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Werte Leserinnen und Leser,

die Rezension über TRAUMWELTEN liegt mir auch diesmal nicht vor, ich bin aber sicher, die Besprechung im FANZINE-KURIER 94 veröffentlichen zu können. Ich stelle die FK-Ausgaben zusammen, sobald mir genügend Material vorliegt, auch wenn der Redaktionsschluß (den ich meist großzügig handhabe) noch nicht erreicht ist und deshalb noch Beiträge ausstehen. Aus diesem Grund erscheint in diesem FANZINE-KURIER auch nur eine Rezension über eine SOLAR-X-Ausgabe; bereits im FK 92 wäre der Abdruck einer SX-Besprechung nicht erforderlich gewesen... Im FANZINE-KURIER 94 werden desweiteren Rezensionen über das ANDROMEDA SCIENCE FICTION MAGAZIN 143/144, ENPUNKT 33 und über RETTUNGSKREUZER IKARUS 1 erscheinen.

Viele Grüße
Armin Möhle



AÖN-INTERN 226, 227
SFGH-CHRONIKEN 189
PHANTASTIK.DE
DAEDALOS 8
IRRLICHTER 3
ÄON INTERN 228
ALIEN CONTACT 36
NEW WORLDS 33
SOLAR-X 120: FIN DE SIECE
SEIDENSCHATTEN – DIE SUCHENDEN 



ÄON INTERN 226
36 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 2,00 DM.
ÄON INTERN 227
40 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 2,00 DM.
Bezug: ÄON-TEAM, Thorsten Grewe, Prinz-Friedrich-Karl-Str. 24a, 44135 Dortmund.
Bankverbindung: Postbank Dortmund (BLZ 440 100 46), Konto 106878461, lautend auf ÄON-TEAM e. V.

Mit "Berichten über die populärkulturelle Szene" preist sich ÄON INTERN - "Das fantastische Magazin" an. Wer da Schlimmes vermutet, der irrt. Mag sich der ÄON e.V. seinen Anzeigenkunden auch als distanzierter Berichterstatter darstellen, letztlich ist er ein Fanclub.
ÄON INTERN kann man getrost als fannisches Nachrichtenheft bezeichnen. Berichtet wird in der 226. Ausgabe unter "Multimedia" über RAUMSCHIFF ORION-CD-ROMs; die Rubrik "Fanzines" ist vom Inhalt der FANZINE-KURIERE kaum zu unterscheiden. Im Gedächtnis haften bleiben wohl am ehesten Martin Marheineckes "Star Trek Classic Corner" mit amüsanten Einblicken in die Selbstzensur, der die frühen ENTERPRISE-TV-Folgen unterlagen - was ihrem Kultstatus wohl keinen Abbruch tut -, und Christel Schejas Artikel "Von Metallbikini, Seidenrobe und Lendenschurz", der die Moden in Fantasy-Filmen unter die Lupe nimmt, ohne dabei allerdings zu für dieses Genre überraschenden Ergebnissen zu kommen.
Insgesamt sei über ÄON INTERN das beste gesagt, was man über Infofanzines sagen kann: Es ist informativ!
Das fantastische Forum ÄON hat sich offenbar auf den SF-TAGEN NRW 1999/TRINITY etwas stiefmütterlich behandelt gefühlt und beklagt seinen Stand, zu dem keiner fand, in ÄON INTERN 227 unter dem Titel "Wir waren da - wo waren die anderen?"
Gottseidank hat die Macher von ÄON weder dies aus der Bahn geworfen noch der Tod von Ilona Gombos-Recktenwald - Irene Salzmann schrieb ihr einen gelungenen Nachruf.
Und so warten sie wiederum auf mit einer Fülle interessanter Informationen, sei es zu Planungen der NASA, sei es zum ersten funktionsfähigen Robothund aus Japan oder Fanzines, Comics, Filmen und Videos. Der neue STAR WARS-Streifen wird von Kuno Liesegang kompetent verrissen und samt begleitendem Merchandising als "dunkle Bedrohung für die Geldbörsen" bezeichnet.
Fünf Seiten von ÄON INTERN 227 gehen drauf für Eigenwerbung, nämlich mit einer Aufstellung der im Offenen Kanal produzierten Fernsehsendungen. Man nimmt es den Produzenten nicht übel, vor allem, wenn man liest, wie mühsam sie sich ihre Ausrüstung zusammensparen. Allerdings habe ich auch noch keine Folge gesehen...
Das Fanzine jedenfalls ist lesenswert.

Clemens Nissen s. ps., Neuenburg



SFGH-CHRONIKEN 189
28 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, Preis unbekannt (bitte erfragen).
Bezug: SCIENCE FICTION GRUPPE HANNOVER, Fred Körper, Ferdinand-Wallbrecht-Str. 82, 30163 Hannover, E-Mail: Fkoerper@iname.com.

Das interne Zine der SCIENCE FICTION GRUPPE HANNOVER ist alles andere als ein Blickfang. Niedriges Niveau (handschriftliche Überschriften über schreibmaschinengeschriebenen Texten und Fehlerkorrekturen mit dem Filzliner) steht hier aufwendigeren, oder besser geläufigeren Methoden gegenüber (Computer). Hätte ich diese Epoche miterlebt, würde es mich wohl an die "guten, alten Fanzines" erinnern, aber dem ist nicht so und deswegen wirkt es auf mich eher lieblos (irgendwo müssen die computergeschriebenen Beiträge ja herkommen, könnte es man nicht bei demjenigen zusammenstellen?).
Allerdings findet man für diese Umstände gleich eine Rechtfertigung in dem Vorwort des Herausgebers Wolfgang Thadewald, der sich dem Mitteilungsblatt angenommen hat, da der SFGH wohl nicht allzuviel an ihrem Printmedium liegt und auch die Bereitschaft für die Erstellung von Beiträgen sehr gering zu sein scheint. Da mag es einen auch nicht verwundern, daß neben den vier Mitgliedern (inkl. Herausgeber) ebenso zwei Nicht-Mitglieder den Inhalt ausmachen. Eine eigenwillige Aktion des Herausgebers, die wohl die anderen (Mitglieder) zu eigenen Beiträgen anspornen soll?
Leider weiß ich überhaupt nichts über die SFGH, aber zumindest wurde mir aus dem Zine nicht ersichtlich, daß die Mitglieder noch anderen Aktivitäten als ihrem Zine und den monatlichen Treffen nachgehen. Bei den Treffen sind aber immer nur vier bis acht Mitglieder anwesend... Was machen denn die anderen? Sind das alle nur konsumierende und keine kreativ produzierenden Fans?
Ich möchte hier die SFGH nicht angreifen, aber es ist einfach nur lustig, wenn es dann in einem Protokoll der Treffen lautet, daß sie neue Mitglieder, insbesondere die jüngere Generation, werben wollen... Wäre das "interne" Zine dahingehend nicht das optimale Medium, um aufzuzeigen, was der Club so alles macht und in welchen Bereichen sich die Mitglieder engagieren können?
Ein gutes Drittel des Zines nehmen die Protokolle der Treffen ein, die im wesentlichen nur einen Gedankenaustausch der "zahlreichen" Anwesenden beinhalten. Themen sind hier Kinofilme und Bücher, aber auch Aspekte der SF (z. B. Wirtschaft), die schon interessanter klingen.
Von dem Nicht-Mitglied Marion Krause ist das Gedicht "Vollmond" über Werwölfe/Dämonen. Was hat das mit SF zu tun? In jedem Fantasy- oder Horrorzine sicherlich nicht schlecht wirkend, ist es hier sehr deplaziert...
Der Artikel "Die frühen Superschurken" (Prof. Moriarty, Fantomass, Dr. Fu Manchu und Dr. Mabuse) ist recht interessant. Uwe Gehrke bringt hier einige Informationen über die Beziehungen der Autoren zu ihren Bösewichtern, ihre literarische Geburt und deren Authentizität in den Fernsehfilmen.
Wirklich interessant ist der Artikel über FOLLOW von Uwe Gehrke, der sich mit der Entstehung und dem Werdegang dieser Vereinigung beschäftigt.
Die einzige Story "Der Händler" ist nicht nur von einem Nicht-Mitglied, sondern auch sehr gut. Peter Janetzko liefert hier eine köstliche Parodie auf die Konsumgesellschaft mit zahlreichen Assoziationen zu heutigen Merchandisingartikeln und Käuferverarschungen aus der Sicht eines habgierigen Händlers im Mittelalter.
"Sag mir, wo die daten sind" ist ein APA-Beitrag zu F.A.N. 50 ( was auch immer das sein soll) und eine kritische und witzige Betrachtung der Informationsspeicherung und der gigantischen Evolution neuer Datenträger. Der Autor EDM bezieht sich hierbei hauptsächlich auf Computer und witzelt darüber, daß jeder wissen kann, was ein Pharao vor 4.000 Jahren eingekauft hat, er aber nicht mehr seine zehn Jahre alte Diskette lesen kann... Obwohl die zwei Seiten vor orthographischen Fehlern (absichtlich keine Großschreibung?) nur so strotzen, ist es doch lustig zu lesen und verleiht dem Zine einen versöhnenden Ausklang.
Die vier Grafiken des Heftchens sind alle auf dem gleichen Niveau und ziemlich "fannisch" bis dilettantisch.
Natürlich muß man bedenken, daß die SFGH-CHRONIKEN ein internes Zine und nicht darauf ausgelegt sind, die Interessen eines Außenstehenden zu befriedigen. So finde ich es kontrovers, daß keiner der sonstigen Beiträge (außer den Protokollen) etwas mit SF zu tun hat. Für mich nichts schlechtes, denn mir gefiel dieser "allgemeine" Part des Zines.

