscheiden, eine Aufgabe und Stolz im Wege stehen.
Susanne Stahr führt ihre Wander-Magier Toptani und Paschitz „Im Dorf der Waffenschmiede“ zu einem verrückten Kaimek. Wie sich herausstellt, wurde er/sie während seiner/ihrer Geschlechtswandlung verflucht. Erst als der Täter gefasst wird, kann die ganze tragische Geschichte aufgeklärt werden. Den regelmäßigen Lesern der LEGENDENSÄNGER-EDITION sind die beiden Protagonisten keine Unbekannten. Die Autorin schuf mit Toptani und Paschitz zwei eigentümliche Charaktere in einer ungewöhnlichen Welt, die ohne die fantasy-typischen Völker auskommt.
In „Das Erbe“ von Ramona Schroller sucht Waldläufer nach Spuren seiner Familie und nach den Insignien seines Vaters. Er entdeckt aber noch mehr. Die Story liest sich wie ein Epilog, wie der Beginn einer Serie, in der Waldläufer nach seinem Volk, den Wolfsreitern, und seiner eigenen Zukunft suchen wird.
Ergänzt wird das Fanzine durch mehrere Zeichnungen von Christel Scheja, Freawyn, Ramona Schroller, Manfred Lafrentz und Caryad. Von einigen Ausnahmen abgesehen, illustrieren die Bilder nicht die Geschichten, sondern wurden thematisch passend ausgewählt. Nur wenige Fanzines bieten so viele Grafiken, um die Textblöcke aufzulockern. Vor allem die Arbeiten von Caryad und Manfred Lafrentz fallen positiv auf.
LANDZAUBER ist ein Heft für die Fans traditioneller und gleichzeitig von sattsam bekannten Klischees abweichender Fantasy, die die Mischung aus Abenteuer und Romantik mögen. Die Stories sind routiniert geschrieben, unterhaltsam und können überzeugen.

Irene Salzmann, Kranzberg


SOL 42
68 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 1.400 Exemplare, 5,27 EUR, 4er-Abonnement 22,00 EUR.
Bezug: PERRY RHODAN FANZENTRALE e. V., Postfach 2352, 76413 Rastatt.
Bankverbindung: Kreissparkasse Hitzacker (BLZ 258 513 35), Konto 4042420.
Internet: www.prfz.de.


Es gibt Hoffnung für die weitere Existenz der PERRY RHODAN FANZENTRALE. Während in der vorangegangenen Ausgabe noch (wegen der Inaktivität der Mitglieder) die Auflösung des Clubs vorgeschlagen wurde, so präsentieren sich in SOL 42 Kandidaten für den neuen Vorstand – und auf der Suche nach neuen Konzepten, auch wenn wenig konkretes verraten wird. Nun ist die PRFZ ein Club, der von der Größe und der Struktur her nicht sehr zur Mitarbeit einlädt. Würden mehr Mitglieder als Autoren und Zeichner tätig werden, wäre der Rahmen der SOL schnell gesprengt, zumal fraglich wäre, ob in jedem Fall die gewünschte Qualität erreicht werden würde... Unter diesen Umständen würde sich, dem Trend folgend, eine kostengünstige Internetpräsentation der Arbeiten der Mitglieder anbieten.
Coverabbildung SOL 42 Auf dem richtigen Weg ist der amtierende Vorstand jedenfalls mit seiner Entscheidung, die nächste Mitgliederversammlung auf dem kommenden ColoniaCon abzuhalten, was deutlich mehr Teilnehmer als in den letzten Jahren erwarten lässt, in denen die Versammlungen in Gaststätten jenseits der Consaison (örtlich wie zeitlich) angesetzt wurden und zu denen sich neben den Vorständlern nur einzelne Mitglieder verirrten.
SOL 42 ist ein Heft der Interviews. Der prominenteste Neuzugang im Autorenteam der PR-Serie ist wohl der Kabarettist Leo Lukas, der auf sechs Seiten locker plaudert – natürlich über seine Mitarbeit an PR, aber auch über anderes. Wer den Autor bereits einmal auf der Bühne erlebt hat, wird einen Eindruck davon haben, wie das Gespräch in einer anderen als in der Papierform auf ihn (oder sie) wirken würde.
Titus Müller ist dagegen Autor historischer Romane, der mit einem Gastroman in der Serie vertreten war, der mit dem C. S. Lewis-Preis bedacht wurde. DIE SIEDLER VON VULGATA ist der erste Roman, an den der Preis vergeben wurde, der die Behandlung christlicher Themen würdigen soll. Müller geht auch darauf ein, wie sich ein solcher Roman in der PR-Serie positionieren lässt, und vergleicht den Gott des Christentums mit einem weiteren der in der Serie zahlreichen Außerirdischen – und beweist damit, dass er das Perryversum kaum kennt bzw. nur unzureichend darüber informiert wurde. Die Superintelligenzen der Serie lassen keinen Platz für herkömmliche Religionen und Götterbilder, die allenfalls auf der lokalen Ebenen des Perryversum funktionieren, wie z. B. auf einer abgelegenen Kolonialwelt, aber dort nicht über das hinauskommen, was sie sind, nämlich Konzepte und Vorstellungen von Menschen – oder von Außerirdischen.
Das dritte (Autoren-) Interview wurde mit dem frischgebackenen ATLAN-Autor Rüdiger Schäfer geführt, der im Fandom kein Unbekannter mehr ist. Die engagierte und langjährige Arbeit an der ATLAN FANZINE SERIE hat sich für ihn ausgezahlt. Herzlichen Glückwunsch! Rüdiger vergleicht die Veröffentlichung seiner ATLAN-Roman mit dem Einstieg in die Bundesliga, mit Blick auf die Champions League. Okay, in der SOL kann er kaum anderes sagen, realistischerweise ist er freilich erst in die Regionalliga aufgestiegen – aber auch dort wird natürlich guter Fußball gespielt. Gewünscht hätte ich mir eine etwas offensivere Verteidigung seiner früheren PR-Kritiken und eine bessere Auswahl der Fotos.
Das vierte Interview in der vorliegenden Ausgabe gehört in die Kategorie Merchandising. Hansjoachim Bernt produziert (korrekterweise: lässt produzieren) und vertreibt die neuen PR-Figuren. Ähnliches gilt für den Artikel „Finale für die Guardians“ von Rainer Nagel, in dem er neben einer Einführung über den vierten Teil der PR-Rollenspielkampagne berichtet. Seitenschinder sind dagegen der dritte Teil des großflächigen Comics „Joshua“ von Thomas Scheileke und der vierte Teile der „Erinnerungen an William Voltz“ von Inge Mahn, in der über Sport, Nachbarschaftsstreitigkeiten und Urlaube berichtet wird... Außerdem muss die Frage erlaubt sein, ob es tatsächlich nötig ist, dass das Völkerdatenblatt über die Cappins in SOL 43 in seinen dritten Teil gehen muss.
Neben drei selbstverständlich im PR-Kosmos spielenden und gelungenen Kurzgeschichten stellen Claas M. Wahlers und Thomas Harbach Hörspiele und Bücher vor, die nicht im Perryversum entstanden sind. Die Bemerkungen des „Galaktischen Beobachters“ Rainer Stache zu den letzten PR-Heften muteten auch schon mal kritischer an – ein großer Teil der Kritik an der PR-Serie beruht ohnehin „nur“ darauf, dass sich Handlungsstrukturen und -abläufe wiederholen, was in der Romanheftserie mit über 2.300 Bänden freilich nicht überrascht. Aber das muss nicht vertieft werden: Die neue SOL-Ausgabe fällt vor allem wegen der Interviews mit zwei ungewöhnlichen PR-Autoren auf.

