Online
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Juni 2005

Werte Leserinnen und Leser,
diese FANZINE-KURIER-Ausgabe erhalten ebenfalls die Mitglieder des SCIENCE FICTION CLUB BADEN-WÜRTTEMBERG (fast komplett), um auch dort, genügend Interesse vorausgesetzt, das Modell des Interesseabos zu etablieren. Deshalb meine Bitte an die SFCBWler: Teilt es mir kurz mit, wenn Ihr den FK zukünftig mit dem BADEN-WÜRTTEMBERG AKTUELL beziehen wollt.
Im FK 124 werden u. a. Besprechungen über EXODUS 17, RISSZEICHNUNGS- JOURNAL 121, RETTUNGSKREUZER IKARUS 22: DIE LETZTEN MOVATOREN, ENPUNKT 42, STAMMTISCH-BOTE 11, FESTAK 33/34 erscheinen.
Viele Grüße
Armin Möhle



DIE ATMOSFÄHRE 4
FUTURE MAGIC 47
ÜBERSCHUSS
SOL 38
PHANTASTISCH! 18
PHANZINE 2
PERRY RHODAN FAN-EDITION 10: TATORT IMPERIUM ALPHA
PERRY RHODAN PERSPEKTIVE 76
RETTUNGSKREUZER IKARUS SONDERBAND 2: SAINT DOMINA
SCIENCE FICTION OKULAR 227, 228
XUN 9
VON BREMEN NACH CLÜXHAVEN DURCHS DEVON



DIE ATMOSFÄHRE 4
20 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 40 Exemplare, Preis unbekannt (bitte erfragen).
Bezug: Frank Neugebauer, Am Bloher Forst 5, 26160 Ofen.

Inzwischen liegt bereits die vierte Ausgabe der ATMOSFÄHRE vor, klein und bescheiden im Vergleich zu manchen umfangreichen, aufwändig erstellten Fanzines, aber jeder dürfte bereits gelernt haben, ein Buch nie nach seinem Cover zu beurteilen.
Friedrich Kiefls „Fehlfunktion“ parodiert humorig den Drang vieler, ihr Leben von Maschinen, insbesondere dem Computer, abhängig zu machen. Was ursprünglich den Alltag angenehmer gestalten und zu mehr Freizeit verhelfen sollte, dominiert zunehmend den Menschen, isoliert ihn und nimmt ihm den freien Willen, ohne dass er es merkt. Natürlich erkennt man gleich, wer der Computer-liebende, spielsüchtige Bill ist, der sich von einer Fehlfunktion blamiert fühlt. Seine Verblendung lässt ihn längst nicht mehr in größeren Maßstäben denken, und die Evolution wird den Herrn der Maschinen bald zum Schoßtier der Computer machen. Zwar hat der Autor die Story mit einem SF-Ambiente ausgeschmückt, doch die Satire richtet sich gezielt gegen jene Zeitgenossen, die ihre Freizeit nur noch mit ihrem PC verbringen, persönliche Kontakte durch E-Mail und Chat ersetzt haben, sowie ihre sonstigen Bedürfnisse durch Ebay-Auktionen und Internet-Shopping befriedigen.
„Ein Exkurs in Lagerhaltung“ von Axel Kruse setzt sich satirisch mit einem alten, aber immer noch aktuellen Problem auseinander: Wohin mit dem Atom-Müll? Inzwischen will keiner mehr das Zeug haben, die Lager sind voll, Transporte werden zurückgeschickt… Und dann? Hinter der Kritik am sorglosen Umgang mit dem Atom-Müll verbirgt sich jedoch viel mehr. Politik und Wirtschaft agieren im Geheimen, während die Bevölkerung über Vieles im Unklaren gelassen wird. Nur selten wird etwas aufgedeckt, und sogleich beginnt das große Vertuschen. Wer etwas weiß, lebt gefährlich. Big brother’s little helpers are always watching you.
Frank Neugebauer schildert in „6000 Euro für ungelegte Eier“ eine wahre Geschichte – treffend und bissig. Bestimmt hat so mancher Autor Ähnliches erlebt: Während er selber über Jahre hinweg die schönsten Geschichten dichtet, aber nie den großen Erfolg erlebt, kommt ein anderer aus dem Nichts, bringt nichts, kann nichts und sahnt doch ab. Es ist eine ungerechte Welt, in der nicht das Können zählt sondern das Selbstbewusstsein und die große Klappe. Deprimierend, aber leider viel zu wahr…
Die Scheinwelt der gefeierten Künstler nimmt Jürgen Müller in „Applaus! Applaus!“ aufs Korn. Nachdem der Protagonist seine strikt reglementierte Zeit als Autor hinter sich hat, beginnt ein neuer Abschnitt seines Lebens. Ab diesem Moment erkennt er, dass alles nur eine Farce war, und wer sich nicht einfügt, auf den wartet eine noch viel unangenehmere Überraschung. Ins Schussfeld der Kritik geraten diesmal Künstler, Verlage und Leser. Das Können des Autors zählt wenig, und oft ist er zu selbstverliebt, um die Wahrheit zu erkennen. Tatsächlich entscheidet geschicktes Marketing über den Erfolg eines Buches. Echtes Interesse ist selten bei den Lesern zu finden, die wirkliche Meinung wird meist verschwiegen (Stichwort: Freundschafts- und Revanchekritiken), sofern überhaupt vorhanden.
Den Abschluss bildet eine Leseprobe aus Frank Neugebauers Anthologie VON BREMEN NACH GLÜXHAVEN DURCHS DEVON, SOLAR-X-TB 13, die den Leser doch ein wenig ratlos zurück lässt, da sie nicht allzu viel über den Inhalt des Buches verrät.
DIE ATMOSFÄHRE bietet den Freunden satirischer SF vier unterhaltsame Erzählungen, die Themen anschneiden, mit denen sich nahezu jeder schon einmal auseinandersetzte. Alle Stories sind vom Niveau her im oberen Bereich anzusiedeln, was das schlichte Gewandt des Fanzines mehr als wettmacht. Leser, die Wert auf Sein statt Schein legen, werden nicht enttäuscht.

Irene Salzmann, Kranzberg


FUTURE MAGIC 47
96 Seiten DIN A 4, Kopie, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 5,00 EUR, 4er-Abonnement 17,00 EUR.
Bezug: SFC STARDRAGONS, Eva Kalvoda, Kundratsstr. 20/8/25, A-1100 Wien, E-Mail: kills_first@utanet.at.
Bankverbindung: PSK (BLZ 60000), Konto 77510891, lautend auf Andreas Leder.


