Online
122

März 2005

Werte Leserinnen und Leser,
die inhaltlichen Schwerpunkte im FANZINE-KURIER setzen sich meist von selbst, ohne Einflußnahme des Redakteurs und Herausgebers. In dieser Ausgabe fallen die Rezensionen über die Publikationen des SFC STARDRAGONS bereits wegen ihrer Anzahl auf und machen außerdem deutlich, daß manche Fanzines offenbar schneller erscheinen als die FK-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sie besprechen können... In der Tat ist es schwierig, eine Rezension noch in der kommenden FK-Ausgabe zu veröffentlichen, wenn die Publikation erst in den letzten Wochen vor dem Redaktionsschluß eintrifft. Ich bitte um Verständnis.
Für den FK 123 sind Besprechungen über VON BREMEN NACH CLÜXHAVEN DURCHS DEVON, ÜBERSCHUSS, PERRY RHODAN FAN-EDITION 10: TATORT IMPERIUM ALPHA, SCIENCE FICTION OKULAR 227 u. a. vorgesehen.
Viele Grüße
Armin Möhle



FUTURE MAGIC 45
HORROR 31: JENSEITS DER FINSTERNIS
SCHATTENSEITEN
RETTUNGSKREUZER IKARUS 21: PUTSCH DER HEILIGEN
PHANTASTISCH! 17
DER BARDE 7 – 1. TEIL
SCIENCE FICTION OKULAR 225, 226
EXODUS 16
PALADIN 150/THYMIAN VON RAPUNZEL 3/THUNDERYEAR 2004
INTERN 248
KJARTAN DER VITLÄNDER
FUTURE MAGIC 46
 



FUTURE MAGIC 45
90 Seiten DIN A 4, Kopie, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 5,00 EUR, 4er-Abonnement 17,00 EUR.
Bezug: SFC STARDRAGONS, Eva Kalvoda, Kundratsstr. 20/8/25, A-1100 Wien, E-Mail: kills_first@utanet.at.
Bankverbindung: PSK (BLZ 60000), Konto 77510891, lautend auf Andreas Leder.


FUTURE MAGIC ist das regelmäßige Fanzine eines österreichischen Vereins. Im Editorial heißt es zwar, es widme sich dem phantastischen Genre in all seinen Erscheinungsformen, jedoch sind alle Stories des vorliegenden Heftes der Fantasy zuzuordnen.
32 Seiten nimmt allein schon die Geschichte "Der unsichtbare Mann" ein. Susanne Stahr entführt den Leser in eine mittelalterliche Welt, angereichert mit fiktiven rivalisierenden Völkern, Magiern und einem Vater/Sohn-Konflikt.
Weitere elf Seiten steuerte sie mit dem fünften Teil ihrer Fortsetzungsgeschichte "Fieber" bei, die in einer ganz ähnlichen Szenerie spielt.
Im Detail findet man immer wieder gute Ideen; die verspielte Erzählweise und die recht konventionelle Handlungsführung sind allerdings auf ein Fantasy-Publikum zugeschnitten.
Dies gilt auch für Fred H. Schütz’ "Mann im Mond" sowie Eva Kalodas "Der unbegabte Powda" und "Koboldgeschichten". Jene Stories sind zwar nicht auf eine quasi-mittelalterliche Welt fixiert, aber ebenso verträumt, sei es in der Schilderung von Mond- und anderen Mythen, in der erzählerischen Perspektive eines Kobolds oder der eines typischen Gremlins, der – nach Art seiner Sippe – in technischen Geräten haust.
Die 60 Seiten Stories in FUTURE MAGIC 45 wird nur der wirklich genießen können, der ein Faible für die Fantasy hat.
Dass dort das Herz des SFC STARDRAGONS schlägt, zeigt Fred H. Schütz auch in seinem Artikel "Magie – und die Grenzen der Wissenschaft". Er will die "Science" in unserer Weltanschauung zurückdrängen. Liest man nun noch seine Ausführungen in "Tohuwabohu" zur Rechtschreibreform, so könnte man meinen, dieser SFC wäre völlig fortschrittsfeindlich (immerhin reden sich die Mitglieder als "Drachen" an!) – ein Eindruck, der aber nicht gerechtfertigt ist.
Ein besonderes Highlight für SF-Fans in FUTURE MAGIC Nr. 45 bildet Werner Höbarts Interview mit Alfred Kelsner. Obschon kurz gehalten, fesselt es sicherlich PR-Leser in besonderem Maße und dürfte vielen – auch mit kritischen Bemerkungen zur Serie – aus der Seele sprechen.
Ebenso bemerkenswert fällt die Filmkritik zu LUTHER aus. Die Würdigung ist eingehend, eine zweiseitige Chronologie der realen geschichtlichen Abläufe schließt sich an.
Gleichfalls zu empfehlen sind die populärwissenschaftlichen Kurzbeiträge und die Besprechung der Komödie TRAUMSCHIFF SURPRISE.
Nicht Fantasy-Begeisterte hätten sich für FUTURE MAGIC 45 wohl ein größeres Schwergewicht auf Sachbeiträgen gewünscht. Fans kommen vermutlich im ganzen Zine auf ihre Kosten.

Clemens Nissen s. ps., Schortens


HORROR 31: JENSEITS DER FINSTERNIS
76 Seiten DIN A 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 5,00 EUR.
Bezug: Hary-Production, Waldwiesenstr. 22, D-66538 Neunkirchen, E-Mail: wah@HaryPro.de.
Internet: www.HaryPro.de.


