Online
82
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Werte Leserinnen und Leser,
die Besprechungen über APPROXIMATION
51: PICKET FENCES, GESCHICHTEN DER NACHT 18: CH'XAAL und über GRIMOIRE
5 haben mich bis zum Redaktionsschluß dieser Ausgabe leider nicht
erreicht. Ich weiß, daß ist für die Herausgeber besonders
ärgerlich, weil mir die Zines bereits vor drei bis vier Monaten zugegangen
sind. Andererseits kann ich für diese Verzögerung nur um Verständnis
und um weitere Geduld bitten; ich gehe davon aus, daß die Besprechungen
in dem Fall im FANZINE-KURIER 83 erscheinen werden. Daneben sind für
den FK 83 Rezensionen über ALIEN CONTACT 30, GESCHICHTEN DER NACHT
21: BABYLON 5 - LICHT UND SCHATTEN, PREHISTORIC NEWS 14 & 15, SOL 9,
SOLAR-X 96 und 97, ENPUNKT 30, MUNICH ROUND UP 166 sowie über die
PARADISE SONDERAUSGABE: TECHNIK - ETHIK - LEBEN vorgesehen.
Viele Grüße
Armin Möhle
TUMOR
7
KAMAWAKAN
SFGH-CHRONIKEN
181/182
SOLAR-X
94
R
WIE RHODAN
SF
PERSONALITY 8: MARION ZIMMER BRADLEY
QUASAR
17: DER KELCH VON ARIGARH
SOLAR-X
95
HIRNGESPENSTER
4
TUMOR
SONDERHEFT 1: DÄMONEN
TUMOR 7
52 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 6,80 DM.
Bezug: Heiko Henning, Sandweg 38, 20257
Hamburg.
Mit einem halben Jahr Verspätung ist
TUMOR 7 erschienen. Wieder im gewohnten roten Cover und einmal mehr mit
einem blutrünstigen Titelbild, das mit dem Inhalt nicht viel zu tun
hat. Diana R. Sasse verpaßt ihrer Zeichnung vom Zentauren beim Schlachter
immerhin einen ironischen Touch: unfreiwillig, weil das Arrangement hervorquellender
Organe, abgehackter Hände und Ohrmuscheln doch zu künstlich wirkt.
Aber mehr noch bewußt; man schaue sich nur das irgendwo zwischen
Stan Laurel und Alfred E. Neumann angesiedelte Gesicht des völlig
verdutzten Schlachters an. Auch Dianas übrige Illustrationen zeugen
von Humor und sind insofern originell. Wer kennt sie nicht, die kitschigen
Bilder unschuldiger Einhörner? Unter der Feder der Zeichnerin mutieren
sie zu mumifizierten Karikaturen. Werbung für Katzenfutter verulkt
Diana, wenn sie dem possierlichen Tierchen Menschenfleisch reichen läßt,
um es vor dem Rinderwahn zu bewahren: "Schreckies mit Mensch".
Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis offenbart:
die personelle Besetzung des Zines ist verglichen mit der Vornummer merklich
ausgedünnt. Nur zwei umfangreichere Beiträge stammen nicht vom
Herausgeber selber. So ein Porträt des Filmpioniers Georges Méliès
von Mirko Heinemann. Breiten Raum widmet Mirko dem filmerischen Werk und
seiner Entstehungsgeschichte. Das liest sich auch für Nicht-Cineasten
durchaus unterhaltsam. Über die Person und das Wesen Méliès
dagegen erfährt man ganz im Widerspruch zum Titel des Beitrags nichts.
Völlig überflüssig und eine von Fanzines wie KOPFGEBURTEN
abgekupferte Unsitte ist die angehängte akribische Filmographie -
zwei Seiten dichtgereihter Filmtitel, die allenfalls Méliès-Spezialisten
interessieren dürfte. Denen aber wird das Porträt ohnehin nichts
Neues bringen.
Der andere längere Betrag stammt
aus der Feder von Swantje Baumgart: "Der Alptraum". Daß alles nur
ein Traum ist, kommt da nicht überraschend. Darum kann die Angst des
Helden auch nicht überzeugen, der sich selbst die Schuld am Tod seiner
Frau und seines Kindes gibt und deshalb an Alpträumen leidet - eigentlich
eine ausbaufähige Idee, die hier aber nicht über ein paar abgegriffene
Ideen und Bilder hinausgeht.
Die übrigen Beiträge hat Heiko
in der Regel selbst verfaßt. "Ein Fragment der Vergangenheit" ist
ein übermäßig undurchsichtiges Bruchstück, dessen
Interpretation man sich ersparen sollte, eine Episode von Trennung und
Vereinigung, Liebe und Tod. Klarer dagegen seine Gedichte wie "Ebenbild"
oder "Die Stunden ohne Dich …"; Schubladenlyrik, die ausgelatschte Sprach-
und Gedankenpfade noch etwas breiter tritt: "Ich gefalle euch nicht so?
/ Ich bin so geworden wie ihr". "Deine Nähe / Sie wird mich retten
/ Doch wirst Du mich retten?"
Heikos Stärke liegt eher im sekundärliterarischen
Bereich. Verunglückt ist er hier allerdings mit seinem Versuch, durch
ein Verlagsporträt Interesse für das Programm des "hochinteressanten"
Rainar Nitzsche Verlag zu wecken. Der Leiter des Ein-Mann-Verlages ist
herzkrank, ist zu erfahren, arbeitslos, und in seiner Wohnung stapeln sich
Tausende unverkaufte Exemplare der mittlerweile 17 erschienen Titel deutscher
Nachwuchsphantasten und -lyriker. Daß der Verleger da "unerschrocken
weitermacht und junge Talente fördert" ist nicht "verwunderlich",
sondern im Lichte von Heikos Schilderung eher traurig. Ob er Rainar Nitzsche
damit einen Gefallen tut, wenn er versucht, die Leser gleichsam aus Mitleid
zum Buchkauf zu animieren?
Rundum gelungen ist dagegen das Interview
mit Comic-Zeichner Joachim Guhde. Ebenso die meist ausführlichen und
nachvollziehbaren Buch-, Film- und Fanzinebesprechungen. Die "News" leiden
allerdings erheblich an der Verspätung des Heftes. Wie neu sind bis
zu einem Jahr alte Neuigkeiten?
