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Werte Leserinnen und Leser,

ich bedauere, daß ich an dieser Stelle erneut von der Verschiebung der Besprechung über APRROXIMATION 51: PICKET FENCES berichten muß. Da mir jedoch bereits genügend Material für diese FANZINE-KURIER-Ausgabe vorliegt, habe ich nicht vor, auf die Rezensionen zu warten, ebensowenig wie auf die Besprechung über SOLAR-X 97. Ich bitte um Verständnis.
Für den FANZINE-KURIER 84 plane ich Rezensionen über SOL 10, ALIEN CONTACT 31, MUNICH ROUND UP 166, SOLAR-X 98 und 99, ALBEDO 0.39 1, EXTRAVENÖS 13, SF-OKULAR 169 bis 171 und über BEYOND 1 ein.

Viele Grüße
Armin Möhle



PREHISTORIC  NEWS 14 & 15
GESCHICHTEN DER NACHT 18: CH’XAAL
FANTASTISCHES FORUM 17: QUARBER MERKUR INDEX
SOLAR-X 96
ALIEN CONTACT 30
GESCHICHTEN DER NACHT 21: BABYLON 5 – LICHT UND SCHATTEN
ENPUNKT 30
PARADISE 26
ARGENTINUM ASTRUM 3
GRIMOIRE 5
SOL 9
PARADISE SONDERHEFT: TECHNIK – ETHIK – LEBEN
BONSAI 10



PREHISTORIC NEWS 14
36 Seiten DIN A 5, Offset, Mittelheftung.
PREHISTORIC NEWS 15
32 Seiten DIN A 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 6,50 DM, 3er-Abonnement 16,50 DM, 6er-Abonnement 30,00 DM.
Bezug: Ronald Hoppe & Henry Henke, Bundesallee 74, 12161 Berlin.
Bankverbindung: Postbank Berlin (BLZ 100 100 10), Konto 5960103.

Was macht man, wenn man eine Doktorarbeit zu einem etwas seltsamen Thema schreibt, das manches Genre nur am Rande streift? Man macht eine Obsession daraus. Anders vermag ich es kaum zu deuten, daß mit den vorliegenden Ausgaben des Fanzines PREHISTORIC NEWS über "prähistorische Motive in den Medien" Bernhard Kempen nunmehr 15 Nummern dieses mit viel Liebe zum Detail gemachten Heftes herausgebracht hat. Natürlich stellt sich die Frage, wen sowas überhaupt interessiert, und in der Tat sind die Themen manchmal arg speziell. Es ist zwar ein reichhaltiger Fundus an Dinosaurierfilmen und -büchern vorhanden - spätestens seit JURASSIC PARK ist das Thema ja wieder "in" - aber ein wenig erscheinen die Beiträge in diesen Heften wie aufgesetzt. Das originell-witzige Extrem ist eine bierernste Rezension des LUSTIGEN TASCHENBUCHS Nr. 213, in dem Donald Duck in die "Verlorene Welt" Arthur Conan Doyles eindringt und der Rezensent konzediert, daß man sich gut an die Romanvorlage gehalten habe, nur der Pterodaktylus sei viel zu groß und in Wirklichkeit ein Pteranodon. Aha. Das hat donaldistische Ausmaße! Ins Lächerliche dringt dann ein höchst informativer Artikel über, man höre und staune, Duplo-Dinos vor, in dem es darum geht, daß Kinderchen sich ihren Tyrannosaurus Rex mit Legosteinen zusammenbasteln können, was laut Dr. Kempen "jedes Kinderherz höher schlagen" läßt. Oh heilige Einfalt!
Die PREHISTORIC NEWS sind eine Heftreihe über ein sehr enges Feld, was sich nicht zuletzt darin niederschlägt, daß Herausgeber Bernhard Kempen fast alle Beiträge selbst schreibt und, das legt zumindest die Themenwahl nahe, verzweifelt auf der Suche nach neuen Themen zu sein scheint, sonst wäre der Duplo-Dino da wohl nicht aufgetaucht, unabhängig von allen schlagenden Kinderherzen. Die Bemühtheit, eine Mischung aus seriösen Beiträgen, Skurrilitäten und Banalitäten mit der gleichen ernst-wissenschaftlichen Attitüde darzustellen, hat streckenweise realsatirische Potentiale. Ansonsten sicher ein interessantes Heft für alle Saurier-Fans, aber trotz Vierfarbcover mit 5,00 DM für bisweilen knappe 32 Seiten deutlich überteuert. Fazit: Nur für jene zu empfehlen, die es wirklich interessiert!

Dirk van den Boom
Münster



GESCHICHTEN DER NACHT 18: CH'XAAL
24 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: 50 Exemplare, 3,50 DM, 6er-Abonnement 22,22 DM.
Bezug: TERRANISCHER CLUB EDEN, Kim Stark, Rieslingweg 32, 55545 Bad Kreuznach.

Ch'Xaal heißt ein ameisenartiges Alienvolk, das eines Tages die Erde besucht und diplomatische Beziehungen zu einigen Regierungen aufnimmt. Vor der Masse des Volkes halten sich die Besucher verborgen, und so kann es nicht ausbleiben, daß Spekulationen ins Kraut schießen, z. B. die Außerirdischen würden die Menschheit durch Suggestion beeinflussen, indem sie kleine Sender in Zahnbürsten einbauen. Die Protagonistin dieser von einem Autor namens "Wintermute" gezeichneten Geschichte findet heraus, daß die Gerüchte wahr sind - auf einer gewissen Ebene natürlich. Ihre Versuche, aus dem Suggestionskäfig auszubrechen, führen sie zu einer noch tiefer liegenden Realität, in der das ganze von einem Computer simuliert wird. Von nun an versucht sie, das Betriebssystem zu crashen, um über die I/O-Routine zu flüchten...
Ch'Xaal liest sich wie ein Potpourri von 40 Jahren Inner Space-Science Fiction, stilecht bis zum psychedelischen Showdown ("... formlose Gruppen von Nullen und Einsen flogen durch gestaltlose Leere ..."). WELT AM DRAHT und TRON lassen grüßen, Philip K. Dick und in besonderer Weise Stanislaw Lem mit seinem FUTUROLOGISCHEN KONGREß. Ist Wintermute deswegen ein deutscher Dick? - Natürlich nicht, oder zumindest noch nicht, denn im Vergleich mit den Meistern offenbart sein Werk einige Schwächen mehr. Sprachlich stelzt der Autor (die Autorin?) gelegentlich unbeholfen daher, wenn er z. B. seine Protagonistin sagen läßt, etwas klinge "nicht unüberzeugend" oder sie einem Zerreißtest unterwirft, indem er sie aufgeschreckt zusammenschrecken läßt. Die Textstellen, in denen die Protagonistin nach Erklärungen sucht, geraten zuweilen ausladend und wenig knackig. So etwas müßte man besser in die Handlung integrieren. Vom Aufbau her schließlich zerfällt die Geschichte in die zwei Teile Ameiseninvasion und Computersimulation, so daß man es fast schon mit zwei aneinandergehängten Stories zu tun hat.
Die angeführten Kritikpunkte sollten nicht überbewertet werden. Ch'Xaal ist nämlich eine ausgesprochen spannende Inner Space-Story. Sie ist so spannend, daß ich verärgert war, als der Zug, in dem ich sie gelesen hatte, sein Ziel erreichte, bevor ich mit dem hintersinnigen pointierten Ende fertig war. Aber da kann man nichts machen: Ch'Xaal.