Timo Kümmel, Ebersburg/Weyhers



PHANTASTIK.DE
56 Seiten DIN A 5, Offset, Klebebindung.
Auflage: unbekannt, 9,99 DM.
Bezug: Olaf J. Menke, Wohlers Allee 16, 22767 Hamburg, E-Mail: ojm@phantastik.de.

PHANTASTIK.DE präsentiert sich als "Das Zine zur Site", und zwar zur Info-Homepage (www.phantastik.de) des Herausgebers. Aus dem Heft geht nicht hervor, ob es sich um eine "Best of"-Ausgabe handelt und/oder ob sie Exklusivbeiträge enthält; ich habe mir entsprechende Recherchen auf Olafs Website allerdings erspart. Dem farbigen Titelbild steht eine simple Gestaltung des Heftinneren gegenüber: einspaltiger Satz (mit dem Schrifttyp Arial), zentrierte Seitenzahlen (sogar mit Bindestrichen...), keine Grafiken, Illustrationen und Abbildungen. Zwar sind einfache Layouts meist die besten und irkungsvollsten, aber hier kann ich nur sagen: schade!
Coverabbildung PHANTASTIK.DEÜber "Das Wort" berichtet Andreas Eschbach in seiner Kurzgeschichte. Er beschreibt die absurde Situation, die durch den juristischen Schutz im Alltag gebräuchlicher Worte entstehen kann. Weniger originell ist dagegen "Der Gast" von Timothy Stahl und Manfred Weinland. Die Autoren bieten dem Leser eine weitere Version der Vampirwerdung von Vlad Tepes an, die immerhin etwas ungewöhnlich ist, weil in ihr der spätere Dracula unfreiwilligerweise zum Opfer wird, ansonsten die bekannten Klischees jedoch nicht verläßt. Etwa ratlos wird "Nichts" von Martin Kay den Leser zurücklassen: In einer Messe wird vom Tod Gottes berichtet, und die Welt zerfällt.
Drei Interviews enthält PHANTASTIK.DE, von denen das mit Michael Marrak das umfangreichste und (inhaltlich) ergiebigste ist. Michael berichtet bereitwillig über seine literarischen Arbeiten und bietet einen interessanten Einblick in das Verlagsgeschäft. Nach einem ähnlichen Muster verläuft das Gespräch mit Kai Meyer, der u. a. einige Romane im Heyne Verlag veröffentlicht hat, die zu der "historischen Phantastik" zu zählen sind, und zudem als Drehbuchautor tätig ist, worauf er in dem Interview auch ausführlich eingeht. Relativ kurz ist dagegen das Interview mit Wolfgang Hohlbein, der sich nicht um erschöpfende Antworten bemüht, freilich stellt ihm der Interviewer (in allen drei Fällen Olaf J. Menke) auch nur Fragen nach seinen neuesten Romanen.
Christel Scheja beschäftigt sich in ihrem Artikel "Wenn Männer Männer und Frauen Frauen lieben" mit einem weiteren Aspekt ihrer Lieblingsliteratur, nämlich mit der Darstellung von Homosexualität in der Fantasy. Sie gibt einen historischen Überblick über die Entwicklung der Schilderung von sexuellen Beziehungen und nennt einige Beispiele für homosexuelle Protagonisten in der Fantasy, streift auch die Science Fiction (diverse  TV-Serien-SF, um genau zu sein), bleibt aber an der Oberfläche, nennt keine einschlägigen Romane, wartet auch nicht mit einer Literaturliste oder Leseempfehlungen auf, was den Eindruck aufkommen läßt, daß die Änderungen in der (Nicht-) Darstellung von Homosexualität in der Fantasy entgegen Christels Einschätzung bislang nur ein geringes Ausmaß erreicht haben.
Eine Fließarbeit ist "Die Geschichte des Horror-Heftromans", die Walter Hofstetter zu Papier brachte. Er beschreibt sämtliche Horror-Heft- und Taschenbuchserien, die seit Ende der sechziger Jahre bis die jüngste Vergangenheit erschienen sind. Die bekannten Heftromanverlage (Bastei, Pabel, Kelter, Erber u .a.) versuchten durchweg, auch mit dem Horror Profit zu machen. Es scheint, als wäre das Angebot von Horror-Heftromanen zeitweise größer als das ihrer SF-Pendants gewesen, doch letztendlich starben auch die Horror-Heftreihen. Nur einige von ihnen wurden - genau wie die eine oder die andere SF-Heftserie - von Kleinverlagen in Form von Paperbacks wiederbelebt. Der Artikel hätte etwas besser strukturiert werden können (beispielsweise mit gleichmäßigeren Absätzen und/oder Kapitelüberschriften), vor allem aber hätte sich der Abdruck von Coverabbildungen angeboten, was nicht nur dokumentarische Zwecke erfüllt, sondern auch diesen mit 14 Seiten längsten Beitrag in PHANTASTIK.DE aufgelockert hätte.
Die Papierausgabe von www.phantastik.de bietet interessante Beiträge, wegen des hohen Preises vermag ich jedoch nur eine eingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen. Der Besuch der Website ist billiger, aber natürlich nur, wenn man diverse Investionskosten außer acht läßt.

Armin Möhle, Wallenhorst



DAEDALOS 8
94 Seiten DIN A 5, Kopie, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 12,00 DM, 2er-Abonnement 22,00 DM.
Bezug: Hubert Katzmarz, Holunderweg 15, 53127 Bonn, E-Mail: hubert.katzmarz@debitel.net.