Es mag an den Umständen liegen: verglichen
mit der Vornummer hat diese Ausgabe stark nachgelassen. Nicht nur daß
weniger Leute daran beteiligt waren. Lediglich der sekundärliterarische
Teil vermag an die 6.Ausgabe anzuschließen. Der Primärteil dagegen
ist enttäuschend. Insgesamt wirkt TUMOR 7 wie eine Notausgabe oder
eine Pflichtnummer. Es wäre schade, wenn das so bliebe.
Thomas Schmitz
Bochum
KAMAWAKAN
52 Seiten DIN A 4, Offset, Klebebindung.
Auflage: unbekannt, 8,00 DM.
Bezug: HONKER & FAUN EDITION, Tieckstr.
3, 30625 Hannover.
Diesmal meint es mein Armin gut mit mir
bei der Auswahl der zu rezensierenden Fanzines. Nachdem ich mich oft genug
beschwerte über die Armut an Bildern in vielen Fanpublikationen, habe
ich tatsächlich einen Comic zugeschickt bekommen! Interessant in diesem
Zusammenhang: Vor nur wenigen Tagen sagte Hans-Jürgen Janetzki vom
Splitter Verlag zu mir, es gibt keine deutsche Comic-Szene, kaum ein Zeichner
hat noch Lust, sich über Fanzines hochzudienen, zu lernen und am Ball
zu bleiben, wenn es nicht ganz so läuft, wie erträumt. Manfred
Lafrentz - eine rühmliche Ausnahme mit diesem Album?!
Was der Titel KAMAWAKAN bedeutet, erfährt
der Leser aus dem Nachwort. Mir wäre es lieber, Autoren und Zeichner
würden Vorworte schreiben, damit man auf die Lektüre eingestimmt
wird. Bestimmt bin ich nicht die einzige, die in Konsequenz immer zuerst
die ominösen Nachbemerkungen liest ... Darin erklärt Manfred,
daß es sich bei "Kama" um einen Begriff aus dem Sanskrit handelt,
der für Erotik im weiteren Sinn steht, und mit "Wakan" in der Sprache
der Lakota-Indianer das Heilige und Spirituelle ausgedrückt wird.
Nun ahnt der Leser, was ihn erwartet:
Auf rund 50 Seiten präsentiert Manfred eine Auswahl erotischer buddhistischer
und indianischer Märchen in Form von sechs traditionellen und einer
modernen Comic-Geschichte. Die Quellen der buddhistischen Märchen
sind auch mir bekannt, so daß ich feststellte, daß es Manfred
wirklich hervorragend gelungen ist, die wichtigsten Punkte der Handlung
und die Aussage der Erzählung in überzeugende und verständliche
Bilder umzusetzen. Seine Liebe zum Detail bei vielen Zeichnungen wird vom
Format DIN A 4 gewürdigt.
Es sind keine Action-Comics im Stil diverser
nordamerikanischer Superhelden-Serien, wie sie auch bei uns zunehmend den
zuletzt arg geschrumpften Comic-Sektor wieder bereichern. Manfred bedient
sich eines ruhigen Stils, bei dem Gesten und Mimik die wichtigsten Elemente
sind, die strengen Panels nicht durchbrochen werden und die Ausdruckskraft
der Märchen für sich spricht.
Allein die siebte Erzählung, in der
Manfred kritisch seine Eindrücke von einer Reise nach Vancouver verarbeitet,
empfinde ich als einen Stilbruch. Die nüchterne Gegenwartsanalyse,
die mit den Träumen und Märchen Schluß macht, ist zu abrupt,
zu kraß und paßt einfach nicht dazu. Um einen solchen Schlußpunkt
zu setzen, hätte es m. E. schon in den vorherigen Geschichten eine
bewußte Steigerung geben müssen, die vom klassischen Märchen
wegführt zur modernen Erzählung.
Ob man sich das Album zulegt, weil man
Comics und Märchen mag oder das erotische Element sucht, spielt keine
Rolle, da Manfreds Werk in jeder Hinsicht wirklich gelungen ist!
Irene Salzmann
Kranzberg
SFGH-CHRONIKEN
181
32 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.),
Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, Kostenerstattung
(bitte erfragen).
SFGH-CHRONIKEN 182
44 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.),
Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, Kostenerstattung
(bitte erfragen).
Bezug: SCIENCE FICTION GRUPPE HANNOVER,
Fred Körper, Ferdinand-Wallbrecht-Str. 82, 30163 Hannover.
Das Clubleben in der SCIENCE FICTION GRUPPE
HANNOVER (SFGH) ist doch nicht zum Erliegen gekommen, wie die mir zugegangenen
Ausgaben der SFGH-CHRONIKEN beweisen. Offenbar erscheinen sie jedoch nicht
mehr monatlich: Die Nr. 181 trägt den Erscheinungsmonat Dezember 97
auf dem Cover, die Nr. 182 den Erscheinungsmonat Februar 98... Die Ausgaben
(und die vorangegangenen ab der Nr. 177) beruhen zudem auf dem Engagement
Wolfgang Thadewalds, der einen Großteil der Beiträge schrieb
bzw. beschaffte. Die Mitgliederliste in den SFGH-CHRONIKEN 181 weist jedenfalls
nur noch fünfzehn Mitglieder auf.
Die SFGH-CHRONIKEN des neuen Redakteurs
bieten überwiegend sekundärliterarische Beiträge. In der
Nr. 181 werden die Sieger des SFCD-Literaturpreises 97 vorgestellt, Wolfgang
gibt "Die Geschichte des Vurguzz" preis - ein Beitrag, der vor allem für
Fans interessant ist, deren Kredo "fandom ist a way of life" lautet - und
Uwe Gehrke setzt seine Reihe über die BATTLE TECH-Serie fort, der
eine gewisse kritische Distanz fehlt, die angesichts des offenbar militaristischen
Charakters der BATTLE TECH-Romane angebracht erscheint. Abgerundet werden
diese Texte durch einen weiteren fannischen Beitrag, und zwar durch den
Bericht von Heinz Jürgen Ehrig über "Meine SF-Rundreise" (der
gemeinsam mit Wolfgang Thadewald die 17. WETZLARER TAGE DER PHANTASTIK
besuchte).