Armin Möhle, Wallenhorst


XEGO 5
56 Seiten DIN A 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 50 Exemplare, 4,00 EUR.
Bezug: Marin Blabanov, c/o Mailbox, Taborstr. 22c/174, A-1020 Wien, E-Mail: info@marincomics.com.
Internet: www.marincomics.de.


Wir müssen hier einmal über Moral reden. Auch wenn es in diesen materialistischen Zeiten ungewöhnlich erscheinen mag.
Worin besteht die Moral eines Superhelden? Spiderman wird eine Antwort darauf haben! Dani-E und Travellic der Weltraum-Tschusch dagegen nicht.
Beide entstammen der Feder des Wiener Zeichners Marin Balabanov, der in seinem Vorwort selbst überrascht ist, in welch schneller Reihenfolge sein „Trash-Comix-Egozine“ erscheint. Diese Bezeichnung deutet schon darauf hin, dass der werte Leser nicht alles so ernst nehmen sollte. Und das Prädikat „Egozine“ verschafft ohnehin einen Freibrief für unkonventionelle Inhalte. Niemand muss sich für sich selbst entschuldigen. Aber Superhelden?
Nehmen wir Travellic, angeblich im Inneren eines Schwarzen Loches geboren aber mit einer zu vernachlässigenden Intelligenz versehen, verfügt er über unvorstellbare kosmische Kräfte, die er mehr oder wenige gewinnbringend einsetzt. Denn eigentlich ist er notorisch pleite (wofür er allerdings Geld benötigt verschweigt uns der Schöpfer). Also kommt er auf die glorreiche Idee, in einer Arena für Geld zu kämpfen. Natürlich gewinnt er den Kampf auf Leben und Tod. Der erwartete Preis ist allerdings ein weiterer Kampf gegen einen noch stärkeren Gegner. „Travellic hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er nur wegen des Geldes am Duell teilgenommen hatte. Wenn es keines zu holen gab, dann interessierte in alles andere auch nicht mehr.“ Ist das die Moral von der Geschichte? Erst einen Gegner wegen des Geldes töten, aber den bösen Buben, wenn es nichts mehr zu holen gibt, ungeschoren davon kommen lassen?
Auch die Geschichte mit Dani-E, in die sie zusammen mit Travellic versucht, die singende Barbara zu befreien, bleibt sonderbar frei von Moral. Ohnehin bleibt vollkommen unklar, wer auf welcher Seite steht und wie Gut und Böse verteilt sind.
Und der dritte Comic, in der Travellic Opfer eines geheimnisvollen Planeten wird und sozusagen gegen sich selbst kämpft, erspart uns von vornherein jedwede Sinnsuche. Es ist ohnehin alles für den Arsch.
Marins Comics beeindrucken durch eine ausgearbeitete Stilistik. Die Zeichnungen sind manchmal etwas ausgefeilter und detailfreudiger, ein anderes Mal sind die Kompositionen geradlinig und schnörkellos. Vom Inhalt bleiben in erster Linie die überraschenden, selbstironischen und zum Teil  kontrapunktisch gesetzten Texte in Erinnerung – auch wenn die gewollt dümmliche Ausdrucksweise des Travellic schnell zu nerven beginnt.
Neben den drei Comics hat Marin noch eine ältere Story abgedruckt. „Jennifers Augen“ erschien bereits im April 2005 in FUTURE MAGIC 47. Da ich mich noch an die Geschichte erinnerte, muss sie einen gewissen Eindruck hinterlassen haben. Die Story baut die Spannung langsam auf und führt unaufhaltsam zu einem grausamen Ende. Marin unterlässt unnötige Erklärungen, die oft eine sonst gelungene Story verderben. So gelingt ihm eine solide Horror-Story, die allerdings den inneren Zusammenhang etwas vermissen lässt (siehe meine Besprechung zu FM 47 im FK 123).
Marin Balabanov legt auch mit der fünften Ausgabe ein solides Comic-Fanzine vor, das sich genauso ernst nimmt, wie es der Untertitel vermuten lässt. Hauptsache es macht Spaß. Das ist die Moral!

Holger Marks, Marburg


HORROR 44: TOTENGEISTER
72 Seiten DIN A 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 5,00 EUR.
STAR GATE 9: DAS GEHEIMNIS DER STATUE
68 Seiten DIN A 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 5,00 EUR.
Bezug: HARY PRODUCTION, Waldwiesenstr. 22, 66538 Neunkirchen, E-Mail: info@hary.li.
Internet: www.hary.li.