Johannes Unnewehr
Heidelberg



FANTASTISCHES FORUM 17: QUARBER MERKUR INDEX
90 Seiten DIN A 4, Offset, Randheftung.
Auflage: unbekannt, 6,50 DM.
Bezug: AKTIONSKREIS PHANTASTIK, Thomas Vohl, Alte Schanze 69, 40468 Düsseldorf.
Bankverbindung: Sparda-Bank Essen (BLZ 360 605 91), Konto 197 152.

Die 17. Ausgabe des FANTASTISCHES FORUM enthält den QUARBER MERKUR INDEX, die Aufmachung entspricht offenbar dem Original. Der QUARBER MERKUR ist ein ambitioniertes und anspruchsvolles sekundärliterarisches Fanzine, das seit den sechziger Jahren von Franz Rottensteiner herausgegeben wird, der eher als Redakteur der PHANTASTISCHEN BIBLIOTHEK des Suhrkamp Verlags bekannt sein dürfte, und von dem mittlerweile 85 Ausgaben erschienen sind (überwiegend als eigenständige Fanzines, teils auch als Bestandteile anderer Publikationen, vor allem in den ersten Jahrgängen, zuletzt im EDFC).
Der von Erik Simon zusammengestellte Index umfaßt etwa 60 Seiten und listet die in den QUARBER MERKUR-Ausgaben 1 bis 84 enthaltenen Textbeiträge auf. Artikel und Essays sind in der Regel unter zwei Einträgen auffindbar, zum einen unter dem Namen ihres Verfassers, zum anderen unter dem des Autors, dessen Werke behandelt wurden. Dem Index ist ein Rückblick in die QM-Geschichte von Franz Rottensteiner vorangestellt, ihm folgen weitere Erinnerungen von Rolf Gindorf, ein launiges Gespräch zwischen Franz Rottensteiner und Dieter Braeg, dem ebenfalls viele Informationen über den QUARBER MERKUR und über seinen Herausgeber zu entnehmen sind, und ein kurzer Beitrag von Doris Dreßler über die Titelbilder des QM, die einzigen Zeichnungen dieser ansonsten "unillustrierten Literaturzeitschrift".
Die Verbreitung des QUARBER MERKUR im bundesdeutschen Fandom ist schwer einzuschätzen. Rezensionen über den QM sind nur selten erschienen, auch im FANZINE-KURIER nur einmal, und zwar in der 49. Ausgabe von April 92 (über die QM-Ausgaben 75 und 76)... Das Mitarbeiterverzeichnis in dem QUARBER MERKUR-INDEX weist zudem nur wenige bekannte Fandomler auf, dafür eine Reihe von professionell und semiprofessionell tätigen Autoren. Den umfangreichen Index können unter diesen Umständen nur Leser verwerten, die den QUARBER MERKUR kennen, für die anderen sind die begleitenden Beiträge immerhin ein interessanter Blick in den einen Teil der Geschichte des bundesdeutschen Fandoms.

Armin Möhle
Wallenhorst



SOLAR-X 96
44 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: 95 Exemplare, 4,00 DM, 12er-Abonnement 45,00 DM.
Bezug: ANDROMEDA SF-CLUB HALLE, Wilko Müller jr., Volhardstr. 20, 06112 Halle/S.
Bankverbindung: Bayerische Vereinsbank (BLZ 800 200 86), Konto 7800444.