Grün ist die Farbe der Hoffnung. Die Geschichten in diesem Band sind jedoch in keiner Art und Weise geeignet, den Leser hoffnungsfroh oder gar freudig ins neue Jahrtausend blicken zu lassen. Grün ist das Papier, auf dem die Geschichten in DAEDALOS gedruckt wurden, aus einem ganz anderen Grund. Das Papier ist eine Reminiszenz an die legendäre BIBLIOTHEK DES HAUSES USHER (B. d. H. U.), die von 1969 bis 1975 von Kalju Kirde im Insel Verlag herausgegeben und ebenfalls auf lindgrünem Papier gedruckt wurde.
Und genauso wie das Papier, haben alle Autoren in DAEDALOS - bis auf Eddie Angerhuber natürlich - diese Reihe phantastischer Literatur mitgeprägt. Die jetzt veröffentlichten Geschichten sind bislang noch nicht auf Deutsch erschienen, so daß dieser Band gerade für Fans gepflegter Horrorliteratur ein Schnäppchen ist.
Der Reigen beginnt mit Sheridan LeFanus Erzählung über "Das Los des Sir Robert Ardagh". Die Geschichte ist eine seiner frühesten Veröffentlichungen und gehört zu einer Reihe von Erzählungen, die später als "The Purcell Papers" bekannt geworden sind und von 1838 bis 1840 im DUBLIN UNIVERSITY MAGAZINE erschienen. Aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt LeFanu das Schicksal Sir Robert Ardaghs, der, soviel wird klar, einen Bund mit überirdischen Mächten abgeschlossen hat und dafür später bezahlen muß. Das ist ein übliches Motiv für eine Schauergeschichte, die sicherlich nicht zu den Meisterwerken LeFanus gehört. Die gekonnte Umsetzung, die den Leser durch leise Andeutungen an das Unheimliche heranführt, verdeutlicht jedoch, warum der Ire als Vorläufer für die großen Vertreter der psychologischen Gespenstergeschichten wie Henry James oder Algernon Blackwood zählt.
Es folgen zwei Gedichte aus der Feder von H. P. Lovecraft, den man einem deutschen Publikum nicht mehr vorstellen muß, weil er eben durch die Veröffentlichung seiner Geschichten und Romane in der BIBLIOTHEK DES HAUSES USHER sehr populär geworden ist. Da jedoch ein Heft wie das vorliegende ohne Beiträge von Lovecraft unvollständig wäre - jedenfalls nach Meinung des Herausgebers - werden zwei seiner unheimlichen Gedichte nachgedruckt, die auf Deutsch bislang nur in Liebhaberausgaben von je 22 Exemplaren erschienen sind. Wenn ich auch nicht viel mit den Gedichten anfangen konnte, so ist es sicherlich sinnvoll, diese Raritäten einem etwas breiteren Publikum wieder zugänglich zu machen.
Die nächste Geschichte erzählt von den "Dämonen des Meeres". Der Autor William Hope Hodgson ist von 1891 bis 1899 selbst zur See gefahren und hat seine Erfahrungen mit der Seefahrt in seine Geschichten eingebracht - auch wenn man für ihn nur hoffen kann, daß seine Erlebnisse nicht so drastisch waren, wie die der Crew der LANCING. Die LANCING begegnet einem Phantomschiff, auf dem grauenerregende Kreaturen das Ruder führen und die danach trachten, die LANCING zu kapern. Das Schiff kann entkommen. Von den Ungeheuern fehlt jede Spur. Die Geschichte erschien erstmals posthum 1923 in dem Magazin SEA STORIES. Sie wurde von August Derleth später unter dem Titel "The Crew of the Lancing" stark überarbeitet noch einmal veröffentlicht. Die überarbeitete Version erschien 1970 in dem B. d. H. U.-Band STIMME IN DER NACHT. Die Originalversion der Geschichte liegt mit der Veröffentlichung in DAEDALOS nunmehr zum ersten Mal in deutscher Sprache vor.
Die letzte "klassische" Horrorgeschichte, diesmal mit leicht ironischen Einschlägen, stammt von Montague Rhodes James. Der Titel "Es war einmal ein Mann, der wohnt` am Kirchof" geht auf ein Zitat aus Shakespeares WINTERMÄRCHEN zurück. Dort setzt Prinz Mamillius zu einer Geschichte an, wird aber nach dem ersten Satz unterbrochen. James spinnt den Anfang fort und macht daraus eine schaurig vergnügliche Geschichte um einen mutmaßlichen Grabräuber, der eines Nachts unangenehmen Besuch erhält. Das Original erschien 1924 im Etoner Magazin SNAPDRAGON.
Die einzige zeitgenössische Geschichte verfaßte Eddie Angerhuber, die sich mittlerweile durch zahlreiche Veröffentlichungen einen guten Namen als Horror-Autorin gemacht hat. Im gleichen Zug gelesen mit den älteren Werken, fällt jedoch auf, wie stark sich ihr "Der Hund mit den goldenen Haaren" von den anderen unterscheidet. Die Geschichte, es geht um einen Transvestiten, der aus krankhafter Eifersucht Frauen ermordet, ist solide und stimmungsvoll erzählt. Aber im Gegensatz zu den anderen Werken fehlt das übernatürliche Element völlig. Es bleiben keine ungeklärten Fragen, keine Zweifel, keine Ungewißheit, die den Leser noch weiter über die Geschichte nachdenken lassen. Die Geschichte ist eine Horrorgeschichte ohne phantastischen Einschlag, mehr SCHWEIGEN DER LÄMMER als DRACULA.
Insgesamt ist DAEDALOS 8 für Freude phantastischer Gruselgeschichten eine Bereicherung, denn sie erhalten die Möglichkeit, einige Geschichten zu lesen, die sonst im deutschen Sprachraum unveröffentlicht bleiben würden. Verglichen mit anderen Werken des Genres ist die Qualität der Geschichten sicherlich nur im Mittelfeld einzuordnen, aber das dürfte in diesem Fall für Fans und Sammler von untergeordneter Bedeutung sein. Die Herausgeber haben sich jedenfalls große Mühe gemacht, einige Raritäten auszugraben und einem breiteren Publikum nahezubringen.

Holger Marks, Marburg



IRRLICHTER 3
92 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: 100 Exemplare, 6,00 DM.
Bezug: Armin Möhle, Eibenweg 18, 49134 Wallenhorst, E-Mail: armoe@germanynet.de.
Bankverbindung: Sparkasse Osnabrück (BLZ 265 501 05), Konto 5888979.