Heftromane gibt es schon seit ewigen Zeiten. Der Mensch strebt oft nach Kurzweil, und ein „richtiges“ Buch ist ihm zu lang. Also greift er sich einen Heftroman, um sich ein wenig „berieseln“ zu lassen – so er denn überhaupt zu etwas Lesbarem greift und sich nicht gleich dem Fernsehen überlässt.
Vielleicht auch deshalb haben Heftromane nicht gerade den Ruf, wirkliche Literatur zu sein. Aber ebenso wie bei gebundenen Büchern gibt es auch hier Licht und Schatten. Warum sollte ein Text schlecht sein, nur weil er in erster Linie für einen „Groschenroman“ geschrieben wurde? Sicherlich: Ein Großteil dieser Romane wird dem Klischee entsprechen, nicht gerade herausragend zu sein. Allerdings erwartet der Leser das ja auch gar nicht. Er möchte schlichtweg gut unterhalten werden. Und dies gelingt in einem Fall und in dem anderen eben nicht.
Die beiden hier zu besprechenden Heftromane nun loten genau diese beiden Extreme bis zum Äußersten aus. Der eine ist schlampig bis gar nicht lektoriert, strotzt vor Klischees und altbekannten Ideen, während der andere eine richtige kleine Perle in Inhalt und Form darstellt.
HORROR 44: TOTENGEISTER besteht aus sechs Kurzgeschichten, wobei vier von Alfred Bekker (die erste in Koproduktion mit Martin Munsonius) und die letzten beiden von Michael Schmidt verfasst wurden.
„Killer im Käfig“ (Alfred Bekker und Marten Munsonius): Die Geschichte um einen Killer, dessen letzter Auftrag einen etwas anderen Ausgang nimmt, als er sich das vorgestellt hat. Leider nur eine 08/15-Geschichte, wie sie auch in einem billigen Magazin stehen könnte. Das Ende ist arg vorhersehbar, und mit Horror hat sie nicht das Geringste zu tun.
„Eishauch der Totengeister“ (Alfred Bekker): Ein Familienfluch lastet auf der Familie Gifford. Eine neu angestellte Bibliothekarin und der aktuelle Erbe versuchen, das Geheimnis zu ergründen.
Coverabbildung TOTENGEISTER Die längste Geschichte des Bandes. Was sie aber leider nicht besser macht: Die Geschichte strotzt nur so vor Klischees und wäre in einer Frauenzeitschrift wesentlich besser aufgehoben gewesen. Ein altes englisches Schloss mit einem hochnäsig wirkenden Butler bildet den Hintergrund für eine Art Geistergeschichte, in welcher der frisch erwählte Erbe sich „natürlich“ unsterblich in die neu eingetroffene Bibliothekarin verliebt und mit ihr hinter das Geheimnis des Familienfluches zu kommen versucht. Dementsprechend ist leider auch die Sprache:
„Ein wohliger Gefühlsschauer schien meinen gesamten Körper zu durchlaufen, ehe sich schließlich unsere Lippen fanden... Ein Augenblick, wie man ihn für immer festhalten möchte, ging es mir durch den Kopf, während ich zu taumeln glaubte. Toms kräftige Arme hielten mich...“ usw.
Rosamunde Pilcher im Geisterschloss...
„Schrecken aus der Tiefe“ (Alfred Bekker): Ein Professor stößt bei seinen Recherchen in uralten Dokumenten immer wieder auf eine uralte Weissagung, dass Wesen der Unterwelt die Macht auf der Erde übernehmen werden. Im Zuge seiner Untersuchungen und mit Unterstützung einer Studentin gerät er immer tiefer in den Sog, den diese Geschichte entwickelt. Scheinbar steht die Übernahme der Welt kurz bevor...
Ein bekanntes Thema, das nichts wesentlich Neues zu bieten hat. Zudem wechselt der Protagonist des Öfteren zwischen den Namen Bender und Lehman hin und her, was den Lesefluss doch erheblich stört. Einzig die Pointe der Geschichte weiß ein wenig zu überzeugen, auch wenn man sie bereits genau in der Form erwartet hat.
„Langes Leben, schneller Tod“ (Alfred Bekker): Erneut eine Geschichte, die sich um Gangster dreht. Diesmal legt sich ein Privatdetektiv mit einer Bande an. Die lediglich dreieinhalb Seiten lange Geschichte weiß ebenfalls nichts Interessantes zu berichten. Genauso wie die erste hat sie auch nicht das Geringste mit Horror zu tun. Belanglos.
„Abgründe“ (Michael Schmidt): Die einzige Geschichte in diesem Band, die des Erwähnens wert ist – und eine wahre Horrorgeschichte in mehrerer Hinsicht. Es geht um einen bestialischen Mord, der regelrecht zelebriert wird, und um einen sehr alten Vampir. Die Wege eines Mörders und Triebtäters treffen auf die eines Vampirs, der ihn lehrt, was es heißt, wirklich „erfolgreich“ zu quälen. Und die Auflösung der Geschichte ist in der Tat mal originell: Einen perfiden und minutiös planenden Mörder damit zu schocken, dass man noch brutaler sein kann wie er, das hat schon was.
„Im Schatten der Bestie“ (Michael Schmidt): Eine Werwolfgeschichte. Von daher passt sie durchaus in dieses Heft, welches ja dem Horror zugeneigt sein soll. Allerdings vermag die Geschichte an sich, nicht so recht zu überzeugen. Entweder bringt sie Althergebrachtes oder aber sie gleitet ins Unwahrscheinliche. Allein die Tatsache, dass die Verfolger eines solchen Werwolfs über mehrere Stunden mit ihm Schritt halten können, weckt schon Bedenken.
Insgesamt lesbar, aber nichts Besonderes.
Fazit: Einzig die fünfte Geschichte („Abgründe“) vermag zu überzeugen. Alle anderen kann man getrost ignorieren.
Insgesamt tauchen leider sehr viele Rechtschreib- und Grammatikfehler in den Geschichten auf: Sätze werden nicht zu Ende gebracht, Wörter fehlen, Zeiten werden falsch gesetzt, Protagonisten wechseln innerhalb der Geschichte mehrfach zwischen verschiedenen Namen hin und her, die Zeichensetzung ist auch nicht gerade die beste. Zusammen mit der Tatsache, dass die Geschichten nicht gerade als qualitativ hochwertig anzusehen sind, trübt das den Lesespaß doch sehr, so dass man in diesem Fall nur dringend zu einer anderen Lektüre raten kann.
Besonders ärgerlich ist, dass hier von einem Mann wie Alfred Bekker, der von sich sagt, dass er mehr als 250 Romane und über 1.000 Kurzgeschichten verfasst hat, scheinbar die besonders schlechten Exemplare herausgegriffen worden sind. Da wäre sicherlich mehr drin gewesen!
Mit STAR GATE 9: DAS GEHEIMNIS DER STATUE von Frank Rehfeld liegt nun wiederum eine Perle im Universum der Heftromane vor. Spannend zu lesen von der ersten bis zur letzten Seite. Gut durchdacht und logisch aufgebaut lässt der Band aber auch nichts vermissen. Einzig einige kleinere Schreibfehler tauchen auf, aber die sind wohl unvermeidbar.
Erwachen. Regung des Geistes. Wer ist, wer war er? Vorerst weiß er nur, dass er schon lange existiert. Allmählich jedoch werden ihm die Zusammenhänge (wieder) klar.
Schon dieser Beginn des Romans zeugt von einer ungewöhnlichen Idee.
Die Expedition von der Erde will ihre Heimatwelt vor einer möglichen Bestrafung durch die Erbauer der Sternentore warnen. Die Verbindung zur Erde ist jedoch unterbrochen und so sitzen die Menschen vorerst auf der für sie fremden Welt Phoenix fest. Ken Randall und Tanya Genada begeben sich gegen den Befehl ihres Vorgesetzten gemeinsam mit dem Eingeborenen Pieto auf eine Erkundungsreise zu einem Mysterium des Planeten. Und starten damit eine unfreiwillige Reise in die Vergangenheit...
Geschickt verwebt der Autor zwei vorerst voneinander unabhängig scheinende Handlungsstränge, die an unterschiedlichen Orten und zu verschiedenen Zeiten stattfinden. Nach und nach streben die Handlungen dann aufeinander zu, um schlussendlich auf logische Art und Weise zusammengeführt zu werden.
Die Protagonisten haben alle ihren Platz in der Geschichte und einen ausreichenden Hintergrund. Alle Handlungen erscheinen schlüssig und konsequent.
Ebenfalls bemerkenswert: An einigen Stellen stößt der Leser auf Punkte, an denen er sich unweigerlich fragt: Moment mal! Wie soll das denn gehen? Macht das Sinn?
Beispielsweise gibt es im Band die Überlegung, das Sternentor dadurch zu blockieren, dass man einfach einen Gegenstand in den Eingangsbereich legt. Der Leser kann sich schwerlich vorstellen, dass es so einfach sein soll, eine so hochstehende Technik wie das Sternentor auf so primitive Art und Weise auf Dauer zu überlisten. Und siehe da: wenig später darf man den Überlegungen eines Protagonisten lauschen, die darlegen, dass es gewiss so etwas wie einen Sicherungsmechanismus gibt, der den Eingangsbereich dann nach einer Weile automatisch wieder frei räumt.
Dem Autor gelingt es, alle derartigen logischen Brüche im Laufe des Romans wieder aufzulösen, was das Lesen zu einem noch größeren Vergnügen macht.
An diesem Roman stimmt einfach alles: Handlung und Protagonisten überzeugen ebenso wie die Art und Weise des Schreibens. Gerne und mit wachem Geist verfolgt man die Handlung und kann nicht aufhören, weiter zu lesen. Die Fortsetzung wird mit Spannung erwartet...
Fazit: Empfehlenswert!