Anspruchsvoller geben sich die SFGH-CHRONIKEN
182. Klaus Carstens schrieb eine etwa achtseitige Abhandlung über
die philosophischen Aspekte der Kurzgeschichte "Aus den Erinnerungen Ijon
Tichys I" von Stanislaw Lem, die sich als sehr kompetent erweist. Es bleibt
dennoch erstaunlich, wieviel Stoff zur Interpretation eine fünfzehnseitige
Story in sich birgt... Ebenfalls sehr kompetent sind die Besprechungen
von Franz Rottensteiner und von Dagmar Ende über sekundärliterarische
Bücher über die frühe deutsche Science Fiction (wobei ich
den Begriff "frühe deutsche Science Fiction" mit einer gewissen Vorsicht
benutzen will, immerhin befassen sich die besprochenen Sekundärarbeiten
mit Werken, die in der Jahrhundertwende bzw. bis zum Ende der Weimarer
Republik erschienen sind), aber im Grunde nur interessant für Leser
und Sammler, deren Interessengebiet auch diese SF-Epoche umfaßt.
Bei der Ausfall der Kurzgeschichten bewies
Wolfgang Thadewald eine glückliche Hand. Sowohl "Der Zauberspiegel"
von Peter Janetzko (Nr. 181) als auch "Funkstille" von Walther Ulrich Erwes
sind sehr unterhaltsam. Erstere ist ein romantisches Märchen um einen
Spiegel mit einer besonderen Fähigkeit, zweitere eine ernsthafte Story,
die nach den Grenzen wissenschaftlicher Forschung fragt, aber etwas unplausibel
ist. Es hätte den Wissenschaftlern klar sein müssen, daß
ein isoliertes Paar, dem ein menschheitvernichtender Atomkrieg vorgegaukelt
wird, Selbstmord begeht; eines entsprechenden Versuches hätte es nicht
mehr bedurft... Der Redakteur hat außerdem mit Elvira Schmidt und
Miriam Heinze zwei vielversprechende Zeichnerinnen entdeckt, denen auch
Veröffentlichungen außerhalb der SFGH-CHRONIKEN zu wünschen
sind.
Die von Wolfgang Thadewald zusammengestellten
SFGH-CHRONIKEN sind vielfältig und abwechselungsreich, auch wenn sie
teilweise aus Nachdrucken bestehen (was aber bei einem Zine mit einer vermutlich
sehr geringen Auflage verständlich ist). Es ist natürlich problematisch,
wenn das Erscheinen eines Fanzines von nur einem Mitarbeiter abhängig
ist. Deswegen sollte die Wiederbelebung der SFGH-CHRONIKEN nicht nur durch
Bestellungen unterstützt werden; ich nehme an, daß die SFGH
auch Beiträgen von Nichtmitgliedern für ihre CHRONIKEN aufgeschlossen
gegenübersteht.
Armin Möhle
Wallenhorst
SOLAR-X 94
48 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.),
Mittelheftung.
Auflage: 95 Exemplare, 3,50 DM, 12er-Abonnement
40,00 DM.
Bezug: ANDROMEDA SF-CLUB HALLE, Wilko
Müller jr., Volhardstr. 20, 06112 Halle/S.
Bankverbindung: Bayerische Vereinsbank
(BLZ 800 200 86), Konto 7800444.
Passend zur Weihnachtszeit wird einem in
der Dezember-Ausgabe von SOLAR-X so richtig warm ums Herz: Nancy Etchemendys
Kurzgeschichte "Der unglaubliche Weihnachtswunsch" um ein Mädchen,
das felsenfest behauptet, der Weihnachtsmann habe ihm im sonnigen Kalifornien
Schnee zu Weihnachten versprochen, erinnert uns an all die rührseligen
Weihnachtsfilme, die wir im Fernsehen so richtig satt haben. Und auch hier
hat alles sein Happy End: Ein plötzlich auftauchender Karton mit echtem
tibetischem Schnee bestärkt uns alle in dem Glauben, daß es
den Weihnachtsmann doch gibt. Natürlich hat diese Geschichte ihren
Reiz nach den jüngsten Auswirkungen der Klimakatastrophe völlig
verloren, die schließlich dazu führen, daß es auch in
Ägypten und im sonnigen Kalifornien tatsächlich mal schneit.
Wenn man sich aber trotzdem die weihnachtliche
Träne verdrückt hat, kann man sich wieder der altbewährten
Mischung widmen, die Wilko Müller der Jüngere und seine Gefolgsleute
uns auf den Gabentisch gelegt haben. Das kann durchaus gefallen: Abermals
ist es der sekundärliterarische Teil, der uns überzeugt. Neben
Rezensionen zu Büchern werden auch Filme und Hörspiele besprochen
und das wie immer ausführlich und kritisch. Sehr schön auch die
Tatsache, daß Kleinverlage und ihre Publikationen adäquate Beachtung
finden. Schließlich hat sich in diesem Bereich gerade in den letzten
Jahren eine ganze Menge getan, was Aufmerksamkeit verdient. Gewürzt
wird das Ganze durch zwei Conberichte und eine Reihe von wirklich schönen
Grafiken.
Leider hat Wilko die Chance nicht genutzt,
eine richtige Weihnachtsausgabe zusammenzustellen - gerade im phantastischen
Bereich kann man die Tatsache, daß ein alter Mann auf einem von Rentieren
durch die Lüfte gezogenen Schlitten über die Kontinente düst
doch hervorragend ausschlachten (und es gibt auch bessere Weihnachtsgeschichten
als das Rührstück in dieser SOLAR-X-Ausgabe). Aber ungeachtet
dessen liest man auch die Nr. 94 mit voller Vorfreude auf das kommende
Jahr - denn dann erwartet uns ja die Nr. 100, für die wir eine Menge
erhoffen können. Armin, die will ich rezensieren!
Fazit: Wie immer grundsolider und verläßlicher
Lesestoff der oberen Kategorie!
Dirk van den Boom
Münster
R WIE RHODAN
92 Seiten DIN A 5, Offset, Klebebindung.
Auflage: 700 Exemplare, 6,00 DM.
Bezug: SFCD, Andreas Kuschke, Billerbeck
25, 29465 Schnega.
Bankverbindung: Saar Bank eG (BLZ 591
900 00), Konto 00 11 33 11.