Irgendwie ist diese Ausgabe des österreichischen Dauerbrenners besonders rund. Vielleicht liegt es an der Mischung der Beiträge. Zwar liegt auch der Schwerpunkt dieser Ausgabe auf Stories, aber es finden sich darüber hinaus eine Autorenvorstellung, Fanzinerezensionen, jede Menge Leserbriefe und ein ausführlicher Con-Report im Heft. Dadurch wirkt es kompletter und vermittelt außerdem den Eindruck, eines lebendigen und engagierten Clublebens im SFC STARDRAGON, wie man es sonst nur noch selten findet.
Coverabbilung FUTURE MAGIC 47Den Story-Reigen beginnt die immer sehr fleißige Susanne Stahr mit ihrer Fantasy-Geschichte „Spinnenseide“. Es ist der erste Teil einer längeren Fortsetzungsgeschichte, aber diesmal der einzige Beitrag mit Fortsetzungscharakter. Es geht um das Schicksal zweier verfeindeter Adelsfamilien und um das bekannte Setting zweier Königskinder, die nicht zueinander kommen können. Susanne ist eine erfahrene Erzählerin, die in ihren Geschichten durchaus mit neuen Ideen zu glänzen weiß. Nur ihre Namenswahl entlockte mir gleich auf der ersten Seite ein leises Schmunzeln. So heißt das Dorf der Weber in ihrer Geschichte „Borkum“, was mich als Norddeutschen sofort an die beliebte ostfriesische Ferieninsel denken läßt. Aber so kann einem das Gedächtnis manchen Streich spielen.
Susanne kommt nicht ohne Klischees aus, trotzdem gelingt es ihr eine spannende Geschichte zu erzählen, von der man gerne wissen will, wie sie weitergeht.
„Salomes Tanz“ von Fred H. Schütz ist eine kleine, feine Traumphantasie, in die der Autor leider zu viele historische Erklärungen eingebaut hat. Es ist eine kleine literarische Miniatur, von denen es noch einige weitere in diesem Heft gibt.
Aber schon wieder schlägt Susanne Stahr zu. „Odeurs“ ist eine gelungene Ideengeschichte um eine Geschäftsfrau, die ihre skrupellosen Geschäftsmanieren mit einem gesellschaftlich ins Abseits führenden Nebeneffekt büßt. Eine kleine Verkehrung des Sprichwortes „Geld stinkt nicht…“
Neu im Team der Drachen ist Marin Balabanow, der sowohl eine Geschichte als auch einige Illustrationen beisteuert. Sein Beitrag „Jennifers Augen“ ist eine traditionelle Gruselgeschichte. Sie ist stilistisch gekonnt und sprachlich dem Sujet angepaßt umgesetzt. Nur ging mir der innere Zusammenhang ein wenig verloren. Unklar bleibt, was die Ausgrabungen, die schöne junge Assistentin und die unheimliche Verwandlung des Chefwissenschaftlers verbindet.
Von den weiteren Geschichten soll hier noch Thomas Bergers „Der Professor“ erwähnt werden, eine ungewöhnliche, witzige Zeitreisegeschichten mit einigen eigenen Ideen, die gerade durch ihre knappe und präzise Art zu überzeugen weiß. Eva Kalvoda wagt sich an eine „Zukunftsprognose“ und wehrt sich gegen die Tendenz in der Politik alles positiv darstellen zu müssen. Sehr satirisch böse. Eine sympathische Idee verbirgt sich auch hinter der Geschichte „Es war nicht leicht, ein Ehemann zu sein“ von Thomas Kager. Er fragt sich, wie es dem treu sorgenden Ehemann einer Superheldin wohl gehen mag.
Eine Neuerung führt Eva Kalvoda ein. In einem Autorenportrait stellt sie den österreichischen Autoren Andreas Gruber vor, der mit einigen Veröffentlichungen bereits auf sich aufmerksam gemacht hat. Was liegt bei einem österreichischen Fanzine näher, als einen österreichischen Autor vorzustellen? Neben einer kurzen Biographie und einem ausführlichen Interview gibt es außerdem noch einen Auszug aus Andreas Grubers neuem Roman DER JUDAS-SCHREIN“ sowie die Geschichte „Ex Libris: Achtzehntausend Gigabyte“. Beides Beweise, daß Andreas Gruber wirklich schreiben kann und außerdem einen enormen Rechercheaufwand für seine Geschichten betreibt.
Eine Reihe von Leserbriefe der Clubaktiven an sich selbst, Fanzinerezensionen, News aus der Szene und ein langer Bericht über den letzten PR-Con in Wien beschließen diesen gelungenen Band. Man kann nur hoffen, daß den Dauerbrennern nie der Treibstoff ausgehen wird!

Holger Marks, Marburg


ÜBERSCHUSS
200 Seiten, Taschenbuch, Offset, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 11,45 EUR.
Bezug: Wurdack Verlag, Ernst Wurdack, Goethestr. 18, 93152 Nittendorf, E-Mail: info@wurdackverlag.de.
Internet: www.wurdackverlag.de.


