Online 75 |
Werte Leserinnen und Leser, vor fast fünfzehn Jahren, im Februar 82, erschien die erste, achtseitige Ausgabe des FANZINE-KURIER bzw. des SF-KURIER (SFK), wie das Fanzine seinerzeit hieß. Auch der Herausgeber war noch ein anderer; ich übernahm den SFK erst mit der achten Ausgabe im Juni 83. Ich führte den SFK bis zur Ausgabe 25 (September 85), bis ich ihn aus einer gewissen Motivationslosigkeit heraus und wegen der Übernahme der Fanzineredaktion in den ANDROMEDA NACHRICHTEN des SFCD einstellte. Meinen Posten in der AN-Redaktion gab ich jedoch nach zwei Jahren auf und reaktivierte den SFK unter den zutreffenderenden Titel FANZINE-KURIER mit der 26. Ausgabe im Januar 88. Seitdem ist der FANZINE-KURIER ununterbrochen erschienen, mit jeweils fünf oder sechs Ausgaben im Jahr. Ich will aber davon absehen, noch weiter mein Vorwort für den FK 50 (Juni 92) abzuschreiben, sondern will direkt daran anschließen: Kurz nach dem Erscheinen der Jubiläumsausgabe wurde auch der FK von der Welle der Splatterfanzines erfaßt, die durch das Fandom flutete, was zu einigen deutlichen, ablehnenden Stellungnahmen diverser FK-Mitarbeiter führte. Den bislang größten Einbruch für den FANZINE-KURIER und natürlich auch für die übrigen Fanzines markierte die Portoerhöhung im Frühjahr 93: Ich mußte den Umfang einer FK-Ausgabe auf 12 Seiten zu beschränken, um den günstigsten Tarif für eine Büchersendung nutzen zu können, und weniger Fanzines erschienen bzw. wurden im FK besprochen: in 93 waren es 81 Fanzines im Vergleich zu 100 Zines in 92. Der FANZINE-KURIER ist ein Nischenfanzine, was sich beispielsweise an den Abonnenten- und Auflagenzahlen in den Jahren 94 und 95 zeigte: Im Durchschnitt betrug die Auflage einer FK-Ausgabe 60 Exemplare. Erst ab Anfang diesen Jahres kann ich wieder ein deutliche Steigerung verzeichnen. Auch sind in diesem Jahr erstmals seit 93 wieder sechs FK-Ausgaben erschienen (inklusive des FK 75). Intention des FK war und ist es, den Fanzines genau dieselbe Aufmerksamkeit wie - in anderen Fanzines - Büchern und Filmen entgegenzubringen; ein Konzept, das offenbar nur für einen gewissen Teil des bundesdeutschen Fandoms interessant ist. Aber das ist selbstverständlich nur die halbe Wahrheit: Der FANZINE-KURIER erscheint natürlich auch, weil ich es so will. Und manchmal habe ich den Eindruck, als wären meine Mitarbeiter und ich "fannische Fossilien"... Ein wenig Statistik sei mir noch gestattet: In den FK Ausgaben 51 bis 75 sind 340 Fanzines in 307 Besprechungen von 12 Mitarbeitern rezensiert worden. Die Anzahl der Druckseiten betrug 328, die Gesamtauflage 1.710 Exemplare. Die Gesamtkosten habe ich dagegen nicht ermittelt... Ausdrücklich bedanken will ich mich nicht nur bei meinen Mitarbeitern, sondern auch bei den Fanzineherausgebern, die durch ihre Rezensionsexemplare wesentlich zum Erscheinen der FANZINE-KURIER-Ausgaben in den letzten Jahren beigetragen haben. Genug des Blickes in die Vergangenheit. Für den FANZINE-KURIER 76 sind bislang Besprechungen über KOPFGEBURTEN 8: FEUERLAND, SOLAR-X 80, NIGHTLIFE 5, DIE GRAUE ALLIANZ 1: DIE SCHATTEN DER VERGANGENHEIT und über LEGENDENSÄNGER-EDITION 55: SCHWERTMACHT vorgesehen. Außerdem - und das ist natürlich die wichtigere Mitteilung - ist der FK bereits seit der letzten Ausgabe im INTERNET unter der Adresse "http://www.rzuser.uni- heidelberg.de/~junneweh/fk/index.html" erhältlich. Ich bedanke mich bei Johannes Unnewehr für sein Engagement. Johannes und Thomas Schmitz beabsichtigen übrigens, einen "eZineKurier" zu erstellen, also elektronische Fanzines zu besprechen und die Rezensionen via INTERNET anzubieten. Für ihr Projekt suchen sie noch Mitarbeiter; deshalb hier ihre e-Mail-Adressen für Interessierte: "junneweh@ix.urz.uni-heidelberg.de" (Johannes) und "thomas.schmitz@rz.ruhr-uni-bochum.de" (Thomas).
Viele Grüße
MORE TALES OF BLOOD AND LOVE
MORE TALES OF BLOOD AND LOVE
Mit dem vorliegenden Fanzine begeben wir uns in die Welt jener Wesen, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, daß sie anderer Leute Blut aussaugen und möglichst helles Sonnenlicht meiden: Vampire. Daß diese in der Literatur wie im Film höchst beliebten Gestalten sich in Fanzines wiederfinden, ist keinesfalls selten. MORE TALES OF BLOOD AND LOVE widmet sich ausschließlich diesen Protagonisten, und das auf durchaus vielfältige Art und Weise. Das sehr umfangreiche und recht ordentlich gestaltete Hefte enthält vor allem Kurzgeschichten und etwas Lyrik, aber auch anderes Material. Einige Beiträge möchte ich hier hervorheben. So finden wir gleich zu Beginn einen Artikel von Christel Scheja mit dem Titel "Geschöpfe der Nacht", in dem sie den Leser auf den Aber- und Volksglauben unserer eigenen Vergangenheit hinweist und dabei die Mythen um Werwölfe, Hexen und Vampire beschreibt. Eine durchaus lesenswerte Einführung. Michail Vladescu (Achtung, Pseudonym!) beginnt daraufhin mit einer recht langen Geschichte mit dem Titel "Die Söhne des Drachen". Der Autor wandelt auf historischen Pfaden, beschreibt er doch erst einmal den (übrigens vergeblichen) Abwehrkampf des historischen Dracula - eines Woiwoden in der mittelalterlichen Walachei, der dafür bekannt war, seine Feinde zu pfählen - gegen das Osmanische Reich, das sich damals auf dem Weg zu seiner vollsten Machtentfaltung befand. Natürlich verläßt der Autor die geschichtliche Ebene recht bald: Fürst Vlad Dracul verliert seine geliebte Frau und wendet sich den Mächten des Bösen zu, wodurch aus ihm der allseits beliebte Dracula wird. Der Autor schreibt mit einem sicheren Stil, wenngleich er hin und wieder dazu neigt, etwas zu viel Pathos aufzutragen. Die Pointe allerdings ist nur schwer verdaulich: Der Bruder des Dracula, auch zum Vampir geworden und damit unsterblich, begegnet irgendwann viele Jahrhunderte später... Naja, wem wohl? Bram Stoker. Sehr originell. Hätte sich der Autor diesen Schlenker gespart, wäre die Geschichte recht gut gewesen. Das Ende relativiert diesen Eindruck leider. Vampire goes STAR TREK findet sich in einer kurzen Holodeckepisode auf DS9, geschrieben von einem Pseudonym namens "Garak" (auch sehr originell) und es folgen einige Vampir-Witze und Cartoons, die von dem Bemühen der Herausgeberin zeugen, die Angelegenheit nicht ganz so ernst zu nehmen. Ein Mensch namens "Samuel" verfaßte die Story "Angel of the Night". Es geht um eine Prostituierte in New York, die offenbar von einem Vampir auf eine Party eingeladen wird - oder auch nicht, denn die Story endet im nichts und der Autor verkündet, daß man alles weitere im zweiten Teil erfahren werde, der ja wohl spätestens in einem Jahr in der nächsten Ausgabe des Fanzines erscheinen werde. Wenn der Erscheinungsrhythmus von MORE TALES OF BLOOD AND LOVE tatsächlich jährlich sein sollte, dann stellt sich natürlich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Publikation einer Fortsetzungsgeschichte. Ich halte das, vor allem verbunden mit dem süffisanten Kommentar des Autors am Ende, für reine Leserverarschung, die man sich wirklich hätte sparen können. Christel Scheja darf natürlich auch mit einem Storybeitrag nicht fehlen. In "Eine sinnverwirrende Nacht" hat sie wieder einen dieser süßlichen Plots verarbeitet, für die sie bekannt und gefürchtet ist: Niniven, von einem Vampir zu einer Liebesnacht geladen, hat durch das Verspeisen einer Zauberwurzel dafür gesorgt, daß sie durch diese Nacht schwanger wird und am Ende kann sie der dunkle Fürst dann doch noch auf ihre Seite ziehen (oder so ähnlich). Im ganzen erst einmal was für Voyeure, mit einer Sexszene, deren Bezug zur Realität relativ gering sein dürfte, und anschließend mit allerlei pathetischem Gerede von glühenden und doch so eisigen Geliebten und ähnlichem. Glücklicherweise eine der kürzeren Geschichten dieses Fanzines.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die