Anno 1967 besprach Jürgen Nowak mit
R WIE RHODAN die PR-Heftromanserie, der SFCD bringt dies nun 1997 neu heraus.
Der Zeichner Mario Kwiat, 1991 verstorben, kann den späten Ruhm für
seine gelungenen Illustrationen leider nicht mehr ernten.
R WIE RHODAN erinnert uns unbarmherzig
daran, welch starken Tobak uns die PR-Autoren allwöchentlich vorsetzen,
wie verwegen und gnadenlos bunt die Handlung geführt wird - wenn nicht
in jedem Einzelfall, so doch in ihrer Gesamtheit jeder Wahrscheinlichkeit
spottend. Neuerdings versucht sich ja auch eine frische US-amerikanische
Ausgabe als "Space Adventure Series" zu verkaufen, und selbst in Deutschland
lautet der Untertitel "Weltraumserie" statt "Science Fiction".
Besonders in jenen ersten wenige hundert
Romanen, die 1967 schon erschienen waren, wurde forsch, zuweilen markig
und inhaltlich oft unbekümmert geschrieben; Jürgen Nowak entlarvt
billig konstruierte Rechtfertigungssituationen und schablonenhafte Charakterisierungen,
vor allem bei PR selbst, für den er das Fazit "Wundertier" findet.
Zur Zielscheibe seines Spotts wird ebenso
die Feinabstimmung unter den Autoren; sehr oft wußte eine Hand nicht,
was die andere tat; Stringenzvorstellungen, wie sie das - mittlerweile
fünfbändige - PR-Lexikon hervorruft, zerbröseln unter seinen
präzisen Analysen zumindest für die bis 1967 erschienenen Romane.
Zeitweise macht das Spaß, manchmal wirkt es allerdings auch kleinkariert
und ermüdend - von anderer Seite wurde es bereits als "Erbsenzählerei"
bezeichnet. Die Schattenseiten der Satire tun sich auf, wenn jemand vor
lauter Lästern einen Witz in der Vorlage nicht mehr erkennt und meint,
aus den vermeintlichen Absurditäten einen eigenen Gag schmieden zu
können. Dieses aus mancherlei mißlungener Parodie bekannte Phänomen
ist in R WIE RHODAN ansatzweise bei der Kritik von Liebschaften in der
PR-Serie auszumachen; dort, wo sich die Serie für damalige Sittlichkeits-
und Jugendschutzvorstellungen "etwas erlaubte", wittert Jürgen Nowak
gerade Prüderie. Aber vielleicht mag er das als Zeitgenosse auch des
Jahres 1967 besser wissen.
Auf jeden Fall war er mit Spaß dabei,
als er R WIE RHODAN schrieb; die Besprechung ist mit soviel Sprachwitz
überladen, daß man teilweise aus dem Lachen, teilweise aber
auch aus dem Stutzen nicht mehr herauskommt. Weder als Mahner noch als
Besserwisser tritt Jürgen Nowak auf, sondern eher als Eulenspiegel,
der sich herzhaft über allerlei Unvollkommenheit mokiert und selbst
mit einer Vielzahl ins Mark treffender Seitenhiebe nur erheitern und zur
Verbesserung ermuntern will. Die Angriffe gegen inhaltliche Brüche
tun an sich schon kaum weh, noch weniger allerdings, wenn man bedenkt,
daß es in den Wissenschaften immer wieder ähnlich im Gebälk
kracht, z. B. wenn Vertreter verschiedener Fachrichtungen verständnislos
aufeinanderprallen oder Argumente außerhalb der bestehenden Dogmatik
gesucht werden - ein Vorgang, der dort sogar heilsam sein kann, indem er
festgefahrene Fehlvorstellungen untergräbt, während hier nur
mangelnde Sorgfalt waltet. Unterhaltung ist das Zauberwort, das Jürgen
Nowak über manchen Mangel hinwegtröstet. Wirklich böse Attacken,
z. B. wegen Militarismus, Schwarzweißmalerei oder verquerer Darstellung
von Politik, gibt es nicht.
R WIE RHODAN ist wie ein wilder Ritt durch
unwegsames Gelände - verspielt, lästerlich und doch der Serie
verfallen.
Clemens Nissen s. ps.
Neuenburg
SF PERSONALITY
8: MARION ZIMMER BRADLEY
102 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.),
Klebebindung.
Auflage: 100 Exemplare, 11,50 DM.
Bezug: Hardy Kettlitz, Ilsenhof 12,
12053 Berlin.
Auch die US-Amerikanerin Marion Zimmer
Bradley zählte eine Zeitlang zu meinen bevorzugten Autorinnen und
Autoren. Ich lernte sie vor allem durch die umfangreicheren Romane ihres
DARKOVER-Zyklusses zu schätzen, die komplexe und farbige Handlungen
sowie glaubwürdige Protagonisten boten. Der DARKOVER-Zyklus ist auf
einem verlorenen und später wiederentdeckten menschlichen Kolonialplaneten
angesiedelt, auf dem sich im Laufe der Jahrtausende die feudalistische,
von PSI-Kräften geprägte darkovanische Gesellschaft entwickelte.
Die in sich abgeschlossenen Romane schildern Ereignisse in der darkovanischen
Gesellschaft und/oder den Zusammenprall mit der gänzlich anderen terranischen
Kultur nach der Wiederentdeckung Darkovers.
Der DARKOVER-Zyklus hat die Autorin unter
den SF- und Fantasy-Lesern bekannt gemacht, durch ihren voluminösen
Roman DIE NEBEL VON AVALON, einer Nacherzählung der Artus-Sage aus
weiblicher Sicht, wurde sie in einem weitaus größeren Leserkreis
populär. Mich hatten bereits die letzten DARKOVER-Romane, die feministisch
angehauchten Bände GILDENHAUS THENDARA und DIE SCHWARZE SCHWESTERNSCHAFT
sowie das belanglose Buch DIE ERBEN VON HAMMERFELL, der Autorin entfremdet,
was dadurch verstärkt wurde, daß mythische Stoffe nicht zu meiner
bevorzugten Lektüre gehören... Ich muß aber einräumen,
daß mich dies nicht daran gehindert hat, mittlerweile drei Kurzgeschichten
im DARKOVER-Universum anzusiedeln.