Der Februar brachte neben Regen, Eis und Schnee wieder einmal eine SOLAR-X Ausgabe. Von der Namensgeberin des Magazins hat man in dem Monat allerdings wenig gesehen und gespürt. Dafür entschädigt die ausgewogene Mischung aus Stories, Rezensionen, zwei Interviews und vielen Informationen, die SOLAR-X auch diesmal wieder zu bieten hat. 
Nach einer Reihe von fundierten Rezenzionen über neue oder auch nicht mehr ganz so neue Bücher und Comics aus unserem geliebten Genre, stoßen wir bald auf eine Story von Hans-Dietmar Sievers, die Wilko sich aus dem Internet "schnappte". "Ossis Fantasy" stellt zwei Kapitel aus einem erst im Entstehen begriffenen Roman des halleschen Autoren dar. Wilko ist sich selber nicht ganz sicher, ob die Story überhaupt dem phantastischen Genre zuzuordnen ist, aber sie hat ihm gefallen und deshalb druckt er sie ab. Zu Recht, wie ich meine. Hans-Dietmar Sievers Hauptperson Moppi lebt im heutigen Osten Deutschlands, ist arbeitslos und hat kaum eine berufliche oder private Zukunftsperspektive. Während er tagsüber dubiose und nicht immer legale Gelegenheitsjobs erledigt, taucht er in der übrigen Zeit ganz in die Welt der Computerspiele ein und rettet Prinzessinen. Der Autor vermischt erzählerisch geschickt beide Perspektiven, um deutlich zu machen, wie sehr die reale Weltsicht des Protagonisten von der Spielwelt überlagert wird. Sogar die "Sozialverbände" in den Rollenspielen, in der jeder für den anderen eintritt und notfalls auch stirbt, erscheinen ihm erstrebenswerter als die zerbrechende Gesellschaftsordnung der Realität. Egal ob die Geschichte jetzt einen phantastischen Inhalt hat oder nicht, eine gelungene Gesellschaftssatire ist sie allemal.
Eddie Angerhuber will mit ihrer Geschichte "Die Wabe" den Leser nicht zum Denken anregen, sondern ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Es gelingt ihr nur bedingt. Ihre beiden Protagonisten dringen des Nachts und bei kräftigen Regen in ein altes verlassenes Gebäude ein. Eddie beschreibt damit ein klassisches Horrorszenario und natürlich kommt es, wie es kommen muß. Die beiden Helden werden getrennt, irren durch das Gebäude und treffen plötzlich wieder aufeinander... Ich fand die Geschichte - gerade den Mittelteil - zu lang, zu häufig wechselt die Autorin in der Erzählperspektive zwischen ihren beiden Helden hin und her und zu offensichtlich ist schließlich das Ende, so daß zum Schluß leider etwas von der Spannung verloren geht, die die Autorin durchaus aufzubauen weiß.
"Die Tochter des Frühlingsgottes" von Rebecca Conrad, die ihr Debüt in dieser Ausgabe gibt, ist einer der Geschichten, mit denen ich nicht viel anfangen kann. Die Heldin ist genau das, was der Titel besagt: eine Frühlingsbotin die in einem nordisch geprägten Land im Frühjahr von Dorf zu Dorf wandert, um den Winter zu vertreiben. Als die Vertreter eines Dorfes sie bitten, ihr Dorf früher zu besuchen, als vorgesehen, weil sonst alle Dorfbewohner verhungern würden, kommt es zu einem Konflikt, denn die Tochter des Frühlingsgottes darf nicht von dem ihr vorbezeichneten Weg abweichen. Rebecca trifft den Märchen-Ton ganz gut, für eine intessante Fantasy-Geschichte fehlt mir jedoch der menschlich-realistische Aspekt.
Insgesamt gesehen brachte der Februar wieder eine sehr gelungene Ausgabe. Und Front- sowie Backcover deuten auf eine leichte Entspannung hin, im Kampf um Marktanteile in einem liberalisierten... aber das wißt ihr ja schon. Und wer will heute noch von so einem alten Hut etwas lesen... 

Holger Marks
Marburg



ALIEN CONTACT 30
64 Seiten E 5, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 7,00 DM, 4er-Abonnement 28,00 DM.
Bezug: Edition AVALON, Oderstr. 17, 10237 Berlin.
Bankverbindung: Bank 24 (BLZ 380 707 24), Konto 141104000, lautend auf Dirk Kurth.

Wie üblich präsentiert sich ALIEN CONTACT in professionellem Layout. Die schlichte Eleganz verleiht diesem Fanzine eine gewisse Seriosität. Graues Umweltschmutzpapier mit dezentem Grün, eine kleine Illustration von Volkmar Götze neben einer minimalen Inhaltsangabe ergänzen sich zu einem Blickfang, der es von den meisten anderen Zines, die auf ein seitenfüllendes Titelbild plus Namenszug setzen, abgrenzt.
Der Druck ist sauber, die einzelnen Beiträge heben sich gut von einander ab durch unterschiedliche Schriften, so daß die recht kleine Type durch diese Abwechslung das Auge nicht ermüdet. Folglich ist es gar nicht notwendig, zur Auflockerung mehr Grafiken einzustreuen. ALIEN CONTACT kommt mit verhältnismäßig wenig Illustrationen aus (Volkmar Götze, Gregor Beckmann, Franz Miklis und Thomas Hofmann), die sich stilistisch ins Gesamtbild einfügen.
Der Inhalt bietet die gleichfalls gewohnte Mischung aus Sekundärtexten, Rezensionen und Stories:
In einem Interview mit Frank Festa wird die junge Edition Metzengerstein vorgestellt. Ein Artikel greift "Das Phänomen Isaac Asimov" auf und faßt kurz das Wesentliche über den Altmeister der SF und seine wichtigsten Werke zusammen. Sehr amüsant fand ich die "Zehn besten Gründe, Fantasy zu hassen". Da wird gewiß so manchem aus der Seele gesprochen ...
Die Rezensionen sind ausnahmslos informativ, sachlich und räumen nicht nur den gängigen TB-Verlagen, sondern auch den neuen, kleinen Anbietern Raum ein, sowie diversen PC-Spielen.
In der "Begrüßungsrede..." greift Gabi Neumayer satirisch das Problem der überfüllten Universitäten auf und bietet am Beispiel der Medizinischen Fakultät eine makabere Lösung. Die scheinbar trockene Ansprache steuert geschickt auf eine böse, kleine Pointe zu und impliziert, wie sehr der Wert menschlichen Lebens sinkt, wenn es zu viel davon gibt. Dazu muß nicht einmal erst ein Unsterblichkeitsserum erfunden werden, bedenkt man, wie teuer man die unsinnigsten Dinge versichern kann, während für Invalidität oder im Todesfall eines Menschen vergleichsweise geringe Summen im Spiel sind.
Ausgehend von einem Text im "Spiegel" befaßt sich Gideon Haberkorn in mehreren kleinen Episoden humorvoll mit den Tücken der hilfreichen Technik, die den Menschen erst bequemer werden läßt, schließlich bevormundet und am Ende... - selber lesen! Gideo vermeidet es, mit dem erhobenen Zeigefinger die Gefahren anzuprangern, stattdessen steigert er die Situationskomik über boshaften Witz zu einem Alptraum. Für mich die beste der Geschichten, die alle überdurchschnittlich gut geschrieben sind.
Wer denkt nicht automatisch an ein Bibelzitat bei dem Titel "Fürchtet euch nicht" von Martin Kaletsch? Zwei Forscher bemühen sich, die Leiche eines Kollegen zu bergen, der in eine Spalte gestürzt ist. Im Innern des Felsens stoßen sie auf etwas Unglaubliches. Der Titel läßt Ahnungen zu. Leider begeht der Autor den Fehler, durch einen schwachen Schluß dem Leser die Entscheidung zu nehmen, ob er an eine Halluzination oder an eine phantastische Entdeckung glauben möchte.
In "Blaues Licht" von Rolf Krohn wird der berühmte Detektiv Sherlock Holmes aktiv, der schon seit Generationen seine Fangemeinde fasziniert. Ein mysteriöser Banküberfall erweist sich lediglich als die Spitze eines Eisbergs, der vom Krimi weg und hin zur Phantastik führt. In seiner Erzählung versucht der Autor, eine Erklärung zu finden, weshalb Holmes in späteren Jahren dem Kokain verfiel. Mir erscheint diese Theorie zu sehr an den Haaren herbei gezogen: Ich belasse Krimihelden lieber in ihren Krimis; phantastische oder genrefremde Elemente passen nicht zu jedem Charakter (die "Zehn besten Gründe" lassen grüßen!). Trotzdem ist es Rolf hervorragend gelungen, eine längere Geschichte zu konzipieren, die man gespannt verfolgt und in der er stilistisch die Atmosphäre des viktorianischen Zeitalters wiedergibt, an die Erzählkunst von A. C. Doyle anknüpfend.
Alles in allem ist ALIEN CONTACT ein sehr gut gelungener Almanach.