Manchmal habe ich den Eindruck, ich mache das hier schon viel zu lange! Immer öfter ertappe ich mich bei dem Gedanken, einfach ein paar Zeilen aus früheren Rezensionen zu nehmen, um sie zu einer neuen zusammen zu fügen – und selbst das ist kein neuer Gedanke mehr.
Mein Verhältnis zur landläufig als Horror titulierten Literaturrichtung habe ich hier ebenfalls bereits mehrfach kundgetan. Meine Rezension der sechs Horrorgeschichten von Markus Kastenholz, die sich in diesem Band versammeln, kann also nur so ausgewogen sein, wie der Bericht eines vegetarischen Gourmets über einen Abend im Steak-Restaurant…
Markus Kastenholz ist kein Vertreter der leisen, sanften Töne. Aber er ist ein sehr versierter und routinierter Autor der durchaus der lyrischen Beschreibung fähig ist.
Das zeigt er besonders bei den beiden Geschichten "Nocturno I" und "Nocturno II", die die anderen Erzählungen des Bandes einrahmen. Es sind beides Erzählungen, die ohne große Handlung auskommen. Es sind lyrische, teils etwas verklärende Betrachtungen über die Nacht. Im ersten Teil schildert die Protagonistin Cassandra ihr nächtliches Leben, das sich wohltuend vom eintönigen von Arbeitsfron bestimmten Leben der Tagmenschen unterscheidet. Eine Lobpreisung der Nacht, deren Reiz zum Schluß durch ein drastisches Ende etwas verdorben wird. Denn natürlich ist es genauso wie wir es vermutet haben und ein weiterer "Nachtschwärmer" nimmt ein blutiges Ende.
Der zweite Teil des lyrischen Nachtstückes könnte fast autobiographische Züge tragen. Diesmal trifft die schon bekannte Cassandra nachts auf einen Hobbyautor, aus dessen Sicht das Ereignis auch geschildert wird. Die Story endet wesentlich versöhnlicher. Anstelle von Blut kommt diesmal ein anderes Symbol des Vampirismus zum tragen…Viel beeindruckender als diese Begegnung, die nur einen kleinen Teil der Geschichte ausmacht, sind die Überlegungen und Schilderungen des Erzählers über seine Heimatregion, dem Rheingau. Markus Kastenholz entwickelt ein breites geschichtliches und kulturhistorisches Panorama, das man in dieser Form nicht erwarten würde.
Die weiteren Geschichten in diesem Band funktionieren überwiegend nach dem gleichen Muster. Markus entwirft sehr sorgfältig und oft mit sozialkritischem Hintergrund ein Konfliktszenario. Und immer läuft es auf ein drastisches und blutiges Ende hinaus. Das mag manchmal seine Berechtigung haben, wie z. B. in "Der Bock". Die von Wut und Hass zur Selbstjustiz getriebenen Bürger begehen einen schrecklichen Irrtum, der der Geschichte seine Tragik gibt. In "Mea maxima culpa" wird ein Kirchenmann von einer blonden Schönheit verführt und verliert schließlich auf drastische Weise sein Leben. Ohne die Bluttat hätte die Story allerdings auch funktioniert. Manchmal kommt Markus ganz ohne phantastische Elemente aus, wie z. B. in "Blutmond" oder in "Mein süßer Engel".
Man kann zu diesem Genre stehen wie man will, eines ist auf alle Fälle nicht zu übersehen. Markus Kastenholz erzählt gekonnt, stilistisch sauber und mit allerhand sprachlichem Geschick und Erfindungsgeist (so z. B. wenn das Bier spautzend aus der Dose spritzt. Ein Wort, das ich in meinem Duden nicht gefunden habe.)
Das Urteil des Möchtegernvegetariers: durchaus verdauliche Kost die nur manchmal etwas Magendrücken verursacht.

Holger Marks, Marburg


SCHATTENSEITEN
226 Seiten, Taschenbuch, Offset, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 12,00 EUR.
Bezug: Web-Site-Verlag, Glinder Str. 2, 27432 Ebersdorf, E-Mail: kontakt@web-site-verlag.de.
Internet: www.Web-Site-Buecher.de.


Anders als der Titel des Taschenbuches zunächst vermuten läßt ist dies keine Sammlung von phantastischen Erzählungen aus dem Horror-Genre, sondern eine waschechte Krimi-Anthologie. Die insgesamt 16 Autoren und Erzählungen beschäftigen sich auf die ein oder andere Art mit Mord oder Totschlag oder den Niederungen der menschlichen Psyche. Andere Verbrechen kommen quasi kaum zum Tragen, denn Kapitalverbrechen sind wohl immer noch das, was Autoren und Leser gleichermaßen am meisten fesselt.
Man findet viele Spielarten des Genres. Das fängt mit einer klassischen Cop-Geschichte an, wie der von Inspektor Visconti, dem es endlich gelingt einem Serienmörder auf die Spur zu kommen, wenngleich ihm das schwere Gewissenskonflikte bereitet, und wird gefolgt von dem Psychogramm eines Gattenmörders in "Julia" und dem Versuch einen Mord in "Meine Freundin Suse" zu vertuschen.
Als ausführlicher und spannender Historienkrimi entpuppt sich "Mordbrand". Benedikt von Luchtenberg, königlicher Sendgraf für Heinsberg wird mit einem schweren Fall von Brandstiftung konfrontiert. Der Fall wird noch schwieriger, da eine in den Trümmern des Gutshauses gefundene Toten ein Messer mit dem Wappen der Grafen von Heinsberg in der Brust stecken hat. Nicht nur, daß Benedikt dabei einen Mann verdächtigen muß, den er als langjährigen Freund betrachtet, er sticht auch damit auch in ein Wespennest von Intrigen und Verflechtungen in einem kleinen Dorf am Niederrhein. Und der einfach erscheinende Fall wird zu einer Nerven- und Geduldsprobe.
Etwas phantastischer geht es in "Lykantrophulus" und "Die Seelenkamera" zu, in der das Übernatürliche durch Verwandlung oder eine Kamera mit besonderen Eigenschaften eine tragende Rolle für Täter oder Opfer spielt, aber nicht zu dominant wird.
Insgesamt bietet SCHATTENSEITEN eine große Vielfalt an Geschichten, die sich mal mehr mal weniger von den gängigen Klischees des Genres lösen und dem Thema eine neue Facette abgewinnen können.
Zwar ist keine frei von altbekannten Verhaltensmustern, aber sie sind allesamt unterhaltsam, vor allem oben genannten Geschichten wissen entweder durch interessante Charakterzeichnung oder Spannung zu überzeugen.
Man darf jedenfalls auf weitere Sammlungen der Leselupen-Bücherei gespannt sein.

Christel Scheja, Solingen


RETTUNGSKREUZER IKARUS 21: PUTSCH DER HEILIGEN
116 Seiten DIN A 5, Offset, Klebebindung.
Auflage: unbekannt, 6,90 EUR.
Bezug: Roman-Truhe Buchversand, Röntgenstr. 79, 50169 Kerpen.
Internet: www.rettungskreuzer-ikarus.de.