Der achte Band der ambitionierten SF PERSONALITY-Reihe,
in dem bislang die Arbeiten von Murray Leinster, Henry Kuttner/C. L. Moore,
H. Beam Piper, Leigh Brackett, George R. R. Martin, Gustav Meyrink und
William Tenn vorgestellt wurden, beschäftigt sich mit Marion Zimmer
Bradley und ist deshalb für mich von besonderem Interesse. Die Autorin
ist Sabine Kauffeld. Man muß natürlich ein Fan bzw. eine Fanin
sein, um eine solche Arbeit auf sich zu nehmen: Sabine stellt jeden Roman
und jede Kurzgeschichte Zimmer Bradleys, chronologisch geordnet, vor und
versieht sie mit kritischen Anmerkungen, was eine anerkennenswerte Fleißarbeit
ist. Angesichts der Produktivität der Vielschreiberin Zimmer Bradley
mag es dem Leser schwerfallen, den Überblick über ihr Werk nicht
zu verlieren, aber das nimmt ihm vorliegende Ausgabe natürlich ab,
die bereits dadurch zu dem bislang umfangreichsten SF PERSONALITY-Band
geworden wäre.
Ein abschließendes Resümee,
eine Gesamtwürdigung des Werkes von Zimmer Bradley fehlen jedoch,
obwohl es für die SF PERSONALITY-Mitarbeiter bislang Pflicht gewesen
war, die Autorinnen und Autoren, mit denen sie sich beschäftigten,
abschließend zu bewerten, was insbesondere auch bei Zimmer Bradley
notwendig gewesen wäre. Bereits die Romane des DARKOVER-Zyklus weisen
erhebliche Qualitätsunterschiede auf, die zyklusunabhängigen
SF-Romane der Autorin sind bis auf ein oder zwei Ausnahmen bedeutungslos,
die zahlreichen Kurzgeschichten Zimmer Bradleys sind dagegen ausgesprochen
ideenreich und die Frage, ob DIE NEBEL VON AVALON und die folgenden, thematisch
ähnlichen Romane noch eigenständige Werke darstellen, hätte
ebenfalls Gegenstand einer näheren Erörterung sein müssen.
Stattdessen enthält SF PERSONALITY
8 ein etwa dreißigseitiges Register der Protagonisten aus dem DARKOVER-Zyklus,
ergänzt um diverse Familienstammbäume. Es wäre sinnvoller
gewesen, diese Beiträge als separate Publikation den potentiellen
Interessenten, also den DARKOVER-Fans anzubieten, oder auf sie zu verzichten.
Den Zimmer Bradley- und den DARKOVER-Fans bietet SF PERSONALITY 8 einen
gelungenen Überblick über das umfangreiche, aber auch zwiespältige
Werk der Autorin, ansonsten ist das Manko der fehlenden Gesamtwürdigung
in Kauf zu nehmen, weshalb dieser Band vielleicht die schlechteste Ausgabe
der SF PERSONALITY-Reihe darstellt.
Armin Möhle
Wallenhorst
QUASAR 17: DER
KELCH VON ARIGARH
36 Seiten DIN A 5, Kleinoffset, Mittelheftung.
Auflage: 150 Exemplare, 3,00 DM.
Bezug: PRBCBS, Uwe Brunzlow, Klarastr.
15a, 55116 Mainz.
Bankverbindung: Mainzer Volksbank (BLZ
551 900 00), Konto 550 490 19.
Longstories werden ungern von Fanzineherausgebern
abgedruckt. Die Gründe sind vielfältig: Nicht nur wird einem
Autoren erheblich mehr Platz eingeräumt als seinen Kollegen, es wird
auch befürchtet, daß die erschlagende Textmasse, vor allem wenn
sie kaum von Illustrationen aufgelockert wird, von niemandem gelesen wird.
Hinzu kommt, daß nicht jeder Autor in der Lage ist, interessante
Charaktere und einen Spannungsbogen aufzubauen, durch die sich die Leser
über mehrere Seiten fesseln lassen.
Fantasy-Stories sind auch nicht jedermanns
Sache. Die einen lieben sie, einschließlich sämtlicher Klischees
in der xten Wiederaufbereitung, andere lehnen sie grundsätzlich ab,
allein schon des Genres wegen. Der angeschlagene Ruf liegt leider auch
darin begründet, daß die Themen reichlich ausgeschöpft
sind, wenig Neues gebracht wird, sowohl Profi- wie auch Fanautoren an Filmen
und Rollenspielen von guten und bösen Elfen, edlen und schurkischen
Rittern, häßlichen Orks und verführerischen Superfrauen
festhalten, Qualität ein Fremdwort zu sein scheint - und wer mag immer
denselben &/%$§! lesen?
Ich verreiße ungern Stories, doch
diese Geschichte von Jörg Dirks ist leider ein typisches Beispiel,
wie man eine Fantasy-Longstory nicht schreiben und schon gar nicht unter
die armen Leser verbreiten sollte.
Analog dem ollen Gral, nach dem Artus,
Parzival und Konsorten stets auf der Jagd waren, steht - wie der Titel
unschwer erraten läßt - im Mittelpunkt dieser Erzählung
ein heiliger Kelch, der von edlen Rittern und keuschen Priesterinnen bewacht
wird. Klar, daß ein Bösewicht sich unter die Guten mischt und
nach einer kleinen Metzelei der Kelch in die Hände der üblen
Königin gelangt, die sofort Verderbnis über fast die ganze Welt
bringt. Metzel. Eine kleine Gruppe Helden überlebt, das Böse
wird für diese Episode vertrieben, und eine Fortsetzung droht (Oh,
Armin, laß diesen Kelch an mir vorübergehen!).
Das Lesen war wirklich eine Qual, und
noch vor dem dritten Kapitel bin ich eingeschlafen (ehrlich - sonst schafft
das nur der Fernseher!), um mich dann nach dem Aufwachen doch noch durch
den qualvollen Rest zu quälen. Selbst wenn man die simple, abgedroschene
Handlung, die schablonenhaften, weinerlichen Charaktere, das totale Fehlen
eines Spannungsbogens, die gestelzten Dialoge und wiederholten, faden Beschreibungen
außer acht läßt, findet man noch genug Mängel stilistischer
Art, Wortwiederholungen, Phrasen, Grammatikfehler und, und, und. Hat sich
denn niemand die Mühe gemacht, das Skript korrekturzulesen?!