Man muß sagen, daß IRRLICHTER 3 fürs Klo ist. Genauer gesagt widmet sich die dritte Ausgabe dieser ansonsten weniger anrüchigen Reihe der schwierigen Mission, das bislang brachliegende Thema "00" für den SF-Bereich nutzbar zu machen. Daß Pioniere im  Mainstream-Bereich von Faulkner bis Beckett es mit eben diesem Thema nur zu geringen Auflagen brachten, die nicht in andere Sprachen übersetzt wurden, läßt mögliche Bedenken an diesem Vorhaben nicht gerade gegenstandslos erscheinen. Sind Fanautoren fähig, diesem Tabuthema irgendetwas lesenswertes abzupressen, oder handelt es sich um eine Never-Win-Aufgabe, sitzen alle Schreiber von vorneherein auf verlorenem Posten? Schaun wir mal ...
"Die Urinale von PagaPa" lautet der Titel der ersten Geschichte. Wolfgang Bolz zeichnet für diese witzige Story verantwortlich, in der der neue irdische Botschafter bemüht ist, sich mit den kulturellen Besonderheiten des Pangalaktischen Parlaments vertraut zu machen. Phantasievoll werden hier die sensiblen Eigenheiten fremder Rassen beschrieben, die schließlich den Weg zum Ort zu einem Himmelfahrtskommando konvertieren. Dieser Anfang des Heftes läßt auf jeden Fall hoffen.
Curtis Nike, der nächste Autor, ist mit einer Geschichte darüber vertreten, daß ihm keine Geschichte zum Thema eingefallen ist. Ob das wirklich schon für eine Geschichte reicht? - Ich meine nein.
Verrat auf der Ritterburg thematisiert Christel Scheja. "Ein lieblicher Duft" weist in dieser mittelalterlichen Detektivgeschichte den Weg zum Täter. Man kann das ganz gut lesen, auch wenn es natürlich nicht an die IM NAMEN DER ROSE-Klasse heranzureichen vermag. Man könnte sagen, es handelt sich um die Isetta unter den History-Krimis. Aber sie fährt.
Was fällt einem wohl als erstes ein, wenn man eine SF-Story über das Örtchen schreiben soll? - Natürlich, dass jemand ins Klo fällt oder eine Horrorhand daraus hervorkommt oder dergleichen. Kultautor F. M. Hallstrøm, den die Irrlichter wieder für ihr Heft gewinnen konnten, setzt genau an diesem Stereotyp an, das weniger begabte Autoren tunlichst zu vermeiden trachten. Zum einen muss Hallstrøm es natürlich als Herausforderung sehen, aus diesem Never-Do eine weitere Kultstory zu machen. Und zum anderen bietet das Fehlen handlungstheoretischer Inventionen natürlich die günstige Gelegenheit, typisch hallstrømsche Kultingredienzen unreduziert zur Wirkung zu bringen. So ist es einmal wieder das ALICE IM WONDERLAND-Kaninchen, das die geile bekiffte Blondine mit dem Kurzhaarschnitt und den lesbischen Neigungen auf der anderen Seite der 00. Dimension begrüßt. Und es kann auch auf keinen Fall der philosophische Background fehlen, deshalb muß Hallstrøm seinem Protagonisten "Das Leben ist wie eine Klobrille" in Mund legen. Womit eigentlich alles gesagt wäre (außer ob es sich um eine rosa Brille handelt, was der Story aber wohl einen zu positiven Touch gegeben hätte). Ist Sex mit einem zwei Meter großen Kaninchen Sodomie? - Das sind doch alles nur Vorurteile. Ich jedenfalls werde mir jede weitere kompetente Anmerkung zu dieser Must-Read-Story verkneifen, weil der Hallstrømkult eigentlich nicht wirklich kommentiert werden kann.
Was ein erstklassiger, aber farbenblinder Mechaniker auf einer Krankenstation im All anrichten kann, beschreibt Herausgeber Armin Möhle in seiner Geschichte "Kein Garantiefall". Die Dramaturgie ist über Vor- und Rückblenden unterhaltsam gestylt, leider ist der Plot schon aus BRAZIL bekannt. Auch der Raumschiffname VALLEY FORGE erweist den Autor als großen Filmliebhaber mit gutem Geschmack.
Was du nicht willst, was man Dir tu ... ist die Pointe des geschwisterlichen Clinchs in Timo Kümmels Story "Launisch", die mir ebenso kurz wie inhaltsleer vorkommen will.
Coverabbildung IRRLICHTER 3Irene Salzmann versteht es eher eine unterhaltsame Geschichte zu erzählen. Sie weiß als erfahrene Autorin, daß frau sich einige Seiten Raum nehmen muss, um die Charaktere aufzubauen, und verwendet die aus tausendundeiner Nacht bekannte Erzähltechnik der Geschichten in der Geschichte. Hier trifft sich die handelsübliche SCHWARZES AUGE-Kampagne in der typischen verrufenen Kneipe, um anrüchige Anekdoten übers stille Örtchen zum Besten zu geben. Es bedarf einiger Schneewürmer und chinesischer Geister, ehe dann der zündelnde Funke überspringt - gute Lektüre für die Busfahrt nach der Arbeit - bei Irene weiß man mittlerweile, was man an ihr hat.
Ebenfalls noch lesetauglich ist die diplomatische Mission eines Gesandten in Hans-Wolfgang Klemms "X-Bones". Da sich der Name der einheimischen Gottheit wie "Klo" anhört, hat man dasselbe bei einem interstellaren Empfang gar nicht erst eingebaut, um Gotteslästerungen zu vermeiden. Eine schwierige Situation, die den Protagonisten hart am Klamaukspace  entlangschrammen läßt.
Aus die Maus mit dem Spaß ist es dann bei Ralf Leismanns "NullNull". Etwas Langweiligeres als die Welt aus der Sicht eines Campingplatzklos kann man sich nun wirklich kaum vorstellen.
In "Die Messung des Hallstrøms" haben sich Kenner des bekannten Kultautors F. M. an die unmögliche Aufgaben gemacht, die perfekte Parodie zu parodieren. Im Stile von AKTE Z unterbrechen einschlägig bekannte Agenten ihre Selbstbefriedigung, um eine unappetitliche Verschwörung interstellaren Ausmaßes um Altkanzler Wirsing aufzudecken. Steckt ein bekannter
BRIGITTE-Mitarbeiter aus Berlin hinter dieser paranoiden Parodieattacke, oder ist es gar  Hallstrøm selbst, der hier die unterhaltsame Intrige gegen sich initiiert hat? Herausgekommen ist ein typische Hallstrøm-Story, nicht mehr und nicht weniger. Was übrigens zu erwarten war, stellt doch Hallstrøm den Fixpunkt aller Parodiedimensionen dar, der schon aus aturgesetzlich-axiomatischen Gründen nicht überschritten werden kann.
Tja, was kann man noch so alles im Spülbecken finden? Kuno Liesegang findet einen kleinen Zwerg, der sich von Essensresten ernährt, und scheitert chancenlos am Versuch, daraus etwas Lesenswürdiges zu fabrizieren. Bei Ralf Schulze sind es Außerirdische, die durch das Wurmloch im Klo ihre Zwergeninvasion starten und mittels Staubsauger und Deorolle zurückgeschlagen werden. Und dann ist da noch die Geschichte von den Verhandlungen, bei denen das Abführmittel in den Wein gemischt wird (von Birgit Otten), die immerhin noch einen Plot besitzt. Und schließlich das Weihnachtsessen von Vivian McCoy, langweilig und ohne jeglichen Dreh.
Zusammenfassung: Auf dem Donnerbalken lauern Schneewürmer, Geister, Zwerge, Altbundeskanzler und Außerirdische, die dieses oder Jenes von Dir wollen, z. B. Dich fressen oder Deine Reste verwerten. Natürlich ist die Klobrille das Tor zur anderen Dimension oder zu einem Wurmloch oder sonst wohin, das seine Energie aus Exkrementen bezieht. Und außerdem
sind Toiletten bei interstellaren Angelegenheiten schwer zu erkennen, gar nicht vorhanden oder meistens falsch angeschlossen. IRRLICHTER 3 jedenfalls ist nicht ganz fürs Klo, enthält aber eine Menge Kroppzeug. Wie einige Stories, so erreichen auch einige Illustrationen ein fast akzeptables Niveau, z. B. die von Gregor Beckmann und von Wolfgang Schwandt. Nein, die Expedition in die 00. Dimension des Taburaumes ist weder ganz geglückt noch so gescheitert, wie es eigentlich zu erwarten war. 
Mit diesem letzen scheinbar differenzierten Urteil verabschiede ich mich für die nächsten Jahrzehnte von der fannischen Lesergemeinde und widme mich ganz meiner aktuellen Mission, der Pflege und Hege neuer kleiner SF-Fans. In Gedanken überlege ich, wo ich meine alten Stories verstecken kann, die natürlich auch nicht besser sind als Eure. Eines Tages wird sie meine kleine Tochter entdecken und sagen: "Papa so'n Schund hast du mal geschrieben? Hätt' ich nicht erwartet." Ich werde natürlich genauso beleidigt sein wie Ihr durch meine ungerechten Rezensionen. Macht's gut, wir sehen und wieder als SF-Rentner. Bye.