Dirk Ozanik, Hildesheim


BLEICHGESICHT
260 Seiten, Taschenbuch, Offset, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 11,80 EUR.
Bezug: Betzel Verlag GmbH, Postfach 1905, 31569 Nienburg, E-Mail: betzelverlag@myramedia.de.
Internet: www.betzelverlag.de.


Frank Kroll ist Privatier, Besitzer einer Kneipe, Maler, Einzelgänger und ein Albino. Ein tragisches Unglück bringt ihn nach Jahren mit seiner alten Jugendliebe und einigen ehemaligen Mitschülern zusammen. Franziskas Tochter Eva ist vom Dach des Internats gesprungen und ums Leben gekommen. War es wirklich Selbstmord – oder hat jemand das Kind getötet?
Aus Freundschaft und weil er neugierig ist, beginnt Kroll Nachforschungen anzustellen, wobei er nicht nur Unterstützung von seinem Kumpel Ingo Schuster von der Kripo bekommt, sondern auch von Anja Ahlers, Bodyguard von Franziskas Mann. Obwohl er ahnt, dass es aussichtslos ist, lässt er sich von der Schönen den Kopf verdrehen.
Gemeinsam stochern sie in einem Sumpf aus Spielschulden, Drogen, Vergewaltigung und bestialischen Morden, um am Ende eine tödliche Überraschung zu erleben.
BLEICHGESICHT ist der erste Roman von Markus Kastenholz im Betzel Verlag. Zuvor erschienen bereits bei anderen Verlagen einige seiner Werke. Die EDITION NOCTURNO bei VirPriv betreut er als Herausgeber.
Der Autor entführt die Leserschaft in seine Heimat, den Rheingau. Allerdings tritt der Lokalkolorit zurück zu Gunsten der packenden Handlung. Die Charaktere sind eigentümlich, unbequem und bieten sich nicht zur Identifikation an. Im Mittelpunkt steht Frank Kroll, an dessen Seite später Anja Ahlers tritt. Romantische Szenen sind jedoch Mangelware; der Krimi wird nicht durch eine kleine Liebesgeschichte am Rande verwässert. Die Ereignisse werden aus der Sicht Krolls erzählt, der sich für einen Künstler als Hobby-Detektiv viel zu gut schlägt, selbst wenn durch die Erwähnung diverser sportlichen Tätigkeiten und Hobbies eine Erklärung dafür geliefert wird.
Wie Kroll den Spuren folgt und seine Schlüsse zieht, ist spannend geschildert, so dass man erwartungsvoll der Auflösung entgegensieht. Diese überrascht, erscheint aber auch etwas konstruiert, denn die winzigen Hinweise an anderer Stelle wirken wie nachträglich eingefügt. Ein wenig Splatter erinnert daran, dass der Autor ursprünglich Horror schrieb. Häufig wird darauf hingewiesen, dass der Protagonist ein Albino ist, ohne dass dieser Punkt tatsächlich einen Einfluss auf die Handlung hat; damit wird lediglich die Außenseiterrolle Krolls unterstrichen.
Stilistisch kann Makus Kastenholz überzeugen. Kroll denkt und redet, wie ihm (und dem Autor) der Schnabel gewachsen ist. Deftigere Ausdrücke gehören mittlerweile schon zum Umgangston. Die Sätze sind flüssig, nicht zu lang und angenehm zu lesen. Etwas ermüdend wirken auf Dauer die unzähligen Vergleiche: „Eine wohltuende Duftwolke wehte zu ihm herüber, als samtschwarzener Kaffee in die Tasse tropfte, seine Nasenschleimhäute umschmeichelte wie die sieben Schleier einer orientalischen Bauchtänzerin und nicht minder verführerisch.“ Man muss diese Art des Schreibens schon mögen, um die Vergleiche witzig zu finden, denn sie tragen wenig dazu bei, Szenen zu veranschaulichen oder eine bestimmte Atmosphäre entstehen zu lassen. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen.
BLEICHGESICHT ist ein solider Krimi mit einem starken Mittelteil, der vor allem das männliche Publikum ansprechen dürfte, das dem Splatter nicht abgeneigt ist.

Irene Salzmann, Kranzberg


FUTURE MAGIC 50
148 Seiten DIN A 4, Kopie, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 5,00 EUR, 4er-Abonnement 17,00 EUR.
Bezug: SFC STARDRAGONS, Eva Kalvoda, Kundratsstr. 20/8/25, A-1100 Wien, E-Mail: kills_first@utanet.at.
Bankverbindung: PSK (BLZ 60000), Konto 77510891, lautend auf Andreas Leder.