Irene Salzmann
Kranzberg



GESCHICHTEN DER NACHT 21: BABYLON 5 - LICHT UND SCHATTEN
56 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: 70 Exemplare, 4,40 DM.
Bezug: TERRANISCHER CLUB EDEN, Kim Stark, Rieslingweg 32, 55545 Bad Kreuznach.

Die 21. Ausgabe der GESCHICHTEN DER NACHT enthält einen weiteren Fanroman von Monika Abt, der im BABYLON 5-Universum angesiedelt ist. Die Kenntnis der Serie ist erforderlich, weil die Autorin offenbar ein alternatives Ende des dritten Staffel der Fernsehserie beschreibt. In der Fernsehserie bleiben die mysteriösen Schattenwesen die Feinde von Captain Sheridan, dem Kommandanten von BABYLON 5, und seiner Verbündeten, in BABYLON 5 - LICHT UND SCHATTEN tauschen sie ihre Rolle mit den Vorlonen, die, wenn auch nicht minder geheimnisvoll, als Wohltäter auftraten.
Dieser Rollentausch erscheint auf den ersten Blick interessant, wird jedoch ebensowenig motiviert und begründet wie die Feindseligkeit und die Aggressivität der Schattenwesen in der Originalserie. Freilich dürfte bereits ein Jahrtausende umfassender kriegerischer Konflikt zwischen zwei mächtigen Spezies, den Schattenwesen und den Vorlonen, wie er sich in der Fernsehserie abzuzeichnen beginnt, kaum plausibel zu vermitteln sein, auch wenn er für die Zuschauer von BABYLON 5 offenbar interessant ist, wie ich mit einem gewissen Unverständnis einräumen muß. Die diversen SF-Fernsehserien, in deren mitunter zweifelhaften Genuß der Interessierte in den letzten Jahren kam, bedienen sich lediglich des Ideenfundus der SF und entwickeln nichts neues. Insbesondere BABYLON 5 ist wegen seines Militarismus' und des extremen Freud/Feind-Schemas rückwärtsgewandter als beispielsweise STAR TREK, wobei ich freilich auch bei STAR TREK die Zunahme der Darstellungen größerer kriegerischer Auseinandersetzungen bedauere.
Monika Abt ist eine gewisse Routine beim Verfassen längerer Arbeiten zu bescheinigen, auch wenn ihr Stil einfach ist und sie sich in GESCHICHTEN DER NACHT 21: BABYLON 5 - LICHT UND SCHATTEN auf die Wiedergabe der Handlung und weniger auf die Darstellung und Charakterisierung von Orten und Personen konzentriert. Diverse stilistische Fehler wie Wortwiederholungen und ungeschickte Formulierungen wie "Wir haben entdeckt, was die Energie verursacht." (Seite 46/47) deuten aber auf einen gewissen Überarbeitungsbedarf hin, der nicht befriedigt wurde. Auch die Illustratorin der Ausgabe, Maren Frank, die die Protagonisten von BABYLON 5 in einem schlichten Stil porträtierte, weist noch ein Entwicklungspotential auf.
Etwas übertrieben erscheint es, daß Monika Abt unbedingt jeden Protagonisten aus BABYLON 5 in die Handlung ihres Fanromans einbinden mußte. Aber auch das trägt dazu bei, daß derjenige, der die Serie im Fernsehen einigermaßen regelmäßig verfolgt hat, keine Verständnisprobleme mit GESCHICHTEN DER NACHT 21: BABYLON 5 - LICHT UND SCHATTEN haben wird. Der alternative Handlungsverlauf ist dagegen wirklich nur für die Fans der Serie interessant.

Armin Möhle
Wallenhorst



ENPUNKT 30
60 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 3,50 DM, 4er-Abonnement 12,00 DM.
Bezug: Klaus N. Frick, Leopoldstr. 29, 76133 Karlsruhe.
Bankverbindung: Kreissparkasse Freudenstadt (BLZ 642 510 60), Konto 187 954.