Johannes Unnewehr, Heidelberg



ÄON INTERN 228
54 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 2,00 DM.
Bezug: ÄON-TEAM, Thorsten Grewe, Prinz-Friedrich-Karl-Str. 24a, 44135 Dortmund.
Bankverbindung: Postbank Dortmund (BLZ 440 100 46), Konto 106878461, lautend auf ÄON-TEAM e. V.

Es war einmal vor langer Zeit, da beglückte eine Fan-Organisation namens THEREN TEAM das deutsche Fandom mit sehr, sehr dicken Fanzines, die THEREN hießen. Da wurde nicht nur über SF geredet, auch ein bißchen die Welt verbessern wollte man, und der Spiritus Rector hinter allem trug das geheimnisvolle Pseudonym "Luc Shavelli". Hinter diesem Menschen verbarg sich kein geringerer als der heute eher unter seinem bürgerlichen Namen bekannte Gerhard Börnsen, Vorsitzender des weitaus moderater auftretenden Vereins ÄON-TEAM e. V., der vor allem durch die Produktion der ÄON genannten SF-Fernsehsendung populär geworden ist, die in vielen offenen Kanälen im Bundesgebiet regelmäßig zu sehen ist und - ungeachtet dessen, was man im einzelnen über ihre Qualität sagen möchte - im deutschsprachigen Raum eine einzigartige
Stellung einnehmen dürfte. Die organisierte Unterstützergemeinde dieser Bemühungen ist der besagte Verein und der gönnt sich viermal jährlich ein internes Zine, dessen neuste Ausgabe hier vorliegt.
ÄON INTERN, zusammengestellt von Redakteur Thorsten Grewe und layoutet von Kuno Liesegang, ist im weitesten Sinne kein klassisches SF-Clubzine dahingehend, daß es viele Stories und Leserbriefe und Grafiken enthalten würde. Es handelt sich vielmehr um ein recht umfangreiches Info- und Rezifanzine, das sich dadurch nicht nur einfacher lesen läßt, sondern tatsächlich aufgrund der Bandbreite der angebotenen Informationen und Meinungen ein so weites Spektrum abdeckt, das für jeden interessierten Leser etwas zu finden sein dürfte. Obgleich das eine oder andere nicht mehr den notwendigen - oder erwünschten - Aktualitätsgrad erreicht, dürfte die Leserschaft dieses Internzines - eben die Mitglieder des Vereins - keine Klagen über ihr
Fanzine führen müssen: Es ist ordentlich gemacht, vielfältig, informativ, damit unterhaltsam und so ausführlich, daß auch nur viermal im Jahr zu ertragen ist. Nur auf das grausame STAR WARS-Vierfarbcover hätte man gerne verzichten können... argh...
Fazit: Sicher kein alleiniger Grund zum Beitritt in den Verein, ganz sicher aber kein Grund für Mitglieder, wieder auszutreten.

Dirk van den Boom, Saarbrücken



ALIEN CONTACT 36
60 Seiten E 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 7,00 DM, 4er-Abonnement 28,00 DM.
Bezug: Edition AVALON, Graudenzer Str. 1a, 10243 Berlin, E-Mail: alien.contact@snafu.de.
Bankverbindung: Bank 24 (BLZ 380 707 24), Konto 141104000, lautend auf Dirk Kurth.

AC gehört zu den Fanzines der deutschen Szene, die optisch durch ein professionelles Layout ins Auge fallen. Cover und Backcover - die Illustration stammt von Herta Matulionyté - sind ansprechend pastell in Grau- und Orangetönen, eine Alternative zu den entweder schreiend bunten Farbbildern oder den üblichen Zweifarbdrucken.
Ferner gibt es zwei weitere zu den Stories passende Grafiken von Dawn Kimberling und Charles Dougherty. Ansonsten lockern lediglich Buchcover die Bleiwüste auf. Schade, daß nicht ein bißchen mehr fürs bilderliebende Auge geboten wird.
Der Inhalt von AC ist bunt wie immer. Die klassische Mischung aus Information und Unterhaltung bietet praktisch für jeden Geschmack etwas.
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an einen Leserbrief aus der Nr. 35, in dem das Thema "Deutsche SF in der Krise" angesprochen wurde. Prompt folgt die Reaktion in Form eines Artikels von Erik Simon, der als Kenner der phantastischen Literaturszene gilt. Er ist nicht mit allen Punkten einverstanden, die Johannes Müller aufgeführt hat, und er sieht die Entwicklung sogar noch schwärzer. Erik Simons Ausführungen wiederum kann man auch manches hinzufügen.
Natürlich wird der PC das Buch nicht als Lesemedium ablösen, vielmehr ist das Internet das neue Freizeitmedium schlechthin, durch welches das gute alte Buch verdrängt wird. In der heutigen schnellebigen Zeit haben immer weniger Menschen die Muße, es sich mit einem Schmöker bequem zu machen. Stattdessen wird rastlos im Internet gesurft, von Page zu Page gezappt,
Kurzinfos werden eilig überflogen, Bilder betrachtet. Selbst der Film kommt nicht mehr mit; insbesondere die zahllosen Werbebreaks veranlassen viele, den Kasten auszulassen und sich ihre Portion Geflimmer aus dem Worldwidewerbeweb zu holen.
Endlos-Serien kommen nur bei einem bestimmten Leserkreis an, und das sind vor allem die Media-Fans und Rollenspieler, die immer neue Abenteuer von ihren Helden oder Spieleinfos begehren. Ihr Interesse ist ziemlich festgelegt. Die übrigen Leser phantastischer Bücher, offenbar die Minorität, kaufen lieber einen Spitzentitel, als Unsummen in Schrott zu investieren, und von letzterem gibt es leider zu viel, da sich die Verlage an der leichter zu befriedigenden Masse orientieren.
Coverabbildung ALIEN CONTACTNachwuchsförderung war in D praktisch schon immer null. Einzige Ausnahme derzeit ist die DSA-Reihe. Hier konnten sich tatsächlich eine ganze Reihe Fans etablieren, und sie haben ihre Käufer, auch wenn viele der Bücher nur dazu geeignet sind, das schlechte Image deutscher Autoren international zu bestätigen. Davon leben können diese Autoren auch nicht. Es ist praktisch
ein Hobby geblieben, bloß mit mehr Streß, ein paar Mark in die Hand und vielleicht später mal der Möglichkeit, diese Publikationen als Sprungbrett zu verwenden, wenngleich die Chance gering sein dürfte, Vielschreiber Wolfgang Hohlbein nacheifern zu können. Eine wirkliche Förderung im Sinne von Anleitung wird aber auch hier nicht geboten. Dafür ist auch das Konkurrenzdenken zu ausgeprägt. Wem ich heute helfe, der verdrängt mich morgen von meinem Stammplatz - also hütet jeder eifersüchtig sein Wissen und seine Beziehungen.
Der Buchmarkt ist nun mal kunden- und kommerzorientiert, die Leser der Phantastik nehmen nur einen kleinen Bereich ein, dem Genre werden zu viele Vorurteile entgegengebracht, (beispielsweise das SF = STAR TREK oder alle SF-Leser sind New-Age-Sektierer und Spinner), der potentielle Lese-Nachwuchs verfolgt andere Interessen (PC), und so ist ein Ausweg aus der literarischen Misere nicht ersichtlich, auch nicht durch Kleinverlage, die ein zu geringes Potential haben, um mehr als ein paar Leuten eine Chance einzuräumen.
Der harsche Unterton Erik Simons läßt sich wohl damit entschuldigen, daß Ostdeutschland von dieser Entwicklung härter getroffen wird als der Westen, der es gar nicht anders kennt. Tatsächlich existierte zu DDR-Zeiten ein florierendes phantastisches Verlagswesen, junge Autoren wurden gefördert (im Sinne von Anleitung) und hatten reelle Chancen, publiziert zu werden. Die Wiedervereinigung hat für viele dieser Autoren zunichte gemacht, wovon im Westen immer nur geträumt wurde.
Ferner findet man die "Top Liste der 10 unterschätztesten SF-Romane" von Michael Iwoleit, passend zum Mauerfalljubiläum ein Überblick über "SF aus Deutschland - Mauerfälle" von Siegfried Breuer, die "SF-History - Ereignisse vor 75 und 100 Jahren", dazu zahlreiche informative Rezensionen. Der Nachruf auf Marion Zimmer Bradley stammt aus der Feder von Marcel Feige; er würdigt das Schaffen der Autorin in Form einer kurzen Biographie.
Die Stories decken alle phantastischen Genre ab, humorige Fantasy, Horror, SF und die zeitgenössische Erzählung mit SF-Elementen:
Dennis Merbach erzählt in "Der Fehlerkobold" humorvoll von den Problemen eines Autors, der unbedingt ein ordentliches Manuskript anfertigen möchte, aber mit einer unerwarteten Begegnung konfrontiert wird. Nomen est omen und nimmt leider die Pointe vorweg.
Die "Bären" sind los bei Diane Duane. Was zunächst ein etwas langatmiges Reisetagebuch zu sein scheint, entpuppt sich zunehmend als phantastisches Puzzle. Die Erzählerin schildert ihre Begeisterung für die Schweizer Hauptstadt Bern, wobei es ihr besonders die Bären angetan haben. Eine Zufallsbekanntschaft hilft ihr, so manches zu verstehen. Nachdem man sich durch die anfangs langatmigen Passagen gelesen hat, erwacht die Neugierde, und man beginnt zu ahnen, was kommen mag. Eine interessante Variante eines bekannten Genre-Motivs.
"Die Gehirndörfer" von Ulrike Nolte ist m. E. die beste Erzählung in dieser Anthologie. Ein Raumschiff muß notlanden. Während Homme Martin Carter überlebt, stirbt seine Begleiterin an ihren Verletzungen. Die Dorfbewohner, welche die beiden gefunden haben, stehen dem Tod sehr teilnahmslos gegenüber. Auch sonst ist manches sehr rätselhaft, bis Laika die Geheimnisse lüftet. Die Angst vor dem Tod und vor dem Verlust geliebter Menschen steckt in jedem von uns. Wie wäre es, wenn trotzdem etwas von jedem übrig bliebe?
Erik Zimmermann lässt eine Wissenschaftlerin "Den Klang der Sonne" entdecken, ein unheimliches Geräusch, das sich exponentiell steigert und offensichtlich erschreckende Auswirkungen hat. Der alarmierte Bürgermeister steht den Schilderungen äußerst skeptisch gegenüber - bis er zurück in sein Büro kommt ... Eine Katastrophenstory mit kleiner Pointe.
Auch diesmal ist AC eine empfehlenswerte Lektüre, viel Lesefutter zum angemessenen Preis.