Herausgeberin mit MORE TALES OF BLOOD AND LOVE ein recht lesbares
und abwechslungsreiches Heft vorgelegt hat. Auf manchen lyrischen
Genuß hätte der Rezensent aber gerne verzichtet, zu
sehr muten diese verzweifelten Versuche, eine themengerechte Form
von Poetik zu erreichen, wie hilfloser Dilletantismus an. Für
Freunde des Genres werden sich jedoch generell einige lesenswerte
Beiträge finden und auch die grafische Aufbereitung ist passabel,
wenngleich nicht alle Zeichnungen wirklich gut sind. Alles in
allem ein passables, jedoch beileibe nicht für jeden empfehlenswertes
Heft. Dirk van den Boom
Münster
YALLASH
Im Gegensatz zu vielen anderen bin ich im STAR TREK-Universum nicht sonderlich bewandert. Zwar habe ich mir bereits Kirk & Co als ORION-Nachfolger reingezogen, als die ENTERPRISE erstmals im ZDF Anfang der Siebziger zu neuen Welten aufbrach, ebenso viele der Wiederholungen; lediglich bei den folgenden Generationen war ich, schon auf Grund der ungünstigen Sendezeiten (nachmittags - einfach idiotisch) selten dabei. Wenigstens bin ich mit den Charakteren von TNG halbwegs vertraut. Tja, und da habe ich jetzt die Longstory von Felix Lichte erhalten, der sich, wie mir das Vorwort verrät, einige Gedanken um eine Figur aus TNG machte, die namentlich erwähnt wird, aber nie in Erscheinung getreten ist. Es handelt sich dabei um Jack Crusher, den verstorbenen Freund vom alten Jean-Luc, Papa von Babyface Wesley und Ehemann von der guten Doc Beverly. Die ENTERPRISE wird vom STARFLEET COMMAND von einem Auftrag abgezogen und ins Ischtar-System geschickt. Dort vermutet man geheime Aktivitäten der Cardassianer. Die Nachricht stellt sich schon bald als Ente heraus. Die ominösen Hüter sind es, die Jack Crushers Erscheinen wünschen, sich jedoch mit Picard zufrieden geben müssen. Das Ischtar-System, die Kirk-Fans wissen es vielleicht noch, spielte schon einmal eine Rolle. Unser liebster Captain landete mit Amnesie bei einem Indianer-Stamm, ehelichte die Prinzessin, sah Vaterfreuden entgegen und wurde höchst unfreundlich mit einigen Steinen aus seinem Paradies vertrieben. Etwas ähnliches, erinnert sich Picard, ist auch Crusher zugestoßen. Sein Freund besaß nach der Rückkehr keinerlei Erinnerungen an den Aufenthalt auf Ischtar III. Folglich staunt Picard nicht schlecht, als er auf dem Planeten Crushers zweiten Sohn Yallash kennenlernt. Dessen Stamm wird von den Talysiern bedroht, und die Hüter erwarten, daß Yallash seine Leute mit Hilfe der Raumfahrer retten kann. Da Picard jedoch an die Oberste Direktive, die eine Einmischung und Waffenlieferungen verbietet, gebunden ist, versuchen die Hüter, ihn zu zwingen. Picard beamt mit Yallash an Bord der ENTERPRISE. Dort soll sich der Junge die notwendigen Mittel beschaffen. Ausgehend von der Idee, die Frage nach Jack Crushers Schicksal zu beantworten, verbindet Felix Elemente der alten und der zweiten Serie in seiner Erzählung. Dabei tritt Crusher jedoch in den Hintergrund zu Gunsten des Aufeinandertreffens von Beverly, Wesley und Yallash. In Konsequenz ist die Handlung auch nicht von Action und Spannung geprägt; die Ereignisse auf Ischtar werden nur gelegentlich erwähnt und auch an Bord ist slow motion angesagt. Die psychologischen Aspekte genießen Priorität, insbesondere die Begegnung Wesleys und Yallashs, sowie dessen persönlicher Weiterentwicklung. Felix läßt das Ende offen, als ob er vielleicht eine Fortsetzung über Yallashs weiteres Schicksal schreiben möchte. Felix' Stil ist flüssig, die Geschichte läßt sich angenehm lesen. Etwas mehr Pep hätte ich gern gehabt, aber damit tun sich Picard & Co. stets etwas schwer. Für die kurze Geschichte tauchen zu viele Personen auf, die mit der eigentlichen Handlung nicht viel zu tun haben. Daß zumindest die wichtigsten Mitglieder der Crew erwähnt werden, versteht sich, doch bei den Eingeborenen hätte Felix durchaus sparen dürfen. Eine Stilblüte: "'Dann komm mit in die Krankenstation!' bat der Captain. 'Dort befinden sich jene Maschinen, mit denen wir dein Gedächtnis manipulieren können. Keine Angst! Sie fügen dir keinen ernsthaften Schaden zu.'" (Seite 42). Keinen ernsthaften Schaden, aber immerhin einen Schaden, hm? Die Illustrationen stammen von Martin L. Raschen. Die Zeichnungen sind einfach, doch der Insider erkennt die Schiffe auf Anhieb.
Die ewigen Hasser der Space Opera werden wohl nicht zum Leserkreis
zählen, aber die Trekkies dürften ihre Freude an diesem
Zine haben. Irene Salzmann
Kranzberg
PARADISE 19
PARADISE erinnert in seiner ganzen Machart an die Fanzines, durch die ich in den achtziger Jahren, noch aus der Ferne, das Westfandom kennenlernte. Ein Redax wirft das gesammelte Material (ohne groß Layout-Spielereien zu veranstalten) zu einem Heft zusammen, ein Editorial dazu, bißchen Interna (Kassenbericht, Mitgliederliste etc.) und ein paar Grafiken. Umrühren, fertig ist das Clubzine. Unter diesen Umständen kann natürlich kein Meisterwerk zustandekommen, im Endeffekt läßt sich daraus aber ein Eindruck des aktiven Clublebens gewinnen. Die ERBEN DER NACHT sind augenscheinlich ein Club, der viel durch Briefkontakte und e-mails lebt. Die Mitglieder sind im ganzen Bundesgebiet beheimatet, erstaunlicherweise - das ist nicht die Norm! - auch eine ganze Reihe in den neuen Ländern. Es ist Voraussetzung, sich ein Pseudonym zuzulegen, je nach Geschmack und literarischen/cinematografischen Vorlieben. Ansonsten lautet das Clubmotto: "Die SF und das Grillwesen sollen über die ganze Welt verbreitet werden." Stories nehmen einen großen Teil des Heftes ein, die längste stammt aus der Feder von Selana Bashir (Monika Abt). "Jagdfieber" ist ein flüssig geschriebenes TIME TRAX-Abenteuer um Captain Darien Lambert, der es sich zum Ziel gesetzt hat, flüchtige Verbrecher aus der Zukunft zu schnappen und zurückzuschaffen. Das Minus an der Geschichte ist das Fehlen eigener Ideen, es ist so, als pause man ein Bild ab und gibt es dann als eigenes aus. Ebenfalls flüssig ist die im PR-Universum handelnde Erzählung "Die Welt des Philosophen" von Lestat (Kim Stark), wiederum vermutet man aber ein Exposé dahinter, dessen sich der Autor vielleicht gar nicht bewußt ist. Die PR-Story "Eine seltsame Allianz" Sol Starwalkers (Wendelin Abt) ist hingegen eher gut gemeint. Um eine Nacherzählung der Kurzgeschichte "Feuer und Eis" von Georghe Greenstein handelt es sich bei "Nova-Feuer" von Ras Algethi (Rolf Schrempp). Das Original wäre interessant, konnte aber aus Copyright-Gründen nicht genommen werden. Jessica (Eckhard Klaffke) ist derAutor des Märchens "Flaschenpost", das ein guter Lektor sicher zur Druckreife bringen könnte. Leider nur Fragmente mit annehmbaren Anfang sind "OUZO, Teil 5 & 6" von Lestat und "Boten der Unendlichkeit" von Kirk Canning (Matthias Richter) geblieben. Unter den sekundärliterarischen Beiträgen ragt "Von der Schwierigkeit, etwas wirklich Neues zu bringen" heraus. Wintermute (Christiane Lieke) neigt zwar dazu, etwas ausschweifig zu werden, von der Substanz her ist der Artikel aber aussagekräftig. Sparen können hatte man sich dagegen "Die Geschichte der USS HIGHLANDER NCC 2404". Wer den Schrott in der STAR TREK-Nacht in SAT1 gesehen hat, weiß, daß sogar die trivialsten ST-Folgen dagegen Kunstwerke sind. Hier hat sich die Satire selbst mattgesetzt. Unter den Grafiken fällt Infinity (Helmut Tonk) auf. Man kann seine Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren gut verfolgen, von experimentellen Anfängen bis zu der Grafik auf Seite 23, die sich in ihrer Aussage schwer festlegen läßt, aber das gewisse Etwas hat, welches den Betrachter innehalten läßt.
Mit seinem minimalistischen Anspruch an ein perfektes Layout und
allgemeine Inhalte läuft PARADISE 19 dem Trend entgegen.