Beispiele, die für sich sprechen:
"(...) daß man auch den Haupthof
für den Handel freigegeben hatte. Dort durfte natürlich kein
Vieh gehandelt werden. So herrschte ein reges Treiben der Menschen zwischen
beiden Höfen, denn jeder Bauer handelte mit den Gütern, die es
zu dieser Jahreszeit zu handeln gab." (Seite 1).
"Er lag von lebenden Wesen entblößt
vor mir. Niemand der dort lag schien noch zu leben." (Seite 8).
"(...) daß sie durchbrechen konnten,
konnten wir die Verfolgung der Feinde erst in Angriff nehmen, wenn wir
für den Burggraben eine neue Überquerung geschaffen hatten, über
die auch Pferde gelangen konnten." (Seite 8).
Auch die Namengebung ruft gewisse Assoziationen
wach:
Der Kelch von Arigarh - Theta von Ariga,
Fürst Opla von Mozilla - Opel und Gozilla, Kassis - Johannisbeerlikör,
die M’hedda - die Edda usw.
Front- und Backcover sind der Tatort von
Smiley (hä?) Klaus G. Schimanski und ganz nett anzuschauen. Für
die Johannisbeerentussi stand offensichtlich Cher Pate.
Bedauerlicherweise ist dieses Fanzine
keine Empfehlung für Fantasy- und Longstories. Selbst den eingefleischten
Genre-Fans dürfte diese Lektüre Haarausfall verursachen.
Irene Salzmann
Kranzberg
SOLAR-X 95
48 Seiten DIN A 5, Kopie (verkl.),
Mittelheftung.
Auflage: 95 Exemplare, 4,00 DM, 12er-Abonnement
45,00 DM.
Bezug: ANDROMEDA SF-CLUB HALLE, Wilko
Müller jr., Volhardstr. 20, 06112 Halle/S.
Bankverbindung: Bayerische Vereinsbank
(BLZ 800 200 86), Konto 7800444.
Den Schwerpunkt in dem üblichen Rezensionsprogramm
bilden in SOLAR-X 95 die Besprechungen über ALIEN - DIE WIEDERGEBURT,
sowohl des Films als auch der Romanversion. Sie sind ein schönes Beispiel
dafür, wie subjektiv trotz der Kompetenz des Verfassers Rezensionen
sein können: "Wenn man ALIEN 4 - DIE WIEDERGEBURT verpaßt hat,
dann... hat man was verpaßt" lautet das Fazit von Wilko Müller
jr. Ich muß einräumen, daß ich bei der Fernsehausstrahlung
von ALIENS - DIE RÜCKKEHR nach etwa einer Stunde gelangweilt abgeschaltet
habe, weil ich es uninteressant fand, Ripley und eine Handvoll Marines
durch die Gänge einer Bodenstation stolpern zu sehen... Aber auch
ALIEN - DIE WIEDERGEBURT wird mich aufgrund der Informationen, die Wilko
über den Film gibt, allenfalls vor die Mattscheibe locken.
Die erste der drei Stories in SX 95, "Neurochips"
von Andreas Gruber, erinnert an den Film DIE 27. ETAGE mit Gregory Peck
in der Hauptrolle, womit ich aber nicht den Vorwurf eines Plagiats aussprechen
will. In beiden Arbeiten entdecken die Protagonisten, daß sie über
falsche Erinnerungen verfügen. In "Neurochips" wurden sie der Hauptfigur
aber absichtlich eingepflanzt, jedoch wurde - was nicht besonders plausibel
erscheint - versäumt, die Menschen in seiner unmittelbaren Umwelt
mit kompatiblen Informationen zu versehen, so daß er schnell Widersprüche
aufdeckt. Die Pointe ist zwar nicht überraschend, ansonsten aber wird
die Story gut erzählt.
Starke Worte wurden der Kurzgeschichte
"Sieg Heil" von Peter Schünemann vorangestellt: "Der Text... ist brisant
(?)... aber wer ihn mißversteht, der hat ihn nicht verstanden. Die
Geschichte braucht keine Rechtfertigung des Herausgebers (...). Nicht,
weil sie Bilder verwendet, die bestimmte, üble Assoziationen hervorrufen,
sondern weil sie zum Nachdenken anregt. Wem das nicht so geht, dessen IQ
dürfte seiner Knobelbechergröße adäquat sein." Weshalb
offenbar befürchtet wird, daß Leser dem Autor die Verbreitung
der Nazi-Ideologie unterstellen könnten, ist mir nicht klar. Die Aggressivität
von faschistischen Regimen sowohl nach innen als auch nach außen
ist eine historische Tatsache, weshalb der Plot der Story keineswegs unplausibel
ist. Die SX-Redaktion sollte durchaus etwas Vertrauen in ihre Leser setzen...
In "Sieg Heil" haben die Deutschen den Zweiten Weltkrieg gewonnen und die
Erde zwischen sich, Amerika, Rußland und Japan aufgeteilt. Nach 40
Jahren Frieden entdecken die Nazis den Weg in Parallelwelten. Die, die
sie überfallen, ist offenbar unsere.
Problematisch erscheint an "Sieg Heil"
vielmehr eine logische Unstimmigkeit. Die NS-Truppen werden zurückgerufen,
weil der Heimatwelt eine Reihe von unerklärlichen Todesfällen
aufgetreten sind. Der Autor möge es mir nachsehen, daß ich die
Pointe seiner Story offenbare, ansonsten könnte ich diesen Aspekt
aber nicht erörtern: In der NS-Welt sind die Menschen gestorben, die
auch bei der Nazi-Invasion in die Parallelwelt ums Leben kamen. Das würde
bedeuten, daß in jeder Parallelwelt dieselben Menschen leben. Wieso
jedoch existiert in unserer Welt nicht jener Sohn Hitlers, der in der NS-Welt
den Angriff auf die Parallelwelten befiehlt?! Immerhin müßte
aber wegen dieser Pointe auch der unsensibelste SX-Leser bemerken, daß
"Sieg Heil" keineswegs der niedergeschriebene Traum eines Alt- oder Neonazis
ist.