ÜBERSCHUSS ist der dritte Band einer Reihe von Science Fiction-Sammlungen deutscher und österreichischer Autoren aus dem Wurdack Verlag. Er enthält neunzehn Kurzgeschichten. Sie einzeln zu würdigen, würde gewiss zu einer Geduldsprobe werden, zumal eine Rezension kaum je den Unterhaltungswert des besprochenen Werks erreicht. Darum will ich sie nur kurz anreißen:
Die Geschichte „Überschuss“ von Torben Kneesch basiert auf der Idee, Beschäftigungslose in den Tiefschlaf zu versetzen, um sie bei späterem Bedarf an Arbeitskräften – in einem künftigen Zeitalter – wieder aufzuwecken. Dabei schreckt sie auch mit dem Kulturschock, den ein Wiedererweckter unweigerlich erfährt.
Lutz Herrmanns „Der Irrtum“ sieht Beschäftigte wie Soldaten in einem Krieg, die weiterkämen müssen, wenn der Kamerad neben ihnen vom Schicksal dahingerafft wird.
Coverabbildung UEBERSCHUSSIn Armin Rößlers „Barrieren“ geht es um ein klosterhaftes, entbehrungsreiches Leben im Dienste der Arbeit – kombiniert mit einer Agentenstory.
Birgit Erwin unternimmt in „Nur ein Gedanke“ eine satirische Reise ins galaktische Absurdistan, ausgehend von einer in den Weltraum gesandten Fritte.
„Der Spaziergang“ von Markus K. Korb zeigt uns einen Raumfahrer, der an seiner einsamen Arbeit zugrunde geht.
Bernhard Weißbecker nimmt in „Der Untergang der Titan“ die Sensationslüsternheit der Medien aufs Korn, und zwar anhand einer Live-Reportage über ein havariertes Raumschiff.
Phantastischer gehts in Andrea Tillmanns „Nicht ganz Atlantis“ zu. Jemand, der in einem Katastrophenschutzbunker aufgewachsen ist, wagt den Schritt in die Außenwelt und versucht, sie zu verstehen.
Peter Hohmanns „Strafvollzug“ spielt mit dem Gedanken, man könne einem Menschen gezielt „Lebensessenz“ entziehen und sie einem anderen zukommen lassen – eine Art Arbeitszeitkonto, aber für Lebensjahre.
„Wider Willen“ von Axel Bicker handelt von der Idee, Eheschließungen vom messtechnischen Nachweis beiderseitiger Liebe der Verlobten abhängig zu machen.
Thorsten Küpers „Das Festtagsprogramm“ beschreibt eine Maschine, die sich zu hohen Festtagen ein Leibgericht zu Lasten der Menschen zubereitet.
Nina Horvath beschreibt in „Die Spirale“ einfühlsam und tiefgehend den Eindruck von Eintönigkeit, Bestimmung, Sinnlosigkeit und dem Leben im Jetzt.
„Der Besucher“ von Uwe Hermann ist ein außerirdischer Magier.
In „Albas bestes Spiel“ lässt V. Groß zwei Personen um das Leben eines gestrandeten Raumfahrers spielen, der dringend Hilfe braucht – und der währenddessen verstirbt.
Edgar Güttge unternimmt in „Flasken“ eine Weltraum-Satire um Flaschen und Glas.
In Ilka Sehnert „Das Buch“ geht es um eine Gesellschaft, die ihren Bürgern Last und Vergnügen natürlicher Fortpflanzung nimmt.
„Der Bewohner“ von Bernhard Schneider sucht aus seiner künstlichen Wirklichkeit auszubrechen.
Antje Ippensen beschreibt in „Alles wandelt sich“ die verzweifelte Mission einer Graswurzeldemokratie.
„Allmacht“ von Uwe Sauerbrei schildert den Kampf gegen eine Künstliche Intelligenz.
Mit der „Fallstudie: Terroristin Jenny S.“ führt Heidrun Jänchen das Leiden einer Frau vor, der es aus genetischen Gründen untersagt wird, Kinder in die Welt zu setzen.
Die Geschichtensammlung ÜBERFLUSS weist eine Ideenvielfalt auf, die begeistern könnte. Leider ist sie fast durchgängig von einer negativen Stimmung getragen. Würde man nur einzelne Stories lesen, so wäre man vielleicht von ihrer visionären Kraft begeistert. In ihrer Gesamtheit gehen sie einem aber schlicht auf die Nerven, weil die ständige negative Einstellung – sei sie zynisch, sei sie satirisch – einen destruktiven und konzeptionslosen Eindruck macht. Gäbe es nicht Lichtblicke in der Dunkelheit wie Antje Ippensens „Alles wandelt sich“, Andrea Tillmanns „Nicht ganz Atlantis“, Axel Bickers „Wider Willen“ und Nina Horvaths „Die Spirale“ – nur vier von neunzehn Stories – , so müsste man für dieses Buch einen Bannkreis um jede psychotherapeutische Einrichtung ziehen.

Clemens Nissen s. ps., Neuenburg


SOL 38
68 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 1.400 Exemplare, 5,27 EUR, 4er-Abonnement 22,00 EUR.
Bezug: PERRY RHODAN FANZENTRALE e. V., Postfach 2352, 76413 Rastatt.
Bankverbindung: Kreissparkasse Hitzacker (BLZ 258 513 35), Konto 4042420.
Internet: www.prfz.de.


SOL ist das offizielle und quartalsweise erscheinende Magazin der PPERRY RHODAN FANZENTRALE, die sich vor allem mit der ältesten SF-Romanheftserie der Welt beschäftigt. Diese Ausgabe steht allerdings ganz im Zeichen des Gedenkens an Walter Ernsting, der Anfang 2005 verstarb. Neben Berichten zum Begräbnis nehmen viele Autoren und Weggefährten des Autoren auf ganz persönliche Weise Abschied von ihm, indem sie sich erinnern, wie sie ihn kennenlernten oder lustige Anekdoten aus seinem Leben erzählen und nicht zuletzt seine Bedeutung für die deutsche SF-Szene und die PERRY RHODAN-Serie hervorheben. Auch Gucky, die einprägsamste Figur, die Walter Ernsting geschaffen hat, nimmt in einer besonderen Kurzgeschichte von Joe Kutzner Abschied von ihrem besten Freund.
Neben diesem Schwerpunktthema gibt es aber auch weitere Artikel einmal über PERRY RHODAN-Filme und weitere Kuriositäten der PR-Serie wie etwa besondere Briefmarken, dann erklärt Klaus N. Frick die Bedeutung von Lückenfüllern für die Serie und Robert Hektor widmet sich der „Lokalen Gruppe“, dem „Brennpunkt aktueller Ereignisse“ für die Handlung.
Zwei Kurzgeschichten – Platz 1 und 2 eines Wettbewerbs, die mit dem „William Voltz Award“ ausgezeichnet wurden –, ausführliche Berichte aus der Fan-Szene und von anderen Serien runden das Bild dieser Ausgabe ab, die vor allem wohl das Herz eines echten PERRY RHODAN-Fans höher schlagen lassen dürfte. Damit beweist die SOL wieder einmal, daß sie ihren Zweck als Clubmagazin für alte und neue Fans voll und ganz erfüllt.

Christel Scheja, Solingen


PHANTASTISCH! 18
68 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 1.200 Exemplare, 5,35 EUR, 4er-Abonnement 19,80 EUR.
Bezug: Verlag Achim Havemann, Harlingen 119, 29456 Hitzacker.
Internet: www.phantastisch.net.