Mag sein, daß sich die Ecken und Kanten noch abschleifen
werden - in der gegenwärtigen Form ist es für ein spezielles
Lesepublikum gemacht. Eine Wertung sollte dem Rechnung tragen.
Siegfried Breuer
Berlin
BONSAI 8
Der Name dieses Fanzines kann nicht ernst gemeint sein. Vielleicht hat Peter einmal klein angefangen, vielleicht hat er sogar die Mode mitgemacht, Fanzines in immer kleiner werdenden Formaten zu drucken. Mittlerweile ist sein Fanzine jedoch kein Bonsai mehr. 108 Seiten und ihr Inhalt sprechen dagegen. Auch wenn der BONSAI als Egozine angefangen hat, ist er längst seinen Kinderschuhen entwachsen. Es ist kein Egozine mehr, hat aber einige Charakterzüge seiner Herkunft behalten: Das Heft verrät viel über Peters Leidenschaften. Und diese Leidenschaften sind die Fotografie sowie der Besuch von internationalen Cons. Um mit dem letzteren anzufangen: BONSAI 8 steht ganz im Zeichen des letztjährigen WorldCons in Glasgow. Dazu gibt es einige Conberichte von Uli Bettermann, Hardy Kettlitz, Roberto Quaglia, Franz H. Miklis, Arno Behrend und natürlich von Peter Fleissner selbst. Erstaunlicherweise gelingt es den Autoren ermüdende Wiederholungen zu vermeiden. Jeder berichtet aus seiner Sicht und so unterschiedlich und vielfältig waren die Interessen und die Angebote, daß es kaum zu Überschneidungen kam. Kein Wunder bei über 500 Programmpunkten, die auf wenige Tage zusammengeballt, den Besuchern kaum Zeit zum Verschnaufen ließen. Nun ist es nicht jedermanns Sache, Conberichte zu lesen, vor allem dann nicht, wenn er nicht dabei gewesen ist. Den Autoren gelingt es aber ganz gut, die Atmosphäre einer solchen Veranstaltung einzufangen und dem Leser mitzuteilen. Besonders Peters ausführlicher Bericht, gespickt mit gut 40 Fotos von mehr oder weniger berühmten SF-Persönlichkeiten (damit wären wir bei der zweiten Leidenschaft), trägt dazu bei, den Con sowohl als Mysterium als auch als gigantisches Happening zu sehen. Neben den vielen gerasterten Schwarzweißfotografien finden sich auch zwei aufgeklebte Farbfotos im Heft. Passend zum Vorwort ein kleines Porträt von Peter. Sensationeller ist allerdings das DIN A 5 Foto von Joe Haldeman, vom Autoren höchstpersönlich signiert (so kommt man zu Autogrammen...). Wie Peter es geschafft hat, 120 Autogramme von dem bekannten Autoren zu bekommen, erzählt er in seinem Bericht. Aber das ist nicht das einzige Gimmick des Heftes. Eingeklebt findet man auch ein Büschel echt schottischer Schafswolle sowie ein kleines Stückchen Schlangenhaut aus dem Serpentarium der Insel Skye. Das sind witzige Beigaben zu den ansonsten sehr gelungenen Conimpressionen. Ergänzt werden diese durch verschiedene Interviews, u. a. mit John Brunner. Der bekannte britische SF-Autor verstarb während des Glasgower WorldCons an einem Herzanfall (die Bestürzung und Trauer über seinen Tod zieht sich durch viele Beiträge des Heftes). Das Interview führte Sally Ann Melia im Juli 95 für die Zeitschrift INTERZONE, es ist also ebensowenig wie der daran anschließende Beitrag von Horst Pukallus ein genuiner Beitrag des BONSAI-Machers. Peter Fleissner gebührt jedoch der Verdienst, dieses Interview einem breiteren deutschen Publikum zugänglich gemacht zu haben. Pukallus macht sich in "Kassandra im Abseits?" Gedanken darüber, warum John Brunner von der deutschen und internationalen Kritik so wenig berücksichtigt wurde, obwohl sehr komplexe und ernsthafte Zukunftsszenarien schuf. Der Beitrag erschien als Nachwort zu einer Neuausgabe von Brunners .EIN IRRER ORBIT. Interview und Nachwort kommen aus heutiger Perspektive einem Nachruf gleich. Besonders bestürzend ist in dem Interview, wenn ein Autor wie John Brunner sich darüber beklagt, kaum noch SF verkaufen zu können, daß seine Bücher nicht mehr verlegt werden und selbst er gezwungen ist, dem Trend zu folgen und zunehmend mehr Horror zu schreiben. Die weiteren Interviews mit Paul McAuley und Terry Brooks sind ebenfalls Nachdrucke, das erste wiederum aus INTERZONE, das zweite aus der Computerzeitschrift PC-PLAYER. Daneben gibt es noch einen Beitrag von Monika Niehaus-Osterloh zum Thema Pflanzengifte in Magie, Medizin und Mord, Jürgen Marzi schildert die Entwicklungen in der EUROPEAN SF SOCIETY und Hermann Ritter stellt in "Die Räder der Zeit" sein Konzept der "kontrafaktischen Geschichte" vor. Gerade die Interviews und Sekundärbeiträge machen das Fanzine auch für den Conmuffel interessant. Zwar kann man sich fragen, ob eine Nachdruck aus einer deutschen Computerzeitschrift sinnvoll ist, aber alle anderen Beiträge wären sonst für die meisten deutschen Leser nicht zugänglich.
BONSAI 8 ist durchaus sein Geld wert - und das nicht nur wegen
das Autogramms von Joe Haldeman. Holger Marks
Marburg
GESCHICHTEN DER NACHT 14: DAS MUSEUM II
Mir ist wenig bekannt über das Fanzine GESCHICHTEN DER NACHT und seine Herausgeber. Der spärliche Klappentext beinhaltet bedauerlicherweise keine Hintergrundinformationen. Offenbar handelt es sich um ein unregelmäßig erscheinendes Heft, das als Forum für Longstories konzipiert ist. Bei der vorliegenden Ausgabe, DAS MUSEUM II, handelt es sich um eine SF-Erzählung von Christiane Lieke; um die Fortsetzung von DAS MUSEUM I, um genau zu sein. Mehr als 40 Seiten kommen dabei auf den Leser zu (die rund 24 Seiten des ersten Teils, der unter derselben Anschrift erhältlich ist, nicht mitgerechnet) und werden gerade mal durch eine einzige Illustration aufgelockert, die, wie auch das Cover, made by PC ist. Was zuvor geschah, muß man der Story entnehmen, da keine Zusammenfassung vorangestellt wird. Nachdem einige Leute auf MC verschwunden sind, schaut eine kleine Flotte prompt nach dem Rechten. Man findet eine ominöse Entität, die - titelgemäß - ein Museum betreibt, in dem Raumschiffe, deren Besatzungen usw. aufbewahrt werden. Während das Landungsteam der Sache auf den Grund geht, bereitet sich die Flotte auf ein Bombardement des gefährlichen Planeten und damit auf die Vernichtung der eingefrorenen Lebewesen vor... So gut die Idee an und für sich ist, auch einmal den Autoren von Longstories eine Publikationsmöglichkeit zu offerieren, bleiben gewisse Zweifel, ob die Begeisterung für ein solches Projekt ausreicht, um es langfristig am Leben zu erhalten. 14 Ausgaben sind jedenfalls beeindruckend, zumal die Qualität der einzelnen Geschichten sicherlich schwankt. Es ist sehr viel einfacher, eine Short-Story mit witziger Pointe zu verfassen, als bei einer längeren Erzählung den Spannungsbogen von Anfang bis Ende durchzuziehen, glaubwürdige Charaktere zu konstruieren und unterhaltsame Dialoge aufzubauen, sich dabei nicht ständig zu wiederholen und den Leser mit immer denselben Informationen und Phrasen zu langweilen. Worüber ich sofort gestolpert bin, das sind die Namen der Protagonisten, die keineswegs einprägsam sind. Ich weiß nicht, woher das Bedürfnis vieler Autoren stammt, Originalität und Prägnanz durch irgendwelche monströsen Wortschöpfungen zu ersetzen. "Ogglwiddlabudnum": Selbst wenn man Aliens exotische Laute unterstellen darf, so dürfte sich eine Vereinfachung der Benennung in der (intergalaktisch) gebräuchlichen Sprache oder das Beibehalten der eigenen Bezeichnungen durchsetzen (wir reden ja auch von Eskimos statt von Inuit), da sich nur die wenigsten gern einen Knoten in die Zunge machen (falls sie sich das Wortmonster überhaupt merken können). Bis im MUSEUM endlich etwas passiert, muß man arg viel Geduld aufbringen, denn die Vorphase dehnt sich wie Kaugummi in die Länge. Die Figuren werden nicht näher charakterisiert, bleiben farblos und reden viel zu viel. Diese Dialoge klingen gestelzt, unnatürlich. Humor, eine Pointe sucht man vergeblich. Am Schluß ist die Entität ein böses primitives Dings, und Deus ex machina sei Dank für alles weitere.