PUTSCH DER HEILIGEN ist die direkte Fortsetzung von SANKT SALUSA, beide verfaßt von Dirk van den Boom. Wir erinnern uns: In SANKT SALUSA suchten der Captain der IKARUS, Sentenza, seine Chefin McLennane, und, als einziges Besatzungsmitglied des Rettungskreuzer, der Pentakka Thorpa Sankt Salusa auf, die Hauptwelt der Galaktischen Kirche (über deren "Theologie" ich mich bereits in meiner Rezension über SANKT SALUSA ausgelassen habe). Sie erfuhren die Hintergründe des Konfliktes zwischen den Outsidern und den übrigen Spezies der Galaxis.
Coverabbildung RETTUNGSKREUZER IKARUS 21Der Cliffhanger am Ende von SANKT SALUSA ist ein Attentat auf das Transmittersystem der Galaktischen Kirche, das Sentenza und seine Begleiter (zu denen im Laufe der Handlung von SANKT SALUSA auch der stellvertretende Erzprior und der Sicherheitschef der Galaktischen Kirche gestoßen sind) auf einem unbekannten, abgelegenen, staubigen und zumindest technisch primitiven Planeten namens Tersi stranden läßt.
Sentenza & Co. geraten hinein in den kriegerischen Konflikt zwischen der "Amtskirche" Tersis, einem Ableger der Galaktischen Kirche, der sich im Laufe jahrhundertelanger Isolation entwickelt hat, und den sogenannten Ketzern. Der Konflikt ist freilich ein politischer und kein religiöser, was nicht überrascht, da ja bereits die Galaktische Kirche keine Theologie im klassischen Sinn hat... Sentenza und seine Begleiter verbünden sich mit den Herrschern Tersi, reisen in die Hauptstadt Jenangar, in der sie weitere Kämpfe mit ihren Widersachern überstehen müssen. Parallel setzt der Ursurpator Prior Decorian auf Sankt Salusa sein Werk fort.
PUTSCH DER HEILIGEN ist ein nahezu konventionelles Abenteuer im RETTUNGSKREUZER IKARUS-Universum. Während Sentenza und die übrige Besatzung der IKARUS – pardon, diesmal nur ein Teil davon – in Kämpfe verstrickt sind, schreitet die Invasion der Galaxis durch die Outsider und ihre Verbündeten voran, ohne daß die Protagonisten sie aufhalten können, was in der Serie bislang selten war. Dem Autor gelingen außerdem einige amüsante Szene, beispielsweise, als er den baumähnlichen Pentakka Thorpa in einer Art von Ritterturnier antreten läßt... Als Deus ex machina tritt freilich der geheimnisvolle Lear auf, von dem offenbart wird, daß sein Lebenszweck der Kampf gegen die Outsider ist, seine Macht jedoch zu schwinden beginnt. Lear schickt das Schwesterschiff der IKARUS, die PHÖNIX, nach Tersi, wo sie Sentenza & Co. aus einer prekären Lage befreit und in die bekannten Gefilde der Galaxis zurückbringt.
Dieser Kunstgriff wäre nicht unbedingt nötig gewesen, denn die Kirche Tersis hütet Technologie aus der Zeit vor der "Großen Stille" (dem Zusammenbruch überlichtschneller Raumfahrt und Kommunikation), wozu auch ein Hyperfunkgerät gehört. Sentenza hätte es lediglich wieder in Betrieb setzen müssen (eine Energiequelle steht in Form von Sonnenkollektoren zur Verfügung). Aber das hätte bedeutet, daß die Ketzer zum einen in Jenangar eingedrungen wären und der Exposé-Redakteur Sentenza & Co. vielleicht erst im übernächsten Band der RETTUNGSKREUZER IKARUS-Serie auf die galaktische Bühne hätte zurückschicken können.

Armin Möhle, Wallenhorst


PHANTASTISCH! 17
68 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 1.200 Exemplare, 4,90 EUR, 4er-Abonnement 17,00 EUR.
Bezug: Verlag Achim Havemann, Harlingen 119, 29456 Hitzacker.
Internet: www.phantastisch.net.


Auch diese Ausgabe schmückt sich mit großen und bekannten Namen. Herbert W. Franke, Cornelia Funke, Barbara Slawig, Andreas Eschbach und einige mehr werden schon auf dem nicht ganz gelungenen Cover von David von Bassewitz genannt. Im Inneren finden sich weitere.
Bekannte Namen sind wohl eine Voraussetzung für den Erfolg eines Magazins, ob es sich nun mit dem phantastischen Sujet beschäftigt oder mit Süßwasserfischen des südamerikanischen Amazonasbeckens. Im Gegensatz zu Letzterem muß ein SF-Magazin aber ein sehr viel breiteres Themenspektrum abdecken, um für möglichst viele Leser interessant und kaufenswert zu sein. Phantastisch gelingt das immer wieder in mustergültiger Manier. Diese Ausgabe ist ein gutes Beispiel dafür. Nahezu alle Aspekte des phantastischen Genres werden bedacht.
Es beginnt gleich mit einem Altmeister. Uwe Anton beschäftigt sich in zwei längeren Beiträgen mit Philip K. Dick und seinen Epigonen. Er stellt sehr ausführlich und wie man es von ihm erwarten darf sehr kenntnisreich nicht so bekannte Werke des amerikanischen Kultautoren vor, sowie Biographien, für den Schulunterricht bearbeitete Texte, Computerspiele aus dem Dickschen Universum und vieles weitere. In einem weiteren Artikel erläutert er ausführlich K. W. Jeters Fortführung der Abenteuer um den Replikantenjäger Rick Deckard.
Auch Nicole Rensmann beschäftigt sich mit ihrer Lieblingsdisziplin. Gleich drei Interviews von ihr mit bekannten Vertretern der Zunft sind in dieser Ausgabe abgedruckt. Zum Zuge kommen Friedel Wahren, die seit 2001 für die Fantasy-Reihe bei Piper verantwortlich zeichnet, die bekannte Jugendbuchautorin Cornelia Funke und – sicherlich Highlight der Ausgabe – der Altmeister der deutschen Science Fiction: Herbert W. Franke. Ein Interview von Andreas Nordiek mit dem Verlagsgründer Frank Festa komplettiert den Interviewreigen.
Die Interviews sind allesamt informativ und vor allem ausführlich. Sie beschränken sich nie auf nur einen Aspekt, sondern sind bemüht den ganzen Menschen zu zeigen. So erfahren wir natürlich etwas über die Leidenschaft Herbert W. Frankes für die Höhlenforschung, können uns ein leichtes Grinsen kaum verkneifen, wenn Friedel Wahren gesteht, einmal gerne in die Rolle Conan des Barbaren schlüpfen zu wollen oder das Cornelia Funkes Kinder aufgrund der Bekanntheit ihrer Mutter den Film-Set eines HARRY POTTER-Filmes besuchen durften.
Eines zeichnet fast alle Beiträge aus: Ausführlichkeit. Ob es nun das Autorenporträt Robert E Howards von Alexander Pechmann ist, Achim Schnurrer den fast vergessenen argentinischen Autor Leopold Lugones aus der Versenkung hervorholt, Bernd Frenz die Comic-Reihe MENSCHENBLUT vorstellt oder Klaus N. Frick aus kleinen deutschen Verlagen berichtet. Alle Beiträge sind umfassend geschrieben: eben ausführlich. Das gilt selbst für die im ganzen Heft verstreuten Rezensionen aktueller Romane, die immer wesentlich mehr sind als nur ein kurzer Lesetip. Die ausführlichen Beiträge lassen die Seiten allerdings oft wie eine Bleiwüste aussehen. Dazu die kleine Schrift. Alles das deutet darauf hin, daß sich PHANTASTISCH! eher an einen erfahrenen, sachverständigen Lesekreis richtet als an ein breiteres Massenpublikum.
Horror- und Mystery-Serien haben gerade Konjunktur, die Fantasy boomt geradezu, während gute Science Fiction abseits der bekannten Serien leider wenig vertreten ist. Trotzdem ist die Zeit vielleicht reif für einen neuen Versuch, ein solides und professionell gemachtes Magazin für phantastische Literatur auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt zu etablieren. PHANTASTISCH! hätte sicherlich das Potential dazu. Die Kompetenz der Mitarbeiter und das breite Themenspektrum sprechen für sich. Ob der Verlag allerdings das finanzielle Stehvermögen hat? An diesem Scheidepunkt standen schon viele. Meist führte der Weg zurück zu bescheideneren Ansprüchen (siehe SAGITTARIUS) oder zu anderen Publikationsformen (wie bei ALIEN CONTACT).
Ich fände es schade, wenn es PHANTASTISCH! genauso ergehen würde. Ein anderes Medium das in dieser Breite und mit dieser Kompetenz das Genre abdeckt kenne ich zumindest außerhalb des Internets nicht. Und als erklärter Fan der papierenen Form möchte ich noch viele weitere Ausgaben lesen.