PHANTASTISCH! 18 widmet sich u. a. drei Autoren, denen das Prädikat „klassisch“ berechtigterweise zugestanden werden kann, wenn auch mit gewissen zeitlichen und inhaltlichen Unterschieden... Der Autor technisch-utopischer Literatur des 19. Jahrhunderts war Jules Verne, dessen Todestag zwar bereits ein Jahrhundert zurückliegt, dessen Werke aber immer wieder kleine Renaissancen erlebten. Horst Illmer stellt den Autor und seine Romane vor. Mit einem Autor des 20. Jahrhunderts, nämlich mit dem Argentinier Jorge Luis Borges, beschäftigt sich Achim Schnurrer. Borges schrieb nicht nur, sondern gab auch DIE BIBLIOTHEK VON BABEL, eine dreißigbändige Sammlung phantastischer Literatur, heraus.
Es ist schön, daß PHANTASTISCH! an diese beiden Autoren erinnert, auch wenn, zugegeben, vor allem Jules Verne kaum in der Gefahr schwebte, in Vergessenheit zu geraten. Der Nachruf auf Walter Ernsting von seinem Biographen Heiko Langhans findet daneben seinen verdienten Platz.
Unter den vier Interviewten ist mit Kai Meyer einer über die phantastische Szene hinaus deutlich bekannt. So sind einige Infos über ihn und seine Arbeiten in dem Interview nicht mehr brandneu. Das Gespräch mit Reinhard Köhrer bietet ein Wiedersehen (Wiederlesen?!) mit einem Autor, der in der (wenig beeindruckenden) Welle der deutschen SF Anfang der achtziger Jahre einen Roman sowie einige Kurzgeschichten publizieren konnte und kürzlich mit zwei Romanen (BoD) hervortrat. Der US-amerikanischer Autor Jack McDevitt ist ein Vertreter der „neuen“ Space Opera, dessen Romane für Leser, die dieses Subgenre der SF bevorzugen, interessant sein können. Das Gespräch mit Joachim Körber hat den Schwerpunkt nicht unerwarteterweise in seiner der Verlagstätigkeit (EDITION PHANTASIA).
Alles im allem ist der PHANTASTISCH!-Redaktion eine abwechslungsreiche Auswahl der Interviewten gelungen, die mit interessanten und fundierten Aussagen und Antworten zu fesseln wissen.
Amüsant ist der Artikel „Schöne neue Zeit – Großvaters Zukunftsprognosen für unsere Gegenwart“ von Tommy Laeng und Alexander Seibold. Die Autoren schweifen dabei nur wenige Jahrzehnte in die Vergangenheit, bereits die technischen Prognosen aus diesen Zeiträumen weisen – als heutiger Sicht – einen gewissen Unterhaltswert auf und sind realitäts- und realisierungsfern. (Der Text ist offenbar aus einen ausführlicheren Artikel in dem SCIENCE FICTION JAHRBUCH 2005 komprimiert worden.) Es ist zu hoffen, daß dasselbe Schicksal nicht die „Verkehrssysteme der Zukunft“ ereilen wird, mit denen sich die Phantastische Bibliothek Wetzlar auf ihrer Tagung im Oktober letzten Jahres beschäftigte (anhand von SF-Romanen, in denen futuristische Transportmittel wichtige Rollen spielten). Mit seinem Beitrag zu dem Symposion, das in der vorliegenden Ausgabe nachgedruckt wird, macht es sich H. D. Klein etwas einfach, in dem er, wenn auch in Form einer Kurzgeschichte, nur naheliegende Verkehrssysteme der Zukunft auflistet. Aber selbstverständlich wissen wir nicht, wie sich seine Prognosen für Betrachter in zwei bis drei Jahrzehnten darstellen werden...
PHANTASTISCH! 18 wird durch eine Kurzgeschichte, den neuen Folge der Sparten „Wissenschaft“ und „Trash and Treasury“, dem dritten Teil der „Werkstattnotizen“ von Andreas Eschbach (diesmal über die Arbeit an einem Gemeinschaftsroman mit den Teilnehmern des letzten SF-Autorenseminars der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel) u. a. Beiträge abgerundet: Insgesamt eine vielfältige und gute, erneut zufriedenstellende Ausgabe.

Armin Möhle, Wallenhorst


PHANZINE 2
80 Seiten DIN A 4, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 4,00 EUR, 4er-Abonnement (4 x PHANZINE und 1 x FICTIONFANTASY) 18,00 EUR.
Bezug: SFC ÜBERALL,Holger M. Pohl, Erich-Flister-Str. 19, 74211 Leingarten, E-Mail: hmpohl@fictionfantasy.de.
Internet: www.fictionfantasy.de.