"Der weiße Tod" von Eddie Angerhuber
ist im Inhaltsverzeichnis unter der Horror-Rubrik ausgewiesen. Die Story
läßt sich jedoch ebenso gut als die Schilderung einer Beziehungskiste
verstehen. Ein arbeitsloser Künstler und seine Partnerin suchen Schrottplätze
nach geeigneten Bestandteilen für seine Skulpturen ab. Sein neuestes
Werk scheint einen unheilvollen Einfluß auf ihn auszuüben, doch
die Auseinandersetzung zwischen ihm und seiner Freundin am Ende der Story
ist auf übermäßigen Alkoholkonsum zurückzuführen.
Hierin liegt der Reiz der Story, indem sie sich nicht festlegt, ob tatsächlich
Einflüsse außerhalb der menschlichen Erfahrungen für die
Veränderung des Protagonisten verantwortlich sind. "Der weiße
Tod" ist weitschweifiger als die SF-Stories in dieser SX-Ausgabe, aber
das ist für (Nicht-?) Horror-Stories offenbar typisch.
SOLAR-X 95 bietet neben den überwiegend
guten sekundärliterarischen Beiträgen mehr Kurzgeschichten als
üblich, die ebenfalls zufriedenstellen, jedoch weniger zu Widerspruch
herausfordern als es die SX-Redaktion vielleicht erwartet.
Armin Möhle
Wallenhorst
HIRNGESPENSTER
4
76 Seiten E 5, Kopie, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 11,50 DM.
Bezug: Ralf Leismann, Am Fischerhof
2, 59369 Werne.
Bankverbindung: Volksbank Kamen-Werne
eG (BLZ 443 613 42), Konto 20292100.
Da blickt der Rezensent leicht gelangweilt
auf PERRY RHODAN- und BABYLON 5-Fanzines sowie einige Fortsetzungsgeschichten
und fragt sich, wo eigentlich die guten, engagierten Fanzines geblieben
sind, die es sich schlicht zur Aufgabe gemacht haben, schöne Stories,
Comics, Zeichnungen und Lyrik zu veröffentlichen - und das alles möglichst
noch ohne übertriebenen Schnickschnack und pseudoprofessionelles Gehabe!
Hier ist eines!
HIRNGESPENSTER 4 ist eine Sammlung von
Kleinodien. Phantastische Geschichten auf 76 Seiten, garniert mit witzigen,
skurrilen und zum Teil tiefschwarzen Kurzcomics und Cartoons, ergänzt
durch schöne Illustrationen in einem knappen, sauberen Layout - und
das auch noch offensichtlich ohne Computer und Laserdrucker gesetzt! Als
ich das Heft durchgelesen hatte, schüttelte ich den Kopf: Konnte es
sowas wirklich geben? Kaum ein wirklich schlechter Beitrag! Abwechslungsreiche
Geschichten, gut geschrieben! Unterhaltsame Comics - und selbst die Lyrik,
in phantastischen Zines sonst immer Ursache für gequälte Grimassen,
erwies sich als intelligent, nicht aufgesetzt und vor allem alles andere
als schwülstig.
Gregor Beckmanns Einleitungscomic "Political
correctness im Bett" räumt auf mit den linksalternativen WG-Softies,
die jeden Koitus theoretisch durchdiskutieren müssen. Ralf Neuradts
anschließende Geschichte "Full House" ist eine nette kleine Gangsterstory,
die mich unwillkürlich an Robert Redford und THE CLOU erinnerte. Etwas
ab fällt Gregor Beckmanns Story "Und sie wissen, was sie tun", in
der ein Alien seine kranke Frau zur Erde bringt, um sie dort heilen zu
lassen, dann aber sofort wieder abzieht, weil er nicht glauben kann, daß
auf einer Welt Hilfe für ihn möglich ist, die ihresgleichen verhungern
läßt - der moralische Zeigefinger wird hier dem Leser förmlich
ins Auge gestoßen und sowas sollte man immer vermeiden. Dann aber
beglückt uns die dreifache Mutter Irene Salzmann mit einem Lehrstück
über antiautoritäre Erziehung und ihre Folgen - vermutlich ein
Beispiel aus der eigenen, umfangreichen Erfahrung mit den wilden Rackern
anderer Eltern. Die zahlreichen Kurz- und Kürzestgeschichten von Ralf
Neuradt sind jedoch das edle Gewürz in der feinen Suppe, die dem Leser
mit diesem Fanzine vorgesetzt wird. Sie sind fast alle ironisch-distanziert,
in jedem Falle aber lebendig und zumeist interessante Charakterstudien
und ausgesprochen unterhaltsam. Der Gipfel der Cartoonkünste ist auf
Seite 72 zu begutachten, der uns in die profanen Abgründe deutscher
Bürgerlichkeit entführt (zumindest ist es mir so vorgekommen).
HIRNGESPENSTER 4 ist ein unaufdringliches,
vielfältiges, sehr unterhaltsames und intelligent zusammengestelltes
Fanzine von einer Art, die ich lange vermißt habe. Dem Herausgeber
Ralf Leismann kann bescheinigt werden, hier ausgezeichnete und vorbildliche
Arbeit geleistet zu haben. Das Heft wirkt einfach und überzeugt durch
die Beiträge, nicht durch grafischen Schnickschnack. Es ist bedenkenlos
zur Lektüre zu empfehlen und seinen Preis mehr als wert - so mancher
DTP-Virtuose kann sich hier ein paar Tips für gute herausgeberische
Tätigkeit abholen!
Dirk van den Boom
Münster
TUMOR SONDERHEFT
1: DÄMONEN
52 Seiten DIN A 4, Offset, Mittelheftung.
Auflage: unbekannt, 6,80 DM.
Bezug: Heiko Henning, Sandweg 38, 20257
Hamburg.
Mit Dämonen ist nicht zu spaßen.
Das muß auch Gregor Bonhoff feststellen. Der gesellschaftliche Underdog
wird von seinen Arbeitskollegen ständig gehänselt, bei den Frauen
bleibt er unbeachtet und der Schönste ist er auch nicht. Wenn er diesen
körperlichen Mangel wenigstens mit Witz und Charme wettmachen könnte?
Aber auch da fehlt es ihm an der nötigen Schlagfertigkeit und dem
Selbstvertrauen.