Holger Marks, Marburg


DER BARDE 7 – 1. TEIL
246 Seiten DIN A 4, Kopie, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 6,00 EUR.
Bezug: SFC STARDRAGONS, Eva Kalvoda, Kundratsstr. 20/8/25, A-1100 Wien, E-Mail: kills_first@utanet.at.
Bankverbindung: PSK (BLZ 60000), Konto 77510891, lautend auf Andreas Leder.


Sharon Shape und Ross Weldon waren eines der Top-Teams der ParaNormal Agency – bis sich die beiden in einander verliebten. Da Beziehungen zwischen Agenten eines Teams nicht toleriert werden, wurden ihnen neue Partner zugeteilt. Sharon hat nun das zweifelhafte Vergnügen, mit dem exzentrischen Tecumseh Cloud arbeiten zu müssen. Der Koasati mit dem Spitznamen Puma hat noch jeden seiner Partner binnen kürzester Zeit in die Verzweiflung, wenn nicht gar ins Sanatorium getrieben.
Obwohl zwei Welten kollidieren – auf der einen Seite die realistische Historikerin, auf der anderen der spirituell veranlagte Schamane –, freunden sich die beiden an und stellen bald fest, dass sie sich hervorragend ergänzen. Sharon weiß, wie sie Cloud anzupacken hat und lässt sich auch nicht von seinen merkwürdigen Verhaltensweisen aus der Ruhe bringen. Ihr Lover Ross ist davon gar nicht begeistert...
Coverabbildung DER BARDE 7Gemeinsam recherchieren Sharon und Cloud in paranormalen Fällen: Fallen Schoßtiere ohne ersichtlichen Grund ihre Besitzer an, erscheinen Gesichter im Mauerwerk, treiben Poltergeister ihr Unwesen, dann werden die PNA-Agenten gerufen.
Zweifellos stand AKTE X Pate für diese Serie aus 24 Kurzgeschichten (die ihre Fortsetzung in einem zweiten Band erfahren soll) von Susanne Stahr. Nicht nur ist die realistische, korrekte Sharon Shape ein Spiegelbild von Dana Scully, auch der chaotische Tecumseh Cloud erinnert mit seinen Reiskeksen an Fox Mulder, der so gern Sonnenblumenkerne knabbert. Selbst das Verhältnis von Susanne Stahrs Charakteren zueinander bietet viele Parallelen; die beiden dürfen flirten, aber mehr ist nicht erlaubt, da sonst ‚das gewisse "Etwas" weg wäre. Überdies sind Sharon und Cloud bereits in festen Händen (was jedoch nichts bedeuten muss, schließlich werden weitere Abenteuer folgen...), was verdeutlicht, dass die Autorin keine Love-Stories schreiben will, sondern die Fälle der PNA und Action im Mittelpunkt stehen.
Die Episoden folgen bekannten Schemata, die man aus TV- und Romanserien kennt. Entweder beginnt die Handlung im Büro mit der Skizzierung des neuen Falls und einigen Scherzen zwischen den Agenten oder einem Reißer, der auf das Folgende neugierig machen soll. Der Mittelteil konzentriert sich auf die Recherche, bei der Cloud seine eigentümlichen Methoden pflegt und beiden Agenten nicht selten Steine in den Weg gelegt werden von jenen, denen sie eigentlich helfen wollen. Auch die übersinnlichen Phänomene werden hier ausführlich beschrieben, wenngleich nicht immer restlos erklärt – ebenfalls ein Trick, der beim großen Vorbild abgeschaut wurde, denn so wird dem Leser erlaubt, selbst noch ein wenig zu spekulieren. Das Ende liefert die Auflösung des Problems und oft eine humorige Szene.
Gewürzt werden die spannenden Fälle mit den Marotten der Figuren und ihren kleinen Kabbeleien. Obwohl Sharon und Cloud sympathisch sind und die ausführlich beschriebenen Rituale und Phänomene faszinieren, vermisst man, dass die Charaktere auf Grund ihres wachsenden Erfahrungsschatzes auch einmal anders an einen Auftrag heran gehen, sich weiter entwickeln, durch einschneidende Erlebnisse geprägt werden und sich als Kollegen näher kommen. Die Beziehung der beiden hat einen festen Status, der nicht verändert wird, nicht einmal durch die Geburt von Clouds Tochter und die Auflösung des Rätsels um seine Flugangst. Hier wünscht man sich als Leser doch etwas mehr Tiefgang und überraschende Wendungen.
Fast 250 Seiten bieten ein langes Lesevergnügen, das für 6 EUR obendrein sehr günstig ist – wo bekommt man heute noch ein dickeres Taschenbuch zu diesem Preis? Da die Episoden von einander unabhängig sind, kann man sich die Lektüre häppchenweise zu Gemüte führen. Der Stil der Autorin ist flüssig und routiniert, daher sehr angenehm zu lesen. Aufgelockert wird die Bleiwüste durch passende Illustrationen von Michael Wittmann, der auch das farbige Cover zeichnete, auf dem die beiden Hauptfiguren abgebildet sind.
Das Vorwort verrät, dass Susanne Stahr sehr viel Hintergrundarbeit geleistet hat, was man den Geschichten auch anmerkt. Wer Mystery im Stil von AKTE X schätzt, bekommt mit DER BARDE 7 eine unterhaltsame Lektüre geboten, die über mehrere Stunden fesseln kann.