Die 50. Ausgabe des österreichischen Fanzines FUTURE MAGIC wartet mit einer Vielzahl von Kurzgeschichten auf. In „Das verlorene Tier“ schildert Susanne Stahr naturnahe Vogelmenschen, die aus Unverständnis dämonisiert werden. Die Suche nach dem verlorenen Tier führt die Hauptperson Brebas zu einem anderen Volk, wo sie Falschheit erlebt und mit dem Kult der Erdmutter konfrontiert wird. Die Konfrontation der Kulturen trägt schließlich erste Früchte der Verständigung, und das Tier wird gefunden. Die Geschichte hebt sich mit einer eigenen Konstruktion vom Fantasy-Einerlei ab.
Fred H. Schütz führt den Leser in ein magisches Duell mit „Baphomet“. Leider wirkt die Handlungsführung etwas beliebig, da der Autor zu wüst Gott spielt und weder vorherzusehen ist, wer den Zauberkampf gewinnt, noch nachzuvollziehen, warum.
In der elften Folge der Fortsetzungsgeschichte „In die Schatten“ lässt Thomas Kager eine Gang einem kriminellen Kurpfuscher das Handwerk legen und für „anständigen“ Ersatz sor-gen. Vielleicht etwas zu cool, das Ganze.
Coverabbildung FUTURE MAGIC 50 Unter dem Titel „Die letzte Mission“ schildert Fred H. Schütz den Bordalltag auf einem Raumschiff und lässt dieses dann sang- und klanglos untergehen. Dem Leser bleibt keine Zeit, große Emotionen zu entwickeln. Indes ist dies erklärtermaßen auch nicht beabsichtigt.
„Eine Frage der Menschlichkeit“, die aus verschiedenen Werken wie z.B. dem BLADE RUNNER und wohl auch der zweiten Serie KAMPFSTERN GALACTICA bekannt ist, ist die, ob man Androiden wie Menschen behandeln muss. Die Art, wie Werner M. Höbart dies verdeutlicht und auf die Spitze treibt, bleibt indes ungewöhnlich.
Mit „Gib mir Stoff, Baby!“ entführt Marin Balabanov den Leser in ein angekifftes Universum und lässt ihn nicht daraus zurückkehren. Natürlich ist die Geschichte nicht gerade frei von Klischees, einige Einfälle sind aber zum Schmunzeln.
„Mike’s Story“, erzählt von Roland Fischer, ist die eines Vampirs in geheimer Mission als Detektiv bzw. Agent, auch in eigener Sache. Wer einsame Helden mag, wird daran Gefallen finden.
Susanne Stahr führt einen Künstler in „Die Wette“ in eine verhängnisvolle Sackgasse, näm-lich in sein eigenes Werk, das zum Gefängnis wird. Leider ist die Idee nicht neu, ein gewisser Schauereffekt bleibt indes spürbar.
Werner Höbarts „Netzwerk 666" parodiert einen Sittenwächter auf Dienst im Internet. Man kann dem Geschehen weder große Originalität noch eine besonders tiefe Botschaft attestieren, nur einen Unterhaltungswert in Gestalt – vorhersehbarer – Häme.
Auf den Spuren von Meister Hora wandelt Andreas Leder in seiner Geschichte „Zeitweise zeitlos“. Er zeigt dabei einen erfrischenden Ideenreichtum.
Genauso lesenswert ist Roman Schleifers „Endstation Hölle“. Kann es sein, dass man nach dem Tode aus Versehen den falschen Fahrschein erhält und darum nicht in den Himmel kommt?
„Mocassin-Cat“ von Susanne Stahr ist eine wenig ernst gemeinte und ziemlich wilde Geschichte um eine Katze und einen faulen Dummen.
Marin Balabanov hat für MAGIC 50 den Comic „Der Drache und der Astronaut“ beigesteuert. Österreicher hegen natürlich besondere Sympathien für den Lindwurm, und so gewinnt er ein Bäumchen-wechsel-dich-Spiel der Seelenübertragung – eine durchaus sehenswerte Bildergeschichte.
Knapp ein Drittel von FUTURE MAGIC 50 machen Artikel, Rezensionen, Nachrufe, Leserbriefe und sonstige Sachbeiträge aus. Das größte Interesse dürfte der Bericht über Parallelweltgeschichten auf sich ziehen, den Hermann Urbanek unter dem Titel „Wenn Napoleon bei Waterloo gewonnen hätte“ schrieb. Leider liegt darin wiederum – wie in der Literatur selbst – ein zu großes Schwergewicht auf der ausgelutschten Idee, Hitler könnte den II. Weltkrieg gewonnen haben.
In das Fanzine ist Lyrik eingestreut, vor allem Liebesgedichte.
FUTURE MAGIC kommt ohne Starallüren aus; dass es sich um eine Jubiläumsnummer handelt, nimmt man nur am Rande wahr. Die Sternendrachen schreiben munter, manchmal originell, manchmal eher konventionell, zuweilen engagiert, zuweilen sorglos scherzend. Es ist ein waschechtes Fanzine mit jener Lockerheit, die man sich in einem phantastischen Fan-Club wünscht. Auf dieser Linie gibt’s nur einen guten Wunsch: Weiter so!

Clemens Nissen s. ps., Schortens


XUN 11
68 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 125 Exemplare, 3,00 EUR, 3er-Abonnement 10,50 EUR, 5er-Abonnement 16,50 EUR, 10er-Abonnement 33,00 EUR.
Bezug: Bernd Walter, Michelsbergstr. 14, 74080 Heilbronn, E-Mail: xun@xun-online.de.
Internet: www.xun-online.de.


Selten sind sie geworden, aber es gibt sie noch: die Story-Zines. Tatsächlich findet man nur noch vereinzelt Personen, die Spaß daran haben, die Geschichten, Gedichte und Bilder anderer zu einem unterhaltsamen Fanzine zusammenzustellen. Seit man sich lieber selbst auf der privaten Homepage beweihräuchert, ist das Fanzine mit Arbeiten zum Nutzen anderer gleichgesetzt worden. Vorher hat man das nicht so gesehen, aber die Menschen ändern sich, jeder ist sich selbst der Nächste und das mehr denn je.
Bernd Walter ist folglich eine rühmliche Ausnahme, denn in XUN 11 präsentiert er acht phantastische Kurzgeschichten, ein Gedicht, vierzehn Grafiken und vier Cartoons – von elf Künstlern (von ihm selbst stammt kein Beitrag).
Einen Schwerpunkt besitzt das Heft nicht, denn die Stories decken weitgehend das ganze phantastische Genre ab: SF, Horror, Fantasy. Zwar handelt es sich nicht um klassische Themen, doch dürfte für die meisten Leser etwas nach dem jeweiligen Geschmack vorhanden sein. Ferner räumt der Herausgeber auch Fortsetzungsgeschichten Platz ein, wenngleich diese sicher für regelmäßige Leser interessanter sind als für jemanden, der die vorherigen Teile nicht kennt.
Coverabbildung XUN 11 Christian Weis erzählt in „Der Tresorteufel“ von drei jungen Männern, die von gelegentlichen Überfällen leben und denen die Gier schließlich zum Verhängnis wird.
Bei Astrid Pfister bricht eine neue „Eiszeit“ aus, vermutlich inspiriert vom diesjährigen langen, sehr kalten und schneereichen Winter. Einige Menschen haben Glück, dass sie in einem Lebensmittelgeschäft auf ein Ende der tödlichen Kälte warten können – doch was finden sie, als Schnee und Eis schmelzen?
„Verbotene Sympathien“ empfindet Thorsten Scheibs Exekutor für die Menschen, die sein Volk auszurotten versucht. Seinem Vorgesetzten ist er daher ein Dorn im Auge, und prompt tappt er in eine Falle.
„Der Gewinn“ von Thomas Berger, ein Meteoritensplitter, birgt eine unangenehme Überraschung. Man sollte eben doch vorsichtig sein mit den Dingen von „da draußen“.
Kai Brown erzählt in „Good Hope, Teil 3“ von einem galaktischen Krieg, der geschickt von Personen aus dem Hintergrund inszeniert wurde. Gleich zwei Fortsetzungsgeschichten gehen auf das Konto von A. T. Legrand. „Nebelmond, Teil 3“ führt eine kleine, abenteuerlustige Gruppe nach Nepal, wo sie in einem abgelegenen Gebirgstal verschwindet. Ein kleines Detail am Rande ist, dass nicht die Protagonistin mit einem der Männer zusammen ist, sondern diese beiden ein Paar sind. In „Crystal, Teil 3“, befinden sich ein Mann und eine Frau auf der Flucht vor Vampiren und geraten prompt an einen Ghoul.
Das Highlight ist Klaus T. Brandners „Alles ist relativ“. Eigentlich handelt es sich um keine wirkliche Geschichte, sondern um eine bissige Satire auf die bigotte Verlogenheit, durch die sich die meisten Mitmenschen auszeichnen.
Allen Geschichten ist zueigen, dass sie routiniert geschrieben sind. Mal rächen sich Habgier und Unvorsichtigkeit, mal sind die Personen einfach nur Opfer der Umstände und müssen sich ihrer Haut erwehren. Die Erzählungen sind guter Durchschnitt und erfüllen die in sie gesetzten Erwartungen. Dem Leser wird zwar nichts Tiefgründiges geboten, über das er sich im Nachhinein Gedanken machen kann, aber er wird unterhalten - und das ist auch das Ziel der Stories.
Die Texte werden aufgelockert von ganzseitigen Zeichnungen, die keinen Bezug zu den Geschichten aufweisen. Am gefälligsten sind die Werke von Harry Messerschmidt und Thorsten Zentgraf.
Da man die wenigen noch vorhandenen Story-Zines als eine aussterbende Art pflegen muss, sollten einige Leser der Aufforderung des Herausgebers Folge leisten und ihre Stories und Zeichnungen an die Redaktion senden. Selber aktiv sein ist schließlich genauso schön wie das Konsumieren, und es wäre schade, würde wieder ein Zine wegen Materialmangels den Exitus erleiden.