ENPUNKT, das Egozine des PERRY RHODAN-Redakteurs Klaus N. Frick, versteht sich als "Zeitschrift für angewandtes Spießertum", gehört also nicht zum SF-, Horror- oder Fantasy-Fandom, sondern zur Punkszene. Ist es für mich als einen SF-Fan, der nach Klaus' Weltsicht gewiß zu den "Spießern" gehört, schon schwer, die Vorstellungswelt der Punx nachzuvollziehen, so wird das Rezensieren noch schwieriger dadurch, daß es sich um ein Egozine handelt, das von der Persönlichkeit seines Herausgebers kaum getrennt werden kann. Eine politische Schlammschlacht droht also ebenso wie ein persönlicher Krach. Würde man jedoch darauf verzichten, die tragenden persönlichen und politischen Äußerungen in ENPUNKT zu kommentieren, wäre die Besprechung geschönt und wertlos. Allein aus diesem Grunde wird es dieser Rezension nicht an Deutlichkeit fehlen.
Klaus bestreitet das Vorwort mit Angriffen gegen Studenten, es könne "nicht angehen, daß unsereins malocht, damit die sich einen faulen Lenz machen - um hinterher die großen Chefs zu spielen...die sogenannte Bildung irgendwelcher Rich-Kids zu unterstützen, damit die später fett die Kohle kassieren - das sehe ich eigentlich nicht ein." Er sei "ungelernt - und stolz darauf". Im Bericht "APPD marschiert" berichtet Klaus begeistert von Straßenschlachten mit der Polizei und der Bedrohung von "Spießbürgern". Später beschreibt er die Ziele der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands (Sturz des bürgerlichen Systems; Asoziale an die Macht; Arbeit nur für die Arbeitsgeilen, mehr Geld für die Arbeitsscheuen...).
Dem Nicht-Punk führt ENPUNKT vor Augen, wie extrem sich Weltsichten von der eigenen unterscheiden können und daß jeder ein Resultat der eigenen Lebensgeschichte ist. Wer "nichts gelernt hat", für den kann offenbar gegen Studenten eine Art Fremdenhaß erwachsen, so daß er sie alle für künftige Chefs und Reiche hält, auch wenn die Statistiken angesichts der Akademikerschwemme eine völlig andere Sprache sprechen und die auch aus dem Druck des Arbeitsmarktes resultierende zunehmende "Verschulung" des Studiums manchen Traum von einem ungezwungenen Studentenleben durch Leistungsdruck zerstört. Interessant auch, daß man sich als Angehöriger der schreibenden Zunft noch der malochenden Arbeiterklasse zugehörig fühlen und auf diese Weise persönlich gegenüber Studenten zurückgesetzt fühlen kann. Ein PERRY RHODAN-Redakteur, der das Glück hatte, sein Hobby zum Beruf machen zu können, singt ein Klagelied auf die Härte körperlicher Arbeit und die Entfremdung der Werktätigen von ihren Aufgaben! Gewiß ist es eine weitverbreitete Unart quer durch alle Gruppen, über die eigene berufliche Situation zu jammern; weder Lehrer oder sonstige Beamte und Angestellte noch Arbeiter oder Studenten geben gern an, nicht überlastet zu sein; jeder stöhnt unter seinem "Päckle", wie leicht es auch sein mag.
Klaus beruft sich aber auf ein Päckle, das er gar nicht trägt. Und er beläßt es nicht beim Jammern, sondern wird zum Rebellen, will das System stürzen, greift dessen Polizeikräfte an. Den "Spießer" will er bekämpfen, provoziert, pinkelt Imbißbuden an, versucht, mit Punk-Musik, Outfit und Unmengen Bier einen alternativen Lebensstil vorzuführen, propagiert Anarchie als Utopie. Welche politische Leitbildfunktion es allerdings haben soll, betrunken Auto zu fahren und damit andere zu gefährden, ist unklar. Ebenso bleibt im Dunkeln, worunter er im vorhandenen System zu leiden meint. Einen Pauschalreiseurlaub "Unter Spießern" erlebt er widerwillig als erholsam. Für seine privaten Probleme, die er ab und zu anklingen läßt, ist das System gewiß zuallerletzt verantwortlich. Ist es einfach nur schick, sich als unterdrückter, rebellierender Arbeiter zu fühlen, auch wenn weder eine Unterdrückungspein noch auch nur eine Arbeitertätigkeit zu verzeichnen sind?
Politische Programme und Zielvorstellungen sind dem ENPUNKT nur sehr nebulös zu entnehmen; die Art der Meinungsäußerung läßt allerdings vermuten, daß hier mehr ein Lebensgefühl zelebriert denn an einer besseren Zukunft gearbeitet wird. Dagegen wäre wenig zu sagen, wenn es nur unterhaltenden und fiktiven Charakter hätte. So drängt sich jedoch das Bild zivilisationsmüder Wohlstandskinder auf, die die ihnen gebotenen Freiheiten nicht konstruktiv nutzen, sondern blind gegen ein funktionierendes System opponieren, um sich zu profilieren und ihre Frustrationen in Zerstörungswut ausleben zu können. Sie haben nichts, also darf auch niemand sonst etwas haben. Sie erschaffen nichts, also darf auch niemand sonst sich etwas schaffen.
Diese rein destruktive Einstellung erlebt Klaus selbst allerdings offenbar immer mehr als unbefriedigend, fühlt sich als "Punkrock-Opa", bemerkt ängstlich, daß er 35 wird, sagt: "Ich bin Scheiße". Bei einer Zugreise nach Wien erlebt er, wie er es nicht schafft, sich zur Kontaktaufnahme mit einer Opernfreundin zu überwinden. Ebenso offen schildert er eingehend, wie er sich einmal aus der eigenen Wohnung aussperrte, offenbart sich als Vegetarier etc. - zeigt sich als Mensch und Idealist. Sein Bericht von der Reise ins "Mutschelland" liest sich so ordinär wie witzig. Zu den Themen "Amerikaner", "Soldatische Moral" etc. schreibt er unverklärt und realistisch.
Manche Attacke gegen das "Spießbürgertum" dürfte kaum mehr als eine provokante Pose sein. Da Klaus seine Brötchen bürgerlich verdient, bleibt ihm für das Ausleben des Punk nur die Freizeit.
Er sollte aber wissen, daß gewaltsame Übergriffe für die Opfer kein Spiel sind und daß politische Freiheiten, eine Konsumgüterversorgung bis zum Überfluß und menschliche Arbeitsbedingungen das Ergebnis und die Errungenschaften jahrzehntelanger Mühsal von Millionen Spießbürgern sind, die nicht für nichts, aus purem Überdruß und ohne Netz und doppelten Boden einfach fallengelassen werden können. Die von ihm erträumten - vorübergehend herrschaftslosen - Zustände wurden im Laufe von Revolutionen bereits erfahren und sind gottseidank überwunden.

Clemens Nissen s. ps.
Neuenburg



PARADISE 26
120 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: 50 Exemplare, 6,50 DM.
Bezug: TERRANISCHER CLUB EDEN, Kim Stark, Rieslingweg 32, 55545 Bad Kreuznach.