PHANZINE ist „das offene phantastische Magazin des SFC ÜBERALL und fictionfantasy.de“, verrät die letzte Zeile dieses Fanzines, das bedauerlicherweise über kein Impressum verfügt, dem man gern Kontaktadressen und nähere Informationen entnehmen möchte. Der Interessent muss sich schon über das Internet kundig machen, www.fictionfantasy.de, will er seine Neugierde befriedigen. Der Besuch lohnt sich durchaus, denn ihn erwartet eine vielseitige, von den Aktiven des SFC ÜBERALL gepflegte Homepage.
Die zweite Ausgabe des PHANZINE ist dem Thema „Helden“ gewidmet.
Coverabbildung PHANZINE 2Um die Leser auf die Stories einzustimmen, ist diesen ein Essay vorangestellt, in dem Michael Schmidt einige „Wahre Helden“ kurz beschreibt. Berücksichtigt wurden die verschiedenen Archetypen, wie man sie aus der Literatur, dem Film und dem Comic kennt und die natürlich im Laufe der Zeit einen Wandel erfuhren. Die alten Recken und unfehlbaren Supermänner sind zwar nicht ausgestorben, aber in ihre Reihen haben sich längst die Loser und zwielichtigen Typen gedrängt, denen man auf den ersten Blick nicht den Helden ansieht, die jedoch zu überraschen wissen und durch ihre Menschlichkeit zu sympathischen Identifikationsfiguren werden.
Die Fantasy-Stories dominieren. Dafür sorgen die Beiträge von Christel Scheja, Jana Paradigi und Kerstin Eiben vor allem durch ihren Umfang, so dass die SF-Geschichten ihrer Kollegen Florian Rems, Michael Schmidt, Stefan T. Pinternagel und Uwe Schimunek in der zweiten Reihe stehen – ohne qualitativ schlechter zu sein. Angesichts der Genre-Aufteilung sehen sich gewiss jene bestätigt, die schon immer behauptet haben, dass Frauen vorzugsweise Fantasy und Männer SF schreiben…
In „Heldenlied“ geht Christel Scheja der Frage nach, wie der Mythos um einen Helden entstehen kann, wie viele seiner legendären Taten Wahrheit oder Dichtung sind. Die Story besitzt eine Rahmenhandlung, die nicht minder interessant ist als die erzählte Geschichte.
„Mit Glanz und Gloria“ sowie „Der heilige Wächter von Gornwyn Hall“ stammen aus der Feder von Jana Paradigi. Während die eine Story humorig das Aufeinandertreffen eines eher feigen Ritters mit einer Drachenfamilie schildert, zählt die andere Geschichte zur heroischen Fantasy und beschreibt, wie der junge Zwerg Con mutig seine Sippe und den Weltenschatz vor einem überlegenen Feind rettet. In beiden Fällen stehen atypische Heroen im Mittelpunkt, die den Leser schmunzeln lassen oder zur Identifikation einladen.
Ebenfalls zwei Erzählungen stammen von Kerstin Eiben. „Knochen“ ist die interessanteste Story des Fanzines, da ungewöhnliche Protagonisten in einer fremdartigen Welt überraschen. Statt sich sattsam bekannter Klischeefiguren zu bedienen, hat die Autorin etwas Neues kreiert. Selbst wenn man Tier-Fantasy eher nicht mag, so wird man die Kurzgeschichte als sehr reizvoll empfinden. Von Kerstin Eiben stammt überdies der längste Beitrag, „Die Prophezeiung des Falken: 1. Buch Verrat – Teil 2“ (Teil 1 erschien in PHANZINE 1). Auf seinem weiteren Weg fällt der Meistermagier Ashreel in die Hände seiner Gegner, und wie es scheint, benötigt er die Hilfe seiner Gefährten, um sich aus dieser gefährlichen Situation befreien zu können. Die Longstory ist flüssig erzählt und bietet genug Raum, um die Charaktere lebendig und überzeugend aufzubauen.
In „Leben und Sterben“ entführt Florian Rems den Leser auf eine Raumstation in der Nähe des Neptuns. Die Reserven werden knapp, und die Männer wissen, dass sie nicht mehr nach Hause können. Als etwas Unvorhergesehenes passiert, geraten sie dennoch nicht in Panik und handeln wie wahre Helden. Ein bißchen SILENT RUNNING und Altruismus mischen sich zu einer stillen, lesenswerten Story, die ohne Space Opera-Klischees auskommt.
Dem „Ruf des Herzens“ folgt Michael Schmidts Protagonist, der sich mutig seiner Auserwählten offenbart, aber –. Eine typische Pointen-Story, die jedoch nicht mit einem Gag endet, wie man zunächst vielleicht erwartet hat.
„Des einen Freud’…“ von Stefan T. Pinternagel schildert satirisch, was passieren kann, wenn man nicht den Geschmack der breiten Masse teilt – buchstäblich.
Mit „Morph Attack“ greift Uwe Schimunek ein bekanntes Thema auf. In seinen Drogenträumen wird der Protagonist zum Helden und zieht es stets vor, der tristen Realität schnell wieder mit Hilfe einer Pille zu entfliehen.
Während die Fantasy-Stories eher optimistisch oder auch einmal humorig das Wirken der Helden schildern, so ist die Tönung der SF-Erzählungen eher düster und desillusionierend. Gemeinsam ist ihnen, dass sie routiniert geschrieben sind und dem Leser kurzweilige Unterhaltung bieten.
Auch der Erwähnung wert ist der abwechslungsreiche Sekundärteil. Es finden sich Rezensionen zu u.a. Ursula K. LeGuins Klassiker PLANET DER HABENICHTSE und dem B-Movie FANTASTIC FOUR, ein Artikel über die Ghibli-Studios, die bekannt sind für qualitativ hochwertige Animes wie PRINZESSIN MONONOKE und NAUSIKAA u. v. m.
Der Anteil der die Texte auflockernden Grafiken ist leider sehr gering. Norbert Reichinger, Kerstin Eiben und Julia Tagaki sind zu nennen, ebenso Kim Schneider, die das umlaufende Farbcover gestaltete. Screenshots, Coverscans und Vignetten wurden stellenweise eingestreut.
Die Mischung des PHANZINES spricht sowohl die Freunde der Fantasy wie auch der SF an. Lesenswerte Stories und interessante Artikel wurden zu einer gelungenen Anthologie zusammengestellt, die man wirklich empfehlen kann.

Irene Salzmann, Kranzberg


PERRY RHODAN FAN-EDITION 10: TATORT IMPERIUM ALPHA
64 Seiten DIN A 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, Preis unbekannt (bitte erfragen).
Bezug: Space Shop, Harlingen 119, 29456 Hitzacker, E-Mail: ahavemann @t-online.de.
Internet: www.ahavemann.de/Spaceshop/spaceshop.html.


Der zehnte Band der PERRY RHODAN FAN-EDITION stammt aus der Feder von Joachim Stahl, der „dienstälteren“ Fandomlern kein Unbekannter ist: Joachim war in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre der Kurzgeschichtenautor des bundesdeutschen Fandoms, und bis zu seinem Gafia auch regelmäßiger, kompetenter und verläßlicher Mitarbeiter des FANZINE-KURIER. Mit TATORT IMPERIUM ALPHA bietet sich nun die Gelegenheit zu einem Wiedersehen – Pardon, zu einem Wiederlesen natürlich.
TATORT IMPERIUM ALPHA ist handlungschronologisch zu Beginn des Schwarm-Zyklusses angesiedelt. Louis Remlow wird des mehrfachen Mordes schuldig gesprochen – an Humanoiden, hinter denen er Echsenwesen mit finsteren Plänen zu erkennen glaubte – und in ein Gefängnis überstellt. Als die Verdummungsstrahlung Terra erreicht, nutzt er das ausbrechende Chaos zur Flucht, denn er ist immun. Sein Ziel ist Imperium Alpha, die Zentrale des Solaren Imperiums, um die Verantwortlichen vor der Invasion der Echsenwesen zu warnen.
Der mordende Psychopath ist natürlich ein bekanntes Sujet des Thrillers und des Krimis, das in TATORT IMPERIUM ALPHA in die Science Fiction versetzt wird. Die Handlung fügt sich nahtlos in das (seinerzeitige) PERRY RHODAN-Universum ein und wird routiniert dargeboten. Einzig die Brutalitäten irritieren etwas, Loius Remlow mordet weiter, doch fallen diese Toten neben den Opfern, die die Verdummungsstrahlung fordert, nicht ins Gewicht... Der Schluß des Romans überrascht nicht, denn er muß sich dem Gesetz der Serie unterwerfen. Remlow erreicht zwar Imperium Alpha, doch als er Roi Danton, Galbraith Deighton und Homer G. Adams gegenübersteht, vermag er sie in einem dramatischen Showdown zwar in Gefahr zu bringen, jedoch nicht zu verletzten oder gar zu töten.
Joachim Stahl zeigt mit TATORT IMPERIUM ALPHA, daß er auch nach einer Pause von etwa eineinhalb Jahrzehnten nicht verlernt hat, einen längeren Text zu konzeptionieren und zu Papier zu bringen (daß er damit auch kürzere Formen weiterhin beherrschen dürfte, bedarf im Grunde keiner Erwähnung). Mit der Wahl des PERRY RHODAN-Universums als Handlungsschauplatz für seine neue Arbeit geht er einerseits einer persönlichen Neigung nach (wie sich aus seiner Vorstellung ergibt) und akzeptiert die Realitäten, was Veröffentlichungsmöglichkeiten angeht, engt sich andererseits inhaltlich unvermeidlicherweise ein.
In der heutigen Kleinverlagsszene würde Joachim sicherlich Veröffentlichungsmöglich- keiten für serienunabhängige Stories und Novellen finden – und ich wäre sicherlich nicht der einzige, der sie mit Vergnügen lesen würde.