Ich lese gern Longstories, aber um mich zu fesseln, genügt
es nicht, eine in dieser Form schon häufiger beschriebene
Idee über etliche Seiten auszuwalzen. Das hätte wesentlich
knapper auf Short-Story-Niveau oder spannender aufbereitet werden
können. Um eine Longstory zu beherrschen, muß der Autor
überzeugende Protagonisten kreieren, ihnen lebensnahe Dialoge
in den Mund legen, durch kleinere Höhepunkte in der Vorlaufphase
die Neugierde wachhalten u. a. m. Das fehlt hier leider alles.
Schade! Irene Salzmann
Kranzberg
SOLAR-X 77
SOLAR-X - wie immer, hat Irene Zimmermann die Besprechung von SX 76 geschlossen. Und das ist auch der Eindruck, der mir gleich nach dem ersten Durchblättern der Folgenummer als Seufzer über die Lippen kam. Dabei gibt es diesmal eine Neuerung, denn nach "Game-Corner" und "STAR TREK-Corner" hat Wilko Müller jr. eine Rubrik namens "THE X-FILES" eingeführt, die der gleichnamigen Serie gewidmet ist. Ob er deren Fans (so sie denn überhaupt zur Leserschaft von SX gehören) mit dem Abdruck eines Interviews aber einen Gefallen getan hat? Wer die Serie nicht kennt oder sie kennt, aber sich nicht dafür interessiert, wird mit dem seichten Wortgeplätscher, das nebst allen peinlich genau protokollierten Regungen der Interviewpartner und des enthemmten Publikums ([Gelächter] [noch mehr Gelächter] [das Publikum jubelt]) einer australischen Talk-Show entstammt, ohnehin nicht viel anzufangen wissen. Der Rest von SOLAR-X, das ist die altbekannte Mischung. Da sind zunächst die Geschichten. Angelika Herzog hat mit "Graues Land" eine ernsthafte Geschichte geschrieben. Nach einem schweren Unfall kommt die Seele ihrer Heldin in das Graue Land, wo alle gegen alle kämpfen und jeder am Ende doch unterliegt. Erst allmählich bemerkt sie, daß das blutige Gemetzel nur eine von ihr selbst geschaffene Illusion ist. Daß sie hier ihren Prinzen findet (dessen goldenes Zepter sie nicht bemerkt), daß der dann in der Realwelt ihr Lebensretter wird, wobei eine dritte Kraft selbstlos die Kupplerin spielt, bringt die Geschichte zum Ende hin in die Gefilde schicksalsgläubigen Kitsches. Die Geschichte wäre viel stärker geworden, wäre sie schließlich nicht so konstruiert. Potential jedenfalls hat sie. Eddie Angerhuber will mit "Le choses éternelles" nichts anderes als unterhalten, hat aber keine überzeugende Handlung parat. Daher läßt er seine Figur ziellos durch ein Post-doomsday-Szenario streifen, bis sie am Ende von einem sprechenden (?!) Hund zerfetzt wird. Der immerhin überraschende Schlußgag hierbei sei nicht verraten. Völlig daneben ist "Arsen im Ötzi" von Neal Chadwick (?): Da bauen zwei Wissenschaftler eine Zeitmaschine und fahren damit in die Alpen, um dort ungestört experimentieren zu können. Bald geraten sie in Streit, und der eine vergiftet den anderen mit einer dem Müsli beigemengten großen Portion Arsen. Hier ließe sich nun darüber spekulieren, ob dem Opfer nur der Geschmackssinn abhanden gekommen war oder ob es gar sterben wollte. Nach dem Willen des Autors jedenfalls ist es kurz nach dem Frühstück auch schon tot und wird nun von seinem Mörder als Urmensch ausstaffiert und in die Vergangenheit verfrachtet, von wo aus es ein paar tausend Jahre später dann als Ötzi wieder auftaucht. Daß es mehr bedarf, als dem Toten die Armbanduhr abzunehmen und beim Schneider schnell eine Urmenschenkluft herstellen zu lassen, geht dem Autor nicht auf. Humor ist es nicht, seinen Lesern so lange an den Rippen zu kitzeln, bis sie gequält das Gesicht verziehen. Die Geschichte funktioniert einfach nicht. Anders "Rauchgeruch, Todesgeschmack". Hier hat Frank Roger die sprichwörtliche Spürnase wörtlich genommen, und sein Inspektor Monrose fällt der eigenen dann zum Opfer. Ein irrer Brandstifter nämlich hat seine perfide Falle mit zahlreichen Gerüchen getarnt. Für den Leser ist die Falle offensichtlich. Aber dem Inspektor, dessen Nase von einer Wolke aus Parfüm, Schweiß und Tabak betäubt ist, entgeht das wesentliche: daß er nämlich in einer Pfütze aus Benzin steht... Die Idee ist hervorragend. Ein bißchen mehr Humor hätte der allzu ernst daherkommenden Geschichte aber gut getan. Nun ist der Primärteil nicht der Schwerpunkt des Heftes. Es schleicht sich sogar der Verdacht ein, der Herausgeber betrachte die Stories als unvermeidliche Pflichtübung vor der Kür, den zahlreichen Besprechungen nämlich. Diese machen wie immer den Gros des Umfanges bei SX aus. Und manche behaupten, sie erst machten SX so lesenswert. Wie auch immer, die Rezensionen sind alle von gewohnter Qualität: Stets ausführlich, meistens über die Inhaltswiedergabe hinausgehend und oft in ihrem Urteil auch begründet. Daß Wilko Müller jr. in seiner Besprechung zu dem von George R. R. Martin herausgegebenen Band WILD CARDS 2 zu viel Hintergrundwissen voraussetzt und lediglich auf seine Rezension des ersten Bandes in einem früheren SX verweist, fällt jedem sporadischen SX-Leser negativ auf. Unter den Durchschnitt fällt auch die Besprechung der NACHRICHTEN AUS MITTELERDE. Dieses Werk von Tolkien ist nicht nur schon seit den achtziger Jahren zu haben (und in der besprochenen Auflage schon drei Jahre alt), die angebliche Rezension erweist sich überdies rasch als üppige Inhaltsangabe. Mehr nicht. Absolut enttäuschend verlief die Lektüre des Essays "Die deutschsprachige SF 1995" von Manfred Orlowski, dessen Verfasser sich hier als Hochstapler entpuppt. Denn nicht um die deutschsprachige SF geht es, sondern um einige der für den SFCD-Literaturpreis 95 nominierten Romane und Erzählungen. Ein Konzept scheint es nicht gegeben zu haben. Manfred listet auf, was ihm bei seiner Arbeit im Literaturpreiskomitee an Gemeinsamkeiten und Unterschieden bei den Texten aufgefallen ist. Und er liefert zahlreiche sprachliche Schludereien und Stilblüten, von denen einige peinlich, eine aber immerhin lustig ist: Da fällt ihm nämlich auf, "daß solche renommierte Autoren wie Alpers und Jeschke sich ausführlich und detailliert mit dem Sex beschäftigen, als wenn sie es nötig hätten." Was die beiden genannten wohl anders sehen dürften. Irene Salzmann hat in ihrer Besprechung von SX 67 noch gestaunt, weil sie im Innenteil des Heftes tatsächlich auf Grafiken gestoßen war. Sie hätte auch diesmal gestaunt, denn diesmal gab es deren zwei (!) weitere. Darüber hinaus sorgen lediglich die seit langem schon verwendeten Vignetten für optische Auflockerungen der faden Optik.
Daß bei SOLAR-X alles so bleibt wie es ist und die Reihe
in ihrer Durchschnittlichkeit verharrt, das scheint ja ihr Markenzeichen
zu sein. Im guten. Und leider auch im schlechten. Darum besteht
kein Zweifel, daß auch die nächsten Ausgaben alle unter
dem eingangs genannten Motto stehen werden: SOLAR-X - wie immer.
Thomas Schmitz
Bochum
GRIMOIRE 4
GRIMOIRE - "Fanzine für Phantastisches" ist ein noch relativ neues Zine von einer Handvoll junger Fans. Es bietet eine ausgewogene Mischung aus Stories, Rezensionen, Sachartikeln und Illustrationen. Mich überraschte vor allem die Qualität fast aller Texte und Grafiken - da sind wir ja schon allerhand anderes gewohnt... (Und was uns bislang nicht umgebracht hat, macht uns immer duldsamer.) "Grenzspiele" von Falk Disterheft, die beste Story, an den Anfang zu stellen, war ein Glücksgriff. Beginnt ein Fanzine gleich mit einer mittelmäßigen bis schlechten Erzählung, liest man bei weitem nicht so neugierig weiter wie bei einem gelungenen Auftakt. Falk nimmt in seiner Geschichte die derzeit beliebten Spiele-Shows aufs Korn, denen der gemeine TV-Glotzer verfallen ist. Einfache Frage/Antwort-Spiele sind out, in ist dagegen der Reiz der mortal games, quasi eine Weiterentwicklung von AMERICAN GLADIATORS und ähnlichem. Das kennen wir zwar alle hinreichend aus einschlägigen Filmen mit Schwarzenegger & Co., doch angesichts der zunehmenden Beliebtheit solcher Sendungen ist das Thema wieder aktuell. Einschaltquoten, Gewinnsucht, Blutgier, die Dekadenz, alles wird aufgegriffen. Einzig das Moralisieren hätte sich Falk verkneifen können, denn das Fazit kann der Leser auch ohne seine Mithilfe aus den Episoden ziehen. Jörg Dinstühler siedelt in "Der letzte Gruß" seine Geschichte in der Vergangenheit an, während des Ersten Weltkriegs. Ein kleines Mädchen hat eine Vision von - na, was wohl? Nach dem Lesen bleibt eine gewisse Düsternis zurück. "Das Buch Daelmin" von Robert Baumgartner liest sich als Chronik einer Fantasy-Welt, und man fühlt sich an Tolkiens SILMARILLION erinnert. Die Auflistung einiger Ereignisse ist auch eine Methode, eine Story rüberzubringen und dabei auf die unwichtigen Nebensächlichkeiten und langwierigen Überleitungen zu verzichten. Für meinen Geschmack ist das ganze jedoch zu schwülstig und unfertig. "Wenn man Schlagzeilen macht ..." von Andreas Gerhardt in aller Kürze liest sich wie die literarische Rache auf einen persönlichen Händel?! Neben den Stories gibt es zahlreiche Sachartikel, umfangreich und gründlich recherchiert.