Wir erfahren in der neuen, 120 Seiten umfassenden und mit einem grottenschlechten Vierfarbcover versehenen Ausgabe des Clubfanzines des TERRANISCHEN CLUBS EDEN, daß der runde 40 Mitglieder umfassende Verein über ein stattliches Vermögen in Höhe von 1.400 Märkern verfügt. Aber das ist für mich natürlich völlig irrelevant - mich interessiert mehr die Frage, wie es wohl möglich ist, daß so wenige Fans so viele Seiten füllen. Kann es an den Leserbriefen liegen? Nope, die enden schon auf Seite 15. Dann sind es wahrscheinlich die zahlreichen Berichte zu den Perry-Tagen in Sinzig, die das Herz des conabstinenten Rezensenten erfreuen. Tatsächlich reichen diese bis Seite 30. Für alle, die bis jetzt durchgehalten haben, präsentiert die Redaktion eine bunte Mischung aus Wissenschaft - über die CASSINI-HUYGENS-Sonde, nur was für Hardcore-SF-Fans -, Stories - darunter eine von Christel Scheja, die man lesen kann, und einige eher unerträgliche Werke, in denen irgendwelche "Captain-Commanders" rumrennen oder in denen sich die Sätze auch noch reimen sollen - und ein Haufen Statistik: Wer von den Clubbies hat wieviel wo geschrieben und die Clubgeschichte des TCE fein säuberlich aufgezeichnet, das ist zumindest wieder mal richtig interessant. Strahlepunkt des Heftes ist ein Interview mit Konrad Schaef, dessen Antworten zum Teil aber etwas genervt klingen. Eher ungewöhnlich ist die Kolumne "Music Hall", wo wir nicht nur über SF-relevante Klänge informiert werden, sondern z. B. auch darüber, was Reinhard Mey und Hanna Schygulla so treiben. Schmerzlich vermißt habe ich Guildo Horn. Unverzeihlich!
PARADISE 26 ist ein sehr, sehr dickes Clubfanzine mit einer sehr, sehr bunten Mischung von Beiträgen, ein Dokument für einen sehr, sehr aktiven SF-Club. Nicht jeder Beitrag ist erträglich, aber das ist nun einmal so bei Clubfanzines. Wer im TCE Mitglied ist, kommt aber ganz sicher auf seine Kosten.

Dirk van den Boom
Münster



ARGENTINUM ASTRUM 3
72 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 3,50 DM.
Bezug: Alexander Bruns, Im Tünneken 25, 49751 Sögel.

Eigentlich versuche ich, den optischen Eindruck und den Inhalt eines Fanzines von einander zu trennen, denn oftmals kaschiert ein aufwendiges Layout magere Stories bzw. wird Einfachheit durch gutes Material mehr als wett gemacht. In diesem Fall jedoch ließen mich Cover und ein flüchtiges Durchblättern ahnen, daß Layout und Inhalt Hand in Hand gehen würden...
AR AS, wie das Zine von seinen Herausgebern abgekürzt wird, bietet im DIN A 5-Format auf 72 Seiten eine Menge dicht gedrängten Text in Kleinstschrift. Damit kann ich normalerweise problemlos leben, doch wenn die Kopien so schlecht sind, daß diese mikroskopwürdigen Buchstaben unleserlich werden, da stellenweise nicht vorhanden oder verschwommen, oder handschriftliche Notizen den Eindruck erwecken, hier habe lediglich jemand probiert, ob sein Kuli noch schreibt, dann habe ich keine Hemmungen, einfach umzublättern und anderswo weiterzulesen.
Der Inhalt ist auch nicht von einer Art, daß man wirklich etwas dabei versäumen würde. AR AS enthält Leserbriefe, die sich auf die letzte Ausgabe von vor zwei Jahren beziehen (als ob einer der Schreiber überhaupt noch weiß, was er damals von sich gab, sofern er nicht längst gafia gegangen ist), Rollenspielverarschungen, Fanzinerezensionen, einige dünne Stories usw. Ein paar Sachen könnten vielleicht ganz witzig sein, wären sie nicht zu sehr ausgewalzt und dadurch langweilig geworden. Die Wortwahl und Ausdrucksweise kenne ich von den Pimpfen und Halbstarken, die sich für besonders cool halten - scheinbar gibt es dafür nach oben keine Altersgrenze ...
Grafiken, Grafiken, wo seid ihr? Stellenweise sind einige Kritzikratzis in den Text eingekleistert worden, illustrierte Werbung für andere Zines sorgt für Auflockerung, aber das ist auch schon alles.
Vielleicht habe ich einfach in den vergangenen Tagen zu viele Fanzines eines ganz anderen Levels gelesen, um mit AR AS zufrieden sein zu können. Die Zielgruppe dürfte weniger das SF-Fandom sein als die Leser von Splatter, Trash u.ä. Mein Geschmack ist es nicht, doch wessen Nerv sich nun gereizt fühlt, der mag es kaufen.

Irene Salzmann
Kranzberg



GRIMOIRE 5
48 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.), Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 4,00 DM.
Bezug: Carsten Schmitt, Taubenkopfstr. 3, 66450 Bexbach.

GRIMOIRE 5 wirkt unscheinbar zwischen den aufwendig illustrierten Fanzines, deren Cover schon von weitem die Aufmerksamkeit der potentiellen Käufer auf sich ziehen. Unachtsame Conbesucher würden an einem GRIMOIRE-Stand vielleicht vorbeigehen. Aber diese äußere Zurückhaltung wird durch den sehr interessanten Inhalt mehr als wett gemacht, da stören auch das einfache Layout und die verwendeten unterschiedlichen Papiersorten in einem Heft nicht.
Von den beiden Stories überzeugt vor allem "Tempel der Vernunft" von Jörg Dinstühler. Nicht zu philosophisch, aber mit dem nötigen Maß an Unterhaltung, das die Lektüre zur lohnenden Zerstreuung macht. Die Kurzgeschichte würde auch im Rahmen einer Anthologie überzeugen.
"Das Spiel" von Andrea Tillmanns hat zwar eine ausbaufähige Grundidee, aber anders als in "Tempel der Vernunft" bleibt die Faszination der Handlung auf halber Strecke stehen, der Rest ist vorhersehbar, wenn auch der Showdown noch für eine kleine Überraschung sorgt.
Das Besondere von GRIMOIRE 5 ist das Sekundärthema: SF und Fandom in Diktaturen. Nun wird jeder den Begriff der Diktatur für sich anders definieren. Wenn man darin, also in einer Diktatur , lebt, nimmt man vielleicht vieles für normal, das Außenstehenden als absoluter Horror vorkommt. Der Rezensent ist also in Bezug auf die eine erwähnte Diktatur in einem Zwiespalt der Erfahrungen vor und nach der Wende in der DDR bzw. dann den Neuen Ländern. Zu Wort kommt aber im Heft ein sehr erfahrener Lektor von DDR-SF, Ekkehard Redlin, mit dem Essay "Der lange Weg zu Bradbury", der bereits in ALIEN CONTACT 15 erschien.
Die andere Diktatur ist die brasilianische Militärherrschaft von 1964 bis 1984 und hier weiß Roberto de Sousa Causo mehr über das SF-Fandom jener Jahre zu berichten.
Die Rezension dieses Fanzines hat sich zugegebenermaßen etwas verzögert, es erschien bereits im Oktober 1997. Aber GRIMOIRE ist mit den meisten seiner Beiträge (mal die aktuellen Fanzinebesprechungen ausgenommen) so zeitlos, daß man es auch im Abstand einiger Monate noch zur Hand nehmen und aus der Lektüre Gewinn ziehen kann.