Irene Salzmann, Kranzberg



NEW WORLDS 33
166 Seiten DIN A 5, Offset, Klebebindung.
Auflage: unbekannt, 11,50 DM.
Bezug: Marco Erhard, Sportplatzstr. 4, Brebersdorf, 97535 Wasserlosen
Bankverbindung: Kreissparkasse Schweinfurt (BLZ 793 501 01), Konto 711176.

"Wir haben lediglich ein klitzekleines Problem: Nachdem wir ja schon seit jeher das fantastische, ultimative, schlicht: beste Fanzine waren, was sind wir dann jetzt? Wir fanden eine Lösung: NEW WORLDS ist einfach das Fanzine". Eben genannte Worte findet der Leser in dem Editorial dieser NEW WORLDS-Ausgabe. Fürwahr sind das recht hochtrabende und doch auch hoffentlich vor Sarkasmus triefende Worte, aber irgendwo haben die beiden Redakteure schon recht. Sicherlich gibt es mehrere Fanzines, die das NEW WORLDS noch übertreffen können, aber es ist doch trotzdem ein kleines Juwel in der Szene. Das kann wohl kaum jemand abstreiten.
So finden sich in dieser Ausgabe auch nicht nur die Produkte von Fans, sondern auch einige Beiträge von durchaus bekannten Leuten, die entweder schon erfolgreich sind, oder das Treppchen gerade erklimmen.
Wie schon die vorgehende Nummer ist dieses NEW WORLDS ebenfalls eindeutig SF-lastig und man findet massig Informationen über PR.
So z. B. der Artikel "Ausgebrannte Galaxien säumen ihren Weg", in dem von einem Treffen des Wiener PERRY RHODAN-Stammtisches mit Ernst Vlcek und Klaus N. Frick berichtet wird. Für PR-Fans sicherlich ein Muß, wegen der vielen Informationen, die sie aus den beiden herausquetschen konnten. Für alle anderen ein interessantes Lesevergnügen: Fans und ihre Stars, zu denen sie in kindischer Manier schmachtend aufschauen, jaja... Zusätzlich wird dann noch ein eigenständiges Interview mit Klaus N. Frick aufgeführt, von dessen Witz man sich einfach mitreißen lassen muß.
Aus aktuellem Anlaß will ich auch das Interview mit Reinhard Habeck unter PR ablegen. Nicht nur, daß er in der PR-Gemeinde durch seine "Rüsselmops-Cartoons" bekannt sein dürfte, sondern auch deswegen, weil er der Zeichner des Gucky-Kinderbuchs LAUSBIBER-ALARM ist, dem zusätzlich auch noch ein eigenständiger Artikel gewidmet wird.
Das Interview an sich ist informativ und man muß Reinhard zwangsläufig seine Hochachtung, angesichts dessen Ehrgeiz und Arbeitsmotivation, aussprechen. In seinem Fall hat es ein kreativer Mensch geschafft sich mit seiner Arbeit über Wasser zu halten und manch einer der frustrierten Autoren oder Zeichner, die immer noch auf ihren großen Durchbruch warten, sollten sich mal fragen, ob sie auch nur annähernd so viel arbeiten wie Reinhard und nicht noch mehr für ihre Träume tun könnten, anstatt nur auf die Verlage usw. zu schimpfen.
Weiterhin beinhaltet das Zine noch zwei PR-Stories, wobei die um Gucky von Michael Marcus Thurner einfach köstlich ist.
Der Mausbiber wird hier mit einem ganz besonderen Auftrag versorgt, um ihn aus der Reichweite von Bully zu entfernen, der durch den frechen, kleinen Kerl ständig drangsaliert wird. Mit welchen Methoden der Kleine diesen Auftrag meistert will ich an dieser Stelle nicht verraten; selber lesen und amüsieren heißt die Devise...
Weniger interessant ist dagegen die Story um Perrys Sprösslinge, die in ihrem Spieltrieb ganz nach ihrem Vater kommen.
Neben Reinhard Habeck wird mit Michael Wittmann noch ein weiterer Zeichner/Cartoonist interviewt, was auch sehr interessant ist.
Zu allgemeinen SF-Themen finden sich dann vier weitere Texte. Einer zur DDR-SF, der mir ganz und gar nicht gefallen wollte, da - einmal davon abgesehen, daß ich das Thema ziemlich uninteressant finde - außer einigen verbindenden Sätzen nur Autoren und deren Werke aufgezählt wurden. Sehr harmonisch und besinnlich ist dagegen der Artikel von Alfred Vejchar über die Gründung und das Clubleben der SCIENCE FICTION GRUPPE WIEN.
Wie schon der erste ist auch der zweite Teil des Millenium-Artikels von Milan Knezevic in meinen Augen ein Zuckerstückchen, das mir sehr viel Spaß machte. Diesmal geht es um Fanatiker und Sekten, die der Apokalypse entgegenfiebern und zu erschreckenden bis lachhaften Maßnahmen greifen, um sich darauf vorzubereiten.
Ebenfalls von Milan ist auch der Artikel "Der Patient ist tot, sie können ihn jetzt sprechen" über einen SF-Vortrag in Wien, bei dem u. a. Wolfgang Jeschke, Horst Pukallus und Michael K. Iwoleit anwesend waren. Die drei Seiten sind lustig zu lesen, bieten aber nicht unbedingt etwas neues oder tiefschürfendes. Daß Jeschke die SF so pessimistisch abhandelt, dürfte ja bekannt
sein... Übrigens ein Fakt, der mich sehr stört, da Jeschke wohl eines der wenigen Sprachrohre der SF in der Öffentlichkeit ist. Wäre es nicht vernünftiger, das Genre anstatt als einem verrottendem Sarg als aufkeimende Blüte zu präsentieren? Meines Erachtens kann Pessimismus diese verheerende Situation auf keinen Fall ändern, bzw. dürfte es auf diesem Wege schwerfallen neue Leser zu gewinnen und die Öffentlichkeit zu begeistern...
Wieder mit dabei sind die zwei Fortsetzungsgeschichten, von denen "Und es gibt sie doch!" ihr Ende findet. Man möge mir verzeihen, dass ich diesen letzten Teil nicht las, aber da die Herausgeber anbieten die komplette Story gesondert bestellen zu können und mir schon der vorletzte Teil ausgenommen gut gefiel, will ich von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, und mir den Lesegenuß nicht durch das Wissen über den Ausgang zu verderben. Aber das ist ja auch schon irgendwo eine Wertung...
Als i-Tüpfelchen unter den Stories möchte ich "Die dunkle Sonne" von Andreas Findig nennen, die allerdings zu kurz ist, um etwas über den Inhalt sagen zu können.
Zusätzlich wartet NEW WORLDS 33 dann noch mit vielen Leserbriefen, News und Kritiken auf. Auf der grafischen Seite dominieren natürlich wieder die zahllosen, sehr guten Comics, bei denen ich nur ungern eines oder einen Zeichner hervorheben möchte, da einfach alle hervorragend und witzig sind. Bei den restlichen Illustrationen verwöhnen natürlich die von Christian Schoofs die Augen des Betrachters.
Wie schon zu Anfang dieser Rezension gesagt, ist NEW WORLDS ein sehr gutes Fanzine, das zwar durchaus seine Schwächen hat, diese aber nicht gegenüber der Masse an guten bis sehr guten Beiträgen ins Gewicht fallen. Wer also nicht die 10 Märkerl für das "Taschenbuch" springen läßt ist selbst schuld...