Für 4,00 DM ist GRIMOIRE ein sehr gut gemachtes Zine. Irene Salzmann
Kranzberg
LEGENDENSÄNGER-EDITION 51: HELDENLIED
HELDENLIED bietet Fantasy-Geschichten, in denen überwiegend Drachen und Elfen die Hauptrollen spielen. Das Heft zeigt deutlich, unter welchen Bedingungen die Herausgeberin ihre zahlreichen Fanzines produziert: Sie verwendet die Manuskripte ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Druckvorlagen, wogegen grundsätzlich nichts einzuwenden ist. Die Seitenzahlen der Manuskripte aber nicht zu entfernen und die Seitenzahlen des Heftes handschriftlich anzubringen deutet freilich auf eine gewisse Unerfahrenheit hin, die bei Christels "Massenausstoß" von Fanzines verwunderlich ist. Die kleinen Schrifttypen der Texte helfen zwar dabei, möglichst viel Material auf möglichst wenig Seiten zu plazieren, sind aber ausgesprochen leserunfreundlich. Immerhin wurden die Gedichte großzügig gesetzt... André Wiesler schildert in "Das Erkennen", wie Elfenfrau und Elfenmann zueinander finden, nämlich auf der Jagd, im gemeinsamen Kampf gegen einen Bären. Andere Welten, andere Sitten... Die Story zeigt, daß der Autor noch gewisse grammatikalische Probleme hat, beispielsweise mit der Deklination von "Speer", was die Herausgeberin zu entsprechenden geringfügigen und deshalb nur wenig zeitaufwendigen Korrekturen veranlassen sollte. Gero Lloyd bringt in HELDENLIED seine Longstory "Issad & Draah" mit dem dritten Teil zum Abschluß. Es ist eine breit angelegte Geschichte; der letzte Teil umfaßt immerhin über 30 Seiten. Gero bedient sich des Themas "Ein Junge und sein Hund" - Pardon, "Ein Junge und sein Drache", selbstverständlich. Der Junge und der Drache existieren natürlich in zwei Ausführungen, in der guten und in der bösen, und der Kampf zwischen ihnen entscheidet - ein Schelm, wer sich davon überrascht gibt - das Schicksal ihrer Welt. Der Story ist keine Zusammenfassung der ersten zwei Teile vorangestellt, aber dieser Nachteil wird im Laufe der Geschichte durch zahlreiche Rückblenden aufgehoben, die teilweise offenbar Jahrtausende zurückgreifen und leider etwa genauso umfangreich wie die laufende Handlung sind. "Tochter der Sonne" von Christel Scheja ist eine weitere Elfen-Episode. Sie schildert den Beginn und den ersten Teil der Odyssee einer Elfin, denn das Ende der Story läßt genügend Raum für eine Fortsetzung. In "2634 oder Der letzte Menosch" von Gero Lloyd wird ein Dorf von einer Bestie heimgesucht und von dem - zumindest vom Leser - erwarteten jugendlichen Helden befreit. Die Story bleibt freilich etwas undurchsichtig. Der dritte Beitrag von Gero in HELDENLIED, "Oh Gott, die Götter", ist der Versuch einer humoristischen Einlage, nichts weiter als "Eine weitere Theorie über das große Sauriersterben von ungefähr 65 Millionen Jahren." Die zweite Kurzgeschichte von André Wiesler ist nicht in der Fantasy, sondern in der Vergangenheit, in der Zeit der Kreuzzüge angesiedelt. Ein Ritter versucht als Einzelgänger ein wertvolles Kreuz wiederzubeschaffen, das in die Hände der Araber geraten ist. Als er vor dem Kreuz steht, wird er getötet - welche vielfältigen Handlungsperspektiven hätten sich wohl ergeben, wenn André seinen Protagonisten nicht umgebracht hätte...?! HELDENLIED bietet ein halbes Dutzend guter Grafiken aus der Feder Michaela Sommers, einer guten, vielversprechenden Zeichnerin. Ihre beste Arbeit wurde konsequenterweise als Cover verwandt (drei Frauen, die nebeneinander stehen bzw. sitzen), das zwar sehr dekorativ und ansehnlich ist, darüber hinaus jedoch einen Inhalt vermissen läßt. Aber das ist ein grundsätzliches Problem, das weder Michaela, Christel Scheja und ihre Fanzines allein betrifft, daß nämlich fannische Zeichnungen überwiegend reine Illustration sind.
Im Westen also nichts Neues, d. h. im Land der fannischen Fantasy
nichts Neues, natürlich. Es ist zwar begrüßenswert,
daß Christel Scheja in ihren Fanzines neuen fannischen Autoren
und/oder Longstoryschreibern Gelegenheit zum Abdruck ihrer Werke
bietet, die etwas gesteigerte Ansprüche beispielsweise an
die Ideenwahl jedoch nicht erfüllen können. Armin Möhle
Wallenhorst
ALIEN CONTACT 25
Manche Fanzines sind schnell durchgelesen. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Zu wenig Seiten. Seiten auf denen nichts (oder wenig) steht. Viele uninteressante Beiträge, die gleich überblättert werden. Oder langweilige Stories, deren Ende schon am Titel ersichtlich ist. Alles das wäre ein Grund zu meckern. Aber genau das trifft auf AC nicht zu. Regelmäßig alle drei Monate erscheinen sechzig wohlgefüllte Seiten mit zumindest durchschnittlichem, zumeist aber gutem bis sehr gutem Inhalt. Und natürlich ist das auch bei der fünfundzwanzigsten Ausgabe der Fall. Aus SPIEGEL-Lesertradition blättere ich das Heft von hinten nach vorne durch. Jedenfalls versuche ich es. Meist komme ich nicht weit. Das erste Mal bleibe ich an Gerd Freys Kolumne über Computerspiele hängen. Diesmal sind leider wenig Spiele dabei, die ich interessant finde. Der Markt wird anscheinend immer mehr von sinnlosen Action- und Ballerspielen dominiert, die mir persönlich nichts geben. Ich blättere also weiter nach vorne und stoße nach ein paar Seiten auf den Artikel "Wortschmied und Weltenschöpfer" von Andreas Irle zum achzigsten Geburtstag von Jack Vance. Andreas Irle gibt einen leider viel zu knappen Überblick über das literarische Werk des Autoren und es gelingt ihm, dem Leser Lust auf weitere Lektüre zu machen. Doch dazu bleibt im Moment keine Zeit. Weiterblättern. Doch nach zwei Seiten ist schon wieder Schluß: "Interne(t) News zu STAR TREK VIII" steht da. Das kann ich mir nicht entgehen lassen und so erfahre ich, welche Gerüchte über die Handlung des neuen Kinofilms kursieren. Reiner Schulz warnt uns allerdings davor, daß die Übereinstimmung zwischen vermuteter und realisierter Filmhandlung "sehr gering" sein wird. Nach einigem Blättern stoße ich auf ein Interview mit George R. R. Martin. Myra Çakan entlockt dem bekannten amerikanischen Novellisten vor allem Hintergründe über seinen Werdegang als SF-Schriftsteller und läßt ihn über seinen bekannten Roman ARMAGEDDON ROCK und seiner Karriere als Drehbuchschreiber fürs Fernsehen sprechen. Indem ich noch zwei Seiten zurückblättere, erfahre ich mehr über die WILD CARDS, eine "Shared World"-Serie, herausgegeben von George R. R. Martin. Als letzten größen Sekundärbeitrag erwartet mich weiter vorne im Heft ein Essay von Hardy Kettlitz über Kim Newman. Newmans Werk ist noch nicht so umfangreich wie das von Jack Vance. So werden die einzelnen Romane ausführlicher vorgestellt und man erfährt auch, welche Romane des Autoren nicht so lesenswert sind. Nach ein paar Seiten mit Kurzrezensionen zu aktuellen oder nicht ganz aktuellen, aber bemerkenswerten Büchern bin ich dann am Anfang des Heftes angelangt und kann endlich anfangen, es zu lesen. Es beginnt mit einer Kurzgeschichte von Myra Çakan. In "Mein ganz persönlicher Weltuntergang" beschreibt sie den öden nächtlichen Wachdienst in einem Atomkraftwerk. Natürlich kommt es, wie es kommen muß. Der Leser erlebt keine Überraschungen, bis auf das I-Tüpfelchen zum Schluß. Eine nette kleine Geschichte, die auf dem knappen Raum glaubhaft und stilistisch gut umgesetzt ist. Die zweite Geschichte im Heft stammt von Daniel Zahno. Der Autor hat bereits zwei Literaturpreise eingeheimst und ein Buch mit seinen Geschichten erscheint gerade im Bruckner & Thünker Verlag, Köln und Basel. Trotzdem bin ich zu dumm für "CephaloTM". Schön, es gibt dort Menschen, die sich darauf spezialisiert haben, sich wie Roboter zu bewegen. Und wenn es so gemeint ist, ist es eine nette Analogie auf die Entwicklung der menschlichen Zivilisation. Aber mir ist die Geschichte zu wirr und unklar, wobei mir der altertümliche Erzählstil durchaus gefallen könnte. Wenn ich es bloß verstehen würde. "Die Tinktur des Vergessens" von Kir Bulytschow, aus dem Russischen übersetzt von Erik Simon, ist dagegen eine kleine eingängliche und vergnügliche Groteske. Ein Schüler schüttet die besagte Tinktur in das Wasserreservoir einer kleinen Stadt und stiftet damit allerhand Verwirrung. Weil seine Lehrerin jedoch morgens nur Milch trinkt, wird er trotzdem nach allen Regeln der Grammatik geprüft und bekommt kein Fahrrad zum Geburtstag. Andreas Fieberg läßt seinen Protagonisten Beichtcomputer an Krankenhäuser verkaufen und stößt damit in eine Marktlücke vor. Vor allem aber setzt er die Idee angemessen um und schreibt eine gleichzeitig witzige und bedrückende Story. Weil ich am Anfang, von hinten, darüber hinweg geblättert hatte, kommt jetzt erst das Highlight. Gerd Frey adaptiert in "Rovares von Modavna" gekonnt den Stil des Jack Vance. Ein Kleinod um zwei rivalisierende Zauberer. Es gelingt dem mittlerweile sehr routinierten Autoren erstaunlich gut, die Erzählweise und - soweit in einer Kurzgeschichte möglich - die Detailbesessenheit des amerikanischen Altmeister zu kopieren. Und mir wird jetzt auch klar, warum die Geschichte direkt hinter dem Autorenporträit über Vance steht.