Irene Salzmann, Kranzberg


SCIENCE FICTION OKULAR 225, 226
16, 16 Seiten DIN A 4, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, Preis unbekannt (bitte erfragen).
Bezug: SCIENCE FICTION CLUB NORDRHEIN-WESTFALEN E. V., Irma Leu, Berliner Str. 206, 45144 Essen, E-Mail: Irma.Leu@freenet.de.
Internet:
www.cspp.com/sfo/.

Wie fast jeder Club gibt auch der SCIENCE FICTION CLUB NRW ein überwiegend monatlich erscheinendes Fanzine heraus, um seine Mitglieder zu informieren und ihnen eine Plattform für Veröffentlichungen zu geben. Das Format ist zwar auffallend archaisch aber problemlos überall schnell und ohne Aufwand nachzukopieren und zu heften, wenn es notwendig sein sollte.
Neben üblichen clubinternen Informationen und Rückblicken auf frühere Treffen und die Geschichte des SFC NRW beschäftigen sich die Artikel und Rezensionen mit den verschiedensten Themen in der SF. So mit der Sonde Huygens oder mit dem Film ALIENS VS. PREDATOR. Arno Behrend stellt sich und seine bisher erschienenen Werke kurz vor und verspricht eine Lesung, Irma Leu blickt auf die SF-Szene in Kroatien zurück oder beschäftigt sich mit der Frage ob SF und Theater zusammen passen.
Interessant und in beiden Ausgaben zu finden ist "Das alte Testament-Version 6.0", in der Natascha Schlüter verschiedene Inhalte des neuen Testamentes mit Kenntnissen aus Medizin, (Kultur-) Geschichte und anderen Wissenschaften den Menschen, die Gesellschaft und Entwicklungsprozesse betreffend, vergleicht. Das beginnt mit Adams langem Leben, geht über die Zeugungserkenntnis und den Baum der Erkenntnis bis hin zu dem Turmbau zu Babel oder Josephs Weg in die Sklaverei und ist sehr spannend zu lesen. Dem Leser ist selbst überlassen, ob er die Gedankengänge fortführen will.
Insgesamt ist das SF-OKULAR weniger ein Fanzine, daß sich an jeden interessierten SF-Fan wendet, da es zu wenig Inhalt für eine Ausgabe besitzt, sondern eher ein regelmäßiger Newsletter des Clubs, der überwiegend für die Mitglieder interessant ist und für diejenigen, die an einem Beitritt interessiert sind.

Christel Scheja, Solingen


EXODUS 16
64 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 200 Exemplare, 5,00 EUR, 2er-Abonnement 9,00 EUR, 3er-Abonnemnt 13,00 EUR.
Bezug: René Moreau, Schillingsstr. 259, 52355 Düren, E-Mail: kontakt@sfflohmarkt.de.
Bankverbindung: Postbank Köln (BLZ 370 100 50), Konto 2851 70-505.
Internet: www.sfflohmarkt.de.


Die Retro-Welle rollt weiter. Und gewinnt an Macht. Ähnlich einer Lawine zerrt sie immer mehr längst verschüttet und vergessen Geglaubtes ans Tageslicht. So kann René Moreau in der dritten Ausgabe nach dem Neubeginn wieder mit altbekannten Namen aufwarten, deren Klang einst mehr als vertraut war.
Horst Hoffmann ist natürlich seit den achtziger Jahren nicht wirklich untätig gewesen. Das kann man gewiß nicht sagen. Trotzdem ist es für den EXODUS-Herausgeber eine besondere Freude, ihn für eine Mitarbeit gewonnen zu haben. Gleich mit vier Beiträgen ist er vertreten, zwei Stories und zwei Grafiken. Während die beiden Zeichnungen gegenüber der zugegeben übermächtigen Konkurrenz von Thomas Franke (dazu später mehr) und Thomas Hofmann etwas abfallen.
Coverabbildung EXODUS 16Von den beiden Kurzgeschichten überzeugte mich allerdings auch nur eine vollends. "Das Ei des Servatius" ist eine klassische Mad Scientist-Geschichte mit ironisch-satirischem Unterton, die mir sehr gut gefallen hat und die man auch als Beitrag zur aktuellen Gentechnikdebatte interpretieren könnte. Muß man aber nicht. "Heimkehr" ist mir dagegen etwas zu altbacken. Die Menschen kehren heim zur Sonne, die ihnen das Leben geschenkt hat. Das ganze ist natürlich routiniert umgesetzt und es dauert sogar eine Weile, bis man merkt, worauf es hinausläuft, aber ein Augenzwinkern fehlt. Zu ernst, zuviel Öko-Idealismus oder Erleuchtungsideologie.
Auch Axel Kruse steuert zwei kurze Geschichten bei. In "Radius" schildert er die Nöte eines alten Mannes, dessen Bewegungsradius auf unerklärliche Weise immer weiter eingeschränkt wird. Nach den Fernreisen ist es irgendwann der Weg zur Bushaltestelle, der nicht mehr möglich ist, bis es schließlich die Zimmertür die Grenze darstellt. Vielleicht schreibt das alternde Fandom jetzt schon Allegorien auf seine Situation. Vielleicht kann man die Story aber auch einfach so für sich stehen lassen. "Herr Ofa" hat dagegen ganz andere Probleme. Der Erstkontakt mit einem Alien im Finanzamt! Das ist eine nette Idee, die den deutschen Regelungswahn ein wenig ad absurdum führt.
Auch Michael Tillmann wirkt mit "Der Pförtner" eher satirisch. Sein Held heißt zufällig Tom Sinnleer und ist Geisterjäger! Mit einer Entspannungsübung bringt er schließlich das Gespenst dazu sich aufzulösen. Die Geschichte erschien zuerst 2000 in SOLAR-X 124, paßt sich hier aber in den Reigen der vorzüglichen Geschichten gut ein.
Überhaupt gibt es in dieser Ausgabe keine Ausreißer. Jede Geschichte – abseits des persönlichen Geschmackes – ist ein ausgearbeitetes Stück Phantastik, das mit Recht seinen Weg in diese EXODUS-Ausgabe gefunden hat. Insofern fällt es schwer, wirklich Herausragendes herauszugreifen. Sicherlich könnte man noch Klaus N. Frick "Die Rhein-Linie" erwähnen, wesentlich verständlicher diesmal als sein Beitrag in der letzten Ausgabe, oder die von persönlichen Erfahrungen geprägte kleine Story von Kurt S. Denkena "Als Roland E einen SF-Heftroman klaute….". Manfred Borchard ist wieder dabei. Markus K. Korb, Bernd Karwath, Frank Neugebauer und Heinz Wipperfürth, der eine Kurzgeschichte aus seinem "Gedd-Zyklus" beisteuert. Und auch Pierangelo Boog taucht wieder auf: mit einem Leserbrief und einer Grafik.
Wenn es also – um dem dialektischen Grundbedürfnis eines in den achtziger Jahre be/geschulten Rezensenten nachkommen zu dürfen – wirklich Herausragendes an dieser Ausgabe gibt: dann sind es die Grafiken: Nicht nur die sehr schönen, detaillierten Schwarzweißzeichnungen von Thomas Hofmann – extra als Illustration für die Geschichten angefertigt – sondern besonders die sechs Grafiken von Thomas Franke sind ein Hammer. Neben dem Front- und Backcover gestaltete der vielseitige Künstler eine mehrseitige "Galerie" im Inneren des Heftes (auch eine Einrichtung, die man heute nur noch selten sieht, die aber fortgeführt werden soll). Erstmals bekommt man so aktuelle Arbeiten Frankes zu sehen, aus denen irgendwann einmal – so das Vorwort – ein "Collagen-Marsroman" werden soll. Die Grafiken zeigen eine seltsame Mischung aus Technik und Personen der Biedermeier- bzw. Rokoko-Zeit. Und das eine oder andere Tier ist auch dabei…Man kann sich natürlich fragen, wie eine solche Kombination zu einem Marsroman passen soll; die hohe Perfektion des Künstlers, die Detailfreude der Studien und die lebensechte Wiedergabe seiner Motive kann man dagegen nicht übersehen.
Zum traurigen Schluß gibt es dann noch einen ausführlichen Nachruf auf Rainer Zubeil, inklusive zwei Gedichte des Verstorbenen aus den siebziger Jahren.
EXODUS mag sich als Amateurzeitschrift verstehen. Die Qualität der Beiträge ist aber alles andere als amateurhaft. Unbedingt lesens- und fortsetzungswürdig!