Irene Salzmann, Kranzberg


SCIENCE FICTION OKULAR 236, 237
14, 12 Seiten DIN A 4, Kopie, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, jeweils 1,50 EUR.
Bezug: SCIENCE FICTION CLUB NORDRHEIN-WESTFALEN E. V., Irma Leu, Berliner Str. 206, 45144 Essen, E-Mail: Irma.Leu@freenet.de.
Internet: www.cspp.com/sfo/.


Der SCIENCE FICTION CLUB NRW gibt ein monatliches Fanzine heraus, um seine Mitglieder zu informieren und ihnen eine Plattform für Veröffentlichungen zu geben. Das Format ist mit DIN A 4 Seitenheftung zwar auffallend archaisch aber problemlos überall schnell und ohne Aufwand nachzukopieren und zu heften, wenn es notwendig sein sollte.
Neben üblichen clubinternen Informationen und Rückblicken auf frühere Treffen beschäftigen sich in der Ausgabe 236 die leider sehr kurzen Artikel mit der neuen SF-Serie BATTLESTAR GALACTICA, die die Verfasserin ganz und gar nicht überzeugen konnte, und der „Faszination STAR WARS“. Beate Tribukeit resümiert, warum für sie die sechs Filme eine Einheit bilden und trotz der zwanzig Jahre Drehpause zusammen passen. Sie findet durchaus, dass auch die ersten drei Filme den Mythos weitertragen und nun zusammen mit den früher gedrehten Episoden eine gelungene epische Tragödie bilden. Vielleicht sollte man sich als SF-Fan doch einmal die Zeit nehmen, alle sechs Filme hintereinander anzusehen.
Schließlich denkt Natascha Schlüter darüber nach: „Ist Utopia machbar?“ Woraus wird die Grundversorgung eines Menschen der Zukunft in Bezug auf die Wohnung bestehen? Irma Leu stellt einen Roboter in der Form eines Kindes vor, der sich wie ein Baby Wissen aneignen soll.
Den größten Raum in der Ausgabe 237 nimmt das Essay von Natascha Schlüter zum Thema „Weltraumbesiedlung“ ein. Sie beschäftigt sich mit der Frage, ob und ab wann ein Weltraumflug auch für Normalverdiener bezahlbar wird und kalkuliert anhand aktuell in der Weltraumfahrt ermittelter Daten. Das sehr trockene Thema wird ausführlich und unterhaltsam behandelt, und wird eine Fortsetzung erhalten. Man merkt, hier hat sich jemand wirklich Gedanken gemacht. Ergänzt wird die Ausgabe noch durch zwei Rezis zu KING KONG und VORTEX.
Insgesamt ist das SF OKULAR weniger ein Fanzine, dass sich an jeden interessierten SF-Fan wendet, da es zu wenig Inhalt für eine Ausgabe besitzt, sondern eher ein regelmäßiger Newsletter des Clubs, der überwiegend für die Mitglieder und Beitrittswillige interessant ist.

Christel Scheja, Solingen


RETTUNGSKREUZER IKARUS 25: KAISERSTURZ
112 Seiten DIN A 5, Offset, Klebebindung.
Auflage: unbekannt, 6,90 EUR.
Bezug: Roman-Truhe Buchversand, Röntgenstr. 79, 50169 Kerpen.
Internet: www.rettungskreuzer-ikarus.de.


Martin Kay verabschiedet sich mit KAISERSTURZ als Autor aus der RETTUNGSKREUZER IKARUS-Serie. Er hat sich auch aus der Mitarbeit an anderen Serien zurückgezogen, um sich völlig seinem eigenen Projekt, der „Dark Fantasy“-Serie VAMPIR GOTHIC, widmen zu können. Martin Kay war in der RETTUNGSKREUZER IKARUS-Serie vor allem mit dem sechsten Band, KONVOI, aufgefallen, der die exzessive Schilderung von Kampfhandlungen enthielt.
Coverabbildung RETTUNGSKREUZER IKARUS 25 In KAISERSTURZ wird Roderick Sentenza von seinem früheren Arbeitgeber, dem Galaktischen Multimperium, zu einem Besuch auf der Hauptwelt Persephones eingeladen. Angeblich, um Vorträge in der Akademie zu halten, tatsächlich, weil einige Admirale der kaiserlichen Flotte Verdacht gegen den Kronprinz Joran geschöpft haben, der sich bekanntlich mit den Outsidern verbündet hat. Nach einem Umweg über die Minenwelt Toleon, auf der Sentenza dem Zugriff der Raumschiffe und der Agenten Jorans entgehen kann, gelangt er nach Persephone. Einer der Zuhörer in dem Hörsaal der Akademie entpuppt sich als der Kaiser Thrax, und der Aufstand bricht los.
 Martin Kay erweist sich in KAISERSTURZ erneut als routinierter Autor, der seine Handlung flüssig und ohne Fehler abzuspulen vermag. Er recycelt den einen oder den anderen Protagonisten und nimmt Bezug auf frühere Romane (praktischerweise auch in Fußnoten!), womit er die Kohärenz der Serie fördert . Die Kämpfe, sowohl auf Toleon als auch auf und im Weltraum um Persephone, halten sich in dem für die RETTUNGSKREUZER IKARUS-Serie üblichen Rahmen. Dass er als zusätzliches Spannungselement den Tod Sentenzas voranstellt und einen Countdown bis zu der Sterbeszene abzählt, ist natürlich relativ sinnlos, denn kein Leser wird ernsthaft annehmen, dass Sentenza tatsächlich den Tod findet.
KAISERSTURZ erfüllt auch eine andere Erwartung: Jorans Pläne werden auch diesmal durchkreuzt, und selbstverständlich kann er entkommen, um in weiteren Bänden als Bösewicht zur Verfügung zu stehen. Im Rahmen der Reihe ist KAISERSTURZ sicherlich ein guter Roman mit einem Thema, dass sich nach bisherigen Handlungsverlauf anbot, ansonsten aber lässt sich sagen: Im Westen nicht neues, pardon, in der RETTUNGSKREUZER IKARUS-Serie nichts neues.