Vielleicht sollte man ALIEN CONTACT doch von vorne nach hinten
lesen. Lesen sollte man es aber auf alle Fälle. Holger Marks
Marburg
SOL 3
Das Magazin der Perry Rhodan-Fanzentrale enthält eine Story von Rainer Castor, eine Geschichte von Rüdiger Schäfer im Rahmen eines Fehlersuchwettbewerbes sowie eine Reihe von Hintergrundinformationen zur PR-Serie. Rainer Castor erzählt in "Abschied", wie phantastische Technik einem Liebenden große Hoffnung, ebensolche Enttäuschung und letztlich einen Trost verschaffen kann - ein PR-Abenteuer der besonderen Art. In der Realität muß die Trennung von Peter Griese verwunden werden; Michael Thiesen schrieb einen Nachruf auf den "Züchter der Zataras", der weitaus weniger persönlich ausfiel als die Nachrufe in der PR-Serie, dafür aber noch mehr Daten zum Leben des Verstorbenen enthält. Es wird jedoch nicht nur getrauert. Konrad Schaef würdigt Hans Kneifels 60. Geburtstag, und Peter Fleissner berichtet vom Garchinger PR-Geburtstagscon. Mit den Fotos von einer Autorenkonferenz entsteht insgesamt eine sehr familiäre Atmosphäre; Berichte zum Sammelkartenspiel und ein Porträt von Rainer Castor runden das Bild ab. Wer sich unter SOL ein Rezensionsfanzine jener Art vorstellt, wie es sie im Fandom in verschiedener Form gibt, z. B. ZYKLUSZINE oder die PR-Sparte in den CLUBNACHRICHTEN DES PRBCBS, der wird enttäuscht werden. Die PRFZ hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Zusammenhalt der PR-Fans zu festigen und zu fördern. Da auf der PR-LKS vermehrt eine kritische Beschäftigung mit der laufenden Handlung stattfindet und zudem jedem Fan das ganze Fandom offensteht, ist gegen dieses Ziel zudem auch nichts einzuwenden.
Dem, der als Fan Hintergrundinformationen zur PR-Serie sucht,
kann ich die PRFZ und ihr Magazin SOL daher nicht als Ersatz,
wohl aber als Ergänzung zum Fandom empfehlen. Clemens Nissen s. ps.
Wangerland
LEGENDENSÄNGER-EDITION 20: STERNENFEUER
Christel Scheja legt mit STERNENFEUER nun schon den 20. Sonderband ihrer LEGENDENSÄNGER-EDITION vor, und mit 80 Seiten ist er auch noch ungewöhnlich umfangreich. Zwischen den Sternen scheint es also viel neues zu geben. Das Heft beginnt mit einer Episode einer Fortsetzungsgeschichte von Linda Budinger. Lindas Protagonistin verdingt sich als Agentin in einem Entführungsfall und gerät dabei in die Falle ihres Erzfeindes, aus der sie sich befreit, indem sie sich in eine Werwölfin verwandelt. Der Titel "Wolfsmond” paßt zwar sehr gut zu der Story, aber ich muß gestehen, daß ich die Idee nicht besonders originell finde. Vielleicht machen die Episoden ja im Zusammenhang, den ich natürlich nicht überblicken kann, etwas mehr Sinn. Eine für mich undurchsichtige Geschichte ist "Der Georgeman-Komplex” von Uwe Lammers. Ein Admiral soll sich unter Hypnose an Dinge erinnern, die er erst noch erleben wird. Das Militär will so an Informationen über die (schreckliche) Zukunft kommen. So weit, so gut, aber a) kann sich der Protagonist nicht an das Jahr 2001 erinnern, weil er dann tot ist, wohingegen ihm das Jahr 2005 seltsamer Weise keine Probleme bereitet, b) wird nicht klar, warum der Protagonist nach dem Experiment glaubt, in einem Traum zu leben und c) wird das ganze dadurch kompliziert, daß Uwes 1992 geschriebene Story inzwischen völlig veraltet ist, sie sagt für 1993 Rassenunruhen und eine dritte Amtszeit von George Bush in den Staaten voraus. Für mich als durchschnittlich begabten Leser enthält die Geschichte zu wenig Orientierungsmöglichkeiten, vielleicht hat sich auch der Autor mit der Komplexität etwas übernommen. Als drittes meldet sich die Herausgeberin selbst zu Wort. Der Protagonist ihrer Geschichte "Der Weg zur Achtung” leistet als Angehöriger einer geächteten Rasse Dienst auf dem längst vergessenen KAMPFSTERN GALAKTIKA und bekommt bei einem One-Night-Stand Ärger mit der rassistischen Besatzung. Christel Scheja schafft es hier wieder einmal, mich mit einem erotischen Flirt zu unterhalten und mich dabei mit geschickt plazierten Tippfehlern vor dem sentimentalen Abheben zu bewahren. Wie im richtigen Leben bleibt der kleine Flirt nicht ohne Folgen, und so kündigt sich in einer zweiten Geschichte von Christel bereits das "Sternenkind” als Nachwuchs an. Natürlich handelt es sich dabei nicht um ein normales kleines Kerlchen, sondern um den Retter, der die Völker verbinden und zur 13. Kolonie (der Erde) führen wird und der schon als Embryo seine Eltern vor den Umtrieben reaktionärer Kräfte bewahrt. Mr Cartwright, übernehmen Sie ... Zwischen die beiden Schejas wurde eine weitere Geschichte von Linda Budinger eingeschoben. In "Gedankenspiele” klärt eine Diplomatin bei der Aufnahme zweier verfeindeter Planeten in die Föderation eine Intrige auf. Allerdings handelt es sich nicht um die STAR TREK-Föderation, sondern Linda siedelt die Geschichte im STAR WARS-Universum an, was sie mir trotz der ordentlichen Ausführung beim Lesen zuweilen etwas betagt erscheinen ließ, denn der letzte STAR WARS-Film ist ja schon eine Weile her, und aus der Ecke scheint wohl auch nichts Neues mehr zu kommen. Uwe Lammers gelingt es gewissermaßen im zweiten Anlauf, eine unterhaltsame dicksch angehauchte Geschichte mit einer Prise Alternate History zu schreiben. "Die jederzeit mobile Einsatzbasis” ist ein Gerät, mit dem Koordinator Bearson von Realitätsebene zu Realitätsebene springt. Zunächst glaubt er, von den amerikanischen Chinesen des 22. Jahrhunders beauftragt zu sein, entpuppt sich dann aber als Agent der Roboterdynastien des 30. Jahrhunderts und ist in Wirklichkeit für die Sirianischen Eroberer aus dem 202. Jahrhundert tätig, die mit der Rückeroberung der Vergangenheit begonnen haben. Dabei entsteht allerdings eine Zeitschleife, die eine außenstehende Geistesessenz nicht gerne sieht ... Die Ebenen werden durch verschiedene Schrifttypen kenntlich gemacht, wobei die Schmalschrift einer Ebene durch den schlechten Druck leider fast unleserlich wird. Ansonsten sind die Schrifttypen aber eine gute Orientierungshilfe. Obwohl ich die Geschichte recht gerne gelesen habe, glaube ich, daß man sie noch in vieler Hinsicht verbessern kann. Mir fällt als erstes ein, daß man den Anfang beschleunigen und den monologisierenden Hintergrunderzähler zurückschneiden müßte. Durch stärkere Übertreibung der epischen Breite ließe sich auch eine nette Parodie daraus machen. In Petra Hoppes Geschichte "Und alles wird vergebens sein...” wird die Menschheit von einer attraktiven Fremdrasse in den Untergang geliebt, damit sie keine Raumfahrt entwickeln und andere bedrohen kann. Allerdings scheint es mir etwas weit hergeholt, daß niemand rechtzeitig merkt, daß aus den Mischehen keine Kinder hervorgehen. Außerdem ließe sich das Problem durch ein paar kleine Seitensprünge ganz leicht beheben... Ich kann mir schwer vorstellen, daß eines Tages wirklich niemand mehr süße kleine Kinderchen haben will. In "Unwissend” entdeckt Prinzessin Leia bei einem Absturz die unwissenden Nachkommen der Überlebenden eines imperialen Angriffs. Es handelt sich um eine in meinen Augen inhaltslose Kurzstory von Petra Weddehage. Die Autorin wollte damit sicherlich nur Anlauf zu größeren Taten nehmen. Petra Hoppes Inspektor Grallator ist in "Bernstein-Überraschungen” einem hochintelligenten Verbrecher auf der Spur, der die Frechheit besitzt, den Inspektor abends zu besuchen und ihn zum Essen einzuladen. Die Geschichte könnte auch in der Gegenwart spielen und unterhält angenehm durch das Kräftemessen der beiden Charaktere. Die letzte Geschichte des Heftes ist auch die beste. Sie stammt von Arnulf Breuer und trägt den harmlosen Titel "Heimkehr”. Ein Fremdenführer verliert bei einer Expedition auf einem fremden Planeten tragischer Weise ein Expeditionsmitglied nach dem anderen. Die Geschichte ist so prallvoll mit phantasievollen Ideen und genialen Überraschungen, daß viele andere dagegen blaß aussehen.