Armin Möhle, Wallenhorst


PERRY RHODAN PERSPEKTIVE 76
68 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 3,50 €, 5er-Abonnement 15,50 €.
Bezug: Achim Havemann, Harlinger Str. 119, 29456 Hitzacker, E-Mail: ahavemann@t-online.de.
Internet: www.light-edition.net/magazin/.


Die neue PERRY RHODAN PERSPEKTIVE bespricht die PR-Hefte 2260 bis 2267, dazu die neuen ATLAN Heftromane aus dem DER LORDRICHTER-Zyklus und die LEMURIA- Taschenbücher 3 und 4.
Dazu finden sich die üblichen Beiträge von Hermann Ritter, eine Rezension von Claas Wahlers, neue Erkenntnisse von Dr. Robert Hector und der fünfte Teil der Story „Was Gucky gerne verschweigt“ von W. Höbart. Alle vier Beiträge hat der Rezensent nicht gelesen.
Es findet sich auch ein kontroverser Beitrag von Jonathan Bücherwurm „Gen-Modulatoren von der Sol“. Ob es sich bei dem Autoren um eine reale Person oder ein Pseudonym handelt, weiß der Rezensent nicht.
Coverabbildung PERRY RHODAN PERSPEKTIVE 76Interessant ist, dass der gute Autor in Absolutismen (eine Überlebensnotwendigkeit für die PR Serie) schreibt, für seine vielen Thesen keine Argumente liefert (wer ist die vollkommen amoralische SF-Richtung aus den USA, Autoren, Bücher, Filme?!) und alle genetischen Veränderungen von vornherein als negativ ansieht. In dieser Form ist dieser Beitrag zu wirklich nichts zu gebrauchen. Da schreibt sich jemand seinen Frust von der Seele, entwickelt großartige Verschwörungstheorien und liefert in seinem Artikel nur heiße Luft.
Betrachtet man den Schwerpunkt der Ausgabe – die Hefte 2260 bis 2267 – , so fallen einem zwei interessante Züge auf:
Die beiden Rezensenten sind genauso hilflos wie anscheinend das eigentliche Team. Andreas Nordiek fühlt sich zu einem Zwischenkommentar wegen der Qualität der Hefte gezwungen. Nach diesem fast verzweifelten Achselzucken werden die Romane zwar besser, doch im Kontext der Besprechungen der ATLAN-Serie zeigen sie überdeutlich die zwei grundlegenden Problematiken, denen sich Klaus N. Frick und VPM stellen müssen. Die vielen Nebenprojekte schaden der PERRY RHODAN-Serie. Es stehen nicht mehr ausreichend gute Autoren zur Verfügung. Der Verlust von Autoren wie Vlcek, Francis und durch seinen frühen Tod Ziegler ist nicht mehr zu kompensieren. Die Autoren Borsch, Haensel oder Anton werden in andere Projekte gesteckt, die oft überhastet auf den Markt geschmissen werden. In den ATLAN-Heften kommt ein neuer Schriftsteller genauso schnell zu Autorenehren wie ein deutscher Fußballspieler in die Nationalmannschaft. Leider sind irgendwann die Freundschaftswochen vorbei und der Ernst des Lebens beginnt. Das die ATLAN-Serie auch vom Exposé oder den Exposés her schwach sind, unterstreichen die Rezensionen. Höhepunkt der Entwicklung ist die Besprechung von Nicole Rensmanns Roman, in der Andreas Nordiek Autorin und Exposé trennt.
Das die Taschenbücher aus dem Heyne Verlag –mit den besten Resten aus Rastatt bestückt – deutlicher überzeugen, kann die regulären Leser der Serie wenig befriedigen. Die Besprechungen der Romane sind routiniert.
Die 76. Ausgabe ist wieder eine normale, routinierte Ausgabe (zumindest die 60 Prozent des Heftes, die der Rezensent gelesen hat).

Thomas Harbach, Lübeck


RETTUNGSKREUZER SONDERBAND 2: SAINT DOMINA
86 Seiten DIN A 5, Offset, Klebebindung.
Auflage: unbekannt, 5,90 €.
Bezug: Roman-Truhe Buchversand, Röntgenstr. 79, 50169 Kerpen.
Internet: www.rettungskreuzer-ikarus.de.