Siegfried Breuer
Berlin



SOL 9
68 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: 2.400 Exemplare, 6,00 DM, 4er-Abonnement 30,00 DM.
Bezug: PERRY RHODAN FANZENTRALE e. V., Klaus Bollhöfener, Postfach 2352, 76413 Rastatt.
Bankverbindung: Degussa Bank Frankfurt (BLZ 500 107 00), Konto 502454, lautend auf Peter Fleissner.

Die PERRY RHODAN FANZENTRALE nimmt ihr erklärtes Ziel, SOL zu einer Art Nachfolger des PR-Magazins zu machen, ernsthaft in Angriff und präsentiert mit der Nr. 9 eine gediegene Aufmachung samt Farbcover in Zeitschriftenqualität. Mit einem Bericht über den PR-Buchmessestand, flankiert von den unvermeidlichen Fotos lächelnder Mitarbeiter, mit Con-Berichten und einem Porträt von H. G. Francis bemüht man sich weiterhin, familiäre Atmosphäre zu verbreiten und das Serienimage zu pflegen. Schön wird es wieder einmal beim Interview mit Ernst Vlcek, dem das zur Headline erkorene Zitat "Ich schreibe auch unter der Dusche" nur mit Mühe in den Mund gelegt werden konnte und der auch sonst allzu unterwürfige Fragen mit entwaffnender Ehrlichkeit beantwortete. Hingegen muß man den köstlichen Vortrag über "Hyperraum und Hyperenergie – phänomenologische Hyperphysik der Arkoniden" von Rainer Castor uneingeschränkt den SOL-Machern selbst zuguteschreiben. In Ulrich Bettermanns Artikel "Das PERRY RHODAN-MAGAZINn" finden sich sogar deutlich PR-kritische Töne. Mich haben sie deswegen überrascht, weil mir die damaligen Magazine meistens gut gefallen hatten und ich nicht auf die Idee gekommen wäre, die dort gebotene Textfülle z. B. wegen zu kleiner Schrift zu beanstanden. Einen faden Beigeschmack hat der Tadel auch deshalb, weil das jüngst wiederauferstandene PRM in seiner ersten neuen Ausgabe vergleichsweise textarm war und zwar als kostenloser Werbeprospekt hervorragend gewesen wäre, jedoch als Zeitschrift für 5,00 DM recht frech erschien. Aber auch wenn mir die Kritik aus diversen Gründen nicht gefällt, bleibt positiv festzuhalten, daß sie überhaupt geschieht.
Dies droht aufgewogen zu werden durch die PR-Story "Erinnerungen", die dem Kitschpegel von STAR TREK Trek mit großem Erfolg nacheifert.
M. E. können weder SOL noch das neue PRM dem alten PERRY RHODAN-Magazin das Wasser reichen, da sie wenig Text bieten und nahezu rein auf PR ausgerichtet sind; zudem vermitteln beide den Eindruck, Bestandteile der PR-Werbemaschinerie zu sein, während zu Zeiten des alten PRM harte Leserreaktionen auf der LKS immer wieder Abdruck fanden. SOL hat allerdings mit der Nummer 9 einen Qualitätssprung gemacht; einige Beiträge sind wirklich gut (neben dem Vortrag vor allem der Comic), und wenn aus der Verehrung noch etwas mehr kritische Distanz erwachsen würde, als sie der PRM-Besprechung schon zaghaft zu entnehmen ist, dann könnte man es reinen Herzens empfehlen.

Clemens Nissen s. ps.
Neuenburg



PARADISE SONDERAUSGABE: TECHNIK - ETHIK - LEBEN
88 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: 75 Exemplare, 6,00 DM.
Bezug: TERRANISCHER CLUB EDEN, Kim Stark, Rieslingweg 32, 55545 Bad Kreuznach.