Ich muß gestehen, daß mich bei STERNENFEUER wie schon
bei STERNENSTAUB die vielen Tippfehler und die schlechten Zeichnungen
abgeschreckt haben. Auch die Serienorientiertheit ist eine starke
Schrulle. Inhaltlich kann man sich aber an die Hefte gewöhnen,
es würde mir schon fast etwas fehlen, wenn die Reihe eingestellt
würde. Dazu haben in erster Linie die warmherzigen Schilderungen
der Herausgeberin und zwar seltene aber geniale Stories wie die
von Arnulf Breuer beigetragen. Johannes Unnewehr
Heidelberg
SAGITTARIUS 28
SAGITTARIUS ist ohne Frage ein Stück Tradition des (west-) deutschen Fandoms, die ersten Hefte werden schon als "Klassiker" gehandelt. Mit den heute dominierenden Fanzines à la Endlosleserbriefe und gutgemeinten Stories hat SAG 28 aber nichts zu tun. Bis auf eine kurze Geschichte des Herausgebers ist alles vorwiegend Sekundärliteratur, zumal von bekannten Autoren wie Gerd Maximovic. Die besagte Kurzgeschichte Klaus N. Fricks ist mehr eine schreiberische Fingerübung, ein Spiel mit Stimmungen und Motiven, ohne sie in feste Form zu fassen. Der Anfang ist ebenso offen wie das Ende. Konkreter ist da schon der Artikel "Phantasten und Philosophen" von Gerd Maximovic. Quasi vom Urknall an seziert Maximovic die theoretischen Grundlagen der phantastischen Literatur und futurologischen Forschung. Das ist sehr interessant und aufschlußreich. Es läßt aber auch die Tatsache außer acht, daß man Literatur nicht allein mit dem nüchternen Kalkül des Wissenschaftlers analysieren kann, wenn man sich nicht gleichzeitig bemüht, die gefühlsmäßig mit den Sinne zu erfassen. Tut man es nicht, läuft man am Ende Gefahr, nur Buchstaben und Kommata zu zählen. Paul Gurk, ein vergessener Autor der Vorkriegszeit, wird von Klaus Geus wieder ans Licht geholt. Paul Gurk verfaßte 1935 den dystopischen Roman TUZUB 37. DER MYTHOS VON DER GRAUEN MENSCHHEIT ODER VON DER ZAHL 1., der heute leider nur noch in den Regalen weniger Sammler zu finden ist. In einer Intention scheint sich der Autor in die Reihe der Verfasser klassischer Anti-Utopien einzureihen, deren herausragende Vertreter Karel Capek und Aldous Huxley sind. In TUZUB 37 entlarvt Paul Gurk auf parodistische Art nazistischen Gigantismus, Technologiewahn und Heldenkult. Ein anderer "unbekannter Phantast" ist der Österreicher Anton Fuchs (1920 - 1995). In Deutschland ist er, zu Unrecht wohl, fast völlig unbekannt, aber Jörg Martin Munsonius nachrufartiger Artikel und vor allem die Story "Der Chef" machen neugierig auf ihn. "Der Chef" ist eine surrealistisch anmutende Miniatur, im Stil klassischer Phantastik gehalten. Nach zwei toten Autoren werden dann zwei lebende gewürdigt: Carl Amery von H.-P- Steiner und der im März 96 75 Jahre alt gewordene Wolfgang Altendorf von Klaus N. Frick. SAGITTARIUS-Leser werden Altendorf schon aus SAG 5 (1981) kennen, als Klaus "blutjung" über Altendorf einen Artikel schrieb. In den achtziger Jahren leistete der Schriftsteller mit dem Roman DAS STAHLMOLEKÜL auch einen Beitrag zur deutschen SF. Der Rest des Heftes ist dann einem Interview mit dem früheren Horror-Heftromanautor Horst W. Huebner, dessen Heftreihen GORDON BLACK und MAC KINSEY (Mitte der achtziger Jahre) und dem Comic-Roman THE TALE OF ONE BAD RAT gewidmet.
SAGITTARIUS 28 kann sich in einer Reihe mit anderen Sekundärzines
wie KOPFGEBURTEN oder SF PERSONALITY sehen lassen. Vom Preisniveau
ist es sogar noch günstiger. Auf jeden Fall aber ist SAG
28 ein Tip für alle, die gern literarische Hintergründe
erkunden. Siegfried Breuer
Berlin
HÜTE DICH VOR HEXENRINGEN...
Bei HÜTE DICH VOR HEXENRINGEN... handelt es sich um ein sorgfältig gemachtes Heft, das sich durch übersichtlichen, sauberen Satz und korrekte Rechtschreibung wohltuend aus der Masse abhebt. Die Illustrationen stammen von Irene Salzmann und sind mit Liebe zum Detail ausgeführt. Sie zeigen starke, zum Teil bewaffnete Frauen, die den ganzen Raum einer Seite einnehmen, und passen dadurch gut zum Inhalt des Heftes. Für den gesamten Inhalt des Heftes zeichnet Britta van den Boom verantwortlich, eine Autorin, von der ich bislang noch nichts gelesen hatte. Die Geschichten sind an der Grenze zwischen Märchen und Fantasy angesiedelt, aber auch für Science Fiction-Freunde ist etwas dabei. In der ersten Geschichte geht es um eine Nymphe, die in einer kühlen Quelle wohnt. Ein Wanderer verliebt sich in dieses Wesen und versucht, ihr Herz für sich zu erwärmen. Das Herz einer Frau, das es zu erwärmen gilt, ist ein zentrales Motiv, das die Autorin noch in anderen Geschichten dieses Heftes aufgreift. Passend zum märchenhaften Inhalt der Geschichte bedient sich die Autorin einer bilderreichen Sprache, die einen Großteil des Reizes ausmacht. An zweiter Stelle findet sich die einzige Geschichte des Heftes, die mir verschlossen blieb. Es geht um ein Kind, eine Katze und irgendwelche Wesen, die durch die Nacht schleichen, aber das alles ist zu metaphorisch, um mich mitzunehmen. In "Silberharfe” greift die Autorin das Motiv der ersten Geschichte wieder auf: Die Tochter eines Despoten läßt ihr kaltes Herz von einem gefangenen Harfner erwärmen und tötet ihren Vater um den Gefangenen zu retten. Mit dieser Geschichte wird endgültig offenbar, daß die Autorin das Märchenschema perfekt beherrscht und es mit Phantasie und erzählerischem Talent auszuschmücken weiß. In der Titelgeschichte driftet ein Sonntagswanderer vom rechten Wege ab und findet sich in einem Märchenwald wieder, in dem ein Frau in einem Hexenring gefangen ist, aus dem er sie fataler Weise nur befreien kann, indem er den Platz mit ihr wechselt. In "Sommermusik” ruft die Herrscherin eines kalten Landes alle Musiker zusammen, damit sie "die funkelnsten Stück ihrer Kunst ihrem Frostherz darboten, um es zu schmelzen und zu wärmen.” Der Harfner aus einer früheren Geschichte kommt hier wieder vor. Unschwer erkennt man wiederum das Lieblingsmotiv der Autorin. "Rebecca” wirkt als einzige SF-Story recht erfrischend unter all der märchenhaften Fantasy. Die Protagonistin Rebecca wird aus ihrer Ausbildung gerissen und muß als Operatorin Staffeln zur Verteidigung gegen einen hoffnungslos überlegenen Angreifer führen. Mit beweglichen Energieschirmen soll sie die Jetpiloten schützen und verliebt sich dabei in eine der Stimmen in ihrem Kopfhörer. Die Autorin überrascht hier mit einem spannenden Reißer, der wirklich lesenswert ist. Ein magisches Schwert wird von einer Diebin gefunden und will sie zu einer gefürchteten Kämpferin machen. Die Frau hat allerdings andere Pläne... Es handelt sich um eine Geschichte über die korrumpierende Versuchung der Macht.