Mit SAINT DOMINA legt die kommerzielle „Taschenheft-Serie“ RETTUNGSKREUZER IKARUS ihren zweiten Sonderband vor. Es handelt sich wiederum um eine Kurzgeschichtensammlung.
Die gleichnamige Titelstory von Irene Salzmann dreht sich um die Chefin eines galaktischen Bordells in ihren Etablissements, kommt jedoch – obwohl es um deren Geschäfte geht – nahezu ohne Erotik aus und schwingt sich zu einem romantischen Ende empor. Mit ein wenig Mut zu dieser menschlichen Phantastik wird man unschwer Gefallen an der schönen Konstruktion finden.
„Die Geister von Krocker IV“ betören einen bedauernswerten Raumfahrer. Armin Möhle setzt ihn einer Begegnung der dritten Art aus, die weder Furcht noch Freundschaft auslöst – sondern verhängnisvolle Sucht. Die kühle, unwirkliche Atmosphäre, in die der Leser hineingezogen wird, unterliegt leider Störungen durch diverse Tippfehler. Oliver Naujoks, der laut Impressum im Band SAINT DOMINA als Lektor fungiert haben soll, dürfte hier versagt haben.
Coverabbildung SAINT DOMINAUnter dem römischen Eroberungsmotto „Veni, vidi, vici“ schickt Achim Hiltrop eine skurrile Truppe in einen Einbruch/Kampfeinsatz. Die Grenze zwischen Gangstertum und militärischem Prozedere verschwimmt, auch die positive Auflösung klärt nicht wirklich, ob man das Unternehmen billigen soll. Ungeachtet dessen bleibt eine teils packende, teils humorvolle Action-Story im Gedächtnis haften, die obendrein eine gewisse Pointe zu bieten hat.
Ein baumähnlicher Außerirdischer, ein Pentakka, ist Gegenstand der „Experimente“, die Norbert Seufert in seiner gleichnamigen Geschichte schildert. Sowohl die Leiden als auch ihr Grund sind recht skurril...
Ebenfalls um die Fremdartigkeit anderer Lebewesen dreht sich Dirk van den Booms „Sternenform“, diesmal um die psychische. Wiederum wird eine phantastische Idee stringent umgesetzt, leider lässt der Autor den Leser jedoch allein mit der Frage, ob sie sich nur auf den Gedanken der Vorahnung oder doch auf konkrete kulturelle Hintergründe bezieht.
Alle Geschichten im zweiten Sonderband des RETTUNGSKREUZER IKARUS stellen lesenswerte Ideenliteratur dar, frönen der Phantasie und belohnen den Leser mit einer würdigen Auflösung. Überdies wurde auf eine große Vielfalt geachtet. Die Schrift hätte etwas kleiner ausfallen können, das Lektorat gründlicher arbeiten müssen – den positiven Gesamteindruck trübt dies kaum.

Clemens Nissen s. ps., Schortens


SCIENCE FICTION OKULAR 227, 228
14, 12 Seiten DIN A 4, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, Preis unbekannt (bitte erfragen).
Bezug: SCIENCE FICTION CLUB NORDRHEIN-WESTFALEN E. V., Irma Leu, Berliner Str. 206, 45144 Essen, E-Mail: Irma.Leu@freenet.de.
Internet: www.cspp.com/sfo/.


Es sind dünne Hefte. Und sie sind schnell ausgelesen. Trotzdem sind sie mir manchmal sympathischer als die dicken, großvolumigen Mitgliederfanzines anderer Clubs.
Und das liegt nicht nur daran, daß in SF-OKULAR 227 der Beweis erbracht wird, daß FK-Rezensionen auch gelesen werden.
Sandra Vockenberg greift eine Bemerkung Dirk van den Booms im FK 119 auf, in der Dirk die wirklich nicht nette Formulierung „Altherren- und Damenverein“ gebrauchte. Aber von Verstimmtheit keine Spur. Sandra fragt sich vielmehr auch, ob die alten Clubs und SF-Vereinigungen überhaupt noch in der Lage sind, sich dem „Strukturwandel des Fandoms“ (wenn das Habermas wüßte…) anzupassen. Ich glaube ja, daß dazu der Wille und vielleicht auch das Vermögen fehlen. Und für mich kann ich behaupten: auch die Notwendigkeit! Es mag ja altbacken wirken, an diesem „Papierdings“ festzuhalten oder endlos Fantasy-Serien nicht zu mögen. Aber warum sollte es uns anders ergehen, als anderen Generationen vor uns. Wir werden zusammen alt werden und uns mit unseren Marotten und Gewohnheiten immer mehr von den nachrückenden Generationen entfernen (selbst wenn wir es lernen sollten, eine SMS zu schreiben oder Bücher auf Monitor zu lesen).
Wenn ich dafür dann solche anregenden und spannenden Beiträge lesen darf, wie den zweiten Teil von Natascha Schlüters „Das alte Testament – Version 6.0“, dann kann mir das Alter der Autorin doch egal sein. Ihre Abhandlung über die Einflüsse von Religion und insbesondere der Bibel auf unser heutiges Leben ist wirklich sehr spannend und informativ – und immerhin gibt es den ganzen Beitrag auch im Internet. Was gibt es da denn noch zu meckern?
Der Schwerpunkt von Band 228 liegt auf einem Bericht über den diesjährigen DortCon. Außerdem werden neuere DVD und Kinofilme vorgestellt. Außerdem beschweren sich Irma Leu und Sandra Vockenberg darüber, daß auf der Homepage des SFCD zwar viele schöne Bilder als Gedenken an Walter Ernsting zu finden sind, aber kaum Text und Informationen zu seinem Leben und Werk. Andererseits gibt es andere Informationsquellen (u. a. eine eigene Homepage). Und die letzte Ausgabe der AN zeigt, daß der SFCD seinen Gönner und Mitbegründer nicht vergessen hat.
Im Gegensatz zur AN, die mich jedesmal mit geballten, endlos aneinandergereihten Informationen erschlägt, ist das SF-OKULAR ein schnelles und einfaches Cluborgan. Nicht mehr und nicht weniger.

Holger Marks, Marburg


XUN 9
68 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 125 Exemplare, 2,90 EUR.
Bezug: Bernd Walter, Michelsbergstr. 14, 74080 Heilbronn, E-Mail: xun@xun- online.de.