Holger Marks, Marburg


PALADIN 150
56 Seiten DIN A 5, Digitaldruck, Mittelheftung.
Auflage: 35 Exemplare, 4,50 EUR.
THYMIAN VON RAPUNZEL 3: DIE VAMPIRE VON GRUENTAL
20 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, Preis unbekannt (bitte erfragen).
THUNDERYEAR 2004
24 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 2,00 EUR.
Bezug: FUNTASY-CLUB THUNDERBOLT N. E. V., Theo Klein, Beckingsbusch 20 b, 59368 Werne, E-Mail: TheoKlein@web.de.
Internet: www.thunderbolt.de.


Ich schäme mich.
Ich schäme mich deswegen, weil die Lektüre von PALADIN 150 mich an ein böses Versäumnis erinnert hat: Hat sich doch Uwe Post dereinst bei mir gemeldet, damals, und mich um so etwas wie eine Grußbotschaft für die Jubiausgabe des Fanzines des SFC THUNDERBOLT gebeten. Ich hatte ihm sowas, glaube ich, dann auch versprochen, aber dann leider vergessen. Das Alter fordert seinen Tribut auf unterschiedliche Art und Weise: Bei denen einen ist es das Haar, bei den anderen das Erinnerungsvermögen. Also, ich schäme mich.
Trotzdem, das Durchblättern der drei vorliegenden Fanzines weckt sowohl nostalgische Erinnerungen in mir – ich wurde sogar mit einem denkwürdigen Zitat namentlich erwähnt – als auch ein gewisse Trauer über vergangene Freuden. Die Clubzines des THUNDERBOLT wirken jetzt zunehmend geleckt, wie alle modernen Fanzines, und doch fühle ich dann tief in mir die Sehnsucht nach stinkenden Spiritus-Carbon-Umdruckmatritzen, einem lärmenden Umdrucker, Fehldrucken, die den herben Geruch von zuviel Spiritus ausströmen und lila Flecken an Kleidung, Händen und Stirn (man musste sich ja auch mal den Schweiß von der Stirn wischen). Diese Zeiten sind für immer vorbei, und so ist die Lektüre von Thundozines gleichzeitig ein Abgesang an meine eigene Jugend im Fandom. Das macht sich Wehmut breit.
Coverabbildung PALADIN 150Erst recht, wenn man, wie in PAL 150, sehr viel zurück blickt, vor allem in die gute alte Zeit. Und ja, es war eine gute alte Zeit, und viele der Namen von damals sind von den Fans heute vergessen. Was geblieben ist, ist der Hang zum Klamauk und zum launigen Spaß. Das zieht sich auch wie ein roter Faden nicht nur durch die Berichte und Artikel in PAL 150 – viele davon im Tagebuchstil, einige Wiedergaben aus Weblogs –, sondern natürlich auch durch die endlosen Klamaukserien des Clubs. Der legendäre MARC O'POPEL steht da an erster Stelle, das war mal der Mercedes unter den Klamaukserien. THYMIAN VON RAPUNZEL liest sich im Vergleich zur anarchistischen Rücksichtslosigkeit der frühen Achtziger ausgesprochen bieder, streckenweise sogar ziemlich bemüht, und kann das Flair jener Zeit nicht mehr einholen. Das mag daran liegen, dass die vorliegende Folge 3 eben die dritte Folge ist und ich die wahre Genialität der Handlung nur unzureichend zu erfassen in der Lage war, es kann aber auch sein, dass der Band tatsächlich schlicht langweilig war, jedenfalls ziehe ich da den guten alten Marc doch noch vor, natürlich im historischen Original.
Die kleine THUNDERYEAR-Sammlung bemüht sich da um sichtlich größere Ernsthaftigkeit. Nein, das stimmt eigentlich nicht. Die drei ersten Kurzgeschichten sind alle irgendwie "witzig", die letzte und kürzeste weniger, dafür ist sie auch mit ihrer ziemlich missglückten Pointe die schlechteste. Dafür ist das Heft durchgehend vierfarbig, was angesichts der immer preiswerter werdenden Farblaserdrucker und der überschaubaren Auflagen der Thundozines offensichtlich rentabel ist. Schön anzusehen, aber nichts wirklich herausragendes dabei.
Fazit: Eine schöne kleine Zeitreise für mich, vor allem die Lektüre von PAL 150. Ich hätte an der Stelle der Thundos einen alten Umdrucker organisiert und hätte noch einmal die Kurbel geschwungen. Das junge Gesocks von heute weiß doch gar nicht mehr, was es wirklich bedeutet hat, ein Fanzine zu produzieren. In dreistelliger Auflage! Alles handgemacht! Das sind noch Erfahrungen echter Männer! Wahrer Fans! Sowas gibt es heute leider nicht mehr.
PAL 150 wickle ich in meine Rheumadecke. Das ist ein Ehrenplatz.