Aber all das soll sich ändern. Ein
fremder Mann bietet Gregor in seiner Stammkneipe zwischen zwei Bier die
Lösung all seiner Probleme an. Er müsse nur an drei Nächten
einen Zauberspruch aufsagen und schon würde sein Leid ein Ende haben.
Über die Art der Bezahlung schweigt sich der Fremde weitgehend aus.
Aber das bittere Ende kommt unweigerlich. Natürlich möchte der
Dämon, der Gregor nicht nur einen schönen, athletischen Body
verschafft, sondern auch berufliche Anerkennung und Erfolg bei den Frauen,
für seine Dienste eine Entlohnung. Er schickt Gregor böse Träume
und weidet sich daran. Gregor kann sein neues Leben und seinen Erfolg nicht
mehr genießen und sinnt auf Abhilfe. Doch er kommt vom Regen in die
Traufe. Der nächste Dämon, dem er sich verschreibt, schickt ihm
die Pocken und bald liegt er sterbenskrank auf einer Quarantänestation.
Nur mit Hilfe des Fremden aus der Kneipe und seiner neuen Freundin gelingt
es ihm in letzter Minute, auch diesen todbringenden Dämon loszuwerden
und gegen einen neuen - diesmal eine Dämonin - auszutauschen. Es soll
Gregors letzter Tausch sein. Die Szenen des Romans, in denen Gregor feststellt,
welche Bewandtnis es mit seiner neuen dunklen Partnerin hat, sind noch
die besten im ganzen Werk.
Für Gregor kommt es jedoch, wie es
kommen muß. Nachdem er all seine Freunde verloren hat, nimmt er selbst
den Kampf gegen die dämonische Unterwelt auf - und unterliegt.
Diese kurze Zusammenfassung macht vielleicht
nur unzureichend deutlich, welches Potential in der Geschichte liegt, die
Birgit Menzel geschrieben hat. Sie hat dieses Potential jedoch nicht umsetzen
können. Generell ist es keine kleine Leistung, eine Geschichte mit
dem Umfang eines Taschenbuches zu schreiben (50 Seiten Text, zweispaltig,
kleine Schrift, kaum Rand, dürften gut und gerne etwa 180 bis 200
Taschenbuchseiten entsprechen). Die Geschichte hat von der Anlage das Potential,
um über eine längere Strecke zu tragen (King hätte eine
Trilogie daraus gemacht), doch Birgit fehlt ein wenig das erzählerische
Geschick, es umzusetzen. Oftmals erzählt sie wichtige Szenen nur indirekt,
so daß sie keine Wirkung entfalten können. Dabei kann sie es
anders. Das deutet sie in einigen Szenen an. Der Fortgang der Handlung
macht manchmal den Eindruck, als wenn Birgit zum Zeitpunkt des Schreibens
selbst nicht genau wußte, wie es denn weitergehen soll. Hin und wieder
merkt sie selbst die Widersprüche und schiebt, eine Seite später,
eine Erklärung nach.
Aber leider ist das nicht alles. Über
einige kleine logische Fehler im Handlungsverlauf könnte man noch
hinwegsehen. Schließlich möchte man irgendwann wissen, wie der
verdammte Gregor Bonhoff sein schlechtes Ende nimmt!
Aber leider weist Birgits Erzählweise
auch erhebliche stilistische und grammatikalische Mängel bzw. Fehler
auf. Den Konjunktiv beherrscht sie nur zufällig. Und Sätze wie
"In dem ehemaligen Haus, wo er wohnte, gab es einen abgefahrenen Typen,
der Joe hieß und von dem sein Nachbar Frank Waldschmidt behauptete,
daß er ständig mit heißer Ware aus Einbrüchen dealte."
finden sich leider nur zu häufig. Oftmals ist Birgit sich stilistisch
und grammatikalisch so unsicher, daß sie genau das Gegenteil von
dem schreibt, was sie eigentlich sagen möchte. Schriftsprache und
Alltagssprache sind bei ihr eins. Das mag als Stilmittel, z. B. bei direkter
Rede, sehr sinnvoll sein, als durchgängiger Erzählstil eines
ganzen Romans ist es untauglich.
Ein sehr guter und geduldiger Lektor hätte
viele Fehler und Schwächen des Romans ausbügeln können.
Die erzählerischen Mängel lassen sich aber nur durch eine gründliche
Überarbeitung beheben, die selbst ein Lektor nicht leisten kann.
Der TUMOR-Redaktion muß man den
Vorwurf machen, den Band recht lieblos gestaltet zu haben. Zwar wurde das
Titelbild extra für den Roman angefertigt, aber das ist auch das einzig
Positive an der Ausgestaltung des Heftes. Denn es erwarten den Leser fünfzig
Seiten enger Zweispaltensatz, ohne eine einzige Auflockerung, selbst die
Rückseite wurde bis zur letzten Zeile bedruckt. Dafür fehlt ein
Impressum, nirgendwo ist eine Bezugsadresse angegeben, und vielleicht wäre
es auch ganz nett gewesen, ein paar Worte über die Autorin anzufügen.
Wenn schon ein Sonderband, dann wäre auch hier ein wenig mehr Mühe
und Sorgfalt ratsam gewesen.
Wirklich nett ist allerdings der Preis.
Für ein Taschenbuch diesen Umfanges hätte ich im Buchladen bestimmt
das Dreifache bezahlt. Und mich dreißigmal mehr geärgert, es
gekauft zu haben. Und trotz alledem ist die Geschichte, die Birgit erzählt,
spannend. Man liest sie bis zum Ende und kann bei der ganzen Kritik daran,
nicht einmal sagen, daß sie einem nicht gefallen hätte.
Holger Marks
Marburg
Der FANZINE-KURIER erscheint
in der EDITION WHISPERING TIMES.
Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle
Eibenweg 18
49134 Wallenhorst.
E-Mail: armoe@gmx.de
Preise: Einzelexemplar 1,20
DM, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 6,00 DM (in Briefmarken oder als Verrechnungsscheck).
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Dirk van den Boom, Holger Marks, Clemens Nissen s. ps., Irene Salzmann,
Thomas Schmitz.
Auflage: 60 Exemplare.
Für Rezensionsexemplare
sind wir stets sehr dankbar!
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