Laut Aussage des Chefredakteurs liegen zwischen dieser Ausgabe seines Fanzines und der Vornummer fast zwanzig Jahre. So läßt sich auch ein wenig die nostalgische Aufmachung des Heftes erklären, daß trotz des Einsatzes von moderner Technik erkennbar durch die eingescannten Zeichnungen, durch konsequent benutzten Flattersatz und einen sehr schlichten Linienrahmen, wie er zur Zeiten der Schreibmaschine üblich war, das Heft wie aus einem vergangenen Jahrzehnt hinüber gerettet wirkt.
Ein wenig vertiefen die Geschichten und Gedichte auch diesen Eindruck, weil sie ebenfalls wie aus einer anderen Zeit wirken. Gleich die erste Geschichte „Zeitkreislauf“, die einen Mann in eine Höhle führt, in dem er eine grauenhafte Entdeckung macht und nicht ahnt, was das für ihn bedeutet, erinnert mich an ähnliche Erzählungen, die ich schon vor fünfzehn Jahren las. Ebenso „Sternenschiffe“, in dem es ein Paar nicht lassen kann in ein gerade eben gelandetes Raumschiff zu klettern und die Quittung dafür bekommt.
Mehr zum Horror gehört „Was im Dunklen geschah“, indem ein Ehepaar gerade noch so eben davon kommt, obwohl es seine Nase zu tief in andere Angelegenheiten steckt. „Nebelmond“, „Good Hope“ und „Crystal – Geboren aus Licht“ sind Fortsetzungsgeschichten, in deren Auftakt die Helden erst zusammentreffen oder an den Ort ihres Abenteuers gelangen und damit noch zu wenig passiert, um sich ein Urteil über ihre Güte und ihren Verlauf bilden zu können.
Coverabbildung XUN 9Ergänzt wird das Heft durch einen kurzen Comic von Harry Messerschmidt, naiv nostalgische Gedichte von Klaus T. Brandner und Illustrationen von Harry Messerschmidt, Norbert Reichinger, Thorsten Zentgraf und Olga Hopfauf, die ein mit dem Rückbild korrespondierendes Titelbild geschaffen hat, das durch seine Schlichtheit beeindruckt.
Interessant finde ich auch, daß zwar keine Fantasy-Erzählungen aber Bilder im Heft zu finden sind, von denen eines doppelt ist (Seiten 28 und 55).
Nichtsdestoweniger ist XUN 9 ein kühnes Experiment, in einer Zeit in der Storyzines eigentlich zum Sterben verurteilt sind, und das durchaus eine Chance verdient. Die Geschichten sind durchweg flüssig zu lesen, auch wenn für ältere Leser viele Plots altvertraut erscheinen, die Zusammenstellung der Texte ist jedoch sehr gelungen und bietet für alle Fans der SF und Phantastik, ob nun neu oder schon seit vielen Jahren dabei, etwas. Es bleibt nur abzuwarten, wie sich die Fortsetzungsgeschichten entwickeln werden.

Christel Scheja, Solingen


VON BREMEN NACH CLÜXHAVEN DURCHS DEVON
116 Seiten DIN A 5, Offset, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 7,95 EUR.
Bezug: Frank Neugebauer, Am Bloher Forst 5, 26160 Bad Zwischenahn.
Bankverbindung: Postbank Hamburg (BLZ 200 100 20), Konto 900196201.


Die EDITION SOLAR-X ist in dem ganzen Kleinverlagsboom fast unerkannt geblieben, zumindest hatte ich den Eindruck. Dabei war die Entwicklung doch eigentlich folgerichtig: Als Herausgeber eines der beständigsten bundesdeutschen Fanzines und mit einem Chefredakteur, der zu DDR-Zeiten professionelle schriftstellerische Ambitionen hegte, war der Sprung zur Verlagsgründung nicht weit. Die vorliegende Anthologie des Autors Frank Neugebauer ist der mittlerweile zwölfte Band im Kanon des Kleinverlages und präsentiert das, wofür SOLAR-X eigentlich auch immer berühmt war: Kurzgeschichten.
Fangen wir mit den negativen Kritikpunkten an, die lassen sich auch relativ fix abhaken. Da wäre zum einen die Aufmachung des Bandes, die die einen mit „bieder“, die anderen mit „amateurhaft“ bezeichnen würden. Ein Blick auf die Coverliste am Ende des Buches zeigt: Die anderen sehen auch nicht besser aus. Gerade Kleinverlage in Deutschland haben sich z. T. bei der Covergestaltung im Vergleich zu den großen SF-Publikumsverlagen nichts mehr vorzuwerfen, die EDITION SOLAR-X will sich offenbar entweder nicht von ihren fannischen Wurzeln trennen oder schwelgt in ostalgischen Reminiszenzen, da war die Covergestaltung oft auch nur unterdurchschnittlich. Zum zweiten dann das Vorwort des Autors selbst. Ich mag Vorworte. Sie sind oft das Salz in der Suppe. Die Mischung aus Selbstgefälligkeit und Wichtigtuerei, die aus jeder zweiten Zeile dieses Vorwortes klingt, hätte mir jedoch fast jede Lust an der Lektüre der Stories genommen. Das wäre fatal gewesen, dazu komme ich gleich, aber erwähnt werden muss es.
Ganz anders die „modernen Science Fiction Erzählungen“ (die möglicherweise relevante Erklärung des Begriffs „modern“ findet in besagtem Vorwort übrigens nicht statt). Frank Neugebauer beherrscht die deutsche Sprache, das kann man nicht von allen Autoren sagen. Er kommt mit gewissen stilistischen Herangehensweisen zurecht, die andere Werke ins Verderben führen – die Ich-Perspektive zum Beispiel, die gewisse Herausforderungen bereit hält, an denen nicht wenige scheitern. Frank Neugebauer scheitert keinesfalls, und er schwurbelt auch nicht unnötig, kommt rasch zum Punkt. Er hat Ideen. Die Ausgangsbasis seiner titelgebenden Story alleine ist genug für einen Roman. Seine größte Schwäche ist das Schwelgen in Adjektiven. Da hätte die eine oder andere Streichung gut getan. Satzfolgen wie "Sie verteilten zwischen neunzig und hundertzehn Kilo auf einen rundlichen, sehr festen, gleichfalls stark und stabil unterfütterten Leib. Ihr Gesicht fiel bäurisch, doch unverhärmt aus. Beide Geschlechter hatten entweder warm-seidige schwarze oder tierhaft schöne gelbe Haare." verursachen mir dann doch ein nicht unerhebliches Unbehagen. Da sind ihm die stilistischen Gäule durchgegangen, da wirkt es dann mehr gewollt als gekonnt. Zum Glück täuscht das nicht darüber hinweg, dass sich Frank Neugebauer mit seinen Geschichten offenbar Mühe gemacht hat. Sie wirken durchdacht und gleichzeitig nicht schmerzhaft konstruiert.
Alles in allem eine interessante Publikation eines Autors mit Talent. Jetzt noch eine gefällige Aufmachung, vielleicht von jemandem, der ein wenig Ahnung von sowas hat, und weniger Selbstverliebtheit in der Eigendarstellung, und ich hätte fast nichts mehr zu meckern.

Dirk van den Boom, Saarbrücken


Der FANZINE-KURIER erscheint in der EDITION WHISPERING TIMES.

Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle
Eibenweg 18
49134 Wallenhorst.
E-Mail: armoe@gmx.de.

Preise der Printausgabe: Einzelexemplar 0,60 EUR, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 3,00 EUR (in Briefmarken oder als Verrechnungsscheck). Der FANZINE-KURIER ist außerdem im PRBCBS im Interesseabo oder im Fanzinetausch zu beziehen.

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dirk van den Boom, Thomas Harbach, Holger Marks, Clemens Nissen s. ps., Irene Salzmann, Richard Salzmann, Christel Scheja.
Auflage der Printausgabe: 100 Exemplare. 

Für Rezensionsexemplare sind wir stets sehr dankbar!
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