Es gibt Tage, da fängt sogar der leidgeprüfte und durch tausende von Fanzineseiten gestählte FK-Rezensent an, sich Gedanken über den Sinn des Lebens zu machen. Wie und warum bin ich? Was unterscheidet mich von anderen? Bin ich etwas Besonderes? Aber die wichtigste Fragen von allen (jedenfalls im Moment): Warum sitz ich hier und soll eine Rezension schreiben über ein Fanzine, von dem ich nur mit Mühe die ersten dreißig Seiten gelesen habe?
So groß ist die Verlockung nicht mehr, meinen Namen gedruckt zu sehen. Warum muß ich mir mühevoll eine Seite abringen, während Matthias Richter locker über 60 Seiten füllt?
Fragen, die nur auf dem ersten Blick, nichts mit dem Inhalt des Fanzines zu tun haben, um das es hier eigentlich gehen soll.
Denn der PARADISE-Sonderband behandelt das Thema Gentechnik und Kloning. Die Frage nach dem Sinn des Lebens und der besonderen Qualität der menschlichen Existenz (insbesondere eines Fanzine-Rezensenten) stellt sich da schon.
Mehr als drei Viertel des Heftes füllt dabei ein fiktiver Dialog, den Matthias mit sich selbst führte und in dem er diesen Fragen nachgeht. Er spaltet dabei seine Persönlichkeit in zwei fiktive Menschen. Der eine ist ein Naturwissenschaftler, der andere ein Philosoph und Ethiker. Damit sind die beiden Pole definiert und los geht es mit einem fast sechzig seitigen Disput, der über die technischen Möglichkeiten der Gentechnik und des Klonens, deren ethischen und religiösen Implikationen, dem Menschheitsbegriff im Allgemeinen und vieler anderen Fragen reicht. Man merkt Matthias an, daß er sich sehr ausführlich mit der Thematik beschäftigt hat, sowohl von der naturwissenschaftlich-technischen als auch von der philosophisch-moralischen Seite her (einige Literaturhinweise hat er dankenswerterweise im Anhang aufgeführt). Die vielen Fußnoten, in denen er z.B. auf Wittgenstein, Satre, Jonas, Kant und Beck verweist, zeugen von der inhaltlichen Qualität seiner Auseinandersetzung mit dem Thema.
Ein Dialog mit Fußnoten ist allerdings schon eine Skurilität für sich. Und da sind wir dann auch bei dem Punkt, der für mich das Fanzine so schwer lesbar macht. Ein Aufsatz in Dialogform stellt hohe Anforderungen an denjenigen, der den Dialog formuliert, denn neben dem Inhalt muß der Autor auch auf den Gesprächsfluß und die Kontinuität der sprechenden Personen achten. Matthias begründet die Wahl dieser Stilform damit, durch eine Gesprächsform unterschiedliche Meinungen und Gesichtspunkte besser Geltung verschaffen zu können. Als erkenntnistheoretisches Instrument ist das sicherlich sinnvoll und richtig. Ob es dem Leser jedoch gefällt, bzw. ob man dem Leser den Weg der eigenen Erkenntnis als solchen präsentieren muß, ist eine andere Sache. Ich jedenfalls hatte große Mühe, mich durch den Dialog zu arbeiten und habe knapp vor der Hälfte aufgegeben. Dabei hat mich gar nicht so gestört, was Matthias schreibt, sondern wie er es schreibt. Der fiktive Dialog ist hölzern, die Überleitungen manchmal etwas ruppig und die Sprache wechselt ständig zwischen dem typischen Duktus eines philosophischen bzw. soziologischen Seminars, einem technischen Kolleg und einer mit Hauptwörtern geschwängerten Alltagssprache. Das macht keinen Spaß, es zu lesen.
Wie so oft wäre auch diesmal, etwas weniger mehr gewesen. Letztlich wäre ein vielleicht 10 seitiger Aufsatz, in dem Matthias seine Erkenntnisse und Meinungen zusammengefaßt hätte, informativer und spannender gewesen. Und er hätte noch einen weiteren Vorteil gehabt: Matthias hätte die relative Sicherheit seinen fiktiven Dialogs verlassen und Position beziehen müssen. So dient der Dialog nur dazu, die eigene Meinung, so widersprüchlich sie auch sein mag, zu verschleiern.
Fazit: ein Fanzine nur für denjenigen, der großes Interesse am Thema mitbringt und hartgesotten ist. Tausendseitige Fanzineerfahrungen reichen dazu nicht....

Holger Marks
Marburg



BONSAI 10
112 Seiten DIN A 5, Offset (verkl.), Klebebindung.
Auflage: 200 Exemplare, 8,00 DM
Bezug: Peter Fleissner, Eichenallee 9, 63457 Hanau.

Auf den letzten SF-TAGEN in Dortmund erschien die lang erwartete Ausgabe von BONSAI mit den ausführlichen Berichten zu den SF-TAGEN von 97. Vor allem die Herren Profiautoren hatten es sich offenbar nicht nehmen lassen, die Versendung ihrer Autogrammkarten bis ultimo zu verzögern, so daß Peter Fleissner jedem Käufer mit leicht gehetztem Gesichtsausdruck erklären mußte, warum das im Vorwort angekündigte Erscheinen zum letztjährigen BuchmesseCon nur ein Wunschtraum war. Zum Ausgleich wurde man dann auch sofort wieder ein Opfer Peters ewig blitzender Kamera.
Doch das Warten hat sich gelohnt. Sicher nicht nur wegen der Original-Autogramme von Ian McDonald, Stephen Baxter und (würg) Wolfgang Hohlbein, sondern vor allem wegen der 112 Seiten voller Conimpressionen, zahlloser Bilder - sonst wäre es kein Fleissner-Fanzine - und einigen Stories und Artikeln aus dem Umfeld des Cons. Presseberichte finden sich in dem Heft ebenso wie der Nachdruck eines Interviews mit Beluga Post, der gewichtigen Personifizierung des "OrgaKom". Das gesamte Panorama der vorletzten SF-TAGE wird vor dem Leser ausgebreitet, dazu in hervorragender Druckqualität (man kann die Leute auf den Fotos ernsthaft erkennen!) und in einem knappen, aber sauberen Layout. BONSAI 10 ist nicht nur eine Con-Retrospektive, es ist auch ein interessantes sekundärliterarisches Zine.
Von der einzigen Story McDonalds abgesehen finden sich viele der Vorträge des Cons in Artikelform wieder, was das Zine über den Status eines reinen Conberichts hinaushebt. Der generell launige Ton der Berichterstattung sowie nicht zuletzt die reichhaltige und treffende Bebilderung machen BONSAI 10 zu einem Re-Erlebnis dieser Veranstaltung, so daß dem Rezensenten nur die Hoffnung auszudrücken bleibt, daß erstens zu den neuesten SF-TAGEN wieder etwas ähnliches erscheint und zweitens er selbst auf dem eventuell dann abgedruckten Foto nicht so selten dämlich aussieht wie in dieser Nummer.

Fazit: Kaufen, ehe es ein anderer tut!

Dirk van den Boom
Münster



Der FANZINE-KURIER erscheint in der EDITION WHISPERING TIMES.

Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle
Eibenweg 18
49134 Wallenhorst.
E-Mail: armoe@gmx.de

Preise: Einzelexemplar 1,20 DM, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 6,00 DM (in Briefmarken oder als Verrechnungsscheck).

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dirk van den Boom, Siegfried Breuer, Holger Marks, Clemens Nissen s. ps., Irene Salzmann, Johannes Unnewehr. 
Auflage: 60 Exemplare. 

Für Rezensionsexemplare sind wir stets sehr dankbar!