Timo Kümmel, Ebersburg/Weyhers



SOLAR-X 120: FIN DE SIECE
60 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 110 Exemplare, 4,00 DM, 12er-Abonnement 45,00 DM.
Bezug: ANDROMEDA SF-CLUB HALLE, Wilko Müller jr., Volhardstr. 20, 06112 Halle/S., E-Mail: Wilko.Mueller@t-online.de.
Bankverbindung: Hypo Vereinsbank Halle (BLZ 800 200 86), Konto 7800444.

Das Jahrtausend ist noch gar nicht zu Ende, doch die allgemeine Massenhysterie hat das anders gesehen. Obgleich die Getreuen um SX-Herausgeber Wilko Müller jr. durchaus rechnen können und gemerkt haben, daß das alte Jahrtausend - ebenso wie das alte Jahrhundert - noch ein Jährchen andauert, hat man sich zu einer SX-Ausgabe unter dem Titel "Fin de Siecle" entschlossen, und weil die meisten Menschen ja offenbar Angst davor haben, wenn es "Zeitenwenden" gibt (ein Freund von mir, seines Zeichens Muslim, hat darüber nur gelächelt, denn bei ihm ist es gerade Mitte des 14. Jahrhunderts seiner Zeitrechnung), ist diese SX-Ausgabe auch recht düster ausgefallen.
Diese Düsternis äußert sich sowohl in der Gestaltung, in der das grafische Element viel stärker als sonst zur Geltung kommt und in der eher Blut und Schmerz als Silvesterfreude zu erkennen sind, als auch in den schriftlichen Beiträgen. Exemplarisch kann dafür auf der einen Seite, was die Kurzgeschichten angeht, die Story von Arnold Reisner namens "Scherben und Fleisch" gelten, die er in Erinnerung an eine Punkerin schrieb, die er mal kennengelernt hat. Eine Party im Schicki-Micki-Milieu hat sich eine "Gothic-Lady" namens Lily Leiche eingeladen, um mal so richtig schockiert zu werden. Die durch Selbstverstümmelung gezeichnete Frau, mit allen Attributen des angewandten Satanismus bedacht, bedient sich dabei in ihren Äußerungen eines bemerkenswert deplaziert wirkenden Berliner Slangs und entspricht in ihrem Verhalten ebenso schablonenhaft dem Bild von der Gothic-Szene wie das Verhalten der Partygäste - nahezu zum Klischee verzerrt - dem der gutbürgerlichen Mehrheit entspricht. Der Reiz der Geschichte soll wohl auf der einen Seite in diesem Gegensatz liegen, auf der anderen Seite offenbar im beschriebenen Akt der Selbstverstümmelung, den die Protagonistin verübt, was wiederum auf ein junges Mädchen, das der Party beiwohnt, gehörigen Eindruck zu machen scheint. Bei mir hinterließ diese Geschichte eher Verwirrung, vor allem, da ich zum einen den Bezug zwischen Gothic-Szene und Punk-Szene nicht herzustellen in der Lage bin, zum anderen, weil die Charaktere in einem Maße aufgesetzt sind, daß sie gerade in der Schärfe ihrer Darstellung völlig unglaubwürdig wirken. Vielleicht war es einfach zuviel des Guten... Wir dürfen allerdings mehr erwarten, denn das ganze soll ein Storyzyklus werden, bei dessen Erarbeitung der Autor vielleicht zum Zwecke seiner intendierten Aussagen etwas zurückhaltender vorgeht.
Coverabbilung SOLAR-X 120Ein sehr umfangreicher Beitrag auf der anderen, der sekundärliterarischen Seite, ist der Essay über den Satanismus, der ebenfalls von Arnold Reisner verfaßt wurde, und hier aufgrund seiner eher sachlichen Darstellungsweise weitaus mehr zu überzeugen weiß als seine Kurzgeschichte. Arnold Reisner versteht es recht überzeugend, gerade hier mit Klischees und Schablonen aufzuräumen und dem Thema aufgrund seiner historischen und literarischen Aufarbeitung andere Facetten abzugewinnen. Der Rezensent hat den Beitrag jedenfalls mit Interesse gelesen, schade nur, daß diese Sachkenntnis und der Einblick in die tieferen Zusammenhänge in der literarischen Aufarbeitung Reisners selbst so sehr zu kurz gekommen sind.
Auch die anderen Beiträge von durchaus bekannten Namen wie Eddie Angerhuber, Frank Festa oder Michael Siefener sind eher der schaurig-gruseligen Ecke zuzuordnen und tragen damit zu dem eher düsteren Gesamteindruck des Heftes bei. Da können wir nur gespannt sein bei Wilko Müllers Ankündigung, wenn zum wirklichen Jahrtausendwechsel im Dezember 2000 ein zweites Special zum Thema Zeitenwende erscheinen soll - und da wir den düsteren Aspekt ja jetzt abgehakt haben, kehren wir dann ja vielleicht zu den Chancen der Zukunft zurück.
Alles in allem ist SX 120 ein sehr interessantes, lesbares, gut gemachtes und von der Gestaltung her gefälliges Heft geworden. Das Farbcover unterstreicht den positiven Eindruck nur noch. Schade, daß die Redaktion nicht noch die paar Pfennige fand, um sich einen Randbeschnitt zu leisten - dann wäre der optische Eindruck vervollkommnet worden. Aber man kann eben nicht
alles haben.