Mit der letzten Story findet ein Heft seinen würdigen Abschluß,
das von Qualität und aus einem Guß ist. Die Autorin
schreibt deutlich über Amateurniveau und versteht es ausgezeichnet
zu unterhalten. Es geht ihr um starke Frauen in klassischen und
modernen Rollen, Männer sind nur wichtig, wenn sie Sohn einer
Feenfrau und eines Menschen sind... Britta hebt sich wohltuend
vom Einerlei einer Szene ab, die zwar gelegentlich Ideen, aber
nur selten Charaktere, und wenn, dann männliche, zu bieten
hat. Johannes Unnewehr
Heidelberg
SOLAR-X 79
Im Vorwort beklagt Wilko Müller jr. die wenigen Reaktionen auf die Kurzgeschichten, die in SOLAR-X erscheinen. Erhält er aber Kritiken, sind die ihm auch nicht recht: "Im Gegensatz zu manchen dieser Besprechungen (u. a. aus dem FANZINE-KURIER - Anmerkung von mir) sind unsere regulären Leser nämlich sachlich und kompetent - während Leute, die sich dafür halten, oft nichts besseres als beleidigende Äußerungen von sich zu geben wissen." Gegen den Vorwurf der Beleidigungen verwahre ich mich; dafür ist bereits seit einigen Jahren ein gewisser "Fanzine-Bibliograph" zuständig. Wahrscheinlich handelt es sich lediglich um gewisse Sensibilitäten in der SX-Redaktion, die bereits vor etwa zwei Jahren dazu führten, daß ich mit dem Entzug der SX-Rezensionsexemplare "bestraft" wurde, weil im FK die Pseudonyme diverser SX-Mitarbeiter offenbart wurden. Immerhin passen sich die SX-Leserbriefschreiber dieser Mentalität bereits an: "Aber das nur als Anregung, ausdrücklich nicht als Kritik" entschuldigt sich Bernd Nentwich. SOLAR-X 79 enthält vier Stories. Die erste und kürzeste wurde aus dem US-amerikanischen Fanzines LOST WORLD übersetzt. "Die Legende sagt..." von William T. Cooper ist eine Pointenstory, in der Archäologen in der Zukunft Bauwerke öffnen, die im Gegensatz zu den Pyramiden tatsächlich mit einem "Fluch" behaftet sind... Dies ist eine Storyart, bei der der Autor, sofern er wie William über gewisse Erfahrung verfügt, nicht viel falsch machen kann. Die übrigen drei Kurzgeschichten sind weitschweifiger, was in dem Aufbau und den Inhalten der Arbeiten begründet ist. Pascal Gregory läßt in "Die Tränen der Lyehsis" eine Raumschiffbesatzung auf eine PSI-begabte Planetenbevölkerung treffen, die die Raumfahrer in ihre jeweiligen privaten Alpträume versetzt. "Visionen von Eden" von Eddie Angerhuber ist eine post doomsday-Geschichte, in der die Art der Katastrophe nicht näher beschrieben wird. Jedenfalls liegt Berlin in Trümmern, doch die Menschen bauen ihre Zivilisation langsam wieder auf. Eddie arbeitet in seinem Beitrag mit Schockeffekten wie Kannibalismus und Nekrophilie. In der Kurzgeschichte "Frühlingsanfang" von Marco Meier endet der Bogen, den diese drei Stories schlagen, denn sie enthält keine SF-Elemente mehr: Der Protagonist wird auf einem Dachgarten von einer Bestie massakriert. Auch wenn ich Weitschweifigkeit nicht besonders schätze, bleibt ein gewisses Maß von Deskription erforderlich, um Horror- und Schockeffekte plastisch darzustellen und eine bedrohliche Atmosphäre entstehen zu lassen. Die drei Autoren besitzen das dafür erforderliche stilistische Potential, wie sie in ihren Arbeiten dokumentieren. Inhaltlich ist "Die Tränen der Lyehsis" von Pascal Gregory die gelungenste der drei Stories - ein Weltraumabenteuer, das ein kosmisches Rätsel in sich birgt und bei dem die Horroreffekte nicht allzu unappetlich sind. "Visionen von Eden" von Eddie Angerhuber ist wie so viele fannische post doomsday-Stories kaum mehr als ein zu Papier gebrachter persönlicher Alptraum. Die simpelste Idee verarbeitete Marco Müller in "Frühlingsanfang". Dennoch ist diese Story eine passable Leistung, da Marco laut seinem Leserbrief in SX 79 mit dem Verfassen von Kurzgeschichten erst kürzlich begonnen hat und es sich bei der deutschen Sprache nicht um seine Muttersprache handelt (er ist Schweizer).
Ergänzt wird SOLAR-X 79 durch das übliche, gute Rezensionsprogramm
zu diversen Romanen, Fanzines und Büchern. Die qualitativen
Unterschiede zwischen den primär- und sekundärliterarischen
Beiträgen und selbstverständlich auch den Grafiken (u.
a. von Thomas Hofmann, Lutz Buchholz und Gregor Beckmann) sind
insgesamt nicht derart gravierend, daß SX 70 nicht mehr
wie ein Fanzine "aus einem Guß" wirken würde.
Armin Möhle
Wallenhorst
ENPUNKT 27
Über die zahlreichen Aktivitäten des Perry-Redakteurs Klaus N. Frick erfährt die geneigte Leserschaft am ehesten etwas durch sein Egozine ENPUNKT. Dieses hat natürlich mit Science Fiction und dem Fandom herzlich wenig zu tun, denn Klaus widmet sich hier eher anderen Themen, vor allem der Punk-Szene. Die Erlebnisse dort und mit ihr füllen daher folgerichtig auch den größten Teil der Nr. 27 seines Egozines. Neben einer Auflistung seiner schwersten Verletzungen beim Pogo finden sich Berichte von Konzerten und Fanzine-Treffen, in denen Klaus mit akribischem Vergnügen auf die zahlreichen Peinlichkeiten eingeht, die er sich bei solchen Gelegenheiten geleistet hat. Doch auch die Welt außerhalb dieses Mikrokosmos kommt zu ihrem Recht: Klaus regt sich über die INTERNET-Abhängigen auf, er berichtet - hochinteressant für alle, deren Horizont etwas weiter reicht - über seine Reise nach Ghana und gibt ein paar Kommentare zu seinem Interview mit Neonazi-Star Chris Worch ab. ENPUNKT ist aufgrund seiner Vielfalt sehr interessant zu lesen, selbst, wenn man mitunter inhaltliche Probleme hat. Diese könnten an diversen Punkten entstehen. So zelebriert Klaus in seinen Beiträgen gewisse rituelle Verhaltensweisen, die offenbar ein identitätsstiftendes Merkmal seines sozial-kulturellen Umfeldes darstellen (vor allem der mit Hingabe beschriebene "Bierschiß" scheint unter diese Kategorie zu fallen), außerdem gibt er mit begeisterter Penetranz seinem Anti-Intellektualismus vehement Ausdruck, was sicherlich ebenfalls ein Abgrenzungsmechanismus gegen die mitunter als Bedrohung antizipierte Außenwelt ist (und der wesentliche Grund, warum ich mir gerade diesen Satz abgebrochen habe).
In jedem Falle ist ENPUNKT lesenswert. Wer also den Perry-Redax
mal von seiner ganz anderen (vor allem peinlichen) Seite kennenlernen
will, der sollte sich das Heft besorgen (übrigens auch gerne
im Tausch gegen andere Zines). All jene, die sich ihr Bild des
untadeligen und rechtschaffenen Verbreiters von Clubnachrichten
erhalten wollen, sollten lieber beim PR-Report bleiben... Dirk van den Boom
Münster Der FANZINE-KURIER erscheint in der EDITION WHISPERING TIMES. Herausgabe, Redaktion und Vertrieb:
Armin Möhle Preise: Einzelexemplar 1,20 DM, Jahresabonnement (6 Ausgaben) 6,00 DM (in Briefmarken oder als Verrechnungsscheck). Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dirk van den Boom, Siegfried Breuer, Clemens Nissen s. ps., Holger Marks., Irene Salzmann, Thomas Schmitz, Johannes Unnewehr. Cover: Ralf Schoofs.
Auflage: 75 Exemplare.
Für Rezensionsexemplare sind wir stets sehr dankbar!
|