Dirk van den Boom, Saarbrücken


INTERN 248
52 Seiten DIN A 5, Kopie, Mittelheftung.
Auflage: 300 Exemplare, 5,00 EUR, 4er-Abonnement 18,00 EUR.
Bezug: ÄONIA E. V., Thorsten Grewe, Gruwellstr. 11, 44329 Dortmund.
Bankverbindung: Postbank Dortmund (BLZ 440 100 46), Konto 106 878 461, lautend auf ÄONIA e. V.
Internet: www.projekt-nebelwelten.de.


Mit einer Verspätung von fast einem Jahr berichtet Dominik Irtenkauf in der vorliegenden INTERN-Ausgabe über das "SMN-Treffen in Weiterode zum Thema Alchemie". Nein, das ist kein Con – das SMN ist das "Scientific und Medical Networks", das "sich einer spirituellen Weltsicht verpflichtet fühlt". Der Autor weiter: "Diese Offenheit gegenüber nicht rein-wissenschaftlichen Modellen führt keineswegs zu unbegründeter Spekulation oder Dogmatismus, sondern belebt die oft eingeschränkte Wahrnehmung der Welt."
Nun, die Alchemie hat nichts mythologisches oder sektiererisches an sich – das erhält sie nur in der Literatur und im Film. Die Alchemie ist nichts anderes als die Chemie des Altertums und des Mittelalters, vor dem Beginn einigermaßen systematischer Forschung und Wissenschaft. Deshalb ist ein Kongreß über Alchemie (mit etwa 30 Teilnehmern übrigens, also durchaus in Congröße...) nichts ungewöhnliches. Auf dem Programm standen neben Vorträgen von Referenten, die sich mit der Alchemie wissenschaftlich beschäftigten, auch solche, die irrationale Aspekte in ihre Arbeit einbezogen und wohl weniger auf den Autor des Artikels als auf seine Leser befremdend wirken dürften.
Mit weniger spektakulären Beiträgen wartet Michael Lange auf: Er stellt die neue RAUMPATROUILLE ORION-DVD-Box, die diversen DVD-Auflagen der Edgar Wallace-Filme und den Filmkomponisten Peter Thomas vor, der Freunden der phantastischen Genres vor allem als Schöpfer der Musik der RAUMPATROUILLE-Serie bekannt sein dürfte.
Kurt Kobler untersucht in "PERRY RHODAN meets Science: Dampfmaschine trifft Fusionsreaktor" die technische Plausibilität der ATLAN-Serie ODSIDIAN. Er schweift aber oft vom Thema ab, in dem er sich in den Details von realen technischen Vorgängen und Entwicklungen verliert, die jedoch nicht uninteressant sind. Ein ähnliches Phänomen ist auch in dem Artikel "Piraten – zwischen Seeräuber-Romantik und wirtschaftlichem Milliardenschaden" von Thorsten Grewe zu beobachten. Der Text beginnt mit der Vorstellung diverser filmischer und literarischer Umsetzungen des Piratenthemas, der in einen geschichtlichen Exkurs überleitet (bei der bekannteste deutsche Pirat, Klaus Störtebecker, nicht unerwähnt bleibt) und in der Darstellung der derzeitigen Situation auf den Weltmeeren mündet. Die filmische bzw. literarische Komponente des Artikels kommt zu kurz.
Christel Scheja hat in dem umfangreichen Artikel "Artus – Rex Quonda Rexque futuram" die Artus-Sage aufgearbeitet. Sie spannt den Bogen von den historischen Grundlagen, über die ersten Erwähnungen von Artus in der Geschichtsschreibung bzw. in der Literatur des Mittelalters und der erstmaligen Entstehung der kompletten Sage bis hin zu den modernen Versionen in Romanen, Filmen und Comics. Georg Joergens setzt "Die Geschichte der Rißzeichnungen im Überblick" fort. Leider wird nur eine der erwähnten Rißzeichnungen abgedruckt, noch dazu stark verkleinert und ungekennzeichnet.
Das INTERN 248 weist eine erstaunliche inhaltliche Bandbreite und Vielfalt auf und kann deshalb nur zur Lektüre empfohlen werden.

Armin Möhle, Wallenhorst


KJARTAN DER VITLÄNDER
140 Seiten DIN A 5, Offset, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 9,90 EUR.
Bezug: EDITION NOCTURNO im VirPriv Verlag, Markus Kastenholz, Herbert Hellmann-Allee 21a, 79189 Bad Krozingen.