Armin Möhle, Wallenhorst


PHANTASTISCH! 21
68 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 1.200 Exemplare, 5,35 EUR, 4er-Abonnement 19,80 EUR.
Bezug: Verlag Achim Havemann, Harlingen 119, 29456 Hitzacker.
Internet: www.phantastisch.net.


In diesen Zeiten muss man vorsichtig sein. Selbst wenn der FK-Chefredax um einen Gefallen bittet. Die Vogelgrippe zieht durchs Land und man sollte nicht voreilig Eulen nach Athen tragen. Es sind ohnehin schon genügend da.
Ich selbst war schon öfter im Vogeltransportgewerbe beschäftigt und trotz medial erzeugter Massenhysterie werde ich es auch zukünftig nicht unterlassen, dieser Tätigkeit zu frönen. Wenn es notwendig ist.
Und es ist wieder einmal notwendig! Auch wenn ich mir fest vorgenommen habe, dieser Eule ein paar Federn zu rupfen. Aber natürlich sanft und nach Möglichkeit ohne Verstoß gegen grundgesetzlich verankerte Tierschutzrechte.
Es ist gute Tradition geworden. Nach einem Up-Date über aktuelle Neuerscheinung gibt uns Andreas Eschbach auch in dieser Ausgabe von PHANTASTISCH! einen Einblick in seine Schreibwerkstatt. In der sechsten Folge seiner Werkstatt-Notizen erläutert er uns, wie wichtig für einen ernstzunehmenden Autor sein Notizbuch ist, da es ihm ermöglicht, momentane Eindrücke zeitnah festzuhalten und kleine Situationsskizzen als Schreibübung anzufertigen. Während die Erkenntnisse nicht gerade neu sind, die Eschbach vermittelt, so wirkt die Masche, den derzeit wohl populärsten SF-Autoren als Zugpferd und Opener im Magazin zu haben, wohl nicht unbedingt verkaufshemmend.
Bin mal gespannt, wie lange die Herausgeber dieses Konzept noch durchhalten - und wann Eschbachs Ratgeber „Autor werden in dreißig kurzgefassten Lektionen“ erscheint.
Coverabbildung PHANTASTISCH! 21 Danach geht es ans Eingemachte. Matita Leng und Horst Illmer stellen die letztjährigen WETZLARER TAGE DER PHANTASTIK sehr ausführlich vor. Es gab ein doppeltes Jubiläums zu feiern, die fünfundzwanzigsten TAGE widmeten sich ganz Tolkiens HERRN DER RINGE, dessen Erstveröffentlichung sich zum fünfzigsten Male jährte. Der Bericht ist sehr ausführlich und minutiös, was ihn ein wenig langweilig macht. Wirklich jeder Vortrag und jede Veranstaltung wird in chronologischer Reihenfolge erwähnt, ohne jedoch nur einen Ansatz von kritischer Reflektion zu zeigen. So mag es schön sein, bei den Phantastischen Tagen einen Zeitzeugen zu haben. Allerdings hatte dieser Zeitzeuge nicht viel mehr gesehen, als Tolkiens Schatten auf dem Oxforder Campus. Natürlich trug er zum Lokalkolorit bei und konnte viel zum englischen Universitätssystem erzählen. Man konnte, als ein wenig kritischerer Beobachter allerdings auch den Eindruck bekommen, hier nutzt jemand gerade den enormen Hype, den die Jackson-Verfilmung erzeugt hat. Die nachfolgend abgedruckte Texthistorie des HERRN DER RINGE ist dagegen sehr informativ und für alle Fans interessant.
Es folgen die Beiträge, die PHANTASTISCH! immer wieder einen besonderen Kick geben. Dirk van den Boom und Karsten Kuhr haben Lois McMaster Bujold interviewt, dann kommt ein Interview mit Rainer Erler, geführt von Thomas Harbach. Derselbe sprach auch noch mit Spider Robinson und damit uns gar nicht langweilig wird, hat Nicole Rensmann noch schnell Christoph Marzi interviewt.
Geballter Stoff, da alle Interviews gewohnt ausführlich sind. Diese Interviews sind immer wieder der große Pluspunkt der PHANTASTISCH!-Ausgaben. Auch wenn manchmal, wie in dem Interview mit Rainer Erler, das Frage und Antwortspiel etwas zu abgehackt und unzusammenhängend wirkt und anstatt interessante Bemerkungen des Interviewten aufzugreifen, der Fragesteller schnell zu einem anderen Thema wechselt. Leider fehlt immer der Hinweis, ob das Interview in einem persönlichen Gespräch entstand oder per Email geführt wurde.
Der Primärteil ist diesmal nur mit zwei Beiträgen vertreten, von denen hier nur Ljubow Lukinas und Jewgeni Lukins Kurzgeschichte „Der Todesplanet“ erwähnt werden soll. Das Autorenpaar – mir bislang vollkommen unbekannt – zählt zu den bekanntesten russischen SF-Autoren. Als Newcomer in den achtziger Jahren, durften sie nicht veröffentlichen. Erst in den neunziger Jahren erschienen erste Bücher. Aus dieser Phase stammt auch die hier vorgelegte Kurzgeschichte, die von Erik Simon und Dimitrij Makarow ins Deutsche übersetzt wurde. Es ist eine sehr humorvolle, augenzwinkernde Geschichte, die auch als Parabel gelesen werden kann. Und sie mag typisch sein, für Autoren mit dem biografischen Hintergrund.
Und natürlich fehlen auch in dieser Ausgabe die üblichen Kolumnen nicht. Achim Schnurrer stellt in der Reihe „Meister der phantastischen Literatur“ den Tschechen Leo Perutz vor. Thomas Harbach macht sich in „Trash and Treasury“ noch ausführlicher Gedanken über das Werk von Spider Robinson und Götz Roderer klärt in seiner Wissenschaftssparte – die ich wie immer nicht gelesen habe – über die Ursprünge allen Seins auf.
Noch ein paar Anzeigen. Dann ist man durch. Und hat jede Menge Stoff zum Verdauen. Und bald gibt es Neuen. Hoffentlich!
Die Eulen müssen den Weg doch kennen. Allerdings: Athen ist trotz aller Polemik immer eine Reise wert!