Dirk van den Boom, Saarbrücken



SEIDENSCHATTEN - DIE SUCHENDEN
56 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage 40 Exemplare, Preis unbekannt (bitte erfragen).
Bezug: Martin Clauß, Im Göbel 17, 73732 Esslingen.

Das Cover von SEIDENSCHATTEN erwidert tatsächlich den neugierigen Blick. Man ist vor allem deshalb neugierig, weil nirgends darauf ein Titel zu entdecken ist, sondern Augen, Augen, nichts als Augen. Erst wenn man das Heft aufschlägt, begegnet man dem Namen des Romans und dem seines Autors. Zuvor ist jedoch noch ein kleines Interview an der Reihe, "...nur zur Erklärung", das leider etwas unglücklich zerstückelt auf den letzten Seiten zu Ende geführt wird statt als Block geliefert zu werden.
In diesem Interview erfährt man, daß Martin Clauß den vorliegenden Roman bereits 1997 verfaßte, jedoch lange keine Publikationsmöglichkeit fand, wie das leider so oft der Fall ist, sowohl auf Profi- wie auch auf Fan-Ebene. Mit dieser Erzählung möchte er die vermeintliche Nische des Frauen-Fantasy-Heftromans abdecken. 
Ich kenne mich nicht näher in der Welt der Heftromane aus, doch sind mir einige Titel geläufig: PERRY RHODAN, JERRY COTTON, JOHN SINCLAIR, MYTHOR, diverse Arzt-, Heimat-, Liebes-, etc.-Romane. Man kann bestimmt sagen, daß jedes Genre vertreten ist, wobei manche dieser Hefte wohl mehr für Frauen, andere mehr für Männer geschrieben sind, doch existiert die krasse Trennung heute kaum noch. Vor allem die phantastische Literatur, die nur einen geringen Marktanteil hat, versucht, beide Geschlechter anzusprechen. 
Als Frau mißfallen mir zwar die Klischees z. B. männlicher Fantasy-Autoren, welche nicht auf ihre leichtgeschürzte Amazone verzichten wollen, die am Ende der Geschichte das Schwert in die Ecke legt und ihren Muskelprotz anhimmelt, doch vergleiche ich mit dem Feminismus mancher Autorinnen, die besagte Klischees lediglich auf den Kopf stellen, sehe ich keinen sonderlichen Unterschied. Wichtig ist, dass das Buch spannend und einigermaßen intelligent ist, daß die Figuren überzeugen - ob es von einer Frau oder einem Mann für Frauen oder Männer geschrieben ist, danach fragt dann keiner. Von daher braucht man gewiß keine Frauen-Fantasy-Heftreihe. Dieses Attribut würde mehr abschrecken als Leserinnen anlocken.
Natürlich will Martin keine "for women only"-Serie kreieren, sondern beide Geschlechter anlocken, aber dann darf er m. E. nicht den Fehler begehen, sich auf eine bestimmte Lesergruppe festzulegen.
Übrigens, SEIDENSCHATTEN hat noch keine Fortsetzung gefunden. Martin würde sich freuen, wenn andere die Konzeption aufgreifen und vor diesem Szenario ihre Geschichten ansiedeln würden.
Der Background von SEIDENSCHATTEN ist die Idee, daß es analog der großen Karawanenstraßen Pfade in einer Parallelwelt gibt. Manchmal öffnen sich die Tore, Menschen, Tiere und Gegenstände wechseln von einer auf die andere Seite. In Folge gibt es in der anderen Welt ein Konglomerat unterschiedlichster Wesen, Kulturen, Baustile etc. Wer wieder in seine Welt zurückgelangt, verliert jedoch etwas, beispielsweise ein Körperteil, eine Erinnerung o. ä. Der Titel leitet sich von der bekannten Seidenstraße ab, die allerdings nicht, was der Autor unberücksichtigt ließ, die einzige große Handelsverbindung darstellt, schließlich kennt man auch die Bernsteinstraße, die Salzstraße u. a. Routen.
Hua Mei ist eine von denen, die einmal auf der anderen Seite waren. Sie gibt ein Vermögen aus, um Objekte zu sammeln, die das Vorhandensein dieser fremdartigen Welt bezeugen. Das Sammeln ist bereits eine Sucht; sie sucht etwas ganz Bestimmtes, weiß aber selbst nicht, worum es sich handelt. Als ihr die Geldmittel ausgehen, wird sie von ihren bisherigen Helfern der Sammlung beraubt. Ohne ihre Schätze sieht Hua Mei keinen Sinn mehr in ihrem Leben. Aber dann begegnet sie dem Räuber Kang Bo, und das Mosaik fügt sich langsam zusammen.
Gemäß der geographischen Lage hat Martin als Handlungsort Westchina gewählt. Die Figuren kranken jedoch an dem Umstand, daß sie sich nicht unbedingt ihrem kulturellen Hintergrund gemäß verhalten, sondern eher so, wie man es in den Hongkong-Filmen dem westlichen Publikum vorspielt. Trotzdem liest man neugierig auch über langatmigere Stellen hinweg, um herauszufinden, was Hua Mei in der anderen Welt passierte. 
Das phantastische Element zieht nur wie ein Hauch durch den Roman, und man erfährt leider nichts Näheres über die Parallelwelt.
Die Bezeichnung "Frauen-Fantasy" ruft bei mir automatisch eine Abwehrhaltung hervor: Wieso will mir jemand vorschreiben, was ich als Frau lesen soll? Bestimmt erwartet mich eine Menge Kitsch und Käse. Das, so glauben viele Autoren fälschlicherweise, wäre exakt, was Frauen zu lesen wünschen. Sie wollen Heldinnen, die den Männern, wenn auch nur literarisch, endlich mal eins drauf geben und dann doch noch im Hafen der Ehe landen. 
Läßt man die unselige Benennung außer acht und geht unvoreingenommen an die Lektüre, erweist sich der Fan-Roman als einer von der besseren Sorte, da Martin unterhaltsam erzählt und sich nicht ausschließlich an das weibliche Publikum wendet. Für eine Geschichte, die im asiatischen Kulturkreis angesiedelt ist, hätte er jedoch intensivere Recherchen betreiben müssen.
Fazit: Nicht uninteressant, es wäre sogar mehr drin gewesen.

Irene Salzmann, Kranzberg




Der FANZINE-KURIER erscheint in der EDITION WHISPERING TIMES.

Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle
Eibenweg 18
49134 Wallenhorst.
E-Mail: armoe@gmx.de

Preise: Einzelexemplar 1,20 DM, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 6,00 DM (in Briefmarken oder als Verrechnungsscheck). Der FANZINE-KURIER ist außerdem im PRBCBS im Interesseabo zu beziehen.

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dirk van den Boom, Timo Kümmel, Holger Marks, Clemens Nissen s. ps., Irene Salzmann, Johannes Unnewehr. 
Auflage: 90 Exemplare.

Für Rezensionsexemplare sind wir stets sehr dankbar!