Der Recke Kjartan, träumt von Abenteuern und Heldentaten, die sich für ihn erfüllen, als er seinen Fürst Hrothgar auf dessen Fahrten begleitet. Er begegnet verführerischen Meeresfrauen und exotischen Zauberinnen. Trotzdem zieht es ihn immer wieder zurück zu seiner Frau Alfrune, der er trotz aller Verlockungen treu bleibt. Aber auch auf dem heimatlichen Hof erlebt Kjartan viel: Trolle bedrohen seine Pächter, Albtraumfrauen lauern ahnungslosen Männern auf, und der Winterfürst persönlich will ihn zu sich holen, nachdem Kjartan ihm ein Menschenopfer verweigerte...
Charlotte Engmann ist im SF-Fandom keine Unbekannte, da sie schon seit Jahren ihre phantastischen Erzählungen in Fanzines und den Publikationen kleiner Verlage veröffentlicht.
Coverabbildung KJARTAN DER VITLÄNDERKJARTAN DER VITLÄNDER ist eine Sammlung ihrer Episodenromane (die vor einiger Zeit auch schon in der LEGENDENSÄNGER-EDITION von Christel Scheja erschienen sind) um die gleichnamige Figur.
Der Leser wird in ein fiktives Nordland entführt, das sich als eine Mischung aus dem Wikingerreich von Prinz Eisenherz und Irland zur Zeit der ersten Klostergründungen präsentiert. Kjartan und seine Leute leben in einer Welt, die im Wandel begriffen ist: Die alten magischen Völker und Götter verlieren zunehmend an Macht, während der neue Glaube Fuß fasst und nicht nur die Unfreien, sondern auch zunehmend die Oberschicht für sich gewinnt. Aufgeschlossene Menschen wie Kjartan tolerieren zwar die fremde Religion, halten aber an den alten Riten fest: Es ist ihr Land, sie kennen die hier lebenden Wesen und wissen, was notwendig ist, sich ihr Wohlwollen zu erhalten oder ihre Angriffe abzuwehren. Auf diese Weise wird nebenbei erklärt, wie sich Religionen auf natürliche Weise gegenseitig beeinflussen und weshalb manche der so genannten heidnischen Bräuche überdauern konnten, nachdem ihr Ursprung längst in Vergessenheit geraten ist.
Die Protagonisten sind keineswegs schwertschwingende, allwissende Helden, die einen Gegner nach dem anderen mit Leichtigkeit erledigen, sondern ganz normale Menschen, die sich großen und kleinen Problemen stellen müssen, dabei auch auf die Hilfe anderer angewiesen sind und oft ihren Verstand statt der Waffe einsetzen müssen. Werte wie Ehre, Treue, Mut und Vernunft bestimmen Kjartans Leben. Ein wenig Romantik wird auch geboten, doch gleitet der Band nicht in die seichten Gewässer eines Liebesromans ab; im Vordergrund stehen die Erlebnisse Kjartans mit den phantastischen Wesen seiner Heimat.
Charlotte schildert glaubwürdig den Lebensweg des Recken von seinen jungen Jahren bis ins hohe Alter. Die Geschichten sind von einander unabhängig, doch werden sie durch die Wiederkehr bekannter Charaktere lose mit einander verknüpft. Der Stil ist flüssig und angenehm zu lesen.
Wer spannende und intelligente Fantasy mag, wird einige kurzweilige Stunden mit dieser Lektüre verbringen können.

Irene Salzmann, Kranzberg


FUTURE MAGIC 46
84 Seiten DIN A 4, Kopie, Seitenbindung.
Auflage: unbekannt, 5,00 EUR, 4er-Abonnement 17,00 EUR.
Bezug: SFC STARDRAGONS, Eva Kalvoda, Kundratsstr. 20/8/25, A-1100 Wien, E-Mail: kills_first@utanet.at.
Bankverbindung: PSK (BLZ 60000), Konto 77510891, lautend auf Andreas Leder.


Das Schwerpunktthema von FUTURE MAGIC 46 ist "Träume". Nach Einschätzungen von Fred H. Schütz und Eva Kalvoda (erstere persönlicher, zweite sachlicher Natur, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben) beginnen die Stories:
Einen Lebenszyklus beschreibt Susanne Stahr in "Begegnung". Andreas Leder stellt die satirische Frage "Wovon träumen die Mitarbeiter der MA 2412?". Ein reizvolle Idee liegt "Schlafen verboten" der fleißigen Susanne Stahr zugrunde: Ein Zug zwischen den Dimensionen wird von den Träumen seiner Passagiere abgelenkt – wenn sie einschlafen. In "Sandmännchens großer Tag" schildert Eva Kalvoda den Einsatz des Schlafpulverstreuers in dem Alptraum eines Jungen.
Zu dem Traum-Thema wird auch die Story "Express nach Nirgendwo" gezählt. Ein abgetriebener Astronaut stößt auf einen Zug, in dem er ein Abenteuer bestehen muß und der ihn letztlich auf die andere Seite des Todes bringt. Okay, das kann für den sterbenden Protagonisten nichts anderes als ein Traum sein, ausgelöst durch den zunehmenden Sauerstoffmangel in seinen letzten Augenblicken (allerdings ein sehr strukturierter). "Epona" von Susanne Stahr ist dagegen außerhalb des Traum-Blocks erschienen, obwohl die Story gut hineingepaßt hätte. Ein Reitlehrer trifft mehrfach auf eine geisterhafte Reiterin, die ihn für die Befreiung ihres Gefährten (?!) benötigt. Nach jeder ihrer Begegnung erwacht er aus einem Traum... Das erscheint zwar mitunter willkürlich, aber nun, das ist Fantasy.
Um das Wirken von Göttern drehen sich "Straße ins Paradies" von Susanne Stahr und "Mondlicht" von Fred H. Schütz. Susannes Protagonist muß eine gute Tat tun, bevor er in sein persönliches Paradies einziehen kann, während Freds Göttin mit der Erkenntnis konfrontiert wird, daß sie nur solange real ist, wie sie Anhänger – oder einen Autor – hat. Mit dem sechsten Teil von "Fieber" von Susanne Stahr ist erfreulicherweise nur eine Fortsetzungsgeschichte in dieser FUTURE MAGIC-Ausgabe vertreten (die zudem beendet wird). Kurz und knapp sind die drei PERRY RHODAN-Kurzgeschichten, die für den Storywettbewerb geschrieben wurden, der im Rahmen des ZielsternCons (Januar in Wien) veranstaltet wurde.
Mit einigen Überraschungen wartet FUTURE MAGIC 46 unter den Grafiken auf. Das farbige Titelbild von Franz Miklis ist inzwischen Standard, aber das ändert nichts daran, daß neben ihm auch Michael Wittmann und Alfred Kelsner zu den besten Zeichnern gehören, die die Szene derzeit zu bieten hat (auch wenn sie selten in Fanzines veröffentlichen). Eine Entdeckung ist der österreichische Zeichner Marin Balabanov, der seinen etablierten Kollegen durchaus das Wasser zu reichen vermag.
FUTURE MAGIC 46 ist eine solide Ausgabe eines Clubzines mit lesbaren bis lesenswerten (überwiegend: Fantasy-) Kurzgeschichten, das sich zwar nicht mit diesen, aber mit den Grafiken von ähnlichen Publikationen abhebt.

Armin Möhle, Wallenhorst



Der FANZINE-KURIER erscheint in der EDITION WHISPERING TIMES.

Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle
Eibenweg 18
49134 Wallenhorst.
E-Mail: armoe@gmx.de.

Preise: Einzelexemplar 0,60 EUR, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 3,00 EUR (in Briefmarken oder als Verrechnungsscheck). Der FANZINE-KURIER ist außerdem im PRBCBS im Interesseabo oder im Fanzinetausch zu beziehen.

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dirk van den Boom, Holger Marks, Clemens Nissen s. ps., Irene Salzmann, Christel Scheja.
Auflage der Printausgabe: 75 Exemplare. 

Für Rezensionsexemplare sind wir stets sehr dankbar!
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