Holger Marks, Marburg


BLIND
176 Seiten, Taschenbuch, Offset, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 11,45 EUR.
Bezug: Wurdack Verlag, Ernst Wurdack, Goethestr. 18, 93152 Nittendorf, E-Mail: info@wurdackverlag.de.
Internet: www.wurdackverlag.de.


Boston: Roy Tanger bemerkt Eindringlinge in seiner Wohnung. Hilflos muss der Blinde sich in sein Schicksal ergeben – wie tausende andere. Er wird hineingezogen in eine bizarre, lichtlose Welt, in der die Sehenden erblinden und die Blinden sehen können. Schnell wird er zum Bestandteil eines unheimlichen Kollektivs.
Kalkutta: Im Indien-Institut versammeln sich die Anhänger der internationalen Organisation „Sterbendes Licht“. Das Phänomen weltweit auftretender Dunkelzonen kommt für sie nicht überraschend; schon seit Jahren bereiten sie sich darauf vor. Allerdings fehlt der Kopf der Gruppe, der als einziger weiß, wie gegen die Invasoren vorzugehen ist.
Hamburg: Die Experimente, die Professor Günther Keller vor Jahren im Indien Institut durchführte, und sein Buch „Dying Light“ haben ihn in die Psychiatrische Klinik gebracht. Plötzlich beginnen die Weltmächte, sich für ihn zu interessieren. Jede Nation will seiner habhaft werden, damit Professor Keller sie vor den Dunkelzonen rettet.
Thomas Kohlschmidt ist Redakteur von www.WARP-online.de und Autor vieler phantastischer Kurzgeschichten und Artikel. Der Wurdack Verlag präsentiert nun Thomas Kohlschmidts Roman BLIND, eine Mischung aus SF, Mystery und Polit-Thriller, die ein wenig an Rainer Erlers DAS BLAUE PALAIS und die unheilvolle Atmosphäre erinnert, die diversen Stephen King-Büchern zu eigen ist.
Lange wird der Leser im Dunkeln gelassen, was tatsächlich passiert. Er erlebt das Auftreten eines unheimlichen Phänomens, dem sämtliche Protagonisten hilflos ausgeliefert sind, und eine Rettung scheint unmöglich.
Wer in eine Dunkelzone gerät, verliert sein Augenlicht und erliegt früher oder später dem Ruf fremdartiger Wesen. Allein der Blinde Roy Tanger kann in dieser Welt sehen und Dinge wahrnehmen, die anderen verborgen bleiben. Seine Versuche, helfend einzugreifen, verlaufen jedoch nur bedingt erfolgreich.
Die wenigen Personen, die mehr wissen, haben auch bloß vage Vorstellungen, da ihre Kenntnisse allein auf einem Buch beruhen. Erst als Professor Keller nach Indien zurückkehrt, wird nach und nach verraten, wodurch die Dunkelzonen verursacht wurden, und eine gefährliche Expedition in die lichtlose Welt enthüllt schließlich die letzten Rätsel.
Der phantastische Aspekt tritt etwas in den Hintergrund zu Gunsten der Frage: Wie reagieren einzelne Personen, wie die betroffenen Nationen auf das erschreckende Phänomen?
Die Hilflosigkeit lässt eine Panik ausbrechen. Einzelschicksale wie Roy Tanger, der somalische Junge, einige Wissenschaftler u.a. verdeutlichen die Tragödie.
Jede Regierung denkt nur an die Sicherheit des eigenen Landes und ist bestrebt, denjenigen, den sie für den Messias hält, in ihre Gewalt zu bekommen. Angst und Aggression gehen Hand in Hand. Ein wenig klischeehaft wirkt es schon, dass wieder einmal die Russen als besonders stur und uneinsichtig dargestellt werden, mehr noch als die Amerikaner. Die aktuellen politischen Ereignisse werden insofern berücksichtigt, dass die islamischen Staaten als potentieller Machtfaktor zumindest erwähnt werden.
Nur einzelne Personen zeigen sich fähig, einer abstrus anmutenden Theorie Glauben zu schenken, die drohende Gefahr frühzeitig zu erkennen und die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Zum Wohl der Menschheit setzen sie persönliche Bindungen und ihr Leben aufs Spiel. Dabei bekommen sie es nicht nur mit der unheimlichen Macht, sondern auch mit Militärs, die den Kadavergehorsam praktizieren, und rachsüchtigen Kollegen zu tun.
Thomas Kohlschmidt recherchierte ausgesprochen sorgfältig, um die vielen verschiedenen Schauplätze, technische Einrichtungen, militärisches Gerät und das Verhalten in absoluter Dunkelheit realistisch beschreiben zu können. Er gibt gerade so viel an fachlicher Information, wie notwendig ist, um das Szenario glaubhaft zu schildern und den Lesefluss nicht zu hemmen. Sein Stil ist routiniert und angenehm zu lesen.
Schon nach wenigen Seiten möchte man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, denn der geschickte Wechsel von einer Handlungsebene zur nächsten lädt ein, das Gesamtbild des Geschehens wie ein Puzzle langsam zu vervollständigen. Immer neue, interessante Charaktere werden eingeführt, die eine bestimmte Rolle zu erfüllen haben. Allein das Geheimnis um die lichtlose Welt wird am Ende doch etwas rasch und weniger spektakulär abgehandelt, als man es sich vielleicht erhofft hat.
Die Furcht vor der Dunkelheit gehört zu den Urängsten, die schon immer ein reizvolles Thema darstellten. BLIND überzeugt durch solide Arbeit, eine interessante und spannende Handlung. Mainstream-SF ist es nicht, so dass der Roman vor allem jenen zu empfehlen ist, die sich für Social Fantasies und zeitnahe Dystopien begeistern.

Irene Salzmann, Kranzberg

Der FANZINE-KURIER erscheint in der EDITION WHISPERING TIMES.

Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle
Eibenweg 18
49134 Wallenhorst.
E-Mail: armoe@gmx.de.

Preise der Printausgabe: Einzelexemplar 0,60 EUR, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 3,00 EUR (in Briefmarken oder als Verrechnungsscheck). Der FANZINE-KURIER ist außerdem im Fanzinetausch zu beziehen. Auslandspreise auf Anfrage

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Holger Marks, Clemens Nissen s. ps., Dirk Ozanik, Irene Salzmann, Christel Scheja.
Auflage der Printausgabe: 30 Exemplare. 

Für Rezensionsexemplare sind wir stets sehr dankbar